Montag, 25. September 2023

Kissigs Nebenwerte-Analyse: Beleuchtungsprofi SBF kommt zurück in die Spur - später...

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Artikel aus "Der Nebenwerte Investor" Ausgabe 13/2023 vom 20.09.2023

▶ In dieser Ausgabe: Netfonds, SBF, SMT Scharf, Hensoldt, PATRIZIA, Masterflex, MorphoSys, Fielmann, Hochtief, Siltronic


Beleuchtungsspezialist SBF kommt zurück in die Spur - später...

Die SBF AG gehört mit einer Marktkapitalisierung von nur 67 Mio. Euro zu den Microcaps an der deutschen Börse. Zwischen 2016 und 2018 durchlief der Konzern eine umfassende Restrukturierung und strategische Neuausrichtung und ist seit einigen Jahren bilanziell wieder solide aufgestellt. Die Aktie ist dennoch nur etwas für Nebenwertekenner mit erhöhter Risikotoleranz.

SBF ist im Mobilitätssektor und der Beleuchtungsindustrie aktiv. Das operative Kerngeschäft der börsennotierten Holdinggesellschaft ist in der Beteiligung SBF Spezialleuchten GmbH gebündelt, die als Anbieter von Decken- und Beleuchtungssystemen für Schienenfahrzeuge agiert, sowie in der Ende 2020 erworbenen Lunux Lightning GmbH.

Zum Kundenkreis zählen überwiegend führende Zughersteller in Europa, denen SBF innovative und kundenspezifische Komplettlösungen aus einer Hand anbietet und dabei die gesamte Wertschöpfungskette von der Entwicklung über die Konstruktion von Komponenten bis hin zur Fertigung von komplexen Systemen abdeckt. Das Unternehmen hat sich auf LED-Systeme für den Außen- und Innenbereich von Zügen jeglicher Bauart im Nah- und Fernverkehr spezialisiert und ist dank jahrelanger Branchenerfahrung als europäischer Marktführer in dieser Nische fest etabliert - und will mittelfristig auch die internationale Expansion nach Großbritannien und in die USA ins Visier nehmen.

Erfolgreicher Turnaround

Im Zuge des erfolgreichen Turnarounds wurde auch die Eigenkapitalbasis gestärkt, indem neue Aktien ausgegeben und Gesellschafterdarlehen in Aktien umgewandelt wurden. Mehrheitsaktionär der SBF ist die Elber GmbH, die auch mit 10 % am börsennotierten Sanierungsspezialisten Mutares SE beteiligt ist. Im Zuge einer Kapitalerhöhung im Juni 2021 sank der Anteil der Elber GmbH und liegt nun bei 57,9 %. Weitere signifikante Beteiligungen entfallen auf das Management um CEO Witt und CTO Stöcklinger mit 3,4 % sowie auf die Baader Beteiligungs GmbH mit 16,5 %. Die übrigen 22,2 % befinden sich im Streubesitz.

Transformation

Nach der finanziellen Gesundung stellte sich die SBF breiter auf und entwickelte sich von einem reinen Leuchtenhersteller zu einem Systemanbieter für Deckenkonstruktionen mit einer konsequenten Optimierung der Produktionsprozesse und Kostenstrukturen. Dadurch gelang die Rückkehr auf den Wachstumspfad. Die damit wiedererlangte gute Positionierung innerhalb der Wertschöpfungskette der Schienenfahrzeughersteller ist nicht zuletzt auf die hohe Innovationsfähigkeit und Technologiekompetenz des Unternehmens zurückzuführen.

In einem grundsätzlich wachstumsstarken Marktumfeld festigen mittlerweile enge Partnerschaften mit den europaweit führenden Zugherstellen die nachhaltige Entwicklung von SBF, die in den kommenden Jahren neben dem avisierten weiteren Ausbau des Leistungsangebots auch durch die Erhöhung der Wertschöpfungstiefe gekennzeichnet sein dürfte.

