Montag, 17. März 2025

Kissigs Nebenwerte-Analyse: Bei Renk gibt‘s kaum noch Sand im Getriebe

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Artikel aus "Der Nebenwerte Investor" Ausgabe 5/2025 vom 11.03.2025

Aktien in dieser Ausgabe: Renk, Bilfinger, Salzgitter, Bertrandt

Bei Renk gibt‘s kaum noch Sand im Getriebe

Rüstung bekommt einen neuen Stellenwert, nachdem Donald Trump die USA den westlichen Partnern in NATO und EU entfremdet und mit Putins Russland auf Schmusekurs geht. Hierzulande wird daher über ein schnelles Wiederaufrüsten gesprochen, während EU und Deutschland milliardenschwere Investitionsprogramme schnüren. Davon profitiert auch Antriebsprofi Renk, denn seine Getriebe treiben unter anderem den Kampfpanter Leopard 2 an.

Die Renk Group AG ist ein führender Anbieter von Antriebslösungen für militärische und zivile Anwendungen mit Sitz in Augsburg. Das Unternehmen blickt auf eine lange Tradition zurück und hat sich durch kontinuierliche Innovation und Anpassung an Marktbedürfnisse einen festen Platz in der Antriebs- und Getriebetechnologie erarbeitet.

An der Börse ist die Aktie erst wieder seit etwas mehr als einem Jahr, denn vor fünf Jahren hatte der US-Finanzinvestor Triton der damaligen Muttergesellschaft MAN aus dem Volkswagen-Konzern deren 76-prozentigen Anteil für 520 Mio. Euro abgekauft und nach erfolgreichem Squeeze-out der Kleinaktionäre Renk von der Börse genommen. Es erfolgte eine Umstrukturierung und eine Neupositionierung des Unternehmens in einer Phase, wo die Automobilbranche große Schwächen offenbarte und auch der Markt für Sattelschlepper und Lastkraftwagen rückläufig war.

Dann marschierte Putin im Frühjahr 2022 in die Ukraine ein und die Karten wurden neu gemischt. Rüstungsunternehmen stiegen deutlich im Kurs Triton nutze im Februar 2024 die Gunst der Stunde und brachte die neue Renk Group AG an die Börse zurück. Von anfangs 20 Euro schnellte der Kurs innerhalb weniger Wochen auf über 35 Euro in die Höhe, bevor er um gut die Hälfte einbrach und im Oktober Richtung 15 Euro taumelte. Doch seit dem Jahresstart drehte der Trend und der Kurs konnte sich von rund 18 auf 36 wieder verdoppeln. Und dafür gibt es Gründe.

Nicht nur ein Antriebsspezialist

Renk operiert in mehreren spezialisierten Geschäftssegmenten, die jeweils auf spezifische Marktanforderungen ausgerichtet sind:

Vehicle Mobility Solutions (VMS): Dieses Segment konzentriert sich auf Antriebslösungen für militärische Kettenfahrzeuge. RENK entwickelt und produziert Getriebe, die in verschiedenen Panzermodellen weltweit eingesetzt werden. Die Produkte zeichnen sich durch hohe Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit unter extremen Bedingungen aus.

Slide Bearings: In diesem Bereich stellt RENK Gleitlager her, die in industriellen Anwendungen wie Turbinen, Generatoren und anderen rotierenden Maschinen verwendet werden. Diese Lager sind für ihre Langlebigkeit und Effizienz bekannt.

Special Gear Units: Dieses Segment umfasst die Entwicklung und Produktion von Spezialgetrieben für Anwendungen in der Schifffahrt, Energieerzeugung und anderen industriellen Bereichen. Die Getriebe sind auf spezifische Kundenanforderungen zugeschnitten und bieten maßgeschneiderte Lösungen für komplexe Anwendungen.

Test Systems: RENK bietet Testsysteme für die Automobil- und Luftfahrtindustrie an. Diese Systeme ermöglichen die Simulation und Prüfung von Antriebskomponenten unter realistischen Bedingungen, um deren Leistung und Zuverlässigkeit zu gewährleisten.

Starkes Geschäftsjahr

Die vorläufigen Zahlen für 2024 lassen aufhorchen, denn die positiven Rahmenbedingungen im Marktsegment Verteidigung trugen zu einem Rekord-Auftragseingang von 1,4 Mrd. Euro bei, während der Umsatz um 23 % auf 1,1 Mrd. Euro anstieg. Hieraus ergibt sich ein Book-to-Bill-Ratio von 1,3, denn es gehen deutlich mehr neue Aufträge ein, als bestehende abgearbeitet werden. Das bereinigte operative Ergebnis (EBIT) steigerte Renk um 26 % auf 189 Mio. Euro Insbesondere das starke 4. Quartal hat maßgeblich zum erfolgreichen Geschäftsjahr beigetragen und beide Faktoren signalisieren auch für die Zukunft positive Entwicklungen.

