Samstag, 16. November 2024

Leserfrage: "Sollte ich bei Texas Pacific Land jetzt nicht lieber Gewinne mitnehmen?"

Rüdiger hat mir eine interessante Frage zu Texas Pacific Land gestellt, meinem größten Investment: "Ich finde deine Aktienauswahl im Depot wirklich super, Michael. Ich bin aber gerade etwas wegen Texas Pacific Land besorgt. Nachdem sie in den letzten Tagen 'To the Moon' gerannt ist (wohl wegen des Trump-Sieges), so frage ich mich, ob dieser schnelle Anstieg wohl gerechtfertigt ist. Ist hinter dieser Aktie wirklich so viel Substanz, dass nicht die Gefahr eines schnellen wieder Rückgangs des Kurses besteht? Sollte man jetzt nicht lieber mal die Gewinne mitnehmen? Ich habe schon oft an Werten festgehangen, die dann auch ebenso schnell wieder zurück kamen, obwohl ich fest überzeugt davon war. Würdest du dir bitte dies mal anschauen. Die Gewinne im Moment sind ja wirklich fantastisch. "

Diese Frage dürfte wohl so einige Anleger umtreiben, denn viele haben den Einstieg bei Texas Pacific Land bisher verpasst oder sitzen auf üppigen Kursgewinnen und der Angst diese wieder einzubüßen...

Moin Rüdiger,
dein Gedankengang ist mir nicht fremd, denn der Aktienkurs von Texas Pacific Land hat sich innerhalb kürzester Zeit sehr positiv entwickelt. Allerdings kann ich dir nicht wirklich einen Rat geben, was du mit deinen Aktien anfangen sollst. Du schaust zuvorderst auf die Kursentwicklung und hast Angst, deine Buchgewinne wieder zu verlieren. Ich weiß aber nicht, wie sich der Kurs entwickeln wird. Klar, je höher die Bewertung einer Aktie ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass Anleger mal Gewinne mitnehmen. Aber eben auch nicht sicher, denn das 'Bewertungs-Multiple' kann sich auch kräftig ausdehnen. Als Buffett Apple kaufte in 2015 lag des KGV knapp über 10. Aktuell sind es fast 40. Bei allen Fortschritten hat Apple zuletzt kaum noch Umsatzwachstum, aber die Börse bewertet den Gewinn annähernd viermal so hoch wie vor 10 Jahren. So etwas ist schwer zu prognostizieren. Und liegt natürlich daran, wie das Geschäftsmodell eingeschätzt wird. Apple hat sich vom Hardware-Verkäufer zu einem defensiven Konsumunternehmen gewandelt mit einem noch stärkeren Burggraben. Und kauft für 100 Mrd. USD pro Jahr eigene Aktien zurück.

Und nun zu Texas Pacific Land. Ich bin selbst in TPL investiert und zwar bereits seit 2018. Seitdem gab es sehr starke Schwankungen; in der Corona-Hochphase rutschte der Preis für Rohöl sogar ins Negative, man bekam also Geld geschenkt, wenn man Öl kaufte. Auch TPLs-Aktienkurs lag am Boden, ich hatte damals ebenfalls nur eine kleinere TPL-Position und in diesem Frühjahr habe ich wieder deutlich aufgestockt. Aber nicht, weil ich auf steigende Aktienkursen gesetzt habe, sondern weil ich hier auch in Zukunft steigende Unternehmensgewinne erwarte. Dadurch steigert sich der Wert des Unternehmens und das bietet Potenzial für den Aktienkurs.
Wichtig: TPL ist kein Öl-Unternehmen, sondern ein Landbesitzer, der mit diesem Land viel Geld verdient, weil er andere auf seinem Land nach Öl und Gas bohren lässt. Und ihnen auch noch das dazu benötigte Wasser verkauft und das verschmutzte Wasser wieder abnimmt und recycelt. TPL ist eine Gelddruckmaschine mit sehr niedrigen Betriebskosten. Und deshalb sind seine Aktien so begehrt. Auch der größte Aktionär (Murray Stahl von Horizon Kinetics) kauft fast täglich weitere TPL-Aktien.