Töchter und Segmente

Als operative Holdinggesellschaft verfügt die SBF AG über die drei Tochtergesellschaften SBF Spezialleuchten GmbH, Hellux GmbH und Lunux Lighting GmbH. Der Geschäftsbereich 'Schienenfahrzeuge' wird operativ vor allem von der SBF Spezialleuchten GmbH bedient, während die Lunux Lighting GmbH den Geschäftsbereich 'Öffentliche und Industrielle Beleuchtung' abbildet. Die Hellux GmbH ist beinahe ausschließlich als Produktionsgesellschaft aktiv, insbesondere für die Lunux Lighting GmbH.

Durch die Übernahme der Assets der Nordeon Lighting GmbH durch die Lunux Lighting GmbH besitzt diese nun eigene Produktionsanlagen, an denen seit Mai 2022 die Fertigung von Lunux-Produkten aufgenommen wurde.

Daneben unterhält der SBF-Konzern ein chinesisches Joint Venture 'SBFXian' (SBF-Beteiligung 5 %), das internationale Beschaffungsressourcen und Märkte sichert.

Breites Leistungsspektrum

Das Leistungsportfolio der operativ tätigen Tochter SBF Spezialleuchten GmbH umfasst alle Arten von Beleuchtungskomponenten auf LED-Basis für den Innen- und Außenbereich eines Zuges. Ergänzt wird es durch das Angebot komplexer Deckensysteme und Belüftungskomponenten. So kann das Unternehmen neben den reinen Einzelprodukten weitere Komponenten wie Kühlmechanismen, Lautsprecher oder eine intelligente Leuchtmittelsteuerung zu einem komplexen Deckensystem vereinen.

Das Leistungsangebot reicht dabei von der Planung über die Konstruktion und Elektronikentwicklung bis hin zur finalen Fertigung. Diese fertigten Systemlösungen werden anschließend in Straßenbahnen, U-Bahnen und Regionalzügen ebenso wie in Hochgeschwindigkeitszügen wie etwa in modernen Fernverkehrszügen der Deutschen Bahn eingebaut.

Hoher Eigenproduktionsanteil

Der hohe Eigenproduktionsanteils ermöglicht dem Unternehmens, Aufträge flexibel und nach individuellen Kundenforderungen zu konfigurieren und sowohl in Kleinstserie als auch in hoher Stückzahl zu produzieren. Hier hatten die Zukäufe der Lunux samt dem Add-on Nordeon sowie der Hellux merklich positive Auswirkungen aus.

Die operative Geschäftstätigkeit gliedert sich in drei wesentliche Produktgruppen, die entweder modular oder als integriertes System verarbeitet werden können. Die hohe Wertschöpfungstiefe in Kombination mit einer ausgeprägten Kompetenz im Bereich der Entwicklung führen zu innovativen Lichtkonzepten, mit denen das Unternehmen bereits mehrmals First-Mover-Vorteile auf den adressierten Märkten nutzen konnte. Ergänzend dazu sichert die Innovationsstärke eine feste Positionierung als Tier-1-Lieferant und resultiert mitunter in fortlaufenden Entwicklungspartnerschaften mit einigen Zugherstellern.

Beleuchtungstechnik

Das Know-how des Konzerns im Beleuchtungsbereich wurde im Jahr 2020 durch die Übernahme des Geschäftsbetriebs der Lunux GmbH um eine branchenübergreifende Ebene erweitert. Als Spezialist für Innen- und Außenbeleuchtungen mit Fokus auf LED-Technologien bietet das inzwischen als Lunux Lighting GmbH firmierende Unternehmen eine breite Produktpalette für zahlreiche Sektoren. Relevante Kunden kommen etwa aus den Bereichen Industrie, Logistik, Architektur, Einzelhandel und Energieversorgung, wie zum Beispiel Tankstellen. Auch Betreiber von Parkhäusern und Kommunen mit ihrer Straßen- und Stadtbeleuchtung zählen zu den Auftraggebern, ebenso wie die Deutsche Bahn, für die u.a. Lösungen für Bahnsteige und -übergänge, Gleisfelder und unterirdische Verkehrsanlagen geliefert werden.

