Freitag, 10. Mai 2024

Auferstehung aus Ruinen: General Electric und... der dritte Mann

Geht es nach Warren Buffett, dann sind die Kriterien bei der Unternehmenswahl ganz simpel: "Good business, good management, good price". Am schwierigsten ist, die Qualität des Managements festzustellen, dabei ist dies ein ganz entscheidender Faktor für den Erfolg - auch den der Aktie.

Heute stelle ich euch den Mann vor, er zum Vorbild einer ganzen Generation von Firmenlenkern wurde. Sein Managementstil war jahrzehntelang das Maß aller Dinge in der Geschäftswelt. Er hat sein Unternehmen zum wertvollsten der Welt gemacht und trat auf dem Höhepunkt seines Erfolgs ab. Wir blicken auf einen Mann, der einen Nachfolgern ein Gründungsmitglied des Dow Jones Index hinterließt, das so mächtig aussah wie die Titanic und unter der Wasserlinie ebenso aufgerissen und zum Sinken verurteilt war wie das berühmte Schiff nach der Kollision mit dem Eisberg.

Über diesen Mann sprechen wir. Und über seinen Nachfolger, der diese Industrieikone vor der Pleite rettete und eine unlösbare Aufgabe mit undenkbaren und unkonventionellen Methoden wieder fit gemacht hat. Und der sich deshalb den Titel 'bester CEO der Welt' verdient haben dürfte....

Sprechen wir über Jack Welch

Am Anfang war das Licht. Die Elektrizität wurde entdeckt und Thomas Alva Edison erfand die Glühbirne und aus dem von ihm gegründeten Unternehmen wurde der Weltkonzern General Electric.

Die frühen Produkte des Unternehmens waren Glühbirnen, eine elektrische Lokomotive, Röntgengeräte und ein Elektroherd. In den 1920er Jahren startete das Unternehmen die Massenproduktion von Elektrohaushaltsgeräten, führte in den folgenden Jahren die Vakuumröhrentechnologie ein, die später dann die Entwicklung von Radarortungssystemen ermöglichte. Während des Zweiten Weltkriegs belieferte General Electric das Militär mit Ausrüstung und brachte 1949 das J-47-Düsentriebwerk auf den Markt.

Wem das zu angestaubt und zu altbacken klingt, dem mag ein Vergleich helfen: General Electric war der Apple-Konzern, der Maßstab der Dinge, das Glamourunternehmen bevor es Apple gab. In einer Welt ohne Internet, ohne Smartphones, ohne Künstliche Intelligenz. In einer Welt, wo diese Dinge gedacht und Stück für Stück erfunden wurden. In einer Welt, als Menschen ins Weltall flogen mit Bordcomputern, die eine geringere Rechenkapazität hatten, als ein heutiger Taschenrechner.

Ein dramatischer Wendepunkt in General Electrics Unternehmensgeschichte fand 1981 statt, als John F. Welch Jr. die Führung bei GE übernahm und in den folgenden Jahren tiefgreifend umbaute. Er kaufte in großem Stil Unternehmen auf und formte aus General Electric einen Mischkonzern, der in fast allen Lebensbereichen aktiv war. Dazu gehörte auch der Finanzsektor und hier verdiente General Electric viele Jahre den Großteil seines Geldes, während der Industriebereich immer mehr zum Zuschussgeschäft wurde. Doch dann geriet die Finanzsparte wegen schwerer Fehlentscheidungen und Fehlentwicklungen in eine existenzielle Schieflage und riss nach und nach den ganzen Weltkonzern in den Abgrund.

General Electric ist die Erfolgsgeschichte von Thomas Edison. Und dann ist es die Erfolgsgeschichte von Jack Welch. In den ersten vier Jahren seiner Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender veräußerte Welch 117 Geschäftsbereiche und baute mehr als ein Viertel der Arbeitsplätze ab, um GE zu rationalisieren. So wurde sein Spitzname 'Neutron Jack' geboren, in Anlehnung an die alles vernichtende Neutronenbombe, die damals das Maß des ultimativen Schreckens war.

