Samstag, 11. November 2023

Kissigs Kloogschieterei: Die Korrektur der Korrektur

Nach dem tiefroten Oktober starte der November in Sattgrün. In den ersten Novembertagen ging es an den Börsen kräftig aufwärts, dabei ist die Stimmungs- und Nachrichtenlage noch immer überwiegend pessimistisch. Die Anleger trauen dem Braten nicht und das ist nicht verwunderlich, denn die fundamentale Datenlage verspricht bisher wenig Gutes.

In der Spitze verlor der Oktober annähernd 10 %, was als 'Korrektur' definiert ist. Die damit einhergehenden Kursverluste im Depot fühlen sich jedenfalls schrecklich an und nähren finanzielle Zukunftssorgen. Da hilft dann oft ein Blick auf die Realität: Seit 1928 kam es in zwei Dritteln aller Kalenderjahre beim S&P 500 zu unterjährigen Rückgängen von 10 % oder mehr. Anders betrachtet erleben Anleger also in drei Jahren zwei Korrekturen mit Kurseinbrüchen von mindestens 10 %. Korrekturen sind 'business as usual'. Und denkt man einen Schritt weiter, dann sind diese so fiesen Einbrüche nur Teil des Ganzen und dieses Ganze besteht in beinahe ungehemmt steigenden Börsenkursen. Denn der S&P 500, wie auch DAX und DOW, steigt im Durchschnitt etwa 8 % pro Jahr – und da sind die zwischenzeitlichen Korrekturen bereits enthalten.

Eine Korrektur ist also kein Grund für Panik, sondern für Gelassenheit. Die Kurse gehen anschließend immer wieder hoch, wenn auch nicht immer genauso schnell, wie sie zuvor fielen.

Die Lehren aus dieser Erkenntnis sind simpel:
  1. Bei einem Börseneinbruch seine Aktien panisch zu verkaufen, vernichtet Geld, denn man verpasst meistens den Wiedereinstieg. In der Theorie verkauft man vor dem Absturz und kauft dieselben Aktien danach günstig zurück. In der Praxis verkauft man nach dem Kurseinbruch und meistens am Tiefpunkt, um dann irgendwann später dieselben Aktien viel teurer zurückzukaufen.
  2. Wer nach einem Einbruch um 10 % sein vorhandenes Cash in Aktien investiert, fährt damit regelmäßig überdurchschnittliche Renditen ein.
Natürlich gilt dabei immer, dass man auf die richtigen Aktien setzen muss. Binsenweisheit. Eigentlich. Leider verleitet uns die Gier dazu, schnell reich werden zu wollen. Doch die Kehrseite der Chance ist das Risiko. Und dieses Risiko stellt sich bei Aktien (zu) oft ein, wenn man auf windige, heiße Aktien setzt und nicht auf die eher langweiligen, soliden Performer. Also auf Unternehmen, die in jeder Wirtschaftslage ihre Stärken ausspielen und ihre Kosten senken können und die nicht auf große Mengen an Fremdkapital angewiesen sind.

Erstaunlicherweise sind diese Quality Investments genau die Aktien, bei denen sich immer Gründe finden lassen, weshalb man sie gerade jetzt nicht im Depot haben sollte. Aber zumeist keine überzeugenden. Vergesst also niemals die Grundlehre des erfolgreichen Investierens: der wichtigste Schritt ist, anzufangen und das so früh wie möglich. Der Rest ergibt sich unterwegs von ganz alleine - wenn man sich nicht allzu dumm anstellt... ツ

Alles Gute für euer Geld!
Michael C. Kissig

6 Kommentare:

  1. Watchingtheflood11.11.23, 14:34

    Hallo Michael, schön, dass Du regelmäßig auf die psychologische Seite des ganzen eingehst, denn oftmals sind die heißen Tips ja viel verlockender als die Langweiler. Ohne einen Trigger, wie ein deutlicher Rücksetzer finde ich da auch nur selten einen Einstieg.
    Schönes Wochenende
    Christian

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    1. Moin Christian,
      genau das ist ja das Problem: die wirklichen Qualitätsunternehmen sind fast nie günstig zu kaufen. Es sei denn, der Markt erliegt einer Fehlinterpretation, z.B. bei Quartalsergebnissen oder Ereignissen, die viel zu negativ eingestuft werden, obwohl sie für das Unternehmen kaum eine Relevanz haben. Costco ist hier mein Lieblingsbeispiel. Als Corona ausbrach fiel der Kurs, weil alle dachten, Costco würde nichts mehr verkaufen (alles nur noch online). Das Gegenteil war der Fall. Dann boomte der Onlinehandel und alle meinten, Costco würde abgehängt. Das Gegenteil war der Fall. Und dann stiegen die Zinsen rapide und die Leute mussten sparen und die Börse dachte, das würde Costco massiv treffen. Das Gegenteil war/ist der Fall. Trotzdem gab und gibt es immer wieder Phasen, wo der Kurs mal um 10 % oder mehr absackt. Weil sich die Pessimisten kurzfristig durchsetzen und zu viele Leute ängstlich werden und ihre Aktien panisch auf den Markt schmeißen. Das sind dann genau die Momente, wo ich mir meine Costco-Aktien gekauft habe und wo ich manchmal darüber nachdenke, ob ich nochmal aufstocke (obwohl Costco ja bereits meine zweitgrößte Depotposition ist mit rund 13 % Gewichtung).

