Donnerstag, 19. September 2024

Kissigs Aktien Report: Ist die Porsche Holding einfach nur zu billig oder eine echte Anlegerfalle?

Im Rahmen meiner Kooperation mit dem 'Aktien Report' von Armin Brack nehme ich mir in unregelmäßigen Abständen interessante Unternehmen und Themen vor. Die Ausgaben des 'Aktien Reports' und/oder 'Geld Anlage Reports' erreichen ihre Leser samstags kostenlos und 'druckfrisch' per Email und man kann sich ▶ hier beim 'Geld Anlage Report' anmelden. Bonbon für die Leser meines Blogs: einige Tage später darf ich die Artikel dann auch hier veröffentlichen.

Aktien Report Nr. 180 vom 13.09.2024

Porsche Holding: Einfach nur zu billig oder eine echte Anlegerfalle?

Das Motto von billig kaufen, teuer verkaufen kennt jedes Kind. Auch an der Börse ist es vielversprechend, aber ganz so einfach gestaltet sich das Ganze dann doch nicht. Denn die Aktienkurse sind nicht alleine von den eigenen Überlegungen abhängig oder von der fundamentalen Bewertung einer Aktie, sondern vor allem von den anderen Marktteilnehmern und ihrem Verhalten.

Deutsche Aktien waren mal gefragt, doch die Zeiten sind vorbei. Nicht nur wegen des gewaltigen Erfolgs der amerikanischen Technologieunternehmen hat sich die Marktkapitalisierung der deutschen Börse gegenüber den US-Börsen in den letzten Jahrzehnten verzwergt. Es kommen auch hausgemachte Probleme hinzu. Und als der zweitwichtigste Wirtschaftszweig Deutschlands nach der Chemiebranche stehen die Automobilwerte hier besonders im Fokus. Und ihr Niedergang ist exemplarisch für viele Probleme, mit denen sich Unternehmen in Deutschland konfrontiert sehen.

Deutsche Autoaktien, einst als sichere Investition angesehen, haben in den letzten Jahrzehnten eine enttäuschende Performance gezeigt. Ihre Aktionäre haben wenig zu lachen gehabt. So konnte sich der Aktienkurs von Mercedes Benz seit 1991 noch nicht mal verdoppeln – in diesen 23 Jahren konnten Anleger hier also gerade mal den Geldwertverlust durch die Inflation ausgleichen. Und auch unter Einbeziehung der zwischenzeitlich ausgeschütteten Dividenden kann man sich die Misere kaum schönrechnen.

Bei den Vorzugsaktien von Volkswagen sieht es etwas besser aus. Im Vergleich zu 1997 steht immerhin annähernd eine Kursverdreifachung zu Buche – vor Dividenden. Und doch reicht das keinesfalls an die Renditen heran, die mit einem Indexfonds auf den S&P 500 zu erzielen waren oder auf den MSCI World Index.