Zu den Methoden von Welch gehörte auch, jedes Jahr 10 % der Mitarbeiter zu feuern und zwar diejenigen mit den niedrigsten Bewertungen bei internen Überprüfungen. Und bei seinen Führungskräften setzte er aggressive Finanzziele zur Bewertung der Leistung ein, was zur Konzentration auf kurzfristige Ergebnisse führte, zulasten der langfristigen Unternehmensentwicklung. Der Wall Street gefiel das, denn in seiner Amtszeit wuchs der Marktwert des Unternehmens von 14 auf 410 Milliarden Dollar massiv an.

Zu den größten Konkurrenten von General Electric gehörte der deutsche Siemens-Konzern. Dessen Manager mussten sich jahrzehntelang vorhalten lassen, dass sie Welch nicht das Wasser reichen könnten und dass Siemens in keinem einzigen Bereich auch nur annähernd an General Electric heranreichen würde.

Der Gründer des Siemens-Konzerns war der Erfinder Werner von Siemens und von ihm stammt der weise Leitsatz: "Für augenblicklichen Gewinn verkaufe ich die Zukunft nicht".

Welch eine Ironie! Welch hatte genau das Gegenteil getan und wurde dafür gefeiert. Und hat doch seinen Konzern erst maßlos aufgeblasen, um danach das Platzen der Blase mit ansehen zu müssen.

Unter Jack Welch wurde General Electric dafür bekannt, seine ausgewiesenen Gewinne zu 'verwalten'. Das hieß nichts anderes, als dass es seine Buchhaltung immer so anpasste, dass die Konsensschätzungen der Wall Street für die Gewinne stets um 1 Cent je Aktie übertroffen wurden.

'Financial Enginering' ist eine viel zu harmlose Umschreibung für dieses manipulative Verhalten. Und natürlich geht so etwas nicht lange gut, denn am Ende setzen sich irgendwann die Fakten durch. Und dann kommt das böse Erwachen.

Dieses böse Erwachen ereilte Welchs Nachfolger Jeff Immelt, der jahrelang mit der US-Börsenaufsicht Rechtstreitigkeiten führte, um die dubiosen Finanzpraktiken von Jack Welch zu bereinigen.

GE hatte unter Welch zu maßloser Selbstüberschätzung geneigt und anderen Konzernen ihre Pensionsverpflichtungen abgekauft. Als langsam jedem klar wurde, dass die Menschen immer länger leben würden und die dafür zurückgelegten Beträge niemals ausreichen würden, kaufte General Electric diese Verpflichtungen mit einem Sicherheitsabschlag auf und konnte so kurzfristig enorme Gewinne ausweisen. Später mussten die Pensionsverpflichtungen dann erfüllt werden und aus den anfänglichen Gewinnen wurden immer stärker und immer schneller steigende Milliardengräber.

Das Problem wurde aber nicht wirklich erkannt bei General Electric und in den acht Jahren seit Welchs Abgang war die Finanzsparte weiter massiv aufgebläht worden. Die Globale Finanzkrise brachte General Electric 2008 an den Rand des Ruins und die Aktie brach um 42 % ein. Nur das Eingreifen von Warren Buffett rettete den Konzern vor der Pleite, denn Buffett lieh GE Milliarden und vor allem seinen guten Namen.

GE trennte sich in den folgenden Jahren von seinem Finanzgeschäft, aber wirklich gelernt hatte man aus seinen Fehlern nicht, denn der Gigantismus blieb Programm. 2015 kaufte man für fast 10 Milliarden Dollar das Energiegeschäft des französischen Transportunternehmens Alstom. Und schuf das nächste Milliardengrab und massive Probleme.

Aber es geht immer noch schlimmer. 2017 feierte General Electric seinen 125sten Geburtstag, aber zum Feiern war niemandem zumute. Bereits im Januar 2017 kündigte man den Abbau von 12.000 Arbeitsplätzen an und die Aktie verlor im Jahresverlauf 45 %. Im August übernahm John Flannery den Chefposten vom glück- und erfolglosen Jeff Immelt. und kündigte im November 2017 eine umfassende Umstrukturierung an und die Halbierung der Quartalsdividende auf 12 Cent pro Aktie.

2018 kam das Aus. Im Juni musste General Electric den Dow Jones Index verlassen und damit flog das letzte Gründungsmitglied aus dem wohl bekanntesten Börsenindex der Welt. Und am Am 1. Oktober 2018 löste G H. Lawrence Culp den Kurszzeit-CEO John Flannery ab.