SBF hat somit den Schritt 'aus dem Zug heraus' gewagt und sich mit der Beleuchtungstechnik ein zweites Standbein eröffnet, ohne dabei seine Kernkompetenz zu verlassen. Beide Säulen ergänzen sich vielmehr und bieten viele Synergiepotenziale, sowohl beim Einkauf, aber auch im Bereich Forschung, Entwicklung und Fertigung.

Innen- und Außenbeleuchtung

Der Bereich der Innen- und Außenbeleuchtung ist aus der historischen Ausrichtung des Unternehmens als reiner Beleuchtungsanbieter gewachsen und bildet bis heute die Kernkompetenz der Geschäftstätigkeit. Die Beleuchtungssysteme basieren auf dem Einsatz moderner LED-Technologien und ermöglichen neben einer dynamischen Beleuchtungssteuerung auch eine energieeffiziente Benutzung. Ein Faktor, der angesichts von Klimawandel und Energiekrise an Bedeutung gewinnt.

Luftführungssysteme

Im ergänzenden Segment der Belüftungssysteme konstruiert SBF Klimakanäle für eine effiziente Warm- und Kaltluftzufuhr innerhalb eines Zugwaggons. Diese werden entweder als geschlossene Systeme oder integriert in das Deckensystem geliefert. Die Luftkanäle sind an den Wagenkasten angebunden und damit thermisch getrennt und strömungsoptimiert. So wird der Materialeinsatz reduziert, was zu einer Kosten und Gewichtsreduktion der Gesamtlösung führt.

Deckensysteme

Das Segment der Deckensysteme ist aus der Transformation zum Lösungsanbieter entstanden und inzwischen der mit Abstand bedeutendste Produktbereich der SBF. Die hohe Flexibilität mit individuellen Fertigungslösungen eröffnet eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten und Designs der Deckensysteme.

Die Wertschöpfungskette als Erfolgsgarant

SBF hat sich über viele Jahre hinweg eine Qualitäts- und Technologieführerschaft für Decken- und Beleuchtungssysteme erarbeitet. Das Unternehmen besitzt dank seiner ausgeprägten Innovationskraft eine feste Positionierung innerhalb der Wertschöpfungskette führender Schienenfahrzeughersteller in Europa. Und durch die enge Zusammenarbeit mit den Kunden im Rahmen des Entwicklungsprozesses ist SBF in den gesamten Wertschöpfungsprozess eingebunden und leistet einen hohen und wachsenden Eigenanteil innerhalb der Produktion.

Hieraus ergibt sich allerdings auch die Situation, dass SBF mehrjährige Auftragslaufzeiten aufweist. Der heutige Auftragseingang ist der Umsatz von übermorgen und schlägt sich erst nach mehreren Jahren positiv in den Geschäftszahlen nieder.

Marktstellung

Der europäische Markt ist attraktiv, weil er einen offenen Marktzugang bietet und eine hohe Dichte an Verkehrsbetrieben sowie führenden Schienenfahrzeugherstellern; es ist auch künftig eine stetig steigende Nachfrage in dieser Region zu erwarten. Gestützt wird dies durch die regionale Produktionsdichte der Zughersteller, von der SBF dank seines Hauptsitzes in Deutschland wesentlich profitiert. In den Bundesländern Brandenburg und Sachsen befinden sich beispielsweise in einem Umkreis von etwa 250 Kilometern um SBF Produktionsstätten der vier führenden europäischen Zughersteller.

Zahlreiche Problemstellungen Die vielen Vorteile haben sich in den letzten Jahren aber nicht ausgezahlt, sondern sogar negativen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit gehabt. Die hohe Inflation hat die Preise im Einkauf deutlich ansteigen lassen und gleichzeitig sorgten die Lieferengpässe für Verzögerungen bei der Produktion. Durch die lange Vorlaufzeit der Aufträge sind Preissteigerungen nicht immer vollumfänglich an die Kunden weiterzureichen.

