Sonntag, 29. September 2024

Kissigs Kloogschieterei: Nach dem Ereignis ist vor dem Ereignis

Nun ist es also passiert: die Fed hat (endlich) ihre erste Zinssenkung gewagt und es waren gleich 50 Basispunkte. Zudem hat Fed-Chef Jerome Powell erklärt, die US-Notenbank sähe die US-Wirtschaft trotz zunehmender negativer Einflüsse weiter in einer robusten Verfassung. Der Fokus der Fed richtet sich nun stärker in Richtung Arbeitsmarkt. 

Im Grunde hat die Fed nun also (endlich) das geliefert, was schon länger von ihr erwartet wurde. Und trotzdem feierte der Markt den Startschuss der Zinswende mit einem kleinen Kursfeuerwerk. Unverständlich?

Verständlich. Immerhin hinkt die Notenbank der realen Entwicklung zumeist hinterher und agiert dann zu hart. Diese Befürchtungen hatten auch zuletzt wieder deutlich zugenommen. Nicht ganz zu Unrecht. Blackstones CFO Michael Chae erklärte jüngst, da die Fed bei der Inflationsbewertung zunehmend volatile Komponenten heranziehe, wie Wohnkosten, führe dies zu einer verzögerten Erfassung der tatsächlichen Entwicklung. Blackstone filtere solche Entwicklungen heraus und könne daher vor der Welle agieren – nicht von ungefähr hat der weltgrößte Alternative Asset Manager in den vergangenen 12 Monate mehr als 30 Mrd. USD in REITs und Immobilien investiert und damit vor dem nun einsetzenden breiten Aufschwung am Immobilienmarkt. Während also die Wirtschaft unter der zu langsam agierenden Notenbank zu lange leidet, ergeben sich hieraus für clevere Investoren zusätzliche Chancen. Wenn sie denn die Chuzpe haben, diese auch konsequent zu nutzen.

Für Privatanleger ist es kaum leistbar, bessere Informationen als die Notenbaken zu haben, geschweige denn, hieraus sinnstiftendere Analysen abzuleiten für die eigenen Investments. Aber das müssen sie auch gar nicht, denn man kann sich inzwischen ja auch bei denen als Aktionär einkaufen, die das quasi zu ihrem Geschäftsmodell gemacht haben. Nicht nur Blackstone fährt seit Jahren und Jahrzehnten höhere Renditen als das Durchschnittsunternehmen ein, sondern auch seine kleineren Wettbewerber Apollo, Ares, Brookfield und KKR. Anleger haben also die Qual der Wahl und das ist allemal besser, als an der Börse hinterherhinken zu müssen. Und das ist ja vielen Anlegern passiert, die nicht auf die großen Cloud- und KI-Boomer gesetzt haben. Auch unter den Profis.

Doch die gute Nachricht ist, dass es an der Börse nie zu spät ist für gute Entscheidungen und man auch später noch auf die richtigen Zugpferde setzen kann. Und was die Fed macht...

"Nicht die Unternehmensgewinne beeinflussen den Gesamtmarkt, es sind die Notenbanken. Und deshalb konzentriere ich mich auf die Zentralbanken und auf die Entwicklung der Liquidität, während die meisten Leute auf die Gewinne und konventionelle Kennzahlen blicken. Aber es ist die Liquidität, die die Märkte bewegt."
Liquidität ist wie Sauerstoff für die Börse. Es ist also durchaus sinnvoll, sich nicht gegen die grundsätzliche Entwicklung zu stellen, die die Notenbanken mit der Hand an der Geldschleuse vorgeben. Drehen sie die Hahn auf und viel frische Liquidität fließt in die Märkte, dann gibt das der Börse Auftrieb - nicht nur den Aktien, die es verdient haben. Diese Phase erlebten wir von 2009 bis 2021. Und wenn die Notenbanken den Geldhahn zudrehen und Liquidität aus dem System nehmen, oder zumindest seinen Zufluss spürbar eindämmen, dann geraten die Börsen unter Druck. Das haben wir 2022 zu spüren bekommen.

