…auch wenn sie durchaus beängstigend wirken kann. Eine solche Flutwelle schwappte über die Börsen hinweg, ausgelöst durch das Abwickeln von Yen-Dollar-Carry Trades. Bei dieser beliebten Strategie leihen sich US-Anleger Geld in einer Währung mit niedrigen Zinssätzen und tauschen den geliehenen Yen in Dollar, den sie dann in Anlagen investieren, die höhere Renditen bieten - z.B. Staatsanleihen oder auch Aktien. Der Gewinn entsteht durch die Differenz zwischen den niedrigen Zinszahlungen auf die geliehenen Yen und den höheren Zinseinnahmen bzw. Kursgewinne und Dividenden für die investierten Dollar-Anlagen. Diese Strategie funktioniert gut, solange die Wechselkurse stabil bleiben und die Zinsdifferenz besteht. Und genau hier ergab sich nun das Problem...
...weil die japanische Zentralbank (Bank of Japan) die Zinsen angehoben hat. Die seit 2007 herrschende Negativzinsphase wurde im März beendet und nun gab es eine überraschende und kräftige Zinsanhebung von 0,1 auf 0,25 %. Zudem kündigte die BoJ an, ihre hohen Anleihekäufe bis zum 1. Quartal 2026 auf monatlich 2,9 Billionen Yen (etwa 17,5 Mrd. Euro) zu reduzieren. Sie wird dem Markt also Liquidität entziehen, nachdem sie ihn bisher damit dauerhaft geflutet hatte.
Es setzte eine Flucht aus den Carry Trades ein und ein Abverkauf der kreditfinanzierten Assets. Und wie es bei Wellen so ist, wurden aus den ersten kleinen Wellen immer größere, weil die fallenden Kurse weitere Verkäufe nach sich zogen, wodurch die Kurse noch stärker fielen. Dass der Nikkei 20 % Tagesverlust einfährt, hat jedenfalls Seltenheitswert. Und durch die Flutwelle wurden die erzielten Carry Trade-Gewinne Gewinne mehrerer Jahre zunichte gemacht.
Ein weiteres Problem bei Flutwellen ist, dass man nie so genau weiß, ob die Deiche halten und was alles so mitgerissen wird. Die Carry Trade-Welle traf auf eine ohnehin ungünstige Gemengelage, da die US-Notenbank kurz zuvor erneut eine Zinssenkung unterlassen hatte, bevor Wirtschaftsdaten die Wahrscheinlichkeit einer Rezession erhöhten. Pech traf auf Unvermögen und so machte sich kurz mal Panik breit an den Börsen. Der Nikkei crashte, die NASDAQ korrigierte, ansonsten war es insgesamt aber nur ein heftiges Sommergewitter. Die 'Magnificent 7' verloren in der Spitze 3 Billionen USD an Börsenwert, aber dann erholten sich die Kurse wieder - ein bisschen.
Das Auflösen der Carry Trades wird noch einige Zeit lang weitergehen, aber nun ohne Panik und in geordneteren Bahnen. Der Finanz-Tsunami, vor dem die Crash-Propheten immer wieder und so gerne warnen, blieb erneut aus. Der September und der Oktober gelten als die schlechtesten Börsenmonate mit einer Häufung von Kurseinbrüchen. Das ist aber auch der Historie geschuldet, weil das in grauer Börsenvorzeit öfter passierte. In den letzten Jahr(zehnt)en erwies sich der August als kritischer Börsenmonat - vermutlich, weil Anleger schon im Vorfeld der Korrektursaison verkaufen und damit die Nachfrage nach Aktien senken und die Kurse belasten. Alles in allem sind solche (saisonalen) Schwankungen kein Grund zur Panik, sondern Börsenalltag. Dennoch sollte man sicherstellen, dass man auch für die nächste Flutwelle gut gerüstet ist - und darüber hinaus. Und mit meinen Investments in ausgesuchte Qualitätsunternehmen mit tiefen ökonomischen Burggraben und aussichtsreichen Perspektiven fühle ich mich da gut aufgestellt...
Alles Gute für euer Geld!
Michael C. Kissig
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