Freitag, 3. Januar 2025

Kissigs Aktien Report: Jetzt auf die Low-Performer-Sektoren des S&P 500 setzen?

Im Rahmen meiner Kooperation mit dem 'Aktien Report' von Armin Brack nehme ich mir in unregelmäßigen Abständen interessante Unternehmen und Themen vor. Die Ausgaben des 'Aktien Reports' und/oder 'Geld Anlage Reports' erreichen ihre Leser samstags kostenlos und 'druckfrisch' per Email und man kann sich ▶ hier beim 'Geld Anlage Report' anmelden. Bonbon für die Leser meines Blogs: einige Tage später darf ich die Artikel dann auch hier veröffentlichen.

Aktien Report Nr. 193 vom 27.12.2024

Jetzt auf die Low-Performer-Sektoren des S&P 500 setzen?

Das Börsenjahr 2024 brachte viele neue Rekordstände, angefeuert durch die großen Technologieschwergewichte. Dow Jones, S&P 500, NASDAQ markierten so viele neue Allzeithochs wie schon lange nicht mehr – und selbst der deutsche Leitindex DAX konnte kurzfristig die Marke von 20.000 Punkten überschreiten und ein neues Rekordhoch verbuchen.

Ende, aus, vorbei. Während Nebenwerte ohnehin ein weiteres mieses Jahr erlebten und ihr Performancerückstand inzwischen rekordverdächtig hoch erscheint, haben die letzten Wochen auch bei den erfolgsverwöhnten Aktien kräftig Druck aus dem Kessel genommen, sowohl im Hinblick auf ihre Kurse als auch in Sachen Stimmungslage. Der Fear-and-Greed-Index ist innerhalb weniger Tage von Euphorie ins extreme Angst-Territorium eingebrochen.

Dabei ist der Dezember eigentlich statistisch gesehen der beste Börsenmonat – obwohl er 2018 und 2022 heftige Verluste verbuchte. Und 2024 könnte sich nun in dieser Verlustserie anschließen. Der Dow Jones hat soeben mit neun Tagen in Folge seine längste Verluststrecke seit 1974 eingefahren, bevor diese am 19. Dezember durch ein Plus von 0,04 % beendet wurde. Ein Witz!

Gründe finden sich gleich eine Reihe, wie die zuvor starke Börsenentwicklung, die zunehmenden Sorgen über die Weltkonjunktur, angeführt von China und Europa, die politische Handlungsunfähigkeit in Frankreich nach dem Scheitern der Regierung, und in Deutschland, nachdem SPD-Kanzler Olaf Scholz endlich die Vertrauensfrage gestellt und verloren hat und damit Neuwahlen anstehen, oder die Lame Duck Joe Biden auf dem Stuhl des US-Präsidenten, den er nur noch für Don Trump warm hält, der mächtig poltert, aber sich noch nicht austoben kann. Und natürlich die wiederaufflammende Inflation in den USA und eine US-Notenbank, die trotz gerade erfolgter Zinssenkung wieder deutlich zurückhaltendere Töne anschlägt und statt bisher vier nun nur noch zwei Zinssenkungen für 2025 avisiert. Das alles drückt die Stimmung und die Aussichten.

Und doch liegt hierin natürlich auch eine Chance. Die Bewertungen an der Börse sind durch die jüngsten Kursrückgänge ebenfalls gesunken, die bisherige Euphorie ist aus den Kursen entwichen und somit auch einiges an negativem Überraschungspotenzial. Und auf einen schlechten Börsendezember folgten in 2019 und 2023 starke Januaranstiege und insgesamt ziemlich gute Börsenjahre. Aus diesem Blickwinkel heraus kann man der schwindenden Euphorie also auch Gutes abgewinnen.

Der Blick auf die Indizes verschleiert allerdings einen wichtigen Faktor: die Hausse wurde von immer weniger Aktien getragen. Es waren die KI-Profiteure, angeführt von Nvidia, die die Börsen nach oben gezogen haben und das Gewicht der Magnificent 7 und einiger weiterer Werte hat stark zugenommen, sowohl in den US-Indizes als auch beim global aufgestellten MSCI World. US-Werte stehen inzwischen für über 60 % der weltweiten Börsenkapitalisierung!

