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Sonntag, 13. Oktober 2024

Kissigs Kloogschieterei: Value is back!

Das 3. Quartal liegt hinter uns und es hat unerwartet gut abgeschnitten. Der S&P 500 legte in den letzten drei Monaten um rund 5 % zu. Dabei schloss der Energiesektor mit -4 % als einziger im negativen Terrain ab, während Communication Services und Technologieaktien mit jeweils nur kleinen Zuwächsen den breiten Markt deutlich underperformten. Am besten entwickelten sich die Kurse bei Industrie (+ 11 %), Immobilien (+15,5 %) und Versorgern (+18 %), also den 'klassischen Value-Sektoren'. Finanzwerte lagen mit einem klaren Plus lediglich im Mittelfeld der positiven Entwicklung und auf Augenhöhe mit Rohstofftiteln.

Die Entwicklung passt zur kürzlich eingeleiteten Zinswende der Fed, denn niedrigere Zinsen entlasten die Finanzergebnisse der Unternehmen und zwar besonders der mit hohem Investitionsbedarf. Deren Aktien waren die letzten Jahre die Loser an der Börse, nun bekommen sie Rückenwind. Doch auch Technologiewerte sollte man nicht einfach abschreiben, denn die ziehen die letzten Tage auch auf neue Hochs an. Kein Wunder...

Nach der Entlassung zehntausender Mitarbeiter sind sie nun (wieder) auf Effizienz getrimmt, das dürfte sich in der nun gerade beginnenden Earnings Season auszahlen. Und der jüngste Arbeitsmarktbericht zeigte sich überraschend positiv und die US-Wirtschaft sich insgesamt weiterhin ziemlich robust. Das erfreut – auf den ersten Blick. Negative Begleiterscheinung könnte sein, dass die Fed die Zinsen nun doch nicht so schnell senkt, wie zuvor erhofft. Anstelle von Zinsschritten von jeweils 50 Basispunkten liegen die Markterwartungen für 2024 inzwischen bei reduzierten zweimaligen Senkungen um 25 Basispunkte. Aber auch das hat sein Gutes, denn so bekommt die Inflation weniger Auftrieb.

Nebenwerte haben auf lange Sicht an der Börse besser abgeschnitten als Standardwerte. Das gilt aber nicht mehr seit der Globalen Finanzkrise 2008/09, denn seitdem führen die Technologieaktien unangefochten die Performance-Hitlisten an und hier insbesondere auch die Schwergewichte. Allerdings hat jedes große Unternehmen mal als kleines angefangen und werde hier früh an Bord war, hat die größten Gewinne eingefahren. Zwar sind wir Kleinanleger nicht der Position von Venture Capital und können Frühphaseninvestitionen vornehmen (wohl auch zum Glück, denn dafür fehlt uns ganz offensichtlich die Expertise), aber wir können uns unter den börsennotierten Kleinunternehmen umsehen, wo sich viele unentdeckte Schätze finden. Oft auch zu ziemlich niedrigen Bewertungen, denn ohne große Aufmerksamkeit der Medien, ohne Artikel in Börsenmedien und ohne Coverage durch Aktienanalysten fehlt oft das Interesse und damit die Nachfrage. Zudem gehen zumeist nur wenige Aktien um, so dass es durchaus eine Herausforderung sein kann, eine ordentliche Positionsgröße zusammenkaufen zu können - oder sich aus einer solchen kursschonend wieder zu verabschieden. Und doch... mit zunehmendem Unternehmenserfolg, zunehmender Bekanntheit, zunehmender Größe verschwinden all diese Problemchen von alleine, die Aktie wird bekannter, beliebter und öfter gehandelt. Und damit steigt üblicherweise auch ihre Bewertungsmultiple. Wer hier also sehr früh eingestiegen ist und durchgehalten hat, fährt die höchsten Renditen ein. Allerdings ist das keine leichte Sache und für jedermann die richtige Strategie. Denn man muss ein Unternehmen kaufen, über das es weniger Informationen und Meinungen gibt und das kaum jemand kennt. Dafür braucht man eine starke Überzeugung und Durchhaltevermögen, Geduld und Zeit. Und die Bereitschaft, für längere Zeit als Trottel dazustehen mit einer Position, die lange keine ansehnliche Rendite abwirft. (Nur) wer das kann, sollte sich bei den kleinen Nebenwerten engagieren und darauf setzen, dass deren 'glorreiche Zeiten' wieder aufleben. Ein weiterer Hoffnungsschimmer ist, dass kleine Unternehmen von sinkenden Zinsen am stärksten profitieren - weil sie überdurchschnittlich oft variable Zinsvereinbarungen haben.