Deutschlands Automobilhersteller stehen unter Druck

Die deutsche Automobilindustrie steht mit dem Rücken zur Wand. Tesla hat ihnen kräftig zugesetzt, die hohen Lohn- und Energiekosten sowie starke Gewerkschaften fordern ihren Tribut; woanders auf der Welt lässt sich viel günstiger produzieren. Und inzwischen drängen die Chinesen auf den heimischen Markt. Nicht mehr als die Billigheimer, als die sie früher zu Recht verspottet wurden, sondern als qualitativ solide und vor allem preiswerte Wettbewerber.
  • Strategische Fehlentscheidungen: Viele deutsche Automobilhersteller haben zu spät auf den Trend zur Elektromobilität reagiert. Während Unternehmen wie Tesla und chinesische Hersteller frühzeitig in diese Technologie investierten, hielten deutsche Hersteller lange am Verbrennungsmotor fest.
  • Hoher Konkurrenzdruck: Der globale Automobilmarkt ist hart umkämpft. Insbesondere chinesische Hersteller haben in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht und dominieren nun den Markt für Elektrofahrzeuge. Deutsche Hersteller stehen unter immensem Druck, ihre Marktposition zu verteidigen, was oft zu hohen Investitionen und geringeren Margen führt.
  • Geopolitische Unsicherheiten: Geopolitische Spannungen und Handelskonflikte haben ebenfalls einen erheblichen Einfluss auf die Performance deutscher Autoaktien. Sanktionen, Zölle und Handelsbarrieren können den Export erschweren und die Kosten erhöhen. Diese Unsicherheiten machen es schwierig, langfristige Strategien zu planen und umzusetzen.
  • Hohe Produktionskosten: Die Produktionskosten in Deutschland sind im Vergleich zu anderen Ländern hoch. Hohe Löhne, strenge Umweltauflagen und hohe Energiekosten tragen dazu bei, dass die Herstellung von Fahrzeugen in Deutschland teurer ist als in anderen Ländern und damit die Gewinnmargen drückt.
  • Schwache Nachfrage im Heimatmarkt: Die Nachfrage nach Neuwagen in Deutschland ist in den letzten Jahren rückläufig. Dies liegt teilweise an der zunehmenden Beliebtheit von Carsharing-Diensten und der wachsenden Umweltbewusstheit der Verbraucher.
  • Mangelnde Innovationskraft: Obwohl deutsche Automobilhersteller für ihre Ingenieurskunst bekannt sind, haben sie in den letzten Jahren Schwierigkeiten gehabt, innovative Produkte auf den Markt zu bringen. Während andere Hersteller neue Technologien und Geschäftsmodelle entwickeln, scheinen deutsche Unternehmen oft hinterherzuhinken.
  • Kritische Umbrüche in der Branche: Die Automobilindustrie befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Der Übergang von Verbrennungsmotoren zu Elektrofahrzeugen, die Entwicklung autonomer Fahrzeuge und die Digitalisierung der Produktion stellen enorme Herausforderungen dar.
Die Kombination aus strategischen Fehlentscheidungen, hohem Konkurrenzdruck, geopolitischen Unsicherheiten, hohen Produktionskosten, schwacher Nachfrage im Heimatmarkt, mangelnder Innovationskraft und kritischen Umbrüchen in der Branche hat dazu geführt, dass deutsche Autohersteller immer mehr an Boden verlieren und ihre Aktien seit Jahrzehnten eine schlechte Geldanlage waren.

Problemzone Volkswagen

Volkswagen ist einer der größten Automobilhersteller der Welt und umfasst eine Vielzahl von Marken, darunter Volkswagen, Audi, Porsche, SEAT, Skoda, Bentley, Lamborghini, und Ducati. Diese breite Markenpalette ermöglicht es VW, verschiedene Marktsegmente abzudecken und eine starke globale Präsenz zu haben.

Die Beteiligung an VW bietet der Porsche Holding nicht nur finanzielle Stabilität, sondern auch strategische Vorteile, da sie über die Beteiligung an VW indirekt Einfluss auf die Porsche AG nehmen kann. Und Porsche ist die Ertragsperle des Konzerns, während die namensgebende Hauptmarke Volkswagen operativ kaum schwarze Zahlen schreibt.

Quelle: wallstreet-online.de
(Nicht erst) in jüngster Zeit sieht sich Volkswagen mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert, die sowohl interne als auch externe Faktoren betreffen. Die steigenden Produktionskosten, die Schwäche der heimischen Wirtschaft und der zunehmende Wettbewerb aus China belasten das Unternehmen. Diese Faktoren haben zu einem Rückgang der Gewinne und einer Verschärfung der finanziellen Lage geführt.

Ein weiteres zentrales Problem für Volkswagen ist die Umstellung auf Elektromobilität. Während VW in den letzten Jahren erhebliche Investitionen in die Entwicklung von Elektrofahrzeugen getätigt hat, steht das Unternehmen vor der Herausforderung, diese Technologie effizient und kostengünstig zu produzieren. Die Umstellung auf Elektroantriebe erfordert erhebliche Investitionen in neue Produktionsanlagen und Technologien, was die Gewinnmargen belastet.