Abseits der "Jubelbranchen" sind kaum Börsenerfolge zu verbuchen, teilweise bereits seit Jahren nicht. Die drei schwächsten Branchensektoren im S&P 500 Index im laufenden Jahr sind Gesundheit, Rohstoffe und Immobilien. Und das trotz sinkender Notenbankzinsen und Goldhausse.

Also werfen wir mal einen Blick auf diese Sektoren und ob sich hier für 2025 Chancen ergeben. Denn "die Rückkehr zum Mittelwert" ist eines der unumstößlichen Börsengesetze. Es besagt, dass Übertreibungen der Normalfall sind, in beide Richtungen, aber früher oder später entweicht die Gier der Anleger und die Kurse bauen ihre übertriebenen Bewertungen ab. Die Favoriten, ob einzelne Aktien oder ganze Branchen, wechseln. Und daraus können Anleger Vorteile ziehen, wenn sie den Favoritenwechsel richtig mitgehen. Was allerdings nicht ganz so einfach ist, da Übertreibungsphasen über Monate und Jahre anhalten können.

S&P-Losersektor 1: Gesundheit

Während der Corona-Pandemie gab es eine Sonderkonjunktur im Gesundheitssektor, viele Medikamente und Geräte waren Mangelware und die eingeschränkten Verfügbarkeiten trieben die Preise hoch. Und auch die Nachfrage, denn angesichts des unklaren Ausblicks auf die Dauer der Pandemie wurden große Lagerbestände aufgebaut. Auch die Zulieferer investierten kräftig in neue Produktionskapazitäten, um der hohen Nachfrage gerecht zu werden. Doch dann bewirkten die Impfungen eine erhöhte Immunität gegen das Virus und die neueren Varianten erwiesen sich als deutlich weniger tödlich und gesundheitsgefährdend. Die Impf- und Testneigung brach geradezu ein und damit die Nachfrage. Zudem wurden die hohen Lagerbestände abgebaut und beide Faktoren wirkten sich doppelt negativ auf die Lieferanten aus. Diese haben daher seit 2021 mit Nachfrage- und Preisrückgängen zu kämpfen, während sie ihre zuvor deutlich in die Höhe geschraubten Kosten wieder zu reduzieren suchen.

Beim Vergleich mit den Vorjahreszahlen präsentieren sich Branchenvertreter also oft mit Umsatz- und/oder Gewinnrückgängen und das kommt bei Anlegern gar nicht gut an. Und nun setzt der neue US-Präsident Don Trump mit Joseph Kennedy auf einen Impfgegner und Verschwörungstheoretiker, was für Entsetzen in der Gesundheitsbranche sorgt. Im Kern ist Trumps Überlegung, hier neue Wege gehen zu wollen, nicht verkehrt. Denn die USA haben die weltweit mit am höchsten liegenden Gesundheitskosten und das bei einer allenfalls mittelmäßigen Gesundheitsversorgung. Viele Medikamente kosten in den USA deutlich mehr und oft ein Vielfaches von dem, was in Europa dafür aufgewandt werden muss. Dem steht eine grundsätzlich alternde Bevölkerung gegenüber mit einer entsprechend steigenden Gesundheitsnachfrage.

Im S&P 500 sind Gesundheitswerte schon länger nicht gefragt, aber eine so niedrige Bewertung im Vergleich zum Gesamtindex wies die Branche seit 16 Jahren nicht auf. Da könnten also Chancen lauern, z.B. bei Danaher.

Chance: Danaher

Seit seiner Gründung im Jahr 1969 wuchs das Unternehmen auch durch inzwischen mehr als 400 Firmenübernahmen. Diese wurden erfolgreich integriert und auf Erfolg getrimmt auf Basis des sogenannten Danaher-Business-Systems, hinter dem sich ein permanentes Effizienzprogramm verbirgt. Dem müssen sich alle übernommenen Firmen unterziehen, aber in regelmäßigen Abständen auch immer wieder die Bestandsfirmen. Dabei werden alle Konzepte, Arbeitsabläufe und Handgriffe überprüft und ggf. verbessert.

