Die Geschichte ist gepflastert mit Erfolgsunternehmen, die schier unaufhaltsam an die Spitze strebten, aber dann ihren Zenit überschritten und wie eine Sternschnuppe verglühten. Sears war einmal das wertvollste Unternehmen der Welt und hatte einen schier unüberwindlichen Burggraben. Bis der Onlinehandel aufkam und Sears den Anschluss verpasste. Die Pleite war letztlich unausweichlich, weil Sears keine modernen Antworten auf moderne Probleme fand. Amazon & Co. disruptierten das Geschäftsmodell von Sears und der Versandhändler Otto erleidet aktuell dasselbe Schicksal. Europas ehemals größter Versandhandel hat diese Krone längst an Amazon abgeben müssen und trotz seiner Pole-Position konnte er nicht wirklich im Onlinehandel Fuß fassen. Strategie- und Vorstandswechsel wechseln sich inzwischen ab, die einstigen Online-Hoffnungsträger wurden und werden verkauft und auch die Logistiktochter Hermes wird immer mehr ausgedünnt und steht auf der Abschussliste. Ein Trauerspiel mit offenem Ausgang. Aber die Wettquoten zeichnen leider ein ziemlich eindeutiges Bild von der Zukunft.
Und wir erinnern uns an den Smartphone-Pionier BlackBerry, der den Siegeszug der Touchscreens verpasste und vom Markt gefegt wurde - vom Apple und ihrem iPhone. Als BlackBerry Jahre später mit einem eigenen tastaturlosen Touchscreen-Modell auf den Markt kam, war die Messe längst gelesen und die Marktanteile neu verteilt. BlackBerry hatte alles auf ein ausgereiztes Blatt gesetzt und verloren.
"Wenn man von der Prämisse ausgeht, dass wir in einer unsicheren Welt leben, ist Anpassungsfähigkeit die einzige Möglichkeit, langfristig besser abzuschneiden als der Durchschnitt."(Nassim Taleb)
Das einzig Stete ist der Wandel, nichts hat ewig Bestand. Daher müssen sich selbst die besten Unternehmen ständig anpassen, sich ständig neu erfinden, um im Geschäft zu bleiben. Und auch Anleger müssen sich von verendenden Trends verabschieden. Denn der sicherste Weg zu Verlusten ist, auf die Marktführer in einem sterbenden Markt zu setzen. Jedenfalls solange, wie diese nicht die Zeichen der Zeit erkennen und sich (endlich) anpassen.
"Turnarounds seldeom turn" warnt Warren Buffett und das zu Recht. Denn das Umsteuern erfolgt meistens zu spät und erst zu halbherzig, bis es dann zu spät ist und kaum noch was zu retten ist. Die verelendeten Reste fristen dann meist ein Schattendasein an der Börse und verkommen zu Depotleichen und/oder MEME-Stocks. Wie Gamestopp oder AMC.
Und doch gibt es auch erfolgreiche Turnarounds. General Electric ist hierfür ein Paradebeispiel. Von 2001 bis 2005 war die von Thomas Edison gegründete Industrie-Ikone das wertvollste Unternehmen der Welt. Dann folgte der Absturz und während der Globalen Finanzkrise 2008/09 riss die Finanzsparte GE total in den Abgrund. Auf Horrorverluste und riesige Abschreibungen folgten Massenentlassungen und Spartenverkäufe - doch es half alles nichts. 2018 flog das letzte verbliebene Gründungsmitglied des Dow Jones Index aus dem wohl berühmtesten Börsenindex der Welt. Dann übernahm mit Larry Culp, dem früheren CEO von Danaher, ein externer Manager das Ruder und sanierte den wankenden Industrieriesen, bevor er in völliges Siechtum verfiel. Und noch während der Sanierung, die mitten in die Corona-Pandemie fiel und damit weitere enorme Herausforderungen mit sich brachte, ging Culp seinen Masterplan an: die Aufteilung von General Electric in drei separate Marktführer. Die ist inzwischen abgeschlossen und kann nur als durchschlagender Erfolg bezeichnet werden. Die Gesundheitssparte GE HealthCare und die Umwelt- und Kraftwerkssparte GE Vernova wurden abgespalten, zurück blieb der Luft- und Raumfahrtbereich, der in GE Aerospace umbenannt wurde - mit Larry Culp an der Sitze. Der Aktienkurs hat den erfolgreichen Turnaround eindrucksvoll begleitet und damit auch den Anlegern in den letzten Jahren wieder starke Renditen eingebracht.
