Starinvestor Warren Buffett ist nicht bekannt dafür, zu viel Geld für Unternehmen auszugeben. Sein Credo lautet, billig zu kaufen und mit einer erheblichen Sicherheitsmarge auf den intrinsischen Preis. Und wenn er überhaupt verkauft, dann teuer. Denn sein bevorzugter Anlagehorizont ist "für immer".
Umso bemerkenswerter erscheint daher sein Bekenntnis, sich eher bei hoch bewertete Aktien umzusehen, um sein nächstes interessantes Investment zu finden.
"Es ist weniger wahrscheinlich, dass wir uns etwas ansehen, das zu einem niedrigen Verhältnis zum Buchwert notiert, als etwas mit einem hohen Verhältnis zum Buchwert, weil die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass wir es im ersten Fall mit einem schlechten Business zu tun haben und im zweiten Fall mit einem guten Business."(Warren Buffett)
Der Grund liegt einfach darin, dass sich hinter dieser hohen Bewertung oft die besten Geschäftsmodelle verbergen und man damit auf lange Sicht mehr erreicht, als nur mit einem spottbilligen Kaufpreis. Eine Erkenntnis, für die Buffett Jahrzehnte brauchte – und die leitende Hilfe seines Partners Charlie Munger. Doch seit seinem 'Aha-Moment' vor rund 50 Jahren folgt er konsequent seiner Erfolgsstrategie, die ihn letztlich zum besten Investor aller Zeiten machte.
Die meisten Anleger gehen anders vor und suchen nach den vermeintlichen Schnäppchen, indem sie auf das niedrigste Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) abzielen oder das billigste Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV). Doch damit erleiden sie fast immer Schiffbruch, denn eine bloße Kennzahl ohne Hintergrundcheck erzählt einem nicht mal die halbe Geschichte. Oft gibt es nämlich gute Gründe für die vermeintlich niedrige Bewertung...
So basieren die meisten Kennzahlen auf teilweise veralteten Analystenschätzungen und passen daher nicht zu aktuellen Entwicklungen. Gibt ein Unternehmen eine Gewinnwarnung heraus, fällt zumeist sein Aktienkurs, während die Analystenschätzungen noch nicht angepasst wurden. Die Aktie sieht dann plötzlich deutlich günstiger bewertet aus, obwohl genau das Gegenteil der Fall ist. Zumal Unternehmen mit operativen Problemen meist länger für den Turnaround benötigen und daher weitere Gewinnsenkungen nicht unwahrscheinlich sind.
Des Weiteren sind zyklische Unternehmen oft sehr günstig bewertet, vor allem auf dem Höhepunkt des Zyklus. Sie haben dann hohe Gewinne, die aber nicht mehr lange in diese Höhe anfallen werden. Die vermeintlich günstige Bewertung schnellt dann in die Höhe und macht die Aktie wieder teurer.
Dies sind nur zwei Beispiele für 'Value Traps', in die Anleger gerne tappen. Und dann kräftig draufzahlen. Buffett kauft lieber qualitativ hochwertige Geschäftsmodelle mit Burggraben und Preissetzungsmacht, deren Einnahmen absehbar weiter steigen und die mit jeder Wirtschaftslage relativ gut klarkommen. Im Idealfall erzielen sie einen erheblichen Teil ihrer Umsätze mit wiederkehrenden Erlösen. Diese Quality Investments sind Buffetts bevorzugte Spielwiese und die sind selten wirklich billig zu kaufen. Gerade weil sie solche starken Qualitäten haben. Aber zum Glück kann jeder diese Qualitätsunternehmen kaufen, nicht nur Buffett. Man muss sich nur trauen und bei den vermeintlich hoch bewerteten Aktien zugreifen. Auch die werden ab und zu mit deutlichen Kursabschlägen gehandelt, zumeist in panikartigen Sell-offs. Und dann muss man sie einfach in Ruhe ihre Arbeit machen und sie steigern ihren Wert fast wie im Schlaf. Und verkaufen? Eigentlich nur dann, wenn sie ihre starken Qualitäten einbüßen. Ansonsten fährt man mit Buy & Hold einfach am besten...
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