Gleichzeitig ist der Verschuldungsgrad auf unter das 1,9-Fache des bereinigten EBITDA gefallen, nachdem der Faktor in 2023 noch 2,4 betragen hatte. Die vergleichsweise hohe Verschuldung war bereits zum Börsengang ein Kritikpunkt, den Renk aber zielgenau abarbeitet.

Wechsel an der Spitze und im Aktionariat

Die Vorstandsvorsitzende Susanne Wiegand erklärte: "Ich freue mich sehr, dass wir in unserem ersten Jahr als börsennotiertes Unternehmen ein so starkes Ergebnis vorlegen können. Mit dem hohen Auftragseingang, der Erreichung unseres Umsatzzieles sowie einem bereinigten EBIT am oberen Ende unserer Prognose für das Geschäftsjahr 2024 haben wir unsere Leistungsfähigkeit nachhaltig bewiesen. Es ist für mich besonders erfreulich, das Unternehmen in einer so starken Position an meinen Nachfolger Dr. Alexander Sagel zu übergeben."

Sie scheidet auf eigenen Wunsch aus dem Vorstand aus, doch dies ist nicht die einzige tiefgreifende Veränderung. Triton zielt als Finanzinvestor nicht auf eine langjährige Beteiligung ab, sondern will für seine Investoren möglichst schnell möglichst hohe Renditen auf das eingesetzte Kapital einfahren. Ein erster Schritt gelang mit dem Börsengang und einem später folgenden Teilverkauf weitere Anteile und gab vor vier Wochen ein weiteres großes Paket ab an den deutsch-französischen Leopard 2-Hersteller KNDS. Dieser stockt seine Beteiligung auf die Sperrminorität von 25,1 % auf und wurde damit größter Aktionär. Die 18,33 Mio. Aktien stammen vom Finanzinvestor Triton, der seine Beteiligung damit von 33,6 auf gut 15 % reduzierte.

KNDS und auch Rheinmetall fertigen Versionen des Kampfpanzers Leopard 2 und sind dies bezüglich beide Kunden von Renk. Gemeinsam mit dem französischen Rüstungskonzern Thales arbeiten KNDS und Rheinmetall an dem deutsch-französischen Panzerprojekt Main Ground Combat System (MGCS), das darauf abzielt, bis 2040 die Kampfpanzer Leopard 2 und Leclerc durch ein plattformübergreifendes Bodenkampfsystem zu ersetzen. Nun meldeten sie ihre Pläne für das Gemeinschaftsunternehmen MGCS Project Company beim Bundeskartellamt zur Prüfung an. Rheinmetall, KNDS Deutschland, KNDS France und Thales sollen danach jeweils 25 % an dem Unternehmen zur Entwicklung des neuen Kampfpanzers halten.

Produktinnovationen treiben

Daneben investiert Renk in die Entwicklung von Hybridantrieben und die Digitalisierung von Gefechtsfahrzeugen. In Zusammenarbeit mit Unternehmen wie QinetiQ entwickelt RENK innovative Antriebslösungen, darunter das Hybridgetriebe ATREX, das Fahrzeuge bis zu 70 km/h beschleunigen kann und Vorteile wie "Silent-Watch" und "Escape Boost" bietet. Das Unternehmen strebt zudem eine verstärkte Präsenz im Markt für unbemannte Kettenfahrzeuge an.

So will Renk seinen Umsatz bis 2027/2028 auf 2 Mrd. Euro zu verdoppeln mit jährlichen Wachstumsraten von 15 % und möglichen Zukäufen. Das Unternehmen rechnet bis 2031 mit möglichen Aufträgen von etwa 12 Milliarden Euro, insbesondere durch Projekte wie das XM30-Projekt und das M1E3-Modell des US-Militärs.

ReArm Europe und Verteidigungssondervermögen

Bisher. Denn nun gibt es zwei neue große Investitionsbudgets, die auf die Verteidigung Deutschlands bzw. West- und Mitteleuropas abzielen.

Die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen legte einen Fünf-Punkte-Plan vor, der insgesamt bis zu 800 Mrd. Euro an Mittel generieren soll für die Wiederaufrüstung Europas soll. Einen neuer Fonds in Höhe von 150 Mrd. Euro soll die Verteidigungsinvestitionen in der EU erhöhen, unter anderem für Militärhilfen für die Ukraine. Die Mittel sollen insbesondere für Luft- und Raketenabwehr, Artilleriesysteme, Drohnen sowie Cybersicherheit bereitstehen.

Daneben sollen die Mitgliedstaaten ihre Verteidigungsausgaben um durchschnittlich 1,5 % des BIP (Bruttoinlandsprodukt) anheben können, wodurch in den nächsten vier Jahren weitere 650 Mrd. Euro generiert werden könnten. Dazu soll die Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts aktiviert werden, die es Mitgliedstaaten erlaubt, neue Schulden für Verteidigungsausgaben zu machen, ohne deswegen ein EU-Defizitverfahren befürchten zu müssen.