Momentan geben aber die großen Unternehmen und vor allem die Technologieriesen den Ton an. Und trotz vieler Sorgen klettern die Börsen an der 'Wall of Worries' entlang zu neuen Rekorden. Dabei ist die Gemengelage auf den zweiten Blick weiterhin überwiegend positiv – jedenfalls in den USA. In Europa und speziell in Deutschland sinken die Wirtschaftsdaten und die Konjunkturprognosen und viele Aktien kriegen ihr Fett weg. Und über allem dürfte die nächsten Wochen der US-Wahlkampf lasten. Und doch waren und sind Aktien der beste Weg, um gut über die Runden zu kommen. Wie riet schon Börsenaltmeister André Kostolany? (Die richtigen) Aktien kaufen und dann Schlaftabletten nehmen. Mit Quality Investing lässt man den Zinseszinseffekt am wirksamsten für sich arbeiten, nutzt das Compounding geschickt für den Vermögensaufbau. Börsianer alter Schule nennen das Prinzip schlicht Buy & Hold. Und das zahlt sich aus...

Alles Gute für euer Geld!
Michael C. Kissig

2 Kommentare:

  1. Guten Morgen Michael, hast du die letzten Zahlen und Meldungen von Nynomic studiert? Ich halte die schon seit Jahren und bin jetzt tatsächlich nochmal ins Minus mit der Position gerutscht und überlege einen Teilverkauf. Mir gefällt die Kommunikation des Managements nicht und die buy and build Strategie Anscheind auch nicht mehr richtig funktioniert, da das Umsatzwachstum ja ziemlich nach unten korrigiert werden musste für die nächsten Jahre. Wie siehst du die ganze Geschichte?

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  2. Moin Robert,
    die Prognoseanpassung bei Nynomic hat schon negativ überrascht. Nicht, dass es überhaupt zu einer Anpassung kam, das war angesichts der konjunkturellen Lage und den vielen reduzierten Erwartungen bei anderen Unternehmen eigentlich zu erwarten. Aber die Höhe der Senkung ist dann doch schon beachtlich.

    Der Vorstand erklärte, ursächlich für die deutlichen Anpassungen seien Verzögerungen bei den Abrufen bereits bestellter Produkte auf Kundenseite, insbesondere im Halbleiter- und Agrar-Sektor, weil diese unter den schwachen Rahmenbedingungen leiden und mit der Verschiebung ins nächste Jahr ihre Cashflows für das Geschäftsjahr 2024 aufbessern wollen. Das klingt durchaus plausibel. Der Vorstand betonte ausdrücklich, es handle sich bei den Auslieferungsanpassungen nicht um Stornierungen. Daher sollte ein Großteil dieser zu Jahresbeginn 2025 verbucht werden können. Das ist ebenfalls plausibel - aber natürlich könnte sich eine länger anhaltende Konjunkturschwäche auch in nochmaligen Verzögerungen niederschlagen oder sogar in Stornierungen. Bisher sieht es nicht danach aus und das Beibehaltender Mittelfristprognose seitens des Nynomic-Vorstands mit 200 Mio. Euro Umsatz und einer EBIT-Marge von 16 bis 19 % unterstützt diese Position. Würden die von Stornierungen ausgehen, hätten sie lieber jetzt alle Prognosen zusammengestrichen, anstatt dies ggf. später nochmal tun zu müssen.

    Ich empfinde die Kommunikation des Vorstands nicht als negativ; das Ereignis natürlich schon. Bisher haben die beiden einen super seriösen Job gemacht und immer geliefert, was sie angekündigt haben. Ein Wirtschaftsprofi meinte neulich, Deutschland erlebe gerade die zweite Rezession hintereinander. Sowas kalkuliert niemand ernsthaft mit ein und ich würde das auch nicht einseitig dem Nynomic-Vorstand anlasten.

    Auf der anderen Seite will Nynomic weiter wachsen, auch durch Zukäufe. Dafür gibt es tolle Bedingungen. Mal sehen, ob an dieser Stelle bald wieder was geht. Dass die Buy & Bulid-Strategie "gescheitert" ist, schätze ich jedenfalls nicht so ein.

    Klar ist allerdings, dass Nynomic kundenseitig zyklischer aufgestellt ist, als ich das bisher eingeschätzt hatte. Und auch, dass die deutlich zweistelligen Wachstumsraten der letzten Jahre nicht der Normalfall sind. Die resultierten auch aus Corona-Nachholeffekten, das hat sich aktuell sogar ins Negative verkehrt. Dennoch ist Nynomic grundsätzlich gut aufgestellt mit seinen Branchen und Technologien und auch mit der eigenen Plattform. Zieht man dann noch den heftigen Kursrückgang in Betracht, sind hier durchaus Chancen auf mittlere Sicht zu erkennen.

    Aber klar, die Unsicherheit ist erstmal da. Vieles hängt davon ab, ob, die verschobenen Aufträge wirklich im 1. Quartal 2025 realisiert werden können. Als Kauf drängt sich Nynomic daher zunächst nicht auf. Aber ob man die Aktie jetzt, und damit nach dem Kurseinbruch, verkaufen sollte, ist auch keine einfache Entscheidung.

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