      Kinsale Capital ist ein ähnlicher Fall. 20 % Kurseinbruch nach Rekordergebnissen, die auch noch die Erwartungen getoppt hatten. Aber... der CEO sagte, man werde in diesem "reifen Business" nicht endlos lange mit 45 % p.a. wachsen können, sondern sich irgendwann der üblichen Wachstumsrate von 10 bis 20 % annähern. Nicht sofort, nicht morgen oder übermorgen - perspektivisch. Aber die Börse hat die Kinsale-Aktien behandelt, als hätte der CEO eine Umsatz- und Gewinnwarnung ausgesprochen. Ich denke, das war überzogen und daher eine gute Gelegenheit, sich bei Kinsale mal vergleichsweise günstig einzukaufen. Ob ich damit richtig liege, wird die Zeit zeigen müssen.

      Doch Gelegenheiten, auch die (zu Recht teuren) Top-Aktien mal zu attraktiven Preisen einsammeln zu können, gibt es immer wieder mal. Da muss man nicht auf den Mega-Crash warten (wo man dann nicht Eier hat, zuzugreifen, weil ja gerade Weltuntergangsstimmung herrscht).

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  2. "Eine Korrektur ist also kein Grund für Panik, sondern für Gelassenheit. Die Kurse gehen anschließend immer wieder hoch, wenn auch nicht immer genauso schnell, wie sie zuvor fielen."

    Wer seine Hausaufgaben im Vorfeld gemacht hat gemäß der Ansagen unseres gern zitierten Vorbilds Warren B. wird im Korrekturfall niemals in Panik verfallen (müssen) denn er oder sie ist in absoluten Qualitätsfirmen investiert. Und wird sich diebisch freuen weitere Anteile zu den berühmten 50Cent statt eines Dollars oder Euros dafür auszugeben. Diese Gelegenheiten werden sich immer wieder bieten,die Frage wird dann nur sein ist man flüssig genug um entsprechend handeln zu können. Oder im Zweifel alles auszusitzen wenn die Mittel grad nicht ausreichen um nachzulegen.

    Am Ende bestätigt sich immer wieder das Börse eben doch arg viel Psychologie ist und das Ganze oft,manchmal zu oft völlig irrational daher kommt. Eine meiner Lieblingsaktien im Depot ist u.a. Cadence Design System die schon mächtig Volatilität an den Tag legt aber zurückblickend eine irre Performance hingelegt hat,abseits des großen Getrommel um die magnificent 7. Da lauert man förmlich darauf mal wieder einen etwas deftigeren Absacker zu erwischen um die Ordermaschine anzuwerfen. Da aber diese Position mittlerweile die Zielgröße erreicht hat darf sie jetzt "nur noch" einfach laufen.....

    In diesem Sinne schönen Sonntag lieber Namensvetter und bleib wie du bist denn dein Blog hebt sich nach wie vor wohltuend von den diversen Marktschreiern im Web ab. Gruß aus Augsburg.

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    1. Danke für das nette Lob, Michael. Und wo ich gerade Augsburg sehe... ich lese aktuell die Biografie "Der reichste Mann der Weltgeschichte - Leben und Werk des Jakob Fugger" von Greg Steinmetz. Sehr interessant. Kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen, dass Augsburg um 1500 herum das Epizentrum der Weltfinanz war. Und dass letztlich Jakob Fugger der maßgebliche Auslöser für Luthers Protest/Reformationsbestrebungen und schlussendlich die Kirchenspaltung war...

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    2. In der Tat ist Jacob Fugger "der Reiche" (den Zusatz bekam er absolut gerechtfertigt) eine der interessantesten Persönlichkeiten der deutschen Geschichte. Im Fugger-Museum kann man hervorragend Einblick nehmen in seine Zeit in der er Kaiser,Könige und Päpste finanzierte und ein Handelsimperium aufbaute das seinesgleichen suchte. In heutige Währung umgerechnet würde er einen Musk,Bezos oder Gates locker in die Tasche stecken. Die Welser und Fugger waren DIE Kaufmänner des Mittelalters von denen man heute noch lernen kann,auf sehr guten Karten kann man im Museum sehen wie und wo sie investiert waren. Aber auch solch ein Imperium ist nicht auf ewig denn heute ist Augsburg die nominal ärmste Großstadt Bayerns - woran aber nicht die Fugger schuld sind.

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  3. Ich sag einfach mal danke für den angenehmen Blog und deine Beiträge. Bitte so weiter.

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