Im Rahmen meiner Kooperation mit dem 'Aktien Report' von Armin Brack nehme ich mir in unregelmäßigen Abständen interessante Unternehmen und Themen vor. Die Ausgaben des 'Aktien Reports' und/oder 'Geld Anlage Reports' erreichen ihre Leser samstags kostenlos und 'druckfrisch' per Email und man kann sich ▶ hier beim 'Geld Anlage Report' anmelden. Bonbon für die Leser meines Blogs: einige Tage später darf ich die Artikel dann auch hier veröffentlichen.
Kaffeekrisenking: Wie heiß ist Starbucks wirklich?
In Unternehmen mit ikonischen Marken, treuen Kunden und Preissetzungsmacht zu investieren, ist ein Garant für nachhaltige Erfolge an der Börse. Warren Buffett tut es, Tom Russo tut es, Chuck Akre tut es und ich tue es - inzwischen - auch. Ich hab etwas länger gebraucht als die genannten Starinvestoren, um endlich auch den richtigen Dreh rauszubekommen, aber es funktioniert. Über die letzten 10 Jahre habe ich mein Vermögen, das ganz überwiegend in Aktien investiert ist, mit durchschnittlich 19 % pro Jahr steigern können. Das kommt schon nah an Warren Buffetts Erfolge heran, auch wenn der seine gut 20 % nicht nur mickrige 10 Jahre lang, sondern über 65 Jahre eingefahren hat. Da hab ich also noch eine lange Reise vor mir, aber eben auch eine interessante.
In dieser Zeit war ich auch mal in Starbucks investiert. Ich mag deren Kaffee, ich mag das Ambiente, ich mag das Unternehmen, ich mag die Story. Jedenfalls bis vor etwa anderthalb Jahren, als ich mich von den Aktien getrennt habe. Howard Schultz war gerade zum dritten Mal CEO und hatte einen Nachfolger gefunden, Umsätze und Gewinne waren nicht mehr so kraftvoll wie in früheren Jahren. Es zeichneten sich die Probleme ab, die Starbucks heute mit Wucht treffen und die interessierte Anleger sich auf den Schirm holen sollten, wenn sie mit Starbucks als Investment auch Gewinne einfahren wollen.
Starbucks und seine (neuen) Problemzonen
Starbucks ist mit rund 38.000 Betrieben hinter McDonald's der zweitgrößte Fast Food-Filialbetreiber der Welt, nachdem man 2023 Subway überholt hatte. Starbucks bietet seinen Kunden hochpreisige Kaffeeprodukte, weitere Getränke sowie Snacks und Desserts an. Im weltweit weiter wachsenden Kaffeemarkt ist Starbucks die mit großem Abstand dominierende Macht und hat bisher an dieser Stellung kräftig verdient. Kostensteigerungen konnte man ungebremst an die Kunden weitergeben, ohne größere Nachfrageeinbrüche. Doch der Wind hat sich gedreht.
Die USA sind mit 16.500 Standorten weiterhin der mit Abstand dominierende Markt für Starbucks, aber China rangiert mit 6.800 Filialen auf dem zweiten Rang und ist der stärkste Wachstumsmotor; netto kamen 2023 fast 800 neue Filialen im Reich der Mitte hinzu. Und diese beiden Faktoren sind zum Problem geworden.
Problemzone USA: In den USA gibt es keine Kaffeehauskultur wie in Europa, daher konnte Starbucks sich dort so stark entwickeln. In Italien, Frankreich, Deutschland ist man weit weniger erfolgreich. Die Amerikaner lieben Starbucks und bezahlen die sehr üppigen Preise. Doch in Zeiten hoher Inflation und hoher Zinsen und schrumpfender Finanzkraft hat Starbucks den Bogen überspannt und verliert Kundschaft. Da Starbucks inzwischen Probleme hat, noch Personal zu finden und dieses sich immer öfter gewerkschaftlich organisiert, muss man die Löhne kräftig erhöhen, nahezu verdoppeln. Diese Mehrkosten kann man nicht mehr einfach über die Preise an die Kunden weitergeben und damit sinken die Margen. Starbucks hat selbst in seinem Schlaraffenland USA seine Preiselastizität eingebüßt.
Problemzone China: Eine vergleichbare Preissetzungsmacht hat Starbucks in China nie gehabt. Das Land der Tee-Trinker findet zwar zunehmend Gefallen an Kaffee und die Zuwächse sind enorm, aber die chinesischen Wettbewerber sind deutlich günstiger und stehen in der Qualität nicht unbedingt zurück. Chinesen trinken etwa 13 Tassen Kaffee pro Jahr, in den Metropolen sind es um die 100. Japaner konsumieren immerhin 300 Tassen pro Jahr und das zeigt das gewaltige Wachstumspotenzial in China – für Kaffee, nicht zwangsläufig für Starbucks.
Bis vor einigen Jahren waren US-Marken in China noch Kult, doch seit Donald Trump den US-China-Handelskrieg angezettelt hat, hat sich das Verhältnis der anderthalb Supermächte merklich abgekühlt. Und auch Joe Biden hat in Bezug auf China keine leichtere Marschroute eingeschlagen, sondern die Spannungen sogar noch verschärft. Die soeben massiv angehobenen Einfuhrzölle auf chinesische Waren sind nur ein weiteres Glied in einer langen Kette.
