Sonntag, 9. Juni 2024

Kissigs Kloogschieterei: Wer NVIDIA nicht hat…

...hinkt bei der Rendite hinterher. Die KI-Revolution startet richtig durch, größter Nutznießer ist NVIDIA mit seinen Hochleistungschips. Die neuste Generation der KI-Chips leistet nicht nur viel mehr, sie verbraucht auch weniger Strom. In Summe wächst der Energiebedarf allerdings enorm, da überall auf der Welt neue KI-Rechenzentren aus dem Boden gestampft werden. Das heizt auch die Geschäfte der nachgelagerten Unternehmen an, die die benötigte Infrastruktur bereitstellen; so sorgt Vertiv Holdings für die dringend benötigte Extra-Kühlung der Rechenzentren. Man könnte sie als Schaufelverkäufer des KI-Goldrausches bezeichnen und die Aktien sind ebenfalls bereits angesprungen - rund ein Drittel der gesamten Zuwächse beim S&P 500 Index seit dem Jahresstart steuert die NVIDIA-Aktie bei.

Abseits dieser 'herrlichen Einfaltigkeit' herrscht keine Jubelstimmung (mehr). Die Inflation ist hartnäckig, die Aussichten auf Zinssenkungen der US-Notenbank verschieben sich regelmäßig weiter Richtung Jahresende. Doch immer mal wieder keimt Hoffnung auf, so wie durch die jüngsten US-Jobdaten, die eine deutliche Abkühlung am US-Arbeitsmarkt andeuten. Und damit eine Abkühlung der Wirtschaft. Das sind eigentlich keine guten Nachrichten, andererseits kann man daraus Zinssenkungsfantasie ableiten. Zumindest wenn man die anhaltenden Störungen bei den globalen Lieferketten aufgrund der Schiffsattacken im Roten Meer ausblendet und die damit einhergehenden Preissteigerungen bei den Frachtraten. Die erzeugen mit Zeitverzögerung neuerlichen Inflationsdruck. Ebenso der US-Präsident, der ungehemmt Billionen neuer Schulden anhäuft und in die heimische Wirtschaft pumpt.

Insgesamt also ein eher Bild in Grautönen, aber dennoch schlagen sich die Börsen wacker. Starinvestor Stanley Druckenmiller wies kürzlich darauf hin, dass die stärksten Bullenmärkte zumeist mit schlechten Wirtschaftslagen einhergingen. Unternehmen mit Preissetzungsmacht, die dann bei Preiserhöhungen keine Kunden verlieren, sind klar im Vorteil. Aktuell ist das NVIDIA. Wer deren Preise für die KI-Chips nicht zahlen will, kann bei Wettbewerbern kaufen. Aber man bekommt dann für das schmale Geld eben auch nicht den gewünschten Ferrari, sondern einen untermotorisierten Kleinwagen. Um im KI-Rennen mitzuhalten, ist falsche Sparsamkeit wenig erfolgversprechend und deshalb ist NVIDIA auf dem Weg, das wertvollste Unternehmen der Welt zu werden. Einige fahren im Windschatten mit, andere bleiben mit Motorschaden liegen.

Und ab Montag rückt NVIDIA nochmals in den Fokus, denn dann erfolgt der 10:1-Aktiensplit mit einem entsprechenden Kursrücksetzer von 90 %. Andererseits haben Anleger dann auch zehn statt einer Aktie im Depot, so dass sich der Wert ihrer Beteiligung am Unternehmen nicht ändert. Die Aktie wird nur wieder für mehr Menschen erschwinglich und sie wird ein ernsthafter Aspirant auf eine Aufnahme in den weltbekannten Dow Jones Index. Dieser kann noch etwas mehr Technologie vertragen, da diese in ihm vergleichsweise gering gewichtet ist und er damit schon länger hinter dem S&P 500 und der NASDAQ hinterher hinkt. Und da er preisgewichtet ist, also nicht nach dem Unternehmenswert sondern nach den Kursen der einzelnen Aktien, ist ein zu hoher Aktienkurs ein KO-Kriterium für eine Aufnahme. Amazon und Apple sind hier die Vorbilder, denn auch sie haben ihre Aktien gesplittet, um kurz danach in den Dow Jones aufgenommen zu werden. Ob dies dann das Ende der NVIDIA-Rallye darstellt, bleibt abzuwarten. Die fundamentale Entwicklung spricht eher für eine Fortsetzung; insbesondere die beinahe tägliche Ankündigung der großen Cloud- und KI-Player Microsoft, Meta, Amazon, irgendwo auf der Welt eine weiteres milliardenschweres KI-Rechenzentrum hochzuziehen. Vielleicht kann der Dow Jones Index seinen Rückstand auf den S&P 500 mit einer NVIDIA-Aufnahme verkürzen. Denn wer NVIDIA nicht hat...

Alles Gute für euer Geld!
Michael C. Kissig

Disclaimer: Habe Amazon, Apple, Meta, Microsoft NVIDIA, Vertiv auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.

9 Kommentare:

  1. So beeindruckend die Kursentwicklung der Vertiv-Aktie in den letzten Jahren war, rate ich Anleger trotzdem von einem Kauf des Technologiepapiers ab, und das aus zwei wesentlichen Gründen:

    Erstens: Vertiv ist nicht Nvidia. Während Nvidia mit seinen KI-Spezialchips die wichtigste technologische Grundlage für KI-Anwendungen beherrscht, ist Vertiv „nur“ ein Dienstleister für bestimmte Rechenzentrumsdienstleistungen. Das macht das Unternehmen viel leichter austauschbar, was auch ein Vergleich der Gewinnmargen beider Firmen zeigt.

    Nvidias operative Marge liegt bei über 50%. Vertiv schaffte es im letzten Jahr auf lediglich 13%. In den Jahren davor lag die Gewinnmarge sogar deutlich darunter.

    Zweitens: Die Vertiv-Aktie ist inzwischen sehr ambitioniert bewertet. Das aktuelle Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt bei knapp über 90, das Forward-KGV bei rund 40. Das macht die Aktie sogar teurer als die Papiere von Nvidia.

    Angesichts der erheblich schlechteren Wettbewerbsposition von Vertiv müsste dieses Bewertungsverhältnis eigentlich umgekehrt sein. Anleger machen folglich einen schweren Denkfehler.

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    1. Du meinst, Vertiv sei nur ein Dienstleister und daher leicht zu ersetzen. Das halte ich für ebenso fraglich wie die immer öfter vorgebrachte Aussage, NVIDIA-Chips würden durch solche der Konkurrenz ersetzt. Das trifft eben nicht auf die High-End-KI-Anwendungen zu, dort gibt es keine Chips mit vergleichbaren Leistungswerten. Bei "durchschnittlichen KI-Anwendungen" können aber durchaus alternative Chips Verwendung finden, ohne zu weit ins Hintertreffen zu geraten. Bzgl. der Kühlung reicht jedenfalls Luftkühlung nicht aus, daher müssen andere, teurere Lösung her. Und hier ist Vertiv führend. Die Nachfrage ist heute da, es müssen heute Systeme geordert werden - selbst wenn jetzt einige Unternehmen viel mehr Geld in F&E stecken in diesem Bereich, sind das Lösungen für die Zukunft, die in ein, zwei Jahren auf den Markt kommen oder später. Und auch Vertiv ruht sich ja nicht auf seinen Lorbeeren aus. Zudem ist Vertiv nicht auf NVIDIA-Rechenzentren beschränkt, sondern rüstet auch Data Center aus, die mit anderen Chips bestückt sind. Insofern kann deine Argumentation auch genau anders herum angewandt werden.