Die Wahl Culps erschütterte das Unternehmen in seinen Grundfesten, denn Larry Culp war der erste CEO der Unternehmensgeschichte, der nicht aus den eigenen Reihen stammte. Gut für GE, denn vermutlich hat das Unternehmen nur deshalb überlebt.

Sprechen wir über Larry Culp

"Larry wer? Noch nie gehört". Das dürfte wohl die Reaktion der meisten Leute sein. Larry Culp ist kein charismatischer Typ wie Steve Jobs von Apple oder Jason Huang von Nvidia, Larry Culp wirkt wie ein mittelmäßig interessanter Buchhalter. Doch Larry Culp ist ein Mann für den zweiten Blick.

Bevor Larry Culp seine Rettungsmission bei General Electric antrat, war er viele Jahre lang CEO der erfolgreichen Danaher Corp. Danaher ist eine Beteiligungsgesellschaft, die branchenführende Unternehmen aufkauft und durch ein eigens entwickeltes Traineeprogramm besonders fit macht. Mit dieser Methode hat Danaher über Jahrzehnte hinweg jährliche Renditen von deutlich über 20 Prozent erwirtschaftet und damit sogar Warren Buffetts Erfolge bei Berkshire Hathaway in den Schatten gestellt.

Bei General Electric stand Culp vor einer eigentlich unlösbaren Aufgabe, denn GE verbuchte Milliardenverluste. Die Finanzkrise 2008/09 hatte das Unternehmen schwer getroffen, vor allem seine Finanzsparte. Die Atomkatastrophe von Fukushima und die beginnende Abkehr von fossilen Kraftwerken setzten die Kraftwerkssparte unter Druck, wo GE vor Siemens Weltmarktführer war. Und in der Corona-Pandemie traf es GE besonders arg als einen der weltweit führenden Hersteller von Flugzeugtriebwerken.

GE stand bei Culps Amtsantritt mit dem Rücken zur Wand. Das Unternehmen war chronisch ertragsschwach und überbordend verschuldet. Jedem war klar, dass die Sanierung über den Verkauf von milliardenschweren Sparten und Tochtergesellschaften laufen muss und wenn alle potenziellen Käufer von Notverkäufen wissen, drückt dies zusätzlich auf den Preis. Schlecht für den Verkäufer.

Doch Larry Culp ist ein Experte für Unternehmensführung und –sanierung. Er ließ sich nicht hetzen, die Notverkäufe blieben aus. Nach einer mehrmonatigen Bestandsaufnahme ging er seinen Sanierungsplan an und begann strategisch, Teile des Unternehmens zu veräußern. Und dabei erzielte er marktgängige Preise. Generel Electric verlor auf diese Weise zwar Umsatz, aber auch Schulden. Und am Markt begann sich die Erkenntnis durchzusetzen, dass GE wohl doch die Kurve kriegen könnte.

Larry Culp verringerte aggressiv die Verschuldung von GE und veräußerte unerwünschte Beteiligungen und Tochtergesellschaften und der Aktienkurs stieg 2019 um 53 %. Dann folgte der nächste Einbruch während der Corona-Pandemie, doch Culp steuerte GE sicher durch die Krisen,

Dabei schreckte er auch nicht vor unpopulären Maßnahmen zurück. So führte er einen Reverse-Split durch, so dass aus acht Aktien eine neue wurde. Der Kurs verachtfachte sich und verließ das Pennystock-Terrain. Aber solche Buchhaltertricks lösten natürlich nicht das eigentliche Problem von GE und so ging Culp die wahren Probleme beherzt an und transformierte GE in ein modernes, IT-gestütztes Industrieunternehmen.

Zunächst verkaufte Culp GEs Biopharma-Geschäft und zwar ausgerechnet an seinen ehemaligen Arbeitgeber, die Danaher Corp. Und die vereinnahmten 21,4 Milliarden Dollar haben die finanzielle Lage bei General Electric deutlich entspannt.

Anschließend fusionierte GE sein Transport-Geschäft mit Wabtec und strich dabei noch mehr als drei Milliarden Dollar ein. An der neuen Wabtec behielt GE einen Minderheitsanteil von 24,9 Prozent.

