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Artikel aus "Der Nebenwerte Investor" Ausgabe 2/2024 vom 24.01.2024
▶ In dieser Ausgabe: Energiekontor, Grenke, Deutsche Beteiligung, Hypoport, Evotec, Encavis, Jenoptik, Deutz
Grenke ist zurück in der Spur und auf Wachstum eingestellt
Grenke verleast IT-Infrastruktur an mittelständische Firmen. In Europa ist man nahezu flächendeckend präsent und in Deutschland, Italien und der Schweiz sogar Marktführer. Inzwischen arbeiten mehr als 2.000 Mitarbeiter für den Grenke Konzern an 33 Standorten und man konnte weltweit 33.000 Fachhandelspartner für sich gewinnen. Während das operative Geschäft erfolgreich läuft, hat sich der Aktienkurs noch immer nicht von der Ende 2020 erfolgten Attacke des Shortsellers und 'Wirecard-Jägers' Fraser Perring erholt und notiert bei rund einem Viertel ihres vormaligen Höchstkurses. Von den Vorwürfen ist nicht viel Substanzielles übrig geblieben und so stellt sich für Anleger die entscheidende Frage, ob Grenke von der Börse völlig falsch bewertet wird. Und ob dies im Jahr 2020 bei Kursen um 100 Euro der Fall war oder heute bei Kursen um 25 Euro.
Im Zuge der Wirecard-Pleite und der unauffindbaren bzw. nie vorhandenen 2 Mrd. Euro war auch die deutsche Finanzaufsicht BaFin gehörig unter Druck geraten und als Perrings 'Viceroy Research' zur nächsten Short Attacke blies und dabei erneut einen deutschen Finanzkonzern ins Visier nahm, hielt zunächst jeder die Luft an. Grenke war zwar kein DAX-Mitglied wie Wirecard, aber immerhin im MDAX gelistet und damit eines der 100 wertvollsten börsennotierten Unternehmen Deutschlands.
Die BaFin nahm sich der Vorwürfe Perrings an und startete eine Sonderprüfung, die auch einige Ungereimtheiten und Beanstandungen hervorbrachte, aber keine wirklichen Skandale oder Betrügereien. Im Wesentlichen wies Grenke ein gehöriges Problem im Bereich der Compliance auf, woraufhin Gründer und Großaktionärs Wolfgang Grenke sich aus dem operativen Geschäft zurückziehen musste und die Strukturen überarbeitet wurden. Zudem verlangte die BaFin, dass Grenke künftig höhere Eigenmittel vorhalten müsse mit einer Kapitalquote von 10,5 % statt der zuvor geforderten 9 %. Bei der Tochter Grenke Bank wurde die Quote sogar von 8,5 auf 11,5 % hochgeschraubt. Und damit ist das Thema Short Attacke auch abgehakt und der Blick kann sich wieder voll auf das operative Geschäft richten.
Leasing ist das Kerngeschäft
Grenke ist auf die Vermietung von Geräten und Software spezialisiert und bietet seinen Kunden verschiedene Arten von Leasing-Optionen wie Vollamortisationsleasing und Teilamortisationsleasing an, wodurch diese ihre Liquidität erhöhen und ihre Planungssicherheit verbessern können. Liegen alle notwendigen Vertragsunterlagen vor, garantiert Grenke einen Abschluss bzw. die Zahlung der Rechnung innerhalb von 24 Stunden. Dabei fokussiert sich Grenke auf das sogenannte Small-Ticket-Leasing für kleine und mittlere Unternehmen, also das Verleasen von IT-Produkten wie PCs, Druckern, Kopierern, Telekommunikationsgeräten oder Software ab einem Anschaffungswert von 500 Euro.
Seit einiger Zeit expandiert Grenke allerdings auch in andere Bereiche, wie der Blick auf die Verteilung der verleasten Geräte zeigt: Mit 26 % liegt der IT-Bereich noch immer in Führung, doch an zweiter Stelle liegen mit jeweils 19 % Kopierer und - eBikes. Da Grenke sich im B2B-Markt bewegt, also nur Geschäfte mit Firmenkunden macht (Business-to-Business), handelt es sich hierbei um E-Fahrräder, die Unternehmen ihren Angestellten als 'Jobrad' zur Verfügung stellen. Weitere Schwerpunkte bilden Maschinen mit 14 % und Telekommunikationsausstattung mit 8 % und dann schließen sich Security, medizinische Praxisausstattungen und Green Economy (Solaranlagen und Wallboxen) mit jeweils 4 % an. Mit diesen neuen Finanzierungsbereichen hat sich Grenke ganz neue Bereiche und Wachstumsfelder erschlossen.