      Ich gebe dir aber insofern Recht, dass NVIDIAs Wachstum und seine Traumargen jeden Vergleich mit Vertiv (und anderen) schlagen. Ich denke daher ebenfalls nicht, dass Vertiv hier stärker zulegen kann als NVIDIA.

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  2. Nvidia ist zudem nicht so stark gewachsen, weil sie Chips für Rechenzentren bauen, sondern dass deren Chips eben so leicht integrierbar sind für die Anwendungen, welche die Chips zu nutzen wissen. Nvidia hat hier Software und die Frameworks bereit gestellt und deswegen sind sie so gut. Intel hat das verpennt, dass es eben nicht nur ausreicht, die Chips herzustellen. Deswegen sehe ich auch Google auf bestem Wege, da sie ebenfalls die Software, Frameworks und APIs bereitstellen rund um Tensorflow und maschinelles Lernen.

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  3. Da wird definitiv das schnelle fortschreiten der Technologie komplett vergessen. Vertiv hat keinen Burggraben , definitiv nicht. Diese Kühlsysteme kann man nicht mit einem Burggraben vergleichen. Bis jetzt gab es kaum Konkurenz, aber diese wird sich entwickeln durch die massive zunahme an Rechenzentren und die Technologie hinter der Kühlung ist nicht komplex.

    Konkurenz entwickelt sich wenn es Geld zu holen gibt und hier sitzt jetzt bald sehr viel Geld. Bei der Bewertung werden viele auf den Kopf fallen.

    Mal ganz ehrlich , die allermeisten tun sich kein Gefallen mit Einzelaktien, holt euch lieber den SP500 sowie Nasdaq 100 statt über Vertiv bei den Bewertungen zu reden.

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  4. Hallo Michael,
    hast du Technotrans eigentlich noch im Blick? Die sind ebenfalls im Bereich Kühlsysteme tätig, soweit ich weiß auch bei Rechenzentren.
    Wie würdest du Technotrans im Vergleich zu Vertiv einschätzen?

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    1. Bei finde ich die Kühlsparte sehr interessant; gut für das Unternehmen, dass damals die neue Führung sich von dem Druck-Alleingang verabschiedet und neue Geschäftsfelder erschlossen hat. Die jüngsten größeren Aufträge sind sehr positiv zu werten, aber... insgesamt macht die Sparte noch einen nur sehr kleinen Part der Umsätze aus, so dass man da noch kein "Game-Changer" ist. Das wird wohl noch Jahre dauern. Und ansonsten ist Technotrans eher hoch bewertet. Das Unternehmen und vor allem die Entwicklung im Kühlbereich sollte man aber im Blick behalten. Wenn das einen "spürbaren" und profitablen Abdruck in den Geschäftszahlen hinterlässt, wird es interessant. Vielleicht spaltet man seinen "klassischen Druckbereich" ja auch irgendwann ab und fokussiert sich auf die Zukunftstechnologien? General Electric als erfolgreiches Vorbild oder IBM...

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  5. Danke Michael, für deine Ausführungen zu VERTIV. Ist mir immer wieder eine Freude, sich hier "einzulesen". Bin gespannt, wie es bei beiden Firmen (NVIDIA; Vertiv) weitergeht. LG Andre

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  6. Hallo Michael,
    in diesem Zusammenhang (AI) hatte ich Dich ja mal auf ARM (WKN: A3EUCD) angesprochen (s. einen Kommentar von mir vor im April 23). ARM hat einen Burggraben und NVIDA benutzt dessen Technologie. Habe seitdem einen guten Gewinn eingefahren, bleibe aber natürlich investiert, da ich neben NVIDIA auch ARM viel zutraue.
    Gruß, Reginald

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    1. Glückwunsch zu den Kursgewinnen, Reginald. ARM ist ein top positioniertes Unternehmen, mir allerdings zu deftig bepreist. Was ja nicht bedeutet, dass der Kurs nicht (noch weiter) steigen kann.

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