Durch die Übernahmen kamen auch Komponenten in den Bestand, bei denen dank der stark gestiegenen Preise stille Reserven gehoben werden konnte. Das hat die Ergebnisse positiv beeinflusst, aber das stellt natürlich nur Einmaleffekte dar und keine dauerhafte Margenverbesserung. Dem entsprechend sind die Margen wieder geschrumpft.

Erweiterung am Firmensitz geplant

Anfang Dezember 2022 hat die SBF ein 2.682 Quadratmeter großes Grundstück für Erweiterung der Produktionsstätte in Leipzig erworben, auf dem 1.175 Quadratmeter zusätzliche Produktions- und Büroflächen entstehen sollen. Das Grundstück schließt unmittelbar an bestehende SBF-Flächen an. Mit neuen Produktionsanlagen für die Pulver- und Nasslackbeschichtung wird die Wertschöpfungstiefe erweitert.

Vorstandsmitglied Rudolf Witt erklärte dazu: "Anhaltende Störungen in den weltweiten Lieferketten sind für unsere Branche eine große Herausforderung. Unternehmen mit einer hohen Wertschöpfungstiefe und einer regionalen Produktverfügbarkeit haben große Wettbewerbsvorteile durch ihre Unabhängigkeit gegenüber Vorlieferanten. Daher erweitern wir kontinuierlich unsere Wertschöpfungstiefe und stärken unsere lokale Produktion. Der Einstieg in die Pulver- und Nasslackbeschichtung ist ein wichtiger Baustein in dieser Strategie."

Das Unternehmen wird bis Ende des Jahres 2023 Investitionen in den Aufbau der Pulver- und Nasslackbeschichtung tätigen. Eine Lager- und Produktionshalle mit 825 Quadratmetern steht bereits auf dem erworbenen Grundstück und wird entsprechend der Anforderungen von SBF erweitert und umgebaut. Die Pulver- und Nasslackbeschichtung ist ein wichtiger Arbeitsschritt etwa bei der Produktion von Deckensystemen für Schienenfahrzeuge. Zudem werden ebenfalls auf dem Grundstück stehende Büroflächen mit 350 Quadratmetern für die Verwaltung von SBF genutzt.

Schwacher Jahresabschluss in 2022

Das vierte Quartal lief gar nicht mehr rund und das schlug sich auch in den Geschäftszahlen für 2022 nieder. Der Konzernumsatz stieg auf etwa 34,8 Mio. Euro (2021: 31,2 Mio.), das EBITDA erreichte in einem herausfordernden Marktumfeld rund 2,3 Mio. Euro (2021: 5,2 Mio.). Prognostiziert waren ein Konzernumsatz von mehr als 36,0 Mio. Euro und ein EBITDA von rund 3,7 Mio. Euro.

Quelle: wallstreet-online.de
Als Hauptursachen für die nachlassende Wachstumsdynamik und sinkende Profitabilität machte der Vorstand die gestiegenen Beschaffungskosten, die eingeschränkte Materialverfügbarkeit, Auftragsverschiebungen in das neue Geschäftsjahr sowie einzelne Auftragsstornierungen aufgrund des Russlandembargos verantwortlich.

Das Geschäftsfeld 'Schienenfahrzeuge' entwickelte sich insgesamt stabil. Es lieferte einen Umsatzbeitrag von 21,0 Mio. Euro (2021: 21,5 Mio.) und steuerte ein EBITDA in Höhe von 2,5 Mio. (2021: 3,8 Mio.) zum Konzernergebnis bei. Die EBITDA-Marge sank dem entsprechend von 17,7 % auf 11,9 %. Insbesondere die höheren Beschaffungs- und Personalkosten machten sich im Ergebnis bemerkbar. Aufgrund der guten Lieferperformance, der hohen Qualität der Produkte und der jahrelangen kundenorientierten Zusammenarbeit hat SBF Anfang des Jahres einige langfristige Großaufträge erhalten und beurteilt die Marktperspektiven daher weiterhin als ausgesprochen gut.