Und doch... stehen die Börsen auf Allzeithoch und viel höher als zu Beginn des letzten Zinserhöhungszyklus. Allerdings ist das auch eine optische Täuschung, denn es sind vor allem gehypte Werte aus der boomenden KI-Branche und die dominanten Mega-Konzerne, die mit ihren gewaltigen Cashflows und üppigen Gewinnen ein Kursfeuerwerk abgebrannt und dank ihrer hohen Gewichtung in den Börsenindizes diese auf neue Hochs getrieben haben. Eine Vielzahl kleinerer und in 'normalen' Branchen aktiver Unternehmen stehen weit unter ihren vormaligen Höchstkursen am Ende der 2021er Hausse. Die Konzentration innerhalb der Indizes hat zugenommen, die Konzentration des Anlegergelder in diese Werte ebenfalls. Das ist auch dem Boom bei ETFs geschuldet, die wie die Lemminge das ihnen anvertraute Anlegergeld immer stärker in immer die gleichen Aktien investieren. Und zwar investieren müssen, denn die Anleger suchen sich ja genau die ETFs aus, die so gut gelaufen sind in der Hoffnung, dass sie es künftig auch tun werden. Und das klappt in der Regel - bis es nicht mehr klappt. Dann ist der Katzenjammer groß und alle fragen sich, was passiert ist.

Börse simplified...

Alternativ kann man - und ich entschuldige mich für die erneute und ständige Wiederholung - auch anders investieren. Nicht in den Hype hinein, nicht in die aktuell angesagteste Boom-Branche, sondern dorthin, wohin das Geld (der Investoren) fließt: in Vermögensverwalter, Finanzinvestoren, Alternative Asset Manager. Auch die erleben einen schon lange anhaltenden Boom bezüglich frischer Investorengelder (da ist die Analogie zu den Geldschleusend er Notenbanken) und investieren dieses Geld weltweit in aussichtsreiche Assets: Unternehmen, Infrastruktur, KI-Rechenzentren, Immobilien usw. Und dafür erhalten sie Provisionen. Stetige Managementprovisionen und erfolgsabhängige Gewinnprovisionen. Je stärker ihre Assets under Management wachsen, desto stärker legen auch ihre Provisionseinnahmen zu und damit ihre Gewinne. Denn ihr Geschäftsmodell ist weitgehend skalierbar. Und so haben die KKRs dieser Welt ihre AuM und ihre Gewinne über die letzten Jahrzehnte über 20 % gesteigert - durchschnittlich pro Jahr. Das sind Buffett-Sphären! Ihre starken Kurssteigerungen über die Jahre sind durch diese unternehmerischen Erfolge untermauert und die Fortsetzung dieser Entwicklung ist mindestens auf mittlere Sicht absehbar. Deshalb fühlt sich das Geld der Investoren, der Anleger und auch meins hier so wohl...

Alles Gute für euer Geld!
Michael C. Kissig

Disclaimer: Habe Apollo, Blackstone, Brookfield, KKR auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.

2 Kommentare:

  1. Hallo Michael,
    wie viel Liquidität steht denn noch zu Verfügung? Wenn ich lese, dass die Verschuldung der USA von 7,4 Billionen Dollar in 2004 auf heute 34,5 Billionen Dollar gestiegen ist !
    Gibt das nicht Anlassuur Sorge?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liquidität wurde früher durch die Notenbanken geschaffen, daher hatte deren Zinssätze größeren Einfluss als heute. Dann kamen die Anleihekaufprogramme hinzu, erst für Staatsanleihen, später auch für Unternehmensanleihen. Das war schon ein kräftig erhöhtes Gelddrucken. Und in den USA scheinen Staatshaushalte keine Rolle mehr zu spielen (die begrenzen bei uns in Deutschland das Budget und die Neuverschuldung), denn dort werden ständig neue Schulden gemacht und die dümmliche Schuldenobergrenze ja beinahe vierteljährlich um weitere Billionen nach oben angehoben.

      Solange die USA genügend Geldgeber finden für ihre Staatsanleihen, solange geht ihnen das Geld und damit die Liquidität nicht aus. Besorgniserregend ist das in der Tat, denn Schulden müssen nicht nur zurückgezahlt werden (Tilgung), sondern kosten ja auch laufend Geld (Zinsen). Und da viele Staatsschulden nur für eine kurze oder mittlere Laufzeit aufgenommen werden, und sie aufgrund der Staatsdefizite nicht zurückgezahlt, sondern dann refinanziert werden müssen, steigen bei erhöhtem Zinsniveau auch die Zinslasten. Genau das sehen wir momentan in Deutschland und noch sehr viel stärker in den USA. Dort schnellt die Zinslast massiv nach oben und wird bald zum größten Ausgabeposten im Staatshaushalt. Das macht es dann immer schwieriger, ohne neue Schulden auszukommen.

      Der beste Schutz gegen Inflation/steigende Verschuldung sind Werte, Assets. Also z.B. Infrastruktur, die wird immer und von jedem gebraucht, ob rechts- oder linkslastige Regierung.

      Löschen