Des Weiteren reduzierte Culp den Anteil am Ölfeldausrüster Baker Hughes um drei Milliarden Dollar und hielt noch 30,1 Prozent an dem Ölfeldausrüster. Seitdem folgten weitere Anteilsverkäufe im Volumen mehrerer Milliarden Dollar.

Einen echten Coup landete Culp, als er seine GE Capital Aviation Services-Einheit an AerCap Holdings verkaufte. Larry Culp bezeichnet dies als "bedeutenden Meilenstein in GEs Transformation zu einem fokussierteren, einfacheren und stärkeren High-Tech-Industrieunternehmen". GE erzielt aus dem Verkauf mehr als 30 Milliarden Dollar, darunter 23 Milliarden in bar. Zusätzlich bekam GE 111,5 Mio. neu emittierte AerCap-Aktien, was einem Anteil von 46 Prozent an dem fusionierten Unternehmen entsprach. Nachdem sich die Luftfahrtindustrie erholt hat, hat GE seinen Anteil Stück für Stück reduziert.

Durch die Spartenverkäufe hat Larry Culp General Electric stabilisiert und finanziell wieder auf solide Füße gestellt. Drei Jahre nach seinem Amtsantritt hatte er die Schulden bereits um rund 75 Milliarden Dollar reduziert.

Es folgten aber auch einige Zukäufe, um die einzelnen Geschäftseinheiten zu stärken. Und dann kam der nächste große Hammer!

Die Aufspaltung: Aus 1 mach 3

Larry Culp verkündet die Aufspaltung von General Electric in drei separate Unternehmen:
  • GE Healthcare mit Fokus auf Präzisionsmedizin
  • GE Vernova mit Fokus auf Renewable Energy and Power, Digital und Financial Services
  • GE Aerospace, das die Luft- und Raumfahrtaktivitäten von GE fortführen wird.
General Electric hatte sich unter Jack Welch als Serienaufkäufer betätigt, aber war einem Muster verfallen, das der legendäre Fondsmanager Peter Lynch mal verächtlich als "diworsifizieren" bezeichnete. Ein Unternehmen, das über zu viel Geld verfügt, stellt damit etwas wirklich Dummes an, indem es Unternehmen und Aktivitäten kauft, die es weder beherrscht, noch die es weiter bringen.

Auch Larry Culps früherer Arbeitgeber Danaher ist ein Serienkäufer, aber ein erfolgreicher. Und auch Danaher hat erkannt, dass man sich zu breit aufgestellt hat und daher bereits mehrfach Sparten als separate unternehmen abgespalten. Die einzelnen Einheiten sind in ihrem Bereich starke Leader und können viel besser im Wettbewerb bestehen, als wenn sie eine untergeordnete Sparte in einem unflexiblen Großkonzern sind, wo sie mit allen anderen um Finanzmittel und Aufmerksamkeit wetteifern müssen.

Also machte Larry Culp kurzen Prozess und teilte General Electric zweimal auf.

GE HealthCare Technologies

GE HealthCare wurde bereits am 4. Januar 2023 via Spin-off an die GE-Aktionäre verschenkt und GE hält noch 19,9 % der Anteile. Die Aktie hat sich nach einem für den Medizintechnikbereich enttäuschenden Jahr stark entwickelt, während Wettbewerber wie Danaher, Thermo Fisher oder Siemens Healthineers zweistellige Kursverluste hinnehmen mussten bzw. nicht vom Fleck kamen.

GE HealthCare gehört in seinen Geschäftssegmenten jeweils zu den drei führenden Anbietern und ist damit gut im Wettbewerb positioniert. Allerdings startete es seine Börsenlaufbahn mit einer relativ hohen Verschuldung, so dass der Fokus auf dem Abbau der Schulden liegt und (noch) nicht auf Dividenden oder Aktienrückkäufen. Trotzdem bleibt man nicht passiv, sondern zeigt sich in letzter Zeit auch bei Merger & Acquisitions aktiv.

GE Vernova

Die Energiesparte GE Vernova wurde Ende des 1. Quartals 2024 auf demselben Wege abgespalten. GE Vernova spielt nicht nur bei den regenerativen Energien eine führende Rolle, sondern auch im klassischen Kraftwerksbetrieb.