Das Geschäftsfeld 'Öffentliche und industrielle Beleuchtung' erzielte im Geschäftsjahr 2022 aufgrund des Hochfahrens der Produktion am neuen Standort in Springe mit den neu erworbenen Assets der Nordeon Lighting Solutions GmbH einen Umsatzsprung. Der Segmentumsatz lag bei 15,1 Mio. (2021: 11,0 Mio.) und das EBITDA des Segments lag bei -0,1 Mio. Euro (2021: 2,4 Mio.).

Der Rückgang im Ergebnis ist auf einmalige Kosten für die Integration der neu erworbenen Assets und den Standortaufbau zurückzuführen. Zudem war dieses Segment von der eingeschränkten Verfügbarkeit einzelner Komponenten und steigenden Materialaufwendungen betroffen. Um den Herausforderungen am Beschaffungsmarkt künftig besser begegnen und die Projekte effizienter abwickeln zu können, wurde der Lagerbestand Ende 2022 strategisch ausgebaut. So will sich SBF die nötige Flexibilität eröffnen, um auf aktuelle Marktbedingungen reagieren und die Lieferfähigkeit sicherstellen zu können. Auch in diesem Segment sieht der Vorstand ausgesprochen gute Wachstumsperspektiven.

Kritisch anzumerken ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass der Rückgang der Preise bei vielen Komponenten eine Abwertung des erst erhöhten Lagerbestands nötig machen könnte, sofern diese nicht mindestens zu Anschaffungskosten weiterberechnet werden können.

Deutliches Wachstum bei Umsatz und Ergebnis für 2023 erwartet Die Gesellschaft hat sich auf die Herausforderungen eingestellt, unter anderem mit stärkeren Local Content Anforderungen an Lieferanten. Da die Probleme als vorübergehend eingestuft wurden, erwartete der Vorstand für das Geschäftsjahr 2023 ein deutliches Umsatzwachstum auf mehr als 40 Mio. Euro und ein steigendes EBITDA. Und auf lange Sicht sieht der Vorstand aufgrund des positiven Marktumfelds und geplanter Akquisitionen weiteres Wachstumspotenzial.

Erfolgreicher Zukauf

Umsatzseitig dürfte das Jahresziel bereits eingetütet sein, denn SBF hat den schon lange angekündigten Zukauf eines Elektronikunternehmens erfolgreich zum Abschluss gebracht. Bereits vor einem Jahr hatte SBF nach Abschluss der Due Diligence von dem 'Erreichen eines Meilensteins' gesprochen, aber allzu schnell kam dann trotzdem nicht voran. Bis jetzt.

Nun übernimmt SBF 100 % der Anteile an der AMS Software & Elektronik GmbH und erweitert damit seine Wertschöpfungstiefe in der Elektronikfertigung. Der Kaufpreis bewegt sich im niedrigen einstelligen Millionenbereich und wird mit einem Mix aus bestehenden liquiden Mitteln sowie einem Bankdarlehen finanziert und der Firmengründer und Geschäftsführer Ivan Bajic wird weiterhin in der Geschäftsführung von AMS tätig sein.

AMS ist ein spezialisierter Anbieter der Elektronikfertigung und erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2022 mit rund 100 Mitarbeitern Umsatzerlöse von rund 16,4 Mio. Euro bei einem EBITDA im hohen sechsstelligen Bereich. Seit über 35 Jahren realisiert das Flensburger Unternehmen Entwicklungs- und Fertigungsvorhaben in den Bereichen Elektronik, Mechanik und Softwaretechnik und verfügt über einen robusten Kundenstamm mit jahrzehntelang gewachsenen Kundenbeziehungen. Dabei zählen unter anderem Unternehmen aus den Bereichen Lichttechnik, Haustechnik, Industrieelektronik, Medizintechnik und Kommunikationstechnik zu den wesentlichen Kundengruppen. AMS verfügt über umfassendes Know-how im Aufbau von Testumgebungen und kann so flexibel auf die Kundenbedürfnisse eingehen und individuelle Lösungen entwickeln.