Doch der Hype um E-Mobilität ist erstmal vorbei, die staatliche Förderung in Deutschland wurde zum Jahreswechsel eingestampft, die Nachfrage nach E-Autos sinkt, der Ausbau der Ladeinfrastruktur kommt nur schleppend voran.

Zudem ist Volkswagen stark von seinem Geschäft in China abhängig, das einen erheblichen Teil der Einnahmen des Unternehmens ausmacht. Diese Abhängigkeit birgt Risiken, insbesondere angesichts der zunehmenden Konkurrenz durch chinesische Automobilhersteller im Bereich der Elektromobilität. Die chinesischen Hersteller haben in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht und bieten wettbewerbsfähige Elektrofahrzeuge zu niedrigeren Preisen an, was den Marktanteil von VW in China schrumpfen lässt.

Um den wirtschaftlichen Herausforderungen zu begegnen, hat Volkswagen ein umfangreiches Sparprogramm angekündigt, das Entlassungen und mögliche Werksschließungen umfasst. Diese Maßnahmen sind notwendig, um die Kosten zu senken und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu erhalten. Allerdings führen sie auch zu Unsicherheit und Unzufriedenheit unter den Mitarbeitern und könnten langfristig die Innovationskraft des Unternehmens beeinträchtigen. Niedersachsen und die Gewerkschaften haben bereits massiven Widerstand gegen strukturelle Schritte angekündigt, was die Lage für den Konzern insgesamt noch herausfordernder macht.

Porsche Automobilholding SE

Die Porsche SE ist Großaktionär von Volkswagen und diese Beteiligung ist von strategischer Bedeutung. Sie wurde 2007 gegründet und ist aus dem Automobilhersteller Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG hervorgegangen. Sie ist eine börsennotierte Gesellschaft und ihre Eigentumsverhältnisse sind nicht ganz unkompliziert.

Quelle: wallstreet-online.de
Die Unternehmerfamilien Porsche und Piëch gehören zu den reichsten in Deutschland und Österreich. Sie gehen auf den legendären Erfinder Ferdinand Porsche zurück und prägen die Entwicklung im deutschen, europäischen und globalen Automobilmarkt seit vielen Jahrzehnten entscheidend mit. Ihr Familienvermögen ist weitgehend in der Porsche Automobil Holding SE mit Sitz in Stuttgart gebündelt.

Die Familien Porsche und Piëch halten über die Porsche SE die Mehrheit der Stimmrechte an der Volkswagen AG. Konkret sind es derzeit rund 53,3 % der Stammaktien und 31,9 % des gezeichneten Kapitals der Volkswagen AG. Diese Beteiligung macht die Porsche SE zum größten Einzelaktionär von VW. Durchregieren kann sie aber nicht, weil das Bundesland Niedersachsen eine Sperrminorität und weitgehende Eigentümerrechte hat.

Darüber hinaus besitzt die Porsche SE 25 % plus eine Aktie der Stammaktien der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG, was ihr eine Sperrminorität und damit erheblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Porsche AG verleiht.

Bewertungsabschlag als Chance?

Bei Beteiligungsgesellschaften hat sich die Sum-of-the-Parts-Bewertung bewährt, also die Betrachtung der einzelnen Teile, die man dann aufaddiert. En Detail können wir uns das in diesem Fall allerdings ersparen, denn die Anteile an VW und Porsche sind rechnerisch viel mehr wert als der Aktienkurs der Porsche SE widerspiegelt. Und das ist nicht erst seit gestern so, sondern schon seit langer Zeit. Ob es nun 50 % oder 55 % sind, hat also de facto keine Relevanz, da der Abschlag in der Praxis nie auch nur ansatzweise aufgeholt wurde und damit zu einem theoretischen Faktor entmannt wurde.
"Ein Schnäppchen, das ein Schnäppchen bleibt, ist kein Schnäppchen."
(Martin Whitman)
Nichtsdestotrotz wird der Abschlag auf den inneren Wert gerne als Kaufargument herangeführt. Doch davon sollten sich Anleger nicht verführen lassen, denn hieraus ergab sich bisher noch nie eine Renditechance.