Anpassungsfähigkeit ist eine Schlüsselkompetenz für den Erfolg. Nicht nur an der Börse, aber eben auch dort. Dabei geht es nicht darum, ein Unternehmen gegen die Wand zu fahren, um dann das Ruder herumzureißen. Nein, Erfolgsunternehmen passen sich an, bevor sie abstürzen. Wie Microsoft, das sich vom taumelden Riesen mit zwei abgeschotteten Weltmarktführerprodukten (Windows und Office) zu einem offenen und kooperationswilligen Unternehmen wandelte, das in vielen Bereichen an der Weltspitze agiert. Oder NVIDIA, die mit Grafikkarten im Spielebereich Erfolge feierten, dann die Kryptominingwelle ritten, um nun der hellste Star bei Hochleistungs-KI-Chips zu sein. Zur zeit machen die KI-Umsätze gut 80 % aller Umsätze von NVIDIA aus und bei den Gewinnen liegt der Anteil noch höher. Ohne den Vorstoß in neue Geschäftsfelder wäre NVIDIA heute auch noch sehr erfolgreich, aber eben auf viel kleinerer Flamme und es würde keinesfalls an der Börse mit mehreren Billionen Dollar bewertet und mit Microsoft und Apple um die Krone des wertvollsten Unternehmens der Welt ringen.
Das einzig Stete ist der Wandel und Anleger müssen genauso flexibel und anpassungsfähig sein wie die Unternehmen selbst. (Nur) dann lassen sich auf Dauer Überrenditen erzielen.
Disclaimer: Habe Amazon, Apple, Danaher, GE Aerospace, GE HealthCare, Microsoft, NVIDIA auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.
Hallo Michael,
AntwortenLöschenherzlichen Dank für diesen Artikel. In Deinen Ausführungen zu dem Versandhändler Otto schreibst Du u.a., dass die Wettquoten hierzu ein ziemlich eindeutiges Bild von der Zukunft zeichnen. Darf ich fragen, was genau Du mit "Wettquoten" meinst ? Danke Dir schon mal im voraus. Grüße, Christian
Moin Christian,
Löschenalle Versuche von Otto, das Ruder rumzureißen, sind bisher gescheitert. Man verliert Umsatz und Marktanteile und tauscht schon wieder das Führungspersonal aus. Und das, nachdem zuvor jahrzehntelang dieselben Männer (aus der Otto-Familie) den Chefposten innehatten. Diese fortgesetzte und immer schriller werdende Erfolglosigkeit meinte ich mit die "Wettquoten" stehen gegen Otto.
Ein paar Beispiele:
02/2024 Otto fällt im E-Commerce auf €11 Mrd. (-11%) und stößt weitere Hermes-Tochter ab
05/2024 Der Otto-Konzern liegt wieder auf dem Niveau von 2002
06/2024 Otto will sich auf Kosten der Marktplatzhändler sanieren
Müssen wir uns damit um die Hanseatic Bank Gedanken machen?
AntwortenLöschenDas kann ich nicht beurteilen, weil ich die Bilanzen der Hanseatic Bank nicht kenne und auch nichts über ihren Geschäftsverlauf weiß. Im Zweifelsfall ist aber davon auszugehen, dass die Otto Group sich auch von der Bank-Tochter trennen würde, wenn es Geld bringt. Vermutlich an Partner Societe Generale.
LöschenVielen Dank, dann werde ich meiner Frau (no h) nicht empfehlen, ihr Tagesgeld (unter der Grenze des Sicherungsfonds) abzuziehen.
AntwortenLöschenDas Beispiel Otto zeigt, daß das Anbiedern an den woken Zeitgeist, der von diesem Unternehmen stark betrieben wird, viele Kunden vergrault und diese dann abspringen.
AntwortenLöschenInteressante Aussage. Können Sie mir Ihre Quelle dazu nennen, damit ich mir selbst auch ein Bild machen kann?
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