Die Integration von AMS in die SBF-Gruppe erweitert die Wertschöpfungstiefe in der Fertigung von Elektronikteilen spürbar. Gleichzeitig steigt die Unabhängigkeit und vermindert sich das Risiko der Knappheit von Elektronikteilen. SBF-Vorstand Rudolf Witt kommentiert den Kauf: "Mit der getätigten Akquisition unternehmen wir einen in unserer Unternehmensgeschichte einmaligen Wachstumssprung. Bezogen auf das Geschäftsjahr 2022 würden unsere jährlichen Umsatzerlöse um annähernd 47 % steigen - bei einer gleichzeitig signifikanten Ergebnissteigerung auf Gruppenebene, sobald die operative Integration in die Prozesse unserer Unternehmensgruppe voraussichtlich 2024 abgeschlossen ist“.

Es werden bereits ab August 2023 deutliche Umsatzbeiträge erwartet, während sich signifikante EBITDA-Beiträge erst nach der operativen Integration in die Prozesse der SBF-Gruppe einstellen dürften.

Überarbeitung der Prognose

Bislang ging die SBF-Gruppe in ihrer Prognose für das Gesamtjahr 2023 von einem deutlichen Umsatzwachstum auf mehr als 40 Mio. Euro und wieder steigendem EBITDA aus. In diesen Zahlen waren die positiven Effekte aus der erstmaligen Konsolidierung der AMS noch nicht enthalten. Sobald eine valide Aussage zum erstmaligen Konsolidierungszeitpunkt getroffen werden kann, beabsichtigt der Vorstand die Prognose entsprechend den zusätzlichen Umsatz- und Ergebnisbeiträgen der AMS zu aktualisieren. Auch für die Folgejahre wird der Erwerb der AMS zu einer erheblichen Umsatz- und Ergebnissteigerung auf Konzernebene der SBF führen.

Im Klartext bedeutet dies, dass das Geschäftsjahr 2023 durch die Integrations- und Umstrukturierungskosten belastet wird, während sich die positiven Effekte dann ab 2024 deutlich bemerkbar machen.

Weiterer Zukauf geplant

Darüber hinaus befände sich SBF "weiterhin in Gesprächen mit einem weiteren Übernahmekandidaten, der auf den Innenausbau von Zügen spezialisiert" sei, erklärte CEO Witt. Damit würde das Geschäftsfeld 'Schienenfahrzeuge' einen weiteren Wachstumsschub erhalten. Details blieb man schuldig und will diese erst dann verkünden, wenn man entscheidend weitergekommen ist in den Verhandlungen. Allerdings ist dies der gleiche Sachstand, den man bereits vor einem Jahr verkündet hatte. Die Verhandlungen laufen also, aber ziemlich zäh. Doch das hat auch bei der AMS letztlich trotzdem zum Erfolg geführt.

Als strategischer Vorteil für die SBF kann sich hier der Mehrheitsaktionär Elber GmbH erweisen. Dieser steht als finanzstarker Partner im Rücken dar und könnte sowohl mit Fremd- als auch mit Eigenkapital aushelfen. Und mit Sanierungsexpertise für die neu übernommenen Unternehmen.

Zwar ist erklärtes Ziel der Elber GmbH, perspektivisch unter die 50 %-Schwelle zu kommen, aber in der gegenwärtigen Lage könnte eine kleine Kapitalerhöhung von bis zu 10 % durch die Elber GmbH durchaus Sinn machen; gegebenenfalls ergänzt um zusätzliche Darlehen. Zumal der Aktienkurs mit 7 Euro deutlich unterhalb der 11 Euro liegt, wo er vor anderthalb Jahren lag.

Expansion

Neben der Verbreiterung des Angebotsspektrums und der Erhöhung der Fertigungstiefe hatte SBF auch seine Pläne zur Auslandsexpansion wieder aufgenommen, die man Mitte 2020 angesichts der Corona-Pandemie vorübergehend ausgesetzt hatte. Als Zielmärkte hat man insbesondere UK und die USA im Auge, allerdings ist SBF nicht bereit, hier unnötig in Vorleistung zu gehen. Man hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und baut nicht erst Produktionskapazitäten auf, um danach auf Kundenakquise zu gehen, sondern man wird die Expansionspläne nur an der Seite großer Kunden angehen. Viele der europäischen SBF-Kunden sind auch in den USA und UK aktiv und so will SBF seine dortigen Kapazitäten erst dann aufbauen, wenn man entsprechende Aufträge an Land gezogen hat.