Wer Aktien der Porsche AG kaufen will, sollte dies alleine deshalb tun, weil er von einer positiven Entwicklung der beiden Kernbeteiligungen VW und Porsche ausgeht. Wenn diese mehr Umsatz und mehr Gewinn einfahren, dann bekommen deren Aktienkurse Auftrieb und damit auch der Kurs der Porsche SE. Ein darüber hinausgehendes Aufholen des Wertabschlags sollten Anleger auf keinen Fall einrechnen. Falls dies jemals passieren sollte, dann kann man das als Extrapunkt verbuchen, aber damit rechnen sollten Anleger nicht.

Mein Fazit

Deutsche Automobilhersteller zehren von ihrem positiven Image, der mit Deutschland verbundenen Ingenieurskunst. In der Realität werden sie diesem Anspruch schon länger nicht mehr gerecht und die Wettbewerber haben deutlich aufgeholt.

Als zyklische Branche leiden die Hersteller zudem an der weltweiten Konjunkturschwäche und an dem gewaltigen Umbruch, der mit dem staatlich getriebenen Forcieren der Mobilitätswende einhergeht. Kapitalintensive Unternehmen haben große Nachteile in Zeiten hoher Zinsen und wenn sich die Rahmenbedingungen schnell ändern. In Zeiten des Umbruchs gehören sie nicht zu den Gewinnern, weil ihre Produktionsanlagen extrem teuer sind und die Investitionsentscheidungen für viele Jahre kalkuliert sein müssen.

Die Porsche Automobil Holding SE spielt eine zentrale Rolle in der Automobilindustrie, insbesondere durch ihre Beteiligung an der Volkswagen AG. VW steht vor erheblichen wirtschaftlichen und technologischen Herausforderungen, die durch die Umstellung auf Elektromobilität, die Abhängigkeit von China und interne Restrukturierungsmaßnahmen verschärft werden. Die Zukunft der Porsche SE und ihrer Beteiligung an Volkswagen und Porsche wird maßgeblich davon abhängen, wie erfolgreich VW diese Herausforderungen meistert und sich an die sich wandelnden Marktbedingungen anpasst.

Eine wirklich verheißungsvolle Gemengelage ist hier nicht zu entdecken. Und das begrenzt auch das Potenzial für die Aktie der Porsche SE. Die eignet sich eigentlich nur für Anleger mit langem Zeithorizont, hoher Leidensfähigkeit und großem Vertrauen in den Autostandort Deutschland.

Es gibt sicherere Wetten…

Möge die Rendite mit euch sein!
Euer Börsenbarde
Michael C. Kissig

Disclaimer: Habe keine der genannten Werte auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.

3 Kommentare:

  1. Kein Mensch in Deutschland kauft Elektroautos, wie man an den Zulassungszahlen sieht. Aktuell scheint es in Deutschland eher eine existenzbedrohende Fehlentscheidung zu sein, als Konzern nur auf Elektroautos gesetzt zu haben. Am Ende steht: einen Streit mit einem Kunden kann man nicht gewinnen.

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    1. Kein Mensch? Immerhin 27.000 neu zugelassene E-Autos im vergangenen Monat. Und VW verkauft ja nicht nur in Deutschland. In Norwegen beispielsweise wurden letzten Monat weniger als 50 Verbrenner neu zugelassen.

      Vielmehr sehe ich es als politischen Fehler, dass E-Autos nicht weiter gefördert werden. Ob nun Kaufanreize oder Infrastruktur…

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    2. Ich sehe es als größte Dummheit der deutschen an, Elektroautos politisch so in den Vordergrund zu stellen - WIDSSENTLICH das unsere Hersteller da keine Produkte für haben. Ich würde e Autos mit Sicherheit nicht fördern, sondern vielmehr unsere Industrie.

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