Das Konglomerat verdiversifizierte sich allerdings, weil es in zu viele unterschiedliche Branchen expandierte, und so fasste Danaher den Entschluss, sich in mehrere schlagkräftige Teile aufzuspalten, die in ihrer jeweiligen Branche zu den führenden Unternehmen zählen. Nach der Trennung von seinem Industriegeschäft (Fortive), dem Dentalbusiness (Envista) und der Umweltsparte (Veralto) präsentiert sich Danaher heute als reinrassiger MedTech- und Lifescience-Konzern. HIerzu passen auch die größeren Übernahmen von Pall für 13,8 Mrd. USD, der Biopharmasparte von General Electric (Cytiva) für 21,4 Mrd. USD sowie der britischen Abcam plc, einen britischen Hersteller biomedizinischer Geräte, für 5,7 Mrd. USD.

Auch Danaher litt seit Ende 2021 unter dem Auslaufen der Corona-Sonderkonjunktur und stand unter Druck, sowohl operativ als auch was den Kursverlauf angeht. Doch mit seinen Zahlen zum 3. Quartal 2024 könnte die Trendwende eingeleitet worden sein, denn Danaher meldete erstmals wieder einen gegenüber dem Vorjahreswert erhöhten Umsatz. Mit den fürs Gesamtjahr angepeilten 23,7 Mrd. USD läge man über den 22,3 Mrd. aus dem ersten Corona-Sonderkonjunkturjahr 2020 und auch ein Drittel über den 17,9 Mrd. aus 2019. Was natürlich teilweise auch den Zukäufen geschuldet ist. Ganz entscheidend ist aber die Biosimilar-Tochter Cepheid, die mit zweistelligen Umsatzsteigerungen glänzt. Als man 2016 Cepheid kaufte, lag deren Umsatz bei rund 600 Mio. USD; für 2024 werden 1,7 Mrd. USD angepeilt.

Quelle: wallstreet-online.de
Danaher erwirtschaftet einen beträchtlichen Cashflow von rund 5 Mrd. USD. Aktuell stuft das Management aufgrund (zu) hoher Preise Übernahmen als nicht lohnend ein und kauft daher erstmals seit 2012 wieder eigene Aktien zurück. Das neue Rückkaufprogramm ermöglicht den Erwerb von bis zu 20 Mio. Aktien und dürfte für Aktionäre einen ordentlichen Mehrwert erzeugen. Danaher arbeitet inzwischen mit Hochdruck an der schon lange geplanten Zusammenführung der Töchter Cytiva und Pall, was man aber dann wegen der Corona-Verwerfungen aufgeschoben hatte. Doch nun rückt das ursprüngliche Ziel wieder in den Fokus und hieraus sollten in den nächsten Jahren deutliche Margensteigerungen resultieren und Danahers Gewinne zusätzlich antreiben.

Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 30 sieht die Aktie trotz der Kursrückgänge nicht wirklich preiswert aus. Doch die zu erwartenden Kostensenkungen und damit einhergehenden Gewinnsteigerungen bei anziehenden Umsätzen dürften im Laufe des Jahres zu positiven Gewinnüberarbeitungen seitens der Analysten führen, was die Bewertung senken würde. Zudem hat es Danaher über Jahrzehnte hinweg verstanden, sich deutlich überdurchschnittlich zu entwickeln, was auch am Aktienkurs abzulesen war – bis zur Corona-Pandemie. Seitdem gab es Übertreibungen. Erst ins Positive und nun scheinen die Erwartungen zu negativ eingefärbt zu sein, so dass Danaher im Jahresverlauf zu einem Überraschungswert werden könnte, der seinen mittel- und langfristigen Erfolgspfad wieder aufnimmt.