Unter den Rahmenbedingungen des Jahres 2022 waren diese Pläne wieder weit nach unten gerutscht auf der Agenda, dürften aber nach einer nachhaltigen Entspannung der aktuellen Turbulenzen wieder aufgenommen werden. Hierfür wäre dann wohl auch eine weitere große Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht für die Altaktionäre nötig. Doch das ist Schnee von übermorgen. Zunächst steht die Integration der AMS an und der erfolgreiche Abschluss der zweiten potenziellen Übernahme.

Bullcase vs. Bearcase

SBF bedient als europäischer Marktführer in seiner Nische einen Markt, in dem es nur wenige Großkunden und genauso wenig Wettbewerber gibt. Der Sektor ist systemrelevant und rückt zunehmend in den Fokus der Energie- und Mobilitätswende.

Das Unternehmen expandiert in angrenzende Bereiche und erhöht seine Fertigungstiefe. Die bilanzielle Gesundung ist eine Stärke in der gegenwärtigen herausfordernden Lage und der finanziell potente Mehrheitsaktionär im Rücken, der die Pläne ausdrücklich unterstützt, stellt ein zusätzliches Sicherheitsnetz dar.

Damit präsentiert sich die SBF AG einerseits als langweiliges Dornröschen, das kaum jemand kennt und dessen Börsenkapitalisierung nach der zwischenzeitlichen Kurshalbierung von 5-Jahreshoch mit 67 Mio. Euro wieder deutlich unter der für Investmentprofis wichtigen 100-Millionen-Schwelle liegt. Auf der anderen Seite wurde das Unternehmen bereits wieder wachgeküsst, auch wenn die trüben Wirtschaftsaussichten dies momentan wieder hinter einer Nebelwand verschleiern.

SBF ist in einem wachsenden und politisch stark gepushten Segment unterwegs und stößt dabei auf nur wenige Wettbewerber in seinem Kernsegment. Seine starke Marktstellung, langjährige Projektlaufzeiten und seine zunehmende Fertigungstiefe samt perspektivisch steigender Margen machen das Unternehmen attraktiv.

Als Nebenwerteinvestor hat man die Chance, vor der Herde in diesen Hidden Champion zu investieren, wobei man jedoch die Marktenge beachten und seine Orders limitieren sollte. Auf jeden Fall sollte man reichlich Geduld und einen langfristigen Anlagehorizont mitbringen, denn schnelle Erfolge und Kurssteigerungen sind nicht zu erwarten. Die Aktie ist (nur) als Depotbeimischung für risikobewusste Anleger geeignet.

Die 4 wichtigsten Dinge, die man über SBF wissen muss

  1. Europäischer Marktführer bei Decken- und Beleuchtungssystemen für Schienenfahrzeuge mit nur einer überschaubaren Anzahl an Wettbewerbern. Unerkannter Hidden Champion.
  2. Zielgerichtete Übernahmen verbreitern die Angebotspalette und Erhöhen die Fertigungstiefe. Sie bieten darüber hinaus Synergiepotenziale bei Forschung, Entwicklung, Produktion und Vertrieb.
  3. Die Übernahme der AMS dürfte den Gewinn nur vorübergehend belasten; es bleiben dauerhaft ein deutlich steigender Umsatz und ab 2024 auch Gewinnanteile.
  4. Die weltweiten Lieferengpässe für wichtige Bauteile entspannen sich zunehmend und europaweit erhöhen sich die Investitionen in den Schienenverkehr.
Disclaimer: Habe Mutares, SBF auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.

