Die Inflation ist noch nicht gebannt, aber sie hat ihre Reißzähne verloren: das Inflationsgespenst verkümmert zum Schatten an der Wand. Die Fed steuert auf die erste Zinssenkung seit Jahren zu und die Märkte rechnen mit dem ersten Schritt bereits im September. Das sind gute Nachrichten für alle, die unter den hohen Zinsen leiden. Also vor allem Verbraucher und Immobilienunternehmen. Fed-Chef Jerome Powell hatte kürzlich erst wieder festgestellt, dass die Hauptziele der Notenbank stabile Preise und Beschäftigung seien, nicht Aktienkurssteigerungen. Gut gebrüllt. Und doch hat die Börsenentwicklung in einem so von Aktienanlagen geprägten Land wie den USA eine ganz andere Breitenwirkung als im von Sparbuchfetischisten regierten Deutschland, wo erhebliche Teile der politischen Führungsriege Aktien als Teufelswerk und Satansgebräu (miss-)verstehen.
Für einen kurzen Augenblick sah es so aus, als würden endlich die Pseudopropheten Recht bekommen, die seit Jahren den Favoritenwechsel von Wachstumswerten hin zu Value-Titeln ankündigen. Der steht auch unmittelbar bevor. So wie Teslas Durchbruch beim autonomen Fahren, das Elon Musk seit fast zehn Jahren jedes Jahr aufs Neue für das Ende des Jahres verspricht. Bisher blieb hier der Wunsch der Vater des Gedankens, in der Praxis hatten diese Ankündigungen eine kurze Halbwertszeit. Und nun? NVIDIA, Microsoft und andere KI-Gewinner knickten einen Tag lang ein, während Nebenwerte ordentlich Auftrieb verspürten. Ob sich hieraus mehr als eine Eintagsrallye entwickelt, bleibt abzuwarten. Dabei wäre es durchaus 'verdient', wenn Nebenwerte wieder mehr Beachtung finden würden. Ihre Bewertung ist oft vergleichsweise niedrig und die Perspektiven hellen sich auf. Nicht nur, aber auch, wegen der Aussicht auf niedrigere Zinsbelastungen.
Zeit für einen kompletten Favoritenwechsel? Ich weiß nicht. Das grenzt an Markttiming und dabei zahlt man unterm Strich zu oft und zu viel drauf. Besser scheint, auf Unternehmen zu setzen, die von der Entwicklung profitieren werden. Und wenn diese nicht oder später eintritt, auch nicht aus der Bahn geraten. Und das bedeutet, dass Anleger mit einem gut positionierten Portfolio aus Qualitätsunternehmen eigentlich keinen wirklichen Handlungsbedarf haben. Erkennbare Loser muss man aussortieren und hier seine Verluste begrenzen. Die Gewinner kümmern sich um sich selbst.
Alles Gute für euer Geld!
Michael C. Kissig
Disclaimer: Habe Microsoft, NVIDIA auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.
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