S&P-Losersektor 2: Rohstoffe

Rohstoffe sind eine zyklische Branche, denn sie hängen stark von der Konjunktur ab. Je stärker die Weltkonjunktur brummt, desto höher ist die Nachfrage nach Rohstoffen. China ist eines der rohstoffreichsten Länder wer Welt und einer der größten Rohstoffverbraucher. Schon seit einiger Zeit fällt China als Konjunkturlokomotive aus und der sich immer weiter zunehmende Handelskonflikt mit den USA, der bereits während Trumps erster Amtszeit als US-Präsident begonnen wurde, trägt einiges dazu bei. Zudem hat sich China im Ukrainekrieg auf die Seite Russlands geschlagen, was eine zunehmende Zurückhaltung des Westens insgesamt gegenüber dem Reich der Mitte zur Folge hat. Und in Europa herrscht schon länger Konjunkturfrost, vor allem in den beiden größten EU-Wirtschaftsnationen Frankreich und Deutschland, aber auch bei Ex-EU-Mitglied Großbritannien.

Diese Faktoren bremsen die Nachfrage nach Rohstoffen, während Gold als "Krisenwährung" immer neue Höchststände erklimmt. Andere Rohstoffe, wie Lithium oder Kupfer sorgten allerdings für herbe Enttäuschungen bei den Anlegern und auch beim Öl sind zuletzt eher Molltöne zu vernehmen.

Der Ölpreis ist einer der wichtigsten Einflussfaktoren für Konjunktur, Inflation und Unternehmensergebnisse. Dabei wird der Öl-Markt nicht nur von Angebot und Nachfrage bestimmt, sondern ist vor allem spekulationsgetrieben. Eine verlässliche Prognose des Öl-Preises ist kaum möglich, weil sich die Rahmenbedingungen relativ schnell ändern. Als besonders interessant haben sich daher "indirekte" Profiteure erwiesen wie Texas Pacific Land.

Chance: Texas Pacific Land

Die Texas Pacific Land Corp. ist ein ganz besonderes Unternehmen. Es verdient vornehmlich mit Öl sein Geld, fördert dies aber nicht selbst. Man besitzt große Flächen im öl- und gasreichen „Permian Basin“ in Texas und vergibt Förderlizenzen an Öl-Produzenten. Dafür kassiert man die sogenannten "Royalties". Je mehr Öl gefördert wird und je höher der Ölpreis (WTI) notiert, desto stärker sprudeln die Einnahmen bei Texas Pacific Land. Und damit ist man natürlich ebenfalls zyklisch aufgestellt, denn ein zu geringer Öl-Preis veranlasst die Produzenten, ihre Förderung zu drosseln oder neue Bohrungen gar nicht erst anzuzapfen. Im Gegensatz zu klassischen Bohrungen, bei denen eine Öl-Blase angezapft wird, egal ob in der arabischen Wüste oder bei Tiefseebohrungen im Golf von Mexiko, kann beim "Hydraulic Fracturing" relativ flexibel reagiert werden. Dem entsprechend schwanken die Einnahmen von Texas Pacific Land. Allerdings sind die Kosten des Unternehmens sehr gering, da man ja keine eigenen Investitionen tätigen muss(te). Ein Verlustrisiko hat TPL also nicht wirklich, lediglich bisweilen deutlich schwankende Einnahmen und Gewinne.

In den letzten Jahren hat TPL sein Geschäftsmodell erweitert. Beim Hyraulic Fracturing wird Öl und Gas aus Schieferstein gewonnen, wo es diffus verteilt ist. Hierzu wird unter hohem Druck ein mit Chemikalien versetztes Wasser-Sand-Gemisch ins Schiefergestein gepresst und aus dem hochgepumpten Gemisch dann Öl und Gas separiert. Es wird also viel Wasser benötigt und es entsteht viel Abwasser. TPL baut daher seit Jahren eine eigene Wasserversorgung auf und kümmert sich auch um die Wiederaufbereitung des Abwassers. Man verdient also doppelt und kann dabei auch noch sicherstellen, dass die eigenen Flächen nicht verschmutzt werden.