Der Energiesektor hinkte im letzten Jahr anderen Bereichen an der Börse deutlich hinterher, doch in diesem Jahr bekommt er wieder eine größere Aufmerksamkeit. Die Elektrizitätswende treibt die Geschäfte an und inzwischen dämmert vielen die Erkenntnis, dass die ganzen generativen KI-Modelle ungeheure Stromfresser sind. Strom, der irgendwie produziert und dann auch verteilt werden muss. Und das möglichst aus regenerativen Energiequellen oder Atomkraft und nicht durch das Verbrennen von Kohle, Gas oder Öl.

GE Aerospace

Nach den beiden Abspaltungen bliebt GE Aerospace zurück, wie General Electric jetzt heißt. Das Börsenkürzel GE hat man aber behalten. Und auch den CEO, denn GE Aerospace wird von Larry Culp geleitet.

GE Aerospace ist auf den Verkauf von zivilen und militärischen Flugzeugtriebwerken, integrierten Triebwerkskomponenten sowie von elektrischen und mechanischen Flugzeugsystemen spezialisiert. Neben dem Verkauf von Ausrüstungen bietet das Unternehmen seinen Kunden umfassende Dienstleistungen auf dem Ersatzteilmarkt an. Die Dienstleistungseinnahmen machen etwa 70 % der Gesamteinnahmen von GE Aerospace aus.

Das Unternehmen hält eine führende Marktposition sowohl bei zivilen als auch bei militärischen Antriebssystemen und Dienstleistungen, insbesondere der Wartung. Die weltweite Flugzeugkapazität sollte jährlich zwischen 3 und 4 % wachsen und damit stärker als die globale Wirtschaftsleistung. Dank seiner starken Marktposition dürfte GE Aerospace das Wachstum des Gesamtmarktes übertreffen und damit um 5 % oder mehr zulegen können.

Die letzten drei Jahre waren für die Luftfahrtbranche – zurückhaltend formuliert - herausfordernd. Die Corona-Pandemie wirkt bis heute nach. Andererseits führt der Ukrainekrieg zu einem weltweiten deutlichen Ansteigen der Militärausgaben und nachdem die letzten 30 Jahre die Anzahl der Kampfflugzeuge in den westlichen Staaten kräftig zurückgegangen ist, hagelt es jetzt von überall Neubestellungen. Das füllt kräftig die Auftragsbücher von GE Aerospace als führendem Triebwerksbauer und dem entsprechend werden in den nächsten Jahren die Umsätze und Gewinne deutlicher steigen als zuvor gedacht.

Bis 2019 lag das organische Wachstum von GE Aerospace bei 8 % pro Jahr dürfte weiteres Potenzial bieten. Zumal fast 70 % der Segmenteinnahmen von GE Aerospace aus dem Bereich Aftermarket-Services stammen mit einem stark wiederkehrenden Charakter. Flugzeuge und Triebwerke müssen gewartet werden, auch wenn sie am Boden stehen. In den letzten Jahren wurden viele alte Maschinen dauerhaft ausgemustert und neue werden in Dienst gestellt. GE Aerospace wird also profitieren und dabei hat die hohe und weiter steigende Dienstleistungskomponente noch den positiven Nebeneffekt, dass sie die Ergebnisse glättet und planbarer macht. Und die Börse liebt verlässliche Einnahmeströme.

GE Aerospace weist ein robustes Finanzprofil auf, das durch einen bemerkenswerten Anstieg der operativen Marge gekennzeichnet ist. Die operative Marge des Segments stieg von 5,6 % im Geschäftsjahr 2020 auf beeindruckende 18,3 % im Geschäftsjahr 2022, angetrieben durch ein solides organisches Umsatzwachstum.

Soeben hat GE Aerospace Zahlen für das 1. Quartal vorgelegt – und die konnten überzeugen. Darin waren letztmalig auch die Zahlen für GE Vernova enthalten, aber wir blicken nur auf die von GE Aerospace. Hier wurden Umsätze von 8,1 Milliarden Dollar und einen operativer Gewinn von 1,5 Milliarden Dollar verbucht. Beides lag über den Markterwartungen.