Sein Geschäft hat Grenke inzwischen stark digitalisiert. Anstelle der bis vor wenigen Jahren noch üblichen Telefonanfragen oder via Post eingereichten Anträge läuft es heute vor allem über Onlinekanäle. Anders wären die 150 Anfragen pro Stunde auch kaum zu bewältigen.
Factoring und Banking als Zusatz
Grenke erzielt rund 90 % seiner Erträge mit dem Leasinggeschäft setzt daneben aber auch auf Factoring sowie das Bankgeschäft, das sich vor allem auf die Finanzierung von Existenzgründern fokussiert.
Unter Factoring ist der Ankauf von einzutreibenden Forderungen zu verstehen. Grenke kauft diese von Externen mit einem Abschlag auf den Rechnungsbetrag an und kümmert sich um das gesamte Forderungsmanagement. Zudem ist man sein eigener und größter Kunde, denn die Factoring-Tochter kauft auch Forderungen der Grenke Leasing an und übernimmt das Forderungsmanagement.
Grenke verkauft seine eigene und die von Externen übernommenen offenen Forderungen an die Grenke Bank AG weiter und sichert sich so ab. Neben diesem Factoring refinanziert sich Grenke selbst auch über die Grenke Bank und sichert sich so günstige Refinanzierungskosten.
Grenke verdient also gleich an mehreren Punkten der Wertschöpfungskette und da man die Leistungen auch Externen anbietet, skaliert Grenke sein Business zusätzlich. Je mehr Umsatz generiert wird, desto niedriger sind die Stückkosten, bei Grenke also die Kosten je Geschäftsvorfall. Zusätzliches Wachstum generiert bei Grenke daher auch immer die Chance auf Margenausweitungen.
Ein Burggraben. Wirklich?!
Leasing ist keine neue Erfindung und das Verleasen kleinerer IT-Produkte dabei auch noch relativ margenarm, so dass ein rentabler Betrieb ein hohes Maß an Standardisierung der Vertragsabwicklung erfordert. Dieser Nachteil bietet durchaus auch Chancen, denn Grenke ist in einer Nische aktiv, die für größere Wettbewerber wie Banken nicht wirklich interessant ist. Im Prinzip kann jedes Unternehmen Grenkes Leistungen anbieten, es gibt nur geringe Wettbewerbshürden, abgesehen von den erforderlichen behördlichen Genehmigungen. Doch Grenke ist in Europa Marktführer und hat daher gegenüber seinen Konkurrenten deutliche Kosten- und damit Wettbewerbsvorteile. In gewisser Weise stellt diese Positionierung im Markt einen ökonomischen Burggraben dar, den andere nicht ohne weiteres überwinden können.
Grenke nutzt seine Marktstellung aus und expandiert. Dabei kann es ein Geschäftsmodell relativ einfach auf weitere Standorte duplizieren, da man eine Art Zellteilung praktiziert: Sobald Grenke-Standorte eine bestimmte Größe erreichen, werden diese in zwei separate Einheiten geteilt. So hat man sofort bewährtes und eingespieltes Personal als Kernmannschaft der neuen Standorte und man verbessert die regionale Abdeckung, so die Nähe zum Kunden gewährleistet bleibt.
Auf zweistelligem Wachstumspfad
Quelle: wallstreet-online.de |
CEO Dr. Sebastian Hirsch wertete die Zahlen als großen Erfolg, zumal Grenke seine Profitabilität weiter steigern konnte und trotz des hohen Zinsniveaus konnten seine DB2-Marge auf 16,5 % zulegte. Damit befindet sich Grenke seit nunmehr neun Quartalen ununterbrochen auf Wachstumskurs, wobei das 2023er Schlussquartal mit 12,8 % sogar über dem Wachstum für das Gesamtjahr lag. Grenke will diese Dynamik nutzen, um auch in 2024 ambitioniert zuzulegen und ein Leasing-Neugeschäft von mindestens drei Mrd. Euro zu realisieren. Da Grenke das gesteigerte Zinsniveau nur mit Verzögerung an seine Kunden weitergeben kann, schlummern hier noch zusätzliche Margenpotenziale.