Zudem lässt man Unternehmen auf den eigenen Ländereien Wind. und Solaranlagen bauen und expandiert in Richtung KI-Rechenzentren. Auch die benötigen große Mengen an Wasser (zum Kühlen) und Strom. TPL versteht es also ausgezeichnet, seine Flächen zu Geld zu machen und sich hier verschiedene und sich teilweise ergänzende Erlösströme aufzubauen.

Auch deshalb ist der Aktienkurs seit Jahren ein Highflyer. Des Weiteren wurde TPL jüngst in den S&P 500 aufgenommen, was die Nachfrage nach den Aktien nochmals stark angeheizt hat. Die Kehrseite ist eine sehr hohe Bewertung. Das hat auch Shortseller auf den Plan gerufen, so dass die TPL-Aktie inzwischen zu den am höchsten geshorteten Werten im Energiesektor zählt mit einer Shortquote von rund 7,5 % aller ausstehenden Aktien. Boom and Bust des Kurses in den letzten acht Wochen zeigen beide Entwicklungen deutlich auf. Und darin liegt die Chance.

Quelle: wallstreet-online.de
Die USA sind inzwischen autark, was die Ölversorgung angeht. Don Trump will die Regelungen für neue Bohrungen lockern und hofft auf eine sich deutlich beschleunigende US-Konjunktur durch seine geplanten Reformen. Das würde die Öl-Nachfrage zusätzlich anheizen und TPL in die Karten spielen. Tritt diese Entwicklung so ein, würde sie die global nachlassende Nachfrage kompensieren und vermutlich sogar überkompensieren. Die negativen Erwartungen der OPEC und ihre Assoziierten, wie Russland (OPEC+), würden die Nachfrage in den USA also nicht tangieren.

Ergänzend kommt hinzu, dass als Nebenprodukt des Frackings große Mengen an Gas erzeugt werden, das aber oft einfach abgefackelt werden muss. Denn es fehlt an Speicher- und Transportmöglichkeiten. Doch seit einiger Zeit ist eine große Pipeline am Netz, so dass viel Gas in Richtung der LNG-Terminals an der Golfküste geleitet wird und sich auch deshalb der Gaspreis in den USA erholt. Mit Gas kann man dort nun auch (wieder) Geld verdienen, was TPLs Royalities zugutekommen sollte. Auf mittlere und lange Sicht steht TPL gut positioniert dar und baut sein erfolgreiches Business weiter aus. Dank des jüngsten Kurseinbruchs bzw. dem Abbau der vorherigen Übertreibung ist auch die Bewertung wieder in "annehmbarem" Terrain angelangt.

S&P-Losersektor 3: Immobilien

Die Immobilienbranche leidet massiv unter den hohen Zinsen und hohen Baukosten. Mehr als 10 Jahren lang gab es eine große Euphorie in der Branche und die Immobilienpreise kannten kein Halten. Mit den Zinsanhebungen der Notenbanken zur Inflationsbekämpfung war der Spaß vorbei. Die Immobilienpreise brachen ein, weil sich immer mehr potenzielle Käufer keine Immobilienmehr leisten konnten; ob man für 500.000 Euro 1 % oder 5 % an jährlichen Zinsen berappen muss, macht eben einen großen Unterschied.

Durch den sinkenden Neubau und die eingebrochenen Verkaufszahlen stieg relativ betrachtet die Nachfrage nach Mietwohnungen und dem entsprechend die Mieten. Das war für Immobilienkonzerne ein zweischneidiges Schwert. Denn die höheren Mieteinnahmen konnten die deutlich steigenden Zinsbelastungen nicht kompensieren. Viele Immobilienunternehmen mussten daher den Wert ihrer Bestandsimmobilien deutlich reduzieren, also Abschreibungen vornehmen. Dabei fließt zwar kein Geld ab, aber die Gewinne brachen einmalig ein. Und da in der Branche mit einem sehr hohen Fremdkapitalhebel gearbeitet wird, wurde die Luft damit echt dünn. Den viel höheren Zinsbelastungen standen nun sinkende Immobilienwerte gegenüber, die bei den Kreditgebern als Sicherheiten dienten. Diese Sicherheiten verloren an Wert, daher mussten Kredite reduziert werden oder frisches Geld in die Gleichung fließen. Für viele Unternehmen war (und ist) dieser Spagat nicht zu stemmen, daher häufen sich die Pleiten in der Branche.