Aktuell sinkt der Öl-Preis, weil die Weltkonjunktur Schwächen zeigt, insbesondere in China. Trump wird sehr Öl-freundlich sein, also mehr Fracking zulassen. Wie sich das insgesamt auf den Ölpreis auswirken wird, bleibt abzuwarten. Aber die Nachfrage der Öl-Unternehmen nach Land, auf dem sie bohren dürfen, dürfte weiter ansteigen. Und damit das Potenzial für TPL. Hierauf setze (nicht nur) ich.
Quelle: wallstreet-online.de
TPL ist inzwischen meine größte Depotposition, wegen der Aufstockung und weil der Kurs so stark gestiegen ist. Aus den vorgenannten Gründen verkaufe ich nicht. Ich bin an dem Unternehmen beteiligt und will an seiner Wertsteigerung teilhaben. Ich nehme deshalb billigend in Kauf, dass der Aktienkurs mal deutlich vorauseilt, oder aber auch mal zurückbleibt. Auf den habe ich keinen Einfluss. Auf die Geschäftsergebnisse auch nicht, aber die kann ich im Blick behalten und daraus fundierte Schlüsse ableiten. Nicht, was ein einzelnes Quartalsergebnis angeht, das spielt kaum eine Rolle, sondern hinsichtlich der grundsätzlichen Entwicklung und ob mein Investmentcase noch in der Spur ist. Hier sehe ich TPL 'on track'.

Mehr als diese Einschätzung kann ich dir leider nicht bieten, Rüdiger. Die Entscheidung, ob du die TPL-Aktien aufstockst, hältst oder (teil-)verkaufst musst du für dich alleine treffen; auch deshalb, weil wir alle unterschiedlich ticken und jeder seiner eigenen Investmentphilosophie folgen muss. Was für mich passt, muss für andere nicht der richtige Ansatz sein. Entscheidend ist, dass man sich mit seinen Investments auch wohl fühlt. Im Zweifel sollte man ausschließlich auf solche Unternehmen setzen, egal was für tolle Perspektiven andernorts winken.

Und dann ist da noch das Thema der 'Opportunitätskosten'. Wenn dein Geld nicht mehr in TPL steckt, musst du es ja irgendwie anders anlegen, damit es Rendite abwirft. Und das sollte ein mindestens ebenso aussichtsreiches Unternehmen bzw. eine noch bessere Renditechance sein, wie/als TPL. Ich bezweifle, dass es hier viele Anwärter gibt. Aber einige könnte es schon geben. Man muss sie nur finden. Und wie sagte schon Börsenaltmeister André Kostolany: "An der Börse ist alles möglich. Auch das Gegenteil". ツ

Disclaimer: Habe Apple, Berkshire, Texas Pacific Land auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.

2 Kommentare:

  1. Hallo Michael,
    hallo Rüdiger,
    einen "Goldstandard" für eine solche Situation gibt es nicht (Anmerkung: in der Medizin wird unter einem Goldstandard ein bewährtes Verfahren bezeichnet, was zur besten Lösung führt).

    Vor ein paar Jahren hatte ich bei PNE ein ähnliches Erlebnis - PNE wurde bei mir zum Tenbeggar - und ich hatte Dich lieber Michael um Rat gefragt. Dein Rat: "Verkaufe die Hälfte und halte die andere Hälfte" war extrem gut (auch hier nochmals vielen Dank dafür!): Ich verkaufte die Hälfte meiner Anteile zu 22,60 Euro und behielt die andere Hälfte - jetzt liegt PNE bei etwa 11 Euro.
    TPL habe ich leider nicht, da ich mich für seinerzeit für LendingClub entschieden habe ... - man kann leider nicht alles kaufen.
    Liebe Grüße,
    Reginald

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. TPL recycelt das verschmutzte Wasser und fägt sogar das entweichende Methan wieder auf, sodass eine mittlere Grossstadt damit heizen kann !

      Löschen