In 2023 baute Grenke auch sein Händlernetzwerk weiter aus und steigerte die Zahl seiner Handelspartner von 33.400 auf 36.200. Und auch der Kundenstamm wuchs weiter von 665 auf 670 Tausend, wobei das Direktgeschäft einen stabilen Anteil von 17 % aufweist.
Regional wuchs Grenke vor allem in Westeuropa besonders stark (ohne DACH-Region) und die erzielten 201,5 Mio Euro standen für 27,6 % des Leasing-Neugeschäfts. Frankreich bildete hier mit 21,4 % Wachstum den Schwerpunkt vor Südeuropa mit 17,4 % Zuwachs. DACH verzeichnete hingegen einen leichten Rückgang um 2,1 % auf 159,4 Mio. Euro. Nord- und Osteuropa verzeichnete mit 21,3 % ein Volumen von 150,9 Mio. Euro, doch das stärkste Wachstum wurde mit 23,8 % auf 44,9 Mio. Euro in den übrigen Regionen erreicht, zu denen die Zukunftsmärkte USA, Kanada und Australien gehören. Grenkes Wachstumsambitionen sind also längst globaler Natur.
Leasing zur Finanzierung von Investitionen und zur Optimierung der Liquidität liegt weiter international im Trend und dürfte sogar noch stärker zunehmen, da die Banken sich aus der Unternehmensfinanzierung immer stärker zurückziehen. Die Anzahl der Leasinganfragen bei Grenke lag im Gesamtjahr 2023 mit rund 577.000 deutlich über dem Vorjahreswert von 530.000; allein im 4. Quartal 2023 erhielt Grenke rund 146.000 Leasinganfragen und schloss 75.000 neue Leasingverträge ab. Damit lag die Umwandlungsquote mit 51,6 % sogar noch leicht über dem Vorjahresniveau von 50,6 % und die durchschnittliche Ticketgröße lag mit 9.676 Euro leicht über Vorjahr.
Das Wachstum erkauft sich Grenke aber nicht mit erhöhten Risiken, denn der Deckungsbeitrag im Leasing-Neugeschäft blieb stabil. Der Deckungsbeitrag 2 erreichte im 4. Quartal 2023 117,2 Mio. Euro und damit 16,6 % mehr als im. Die DB2-Marge lag im 4. Quartal 2023 mit 16,1 % deutlich über dem Vorjahreswert von 15,5 %, was insbesondere auf die erfolgreiche Weitergabe der gestiegenen Refinanzierungskosten zurückzuführen ist.
Bleibt noch die Grenke Bank, die ebenfalls mit starken Zahlen glänzen konnte. Das Factoring-Geschäft erreichte im 4. Quartal 2023 ein Neugeschäft mit einem angekauften Forderungsvolumen von 230,5 Mio. Euro nach 212,7 Mio. im Vorjahresquartal. Das Kredit-Neugeschäft, das im Wesentlichen das Mikrokreditgeschäft beinhaltet, lag im 4. Quartal 2023 mit 11,6 Mio. Euro deutlich über dem Vorjahreswert von 10,1 Mio. Per 31. Dezember 2023 betrug das Einlagengeschäft der Grenke Bank 1.619 Mio. Euro, was einem Anstieg von 40,5 % entspricht. Sie bleibt damit eine wichtige Refinanzierungssäule des Grenke Konzerns.
Aktionärsstruktur und Insiderkäufe
Den vergleichsweise niedrigen Aktienkurs nutzen Insider immer mal wieder zum Kauf. Zuletzt wurde CEO Hirsch am 8. Januar aktiv und kaufte für rund 50.000 Euro weitere Aktien.
Größter Anteilseigner ist weiterhin die 40,8 % GRENKE Beteiligung GmbH & Co. KG von Gründer Wolfgang Grenke mit 40,8 %, die restlichen 59,16 % sind dem Streubesitz zuzurechnen. Davon entfallen 5,02 % auf die ACATIS Investment Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH, 3,24 % auf die Invesmtentaktiengesellschaft für langfristige Investoren TGV, 3,02 % auf die Universal Investment Gesellschaft mbH. Und dann hält noch die von Wolfgang Grenke im Jahr 2004 gegründete Grenke Stiftung 33,04 % der Anteile, so dass der „verfügbare“ Streubesitz unter 15 % liegt.