Ganz besonders hart trifft es dabei den Gewerbeimmobiliensektor und hier die Büroimmobilien. Denn Büroraum gibt es im Überfluss, seit viele Unternehmen auf Work-from-Home setzen. In den USA stehen in Metropolen wie San Francisco teilweise mehr als die Hälfte der Innenstandbüroflächen leer. Wodurch die Mieterlöse entsprechend eingebrochen sind und damit die Fähigkeit, die Kredite zu bedienen. Es müssen dabei ja nicht nur Zins und Tilgung bedient werden, sondern bei Auslaufen des Kredits (also seiner fest vereinbarten Konditionen) steht in der Regel noch ein großer Teil der Restschuld zur Anschlussfinanzierung an. Bei deutlich niedrigeren Mieteinnahmen und deutlich reduzierten Gebäudewerten, also verringerten Sicherheiten. Hier stehen viele Immobilien und Immobilienbesitzer im Feuer – und sich daran anschließend auch die kreditgebenden Banken. Wie schlimm das ausgehen kann, haben wir vor anderthalb Jahren erlebt mit den Pleiten der großen Regionalbanken Silicon Valley Bank und First Republic Bank.

Eine neue Bankenkrise blieb zwar aus, aber sollten die US-Notenbank perspektivisch nicht die Zinsen weiter senken können wegen der neu aufflammenden Inflation, würde dies zu einem neuen und großen Druck auch im Bankensektor führen. Diese Sorge zeigt sich auch an der realen Zinsentwicklung. Die Fed hat in 2024 dreimal die Zinsen gesenkt, aber der Marktzins für langlaufende Immobilienkredite hat inzwischen wieder deutlich zugenommen. Für 30-jährige US-Hypotheken muss man zurzeit wieder 7 % aufbringen, das ist für viele nicht bezahlbar. Da die US-Bürger aus der Finanzkrise 2008/09 gelernt haben, haben die meisten von ihnen in der sich anschließenden Niedrigzinsphase langlaufende Zinskonditionen vereinbart. Folglich werden sie durch das gestiegene Zinsniveau nicht belastet. Aber… sie können ihre Immobilien auch nicht verkaufen, weil sie dann für den Neuerwerb eine neue Finanzierung abschließen müssten zu heutigen Konditionen. Dies ist der entscheidende Grund, weshalb die Transaktionen am US-Immobilienmarkt so stark gefallen sind und sich bisher nicht wirklich wieder erholt haben.

Chance: Blackstone

Blackstone ist der weltgrößte Alternative Asset Manager und verwaltet inzwischen Investorengelder von 1,1 Billionen USD. Hieran verdient man Managementprovisionen und beim Verkauf der Investments zusätzlich Erfolgsprovisionen. Ein erheblicher Teil des Erfolgs von Blackstone geht darauf zurück, dass man der weltgrößte Landlord ist. Mit anderen Worten: die von Blackstone verwalteten Fonds haben mehr Mietobjekte und –wohnungen im Bestand als sonst jemand auf diesem Planeten. Die steigenden Mieteinnahmen hieraus fließen den Fonds zu, die wiederum Provisionen an die Mutter weiterreichen, wo sie die Gewinne und Dividenden anfüttern. So weit, so gut.

Bis 2021 war Blackstone nicht nur emsiger Käufer von Immobilien, sondern hat auch beim Verkauf kräftig mitverdient. Doch Verkäufe hat Blackstone man in den letzten drei Jahren deutlich reduziert, weil man nicht die Verkaufspreise realisieren kann, die man den Immobilien als Wert zumisst. Deshalb sind die erfolgsanhängigen Provisionen für Blackstone kräftig zurückgegangen und auch die Dividenden liegen um ein gutes Drittel unter den früheren Werten.