Und in Deutschland bildet sich eine neue Bundesregierung von CDU/CSU und SPD, die sich auf ein Investitionspaket von 900 Mrd. Euro verständigt hat für Rüstung und Infrastruktur. Dazu soll die Schuldengrenze derart angepasst werden, dass Verteidigungsausgaben ausgenommen sind, die über 1 % des Bruttoinlandsprodukts liegen.

Quelle: wallstreet-online.de
Finanziert werden soll das Gesamtpaket mittelfristig auch durch die Wirtschaft, für die es eine Impulsspritze in Form eines Infrastrukturpakets geben soll, also Investitionen in Straßen, Schienen oder Brücken. Dafür sollen Kredite in Höhe von 500 Mrd. Euro aufgenommen werden, die in ein Sondervermögen fließen. Das Geld soll schnell zur Verfügung stehen und über 10 Jahre abfließen und damit dies an der Schuldenbremse vorbeilaufen kann, soll das Sondervermögen im Grundgesetz verankert und dort von der Schuldenregel ausgenommen werden. Das stellt noch einen Knackpunkt dar, denn die Grundgesetzänderung bedarf einer Zweidrittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat und die Mehrheitsverhältnisse werden sich wegen der jüngst erfolgten Bundestagswahl demnächst ändern. Mit dem Erstarken von AfD und Linken und dem Ausscheiden der FDP wird es kaum für eine solche Mehrheit reichen, daher soll noch der bisherige Bundestag die Neuregelung beschließen. Doch hier ist man den Stimmen der GRÜNEN abhängig, die sich immer stärker zieren. Ob es dem designierten neuen Bundeskanzler Friedrich Merz gelingt, die nötigen Mehrheiten zu organisieren, steht noch nicht fest. Und damit auch nicht, ob das Sondervermögen überhaupt beschlossen wird.

Fokus auf die Heimat

Die beiden riesigen Investitionspakete werden vor allem europäischen Herstellern zugutekommen. Die Abhängigkeit von US-Waffensystemen erweist sich als strategische Achillesferse der EU-Staaten, da Trump der Ukraine untersagt, US-Waffensysteme einzusetzen und auch den Zugang zu US-Geheimdienst- und Satelliteninformationen gekappt hat. Doch ohne diese können einige Waffensysteme, wie das HIMARS, nicht eingesetzt werden. Der Gedanke drängt sich auf, dass Trump sogar mit NATO-Partnern ähnlich umspringen könnte, und daher will man in der EU schnell auf Eigenentwicklungen setzen und die US-Abhängigkeit reduzieren. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen, aber es wird eine Entwicklung sein, die immer mehr an Fahrt gewinnt.

Bullcase vs. Bearcase

Die Renk Group AG befindet sich in einer Phase des Wachstums und der Expansion. Mit einem soliden Auftragsbestand, innovativen Produkten und einer klaren strategischen Ausrichtung ist das Unternehmen gut positioniert, um von den steigenden globalen Verteidigungsausgaben und der Nachfrage nach fortschrittlichen Antriebslösungen zu profitieren. Die Rüstungssparte ist zwar nur ein Teilbereich des Konzerns, aber inzwischen der wachstumsstärkste mit dem größten Potenzial.

Die Entscheidung über das Sondervermögen ist elementar für die kurzfristige Kursentwicklung, da die Börse bereits eine Zustimmung eingepreist hat. Ein Scheitern würde hier ordentlich Kursdruck erzeugen über die aktuell ohnehin schwächelnde Börsenlage hinweg.

Fazit

Renk ist gut positioniert, aber auch hoch bewertet. Die Verschuldung wird gesenkt und der neue Großaktionär KNDS unterstreicht den neuen strategischen Fokus auf den Rüstungssektor. Aktionäre können von einer langfristig positiven Auftrags- und Geschäftsentwicklung profitieren – ein Einstieg sollte allerdings vorsorglich erst nach der positiven Entscheidung bzgl. des Sondervermögens erfolgen. Ohne eine solche winkt ein Kurseinbruch, den man dann nutzen könnte.

Die 4 wichtigsten Dinge, die man über Renk wissen muss

  1. Renk ist ein Antriebsspezialist und sowohl im Rüstungs- wie auch im Automotivesektor gut positioniert.
  2. Als Getriebelieferant für den Kampfpanzer Leopard 2 spielt man eine entscheidende Rolle für die Aufrüstung Europas und der NATO.
  3. ReArm Europa und das deutsche Sondervermögen für Rüstung dürften die Auftragsbücher noch stärker anschwellen lassen und dann auch noch höhere Kurse rechtfertigen.
  4. Eine Nichtzustimmung zum Sondervermögen dürfte hingegen einen Kurseinbruch verursachen und dann auch auf geänderter Basis eine Kaufchance bieten.
Disclaimer: Habe Rheinmetall auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.

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