Bullcase vs. Bearcase
Die wirtschaftliche Lage in Deutschland und Europa verbessert sich nicht gerade, was zu einer steigenden Anzahl an Insolvenzen und Kreditausfällen führt. Die hohen Zinsen sollten eigentlich bald sinken, doch wieder höhere Inflationsdaten lassen zuletzt Zweifel an einem zügigen Abbau durch die Notenbanken aufkommen. Diese Aussichten lasten auf Grenke, obwohl die Geschäftszahlen sich hiervon bisher unbeeindruckt zeigen.
Das Wachstum ist nicht ganz so stark wie erhofft, ist aber deutlich zweistellig und das bei einer weiter ansteigenden Profitabilität. Der Aktienkurs notiert nahe langjähriger Tiefststände und nur halb so hoch wie während des Corona-Absturzes – das passt nicht zusammen. Entsprechend niedrig ist die Bewertung mit einem einstelligen Kurs-Gewinn-Verhältnis. Und das wird auch von den Analysten honoriert. So stuft die Deutsche Bank Grenke als Kauf mit Kursziel 30 Euro ein und Warburg ruft sogar ein Kursziel von 38,50 Euro aus. Das Kurspotenzial läge hiernach zwischen 35 und 65 %. Der Geschäftsverlauf und die Wachstumsambitionen sollten irgendwann auch wieder die Anleger von den Qualitäten von Grenke überzeugen können.
Ergänzung vom 06.02.2024, 11:00: AktienrückkaufGrenke will eigene Aktien im Wert von bis zu 70 Mio. Euro zurückkaufen, maximal aber 2,3 Mio. Stücke bzw. 5 % des Grundkapitals.
Die 4 wichtigsten Dinge, die man über Grenke wissen muss
- Der Leasing-Spezialist ist auf drei Kontinenten aktiv und dabei in Deutschland, Italien und der Schweiz Marktführer. Neue Wachstumsregionen sind die USA, Kanada und Australien.
- Grenke wächst zweistellig bei wachsenden Margen. Zudem werden neue zukunftsträchtige Geschäftsfelder erschlossen mit dem Leasing von eBikes, Wallboxen und Solaranlagen.
- Die Short-Attacke von Fraser Perring hat zu zahlreichen Verbesserungen innerhalb des Konzerns geführt. Das verspielte Vertrauen sollte Grenke zurückgewinnen können.
- Der Aktienkurs notiert bei weniger als einem Viertel seines Niveaus von 2018 und beinhaltet noch viel negatives Sentiment. Das bietet mittelfristig Potenzial.
1. Grenke will das Factoring Geschäft verkaufen
AntwortenLöschen2. Grenke macht trotz des "tollen" Wachstums immer noch weniger Neugeschäft als in 2019. Warum?
3. Grenke hat in Südeuropa im Q2 und Q3 das Neugeschäft erheblich runtergefahren, in Q4 2023 dann wieder intensiviert. Warum? Hatte Grenke in Q2 und Q3 2023 Refinanzierungsprobleme und musste deshalb einen Bond aufnehmen zu äußerst unattraktiven Konditionen?
4. Grenke hat immer noch nicht die Leasinggesellschaften gekauft und streitet um den Kaufpreis
Streit um Kaufpreis von Franchisefirmen bei Grenke
https://www.boersen-zeitung.de/banken-finanzen/streit-um-kaufpreis-von-franchisefirmen-bei-grenke
Hallo Zusammen!
LöschenIn Michael's Beobachtungsliste findet sich auch "Aifinyo", welche u.a. Factoring betreibt. Möglicherweise gönnen die sich einen Teil davon!
Ich würde mich auch über eine Einschätzung zu Aifinyo und den anderen Fin-Tech-Spekulationen seitens Michael freuen.
Grüße
Alex
Aktienrückkauf: Grenke will eigene Aktien im Wert von bis zu 70 Mio. Euro zurückkaufen, maximal aber 2,3 Mio. Stücke bzw. 5 % des Grundkapitals.
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