Doch Blackstone hat keine Geldsorgen, da dem Asset Manager noch immer reichlich frische Beträge von Investoren zufließen. Diese nutzt Blackstone auch dazu, als Käufer im Immobilienbereich aufzutreten. Man kauft sowohl Liegenschaft in Europa fleißig zu, als auch ganze REITs, also Real Investment Trusts. Die REITs stehen ebenfalls unter Druck und viele von ihnen sind börsennotiert. Ihre Aktienkurse sind teilweise viel stärker gefallen als die Immobilienwerte in ihrem Bestand und Blackstone nutzt die sich hier bietenden Chancen. Weil man das nötige Kapital hat und die Geduld, auf einen Marktaufschwung zu warten.

Quelle: wallstreet-online.de
Die Aktie von Blackstone hat sich von den Tiefstständen vor anderthalb Jahren stark entwickelt, doch zuletzt ging ihr wieder die Puste aus. Die Bewertung sieht relativ hoch aus und ist es auch, wenn man sich nur auf die laufenden Gewinne fokussiert. Hier fehlen die hohen Exit-Provisionen früherer Jahre. Schaut man aber über den Tellerrand hinaus, dann sollten diese in den Folgejahren wieder zur Regel werden. Ein sich erholender Immobilienmarkt würde bei Blackstone die Ergebnisse stark anfeuern und damit die Bewertung schnell schrumpfen. Hier lauert also enormes Potenzial, auch für den Kurs. Auf kurze Sicht muss man aber damit leben, dass die Provisionseinnahmen überwiegend aus den Managementgebühren gespeist werden und damit niedriger sind, als sie sein könnten. Die vielen neuen Immobilieninvestments erhöhen allerdings auch dank der steigenden Mieteinnahmen die Provisionsbasis von Blackstone, so dass der Asset Manager beim stetigen Anteil seiner Provisionen zulegt, während der erfolgsabhängige Bereich zunächst noch Potenzial aufbaut.

Mit der Blackstone-Aktie kann man als Anleger gleich mehrfach profitieren, sofern man sich von den kurzfristigen Kursschwankungen und der vermeintlich hohen Bewertung nicht abschrecken lässt.

Mein Fazit

Gesundheit, Rohstoffe und Immobilien sind die am schlechtesten gelaufenen Branchen im S&P 500 und hier sieht es aktuell weiter trostlos aus. Beides hängt natürlich miteinander zusammen, denn hätten sich die Aussichten bereits spürbar aufgehellt, wären die Kurse längst angesprungen. Doch die Schlagzeilen sind überwiegend negativ und drücken auf die Stimmung. Doch die Erfahrung zeigt, dass sich in solchen Phasen auch große Chancen ergeben. Man muss sie nur finden und sie ergreifen. Und das ist natürlich einfacher gesagt, als getan. Denn in der Rückschau sieht jede Krise wie eine Chance aus, steckt man jedoch mittendrin, übertönen die Alarmsirenen alles.

Red Flags sollte man als Anleger nicht ignorieren, Risiken immer stärker im Blick haben als Chancen. Trotzdem sollte man aufgeschlossen bleiben und in Einzelfällen selektiv zugreifen. Unternehmen, die solide aufgestellt sind, die keine finanziellen Probleme haben, die von erfolgreichen Managern geführt werden, sind dabei erste Wahl. Das bedeutet nicht, dass sie die höchsten Renditen einspielen, wenn alles gut geht, aber es heißt, die Risiken zu begrenzen, während man sich die Chancen ins Depot holt. Und mit etwas Geduld sollten sich diese Investments dann auch ordentlich auszahlen. Trotz des holprigen Wegs, der unbestreitbar vor ihnen liegt. Doch mit der richtig angepassten Geschwindigkeit sind auch Schlaglöcher nur eine vorübergehende Herausforderung und kein Grund, den Erfolgsweg zu verlassen oder gar nicht erst zu beschreiten…

Möge die Rendite mit euch sein!
Euer Börsenbarde
Michael C. Kissig

Disclaimer: Habe Blackstone, Danaher, Texas Pacific Land auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.

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