Larry Culp kommentierte die Zahlen so: "Als fokussierter Weltmarktführer in der Luft- und Raumfahrt werden wir weiterhin Sicherheit, Qualität, Lieferung und Kosten priorisieren – immer in dieser Reihenfolge – und gleichzeitig in unsere Zukunft investieren und langfristiges profitables Wachstum fördern."

Und dann hob er auch gleich die Prognosen für das Gesamtjahr 2024 an. Der operative Gewinn soll nun auf 6,2 bis 6,6 Milliarden Dollar ansteigen, nachdem bisher noch 6,0 bis 6,5 Milliarden Dollar erwartet worden waren. Der bereinigte Gewinn je Aktie soll zwischen 3,80 und 4,05 Dollar liegen.

Mein Fazit

Traditionell sind die Bereiche Gesundheitswesen und Luft- und Raumfahrt sehr profitabel, während der Energiebereich eher mit niedrigeren Margen daherkommt.

GE Healthcare ist seit 15 Monaten auf sich gestellt und schlägt sich sehr gut. Die Trennung von der Energiesparte GE Vernova ist erst ein paar Wochen her und das Unternehmen steht vor einigen Herausforderungen. Allerdings auch vor großen Chancen.

Mit den beiden Abspaltungen hat General Electric seinen margenstärksten sowie seinen margenschwächsten und zyklischsten Teil abgegeben. Die zurückbleibende GE Aerospace ist aber viel mehr als eine Resterampe und präsentiert sich als einer der Marktführer in den wachstumsstarken Bereichen Luft- und Raumfahrt. Und auch der Rüstungsbereich steht vor einem neuen „goldenen Zeitalter“, auch wenn man darüber nicht nur glücklich sein kann.

Die Aktie von General Electric gehörte 2023 zu den besten Performern. und das weitgehend ohne Zusatzschub durch KI-Fantasie. Ein Kursplus von knapp zwei Dritteln ist beeindruckend und seit dem Jahresstart wurden weitere 55 % draufgesattelt, so das auf Sicht der letzten 12 Monate mehr als eine Kursverdopplung erzielt wurde.

GE ist wieder ein ganz normales Unternehmen. Sehr viel kleiner und schlanker, dafür wieder richtig erfolgreich. Das zeigt sich auch an der Dividende. Die war als eine der ersten Amtshandlungen von Larry Culp auf 1 Cent je Aktie gesenkt worden, um die Liquidität im Unternehmen zu halten. Mit dem Reverse-Split stieg auch die Dividende je Aktie auf 8 Cent, ohne wirklich erhöht worden zu sein. Doch bei der ersten Quartalsdividende nach der Aufteilung in drei Unternehmen sah das schon ganz anders aus. Hier flossen 28 Cent je Aktie. Die Dividendenrendite von 0,7 % reißt natürlich niemanden vom Hocker. Aber es ist ein Anfang. Ein weiterer Schritt auf dem Weg zurück zur Normalität.

Dass der Weg GE Aerospace wieder an die Spitze führt als wertvollstes Unternehmen der Welt, ist aus heutiger Sicht wenig wahrscheinlich. Aber die Rückkehr in den Dow Jones Index könnte als Mittelfristziel durchaus Realisierungschancen haben. Und müsste man GE Aerospace in einem Satz zusammenfassen, dann wäre es wohl: "Die Aussichten sind gut".

Und das liegt vor allem an Larry Culp. Dem vielleicht besten CEO der Welt.

Disclaimer: Habe Apple, Danaher, GE Aerospace, GE HealthCare, NVIDIA auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.

2 Kommentare:

  1. Hallo Michael,

    vielen Dank für diesen überaus lesenswerten Artikel!
    In der Tat ist die Führung eines Unternehmens einer der Faktoren, die für einen (wirtschaftlichen) Erfolg entscheidend sind.
    Anleger, die ihr Kapital Larry Culp anvertraut haben, wurden für ihre Geduld belohnt, wobei GEs Rettung - bedenkt man das Ausmaß der Probleme - aus meiner Sicht bemerkenswert zügig verlaufen ist.

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    1. Ja, das war eine sehr starke Leistung von Larry Culp und es ging viel schneller als erwartet. Zumal in diese Jahre ja auch die Corona-Pandemie mit den gravierenden Einbrüche bei Luftfahrt hinzu kam, was den Turnaround umso beeindruckender macht.

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