4 Kommentare:

  1. Hallo Michael,
    schöner Artikel, leider nicht so gut gealtert. Nach den Zahlen zum ersten Halbjahr ging der Kurs ordentlich herunter. Das bisherige Geschäft von SBF stagniert 2023 im Umsatz bei 35 Mio. (statt geplant 40+ Mio.) und das EBITDA wird nur noch mit 1 Mio. angesetzt. Das vor der Integration der AMS – ein Hoffnungsschimmer? Man braucht auf jeden Fall einen langen Atem. Die Nachwirkungen der Inflation und fehlende Preisanpassungsklauseln sind hier ebenso wie z. B. bei Vorwerk zu spüren.
    Auch für die gesamte Bahnindustrie wird es noch dauern, bis man auf einen grünen Zweig kommt. Ich zitiere mal Frau Stark vom Verband der Bahnindustrie vom 5.07.23:

    "(...) Statt der zusätzlichen 11 Milliarden Euro jährlich, die für ein stabiles Schienennetz nötig seien, erhöhe sich die Investitionssumme im Haushaltsentwurf nur um knapp 3 Milliarden Euro. Gleichzeitig steige der Handlungsdruck für die beschleunigte Modernisierung. So müsste Deutschland fünfmal so viel digitalisieren und doppelt so schnell elektrifizieren, um seine verkehrspolitischen Ziele auf der Schiene rechtzeitig zu erreichen. „Der Aufbruch für die Schiene ist vertagt“, so Stark. (...)"

    Meine Hoffnung: Irgendwann knallt es im Bereich Schiene und der politische Druck führt zu deutlichen Mehrinvestitionen. Vorausgesetzt: kein gelber Verkehrsminister ... oder schwarzer, oder einer aus Bayern. Naja, die Hoffnung stirbt zuletzt :P

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    1. Ich muss mich verbessern: der Schienengipfel am 15. September hat die Aussicht auf staatliche Investitionen deutlich verbessert.

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  2. Guten Abend, Michael! Nun ist genau ein Jahr vergangen, seit den letzten Nachrichten zu SBF. Hast du bitte mal ein Update wie es nun ausschaut. Kurs technisch leider tief rot.

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    1. SBF (bzw. damals noch 'Corona Equity Partner AG') hab ich 2016 ausgegraben als Turnaround-Spekulation und bei 1,07 Euro meinen Erstkauf getätigt. Das hat dann jahrelang hervorragend geklappt und sich zum Multibagger entwickelt. Seit zwei, drei Jahren ist aber der Wurm drin; es wurden vom Vorstand vollmundig zwei Akquisitionen angekündigt, als wäre man hier schon direkt auf der Zielgeraden. Doch die sind dann nie erfolgt und das wurde nie richtig kommuniziert, sondern einfach nie wieder angesprochen.

      Ungefähr seit dieser Zeit passen Anspruch und Wirklichkeit bei SBF nicht mehr richtig zusammen und es war keine klar absehbare Erfolgsstory mehr; ich bin deshalb hier schon länger nicht mehr investiert. Die durchschnittliche Jahresrendite seit meinem Erstkauf 2016 liegt bei 12,5 % - das ist noch ziemlich gut. Aber die großen Zuwächse wurde halt in den erste Jahren erzielt und in den letzten Jahren hat der Kurs ordentlich Federn gelassen.

      Beide Entwicklungen gehen ganz wesentlich auf das Management zurück, das in den letzten Jahren viel Vertrauen verspielt hat. Nicht nur hinsichtlich der vollmundigen Ankündigungen, sondern auch bezüglich der operativen Entwicklung der Geschäftszahlen. Das EBIT war 2021 noch deutlich positiv, dann kippte es. Ab dem 2. Halbjahr 2022 ging es in den roten Bereich und das Minus wurde jedes Quartal größer. Der Aktienkurs folgt diesen beiden negativen Faktoren und mir fehlt hier die Fantasie für großartige Besserungen - weil das Management an seinem fehlgeleiteten Kurs festhält, nicht umsteuert (oder ausgetauscht wird) und die allgemeinen Rahmenbedingungen bzgl. Konjunktur, Investitionsneigung, Entwicklung der Bahn auch keine positiven Reizpunkte setzen.

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