Der Same-Store-Umsatz pro Filiale hat sich in den chinesischen Starbucks-Filialen in den letzten fünf Jahren halbiert; die Betreiber verdienen also nur noch halb so viel wie früher und das gilt auch für Starbucks. Denn in China herrscht ein heftiger Preiskrieg beim Kaffee und so macht China nur noch 17 % beim Umsatz aus, während die USA für 71 % stehen.
Natürlich passt Starbucks seine Strategie laufend an die sich ändernden Gegebenheiten an, es hat ein sehr attraktives Kundenbindungsprogramm, eine stark wachsende App-Gemeinde und Online-Sales, es lässt viele Produkte unter seinem Namen verkaufen und kassiert hierfür hohe Margen bei minimalem Aufwand (in den USA ist PepsiCo der Partner, in Europa Nestlé) und man probiert ständig neue Produkte aus. Doch 'der Third-Place-Ansatz' des Vor-Corona-Zeitalters (neben zu Hause und Büro sollte Starbucks quasi der dritte Ort werden, an dem sich die Leute gerne und lange aufhalten) funktioniert eben nicht mehr ohne weiteres und das macht Starbucks leider vergleichbarer mit der Konkurrenz und kostet damit Punkte beim Burggrabenfaktor.
Mein Fazit
Laxman Narasimhan ist seit einem Jahr CEO von Starbucks. Zuvor war er Chief Commercial Officer von PepsiCo und CEO von Reckitt Benckiser und heuerte im Oktober 2022 als Interims-CEO bei Starbucks an, um dann die Nachfolge von Howard Schultz anzutreten. Es war ein gewollter und gut vorbereiteter Machtwechsel. Doch inzwischen mehren sich die Zweifel, ob Narasimhan wirklich der richtige CEO für Starbucks ist. Nachvollziehbar, denn es läuft nicht rund. Allerdings wurde die China-Strategie von 'Mr. Starbucks' Howard Schultz ins Leben gerufen und mit maximaler Kraft vorangetrieben, Narasimhan erntet nun die (Miss-)erfolge. Rufe nach einem erneuten Führungswechsel sind daher genauso hilfreich wie das Antreiben des Trainerkarussells im Fußball. Schließlich will Starbucks ja nicht zum FC Bayern des Kaffees absteigen.
Quelle: wallstreet-online.de |
Das Management, sowohl Narasimhan als auch Schultz als graue Eminenz im Hintergrund, zeigt sich dennoch von seiner Strategie überzeugt, aber die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Und das ist das Dilemma: man kann auf das Management vertrauen und hoffen, dass es auch dieses Mal wieder die richtigen Antworten findet und Starbucks zurück in die Erfolgsspur bringt. Das war schon mehrfach nötig und ist mehrfach geglückt. Oder man setzt nicht auf das Prinzip Hoffnung, sondern setzt auf Rationalität und Erwartungen. Hat das Management einen konkreten und nachvollziehbaren Plan, wie man mit der Schwäche in China umgehen will? Wie soll das Problem der schrumpfenden Margen in den USA angegangen werden, wenn die Preise nicht mehr erhöht werden können und gleichzeitig massive Lohnsteigerungen vor der Tür stehen?
Entscheidende Fragen, auf die das Management bisher keine überzeugenden Antworten bietet. Und deshalb ist die Skepsis der Börse nachvollziehbar und fallende Kurse keine Überraschung. Der Erfolgsmotor stottert und bisher schüttet das Management nicht den richtigen Treibstoff in den Tank. Das ist wenig erfolgversprechend.
Das führt uns zurück zu dem Punkt, wo wir die Kuh über den Eimer schieben müssen: als Anleger wollen wir Rendite sehen, im Unternehmen, aber vor allem am Ende auch im Depot. Wir sollten auf die sicheren Werte setzen, wo die Geschäftsentwicklung in den nächsten Jahren absehbar Erfolge bringen wird und damit Umsatz, Cashflow, Gewinne ansteigen. Denn das treibt dann auch den Aktienkurs an. Starbucks hatte bisher dieses Potenzial, aber aktuell ist davon wenig zu spüren. Als Investment präsentiert sich das Unternehmen damit momentan auch nicht von seiner attraktivsten Seite; aus dem ehemaligen 'Musste im Depot haben-Investment' ist eine 'Kannste-irgendwie-auch-noch-im-Depot-mitschleppen-Spekulation' geworden und Anleger müssen sich entscheiden, ob sich ein Engagement hier wirklich auszahlt. Für mich ist Starbucks jedenfalls schon längere Zeit nicht mehr der Place-to-be und ich werde mir eine Rückkehr erst dann ernsthaft überlegen, wenn das Management endlich die dringend nötigen und erfolgversprechenden Antworten auf die drängendsten Zukunftsfragen liefert. Kalten Kaffee kriege ich auch woanders – nur billiger…
Möge die Rendite mit euch sein!
Euer Börsenbarde
Michael C. Kissig
Disclaimer: Habe Starbucks auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen