Im Rahmen meiner Kooperation mit dem "Aktien Report" von Armin Brack nehme ich mir in unregelmäßigen Abständen interessante Unternehmen und Themen vor. Die Ausgaben des "Aktien Reports" und/oder "Geld Anlage Reports" erreichen ihre Leser samstags kostenlos und "druckfrisch" per Email und man kann sich ▶ hier beim 'Geld Anlage Report' anmelden. Bonbon für die Leser meines Blogs: einige Tage später darf ich die Artikel dann auch hier veröffentlichen.
Aktien Report Nr. 139 vom 30.06.2023
Immobilienmärkte am Scheideweg: Götterdämmerung in Deutschland, Wiederauferstehung in den USA
Die Themen Wohnen und Bauen beschäftigen viele Menschen und in den letzten Monaten aus anderen Gründen als über viele Jahre zuvor. Fast eine ganze Generation von Deutschen kennt nur steigende Immobilienpreise und niedrige Zinsen, denn dies war 'das neue Normal' seit die Globale Finanzkrise in 2009 ihren Schrecken verloren hat. Doch die hartnäckige und zu hohe Inflation hat die Notenbanken auf den Plan gerufen, die in nie gekannter Geschwindigkeit ihre Zinssätze hochgeschraubt und damit dem Immobilienmarkt (fast) den Todesstoß versetzt hätten. Seit Herbst 2022 siecht der Immobilienmarkt vor sich hin mit zurückhaltenden Kaufinteressenten und fallenden Preisen.
Dabei haben die Menschen nicht etwa die Lust aufs Eigenheim verloren, sondern sie können sich diesen Lebenstraum einfach nicht mehr leisten. Denn wer zum Kauf einer Immobilie auf Fremdkapital angewiesen ist, und das dürfte der ganz überwiegende Teil der Kaufinteressenten sein, für den gibt es zwei entscheidende Stellschrauben: die Höhe des Kaufpreises und die Höhe des Zinssatzes. Am Ende steht die Gesamtbelastung, die man über viele Jahre und Jahrzehnte abbezahlen muss. Und die muss das monatliche Budget hergeben. Ob man für einen Kredit von 500.000 Euro 1 % oder 5 % Zinsen bezahlen muss, macht einen gewaltigen Unterschied: eine Differenz von 5.000 Euro zu 25.000 Euro bzw. 20.000 Euro im Jahr. Bezahlt man seine Immobilie 25 Jahre lang ab, summieren sich diese jährlichen 20.000 Euro auf 500.000 Euro auf – man bezahlt also den Kaufpreis noch einmal oben drauf! Das muss man sich leisten können – und wollen.
So dramatisch diese Zahlen aussehen, die aktuelle Situation ist das normale Normal. Fast in jeder Periode der Menschheitsgeschichte musste man für Kredit Zinsen bezahlen. Zinsen sind der Preis für das Ausfallrisiko, das der Gläubiger zu tragen hat. Und dieses Risiko war jahrelang kaum vorhanden, weil die Notenbanken extrem freigiebig mit ihrem Geld waren und damit die Märkte und die Wirtschaft geradezu überflutet hatten. Selbst windigste Geschäftsmodelle oder eigentlich schon pleitegerittene Firmen bekamen weiterhin Geld hinterhergeschmissen, zumal Cash eine Zeit lang ja sogar Strafzinsen kostete. Diese Zeiten sind nun vorbei, denn die Notenbanken drehen an der Zinsschraube und entziehen dem Markt Geld. Also wird das Geld wieder selektiver und fließt (nur) noch dorthin, wo es etwas zu verdienen gibt bei vergleichsweise geringem Risiko. Risiko kostet also wieder etwas und das ist gut so!
Aber die Kehrseite ist eben, dass sich nicht mehr jeder jede Wohnung leisten kann. Und das gilt sowohl für das Eigenheim als auch für Mietwohnungen. Denn ein „Kollateralschaden“ der dramatisch zurückgegangenen Bautätigkeit ist, dass bestehender Wohnraum knapper wird und damit nicht nur Neumieten, sondern auch Bestandsmieten kräftig zulegen. Auch das zehrt am Familienbudget, zumal die Preise für Energie, Nahrung und vieles mehr eben auch deutlich höher liegen als noch im letzten Jahr.
"Inflation ist, wenn man 15 Dollar für einen 10-Dollar-Haarschnitt bezahlt, den man früher für 5 Dollar bekam, als man noch Haare hatte."(Sam Ewing)
Mit dieser Entwicklung stehen wir in Deutschland nicht alleine da und doch scheinen sich die USA und Deutschland im Immobilienbereich zunehmend voneinander abzukoppeln. Die Nachrichtenlage bei uns ist von fallenden Immobilienpreisen geprägt, von steigenden Mieten und von massiven Kursverlusten und drohenden Pleiten bei Immobilienunternehmen. Sowohl bei Bestandshaltern im Wohn- als auch im Gewerbesektor und seit jüngster Zeit auch bei Baufirmen und Bauzulieferern. Ein Blick auf die Aktienkurse zeigt das Dilemma.
In den USA hingegen deutet sich bereits eine Trendwende an. Die Aktienkurse von Immobilienfirmen wie D.R. Horton streben neuen Höchstkursen entgegen und Opendoor oder Zillow legen kräftige Turnarounds hin – der Immobiliensektor gehört in der ersten Jahreshälfte zu den besten Sektoren in den USA. Und auch die Preise bei den Immobilien scheinen in den USA einen Boden gefunden zu haben. Etwas, wovon in Deutschland noch nicht die Rede sein kann.
Helma Eigenbau
Dem Eigenheimersteller weht der Wind kräftig ins Gesicht. Mitte Juni musste Helma – erneut – die Prognose senken und führt dies auf „das unverändert hohe Zinsniveau, die weiterhin hohen Baukosten sowie die anhaltende Inflation“ zurück, die "nach wie vor zu einer starken Kaufzurückhaltung bei privaten Erwerbern und institutionellen Investoren im Wohn- und Ferienimmobilienbereich" führe.
Basierend auf der Marktentwicklung in der ersten Jahreshälfte 2023 musste Helma seine Markteinschätzung für die kommenden Monate nach unten revidieren und geht für die zweite Jahreshälfte nicht mehr von einer wesentlichen Stärkung der Nachfrage aus. Infolgedessen wurde die Prognose von der neuen Chefin kräftig gesenkt: Für 2023 werden auf Gesamtjahressicht nun Umsatzerlöse in der Bandbreite von 220 Mio. bis 260 Mio. Euro erwartet bei einem negativen Ergebnis.
Und das war nur eine der schlechten Nachrichten. Zur Stärkung der Liquiditätslage hat Helma zuvor bereits die Dividenden gestrichen und die Analysten von Montega brachten nun sogar eine Kapitalerhöhung oder einen Debt-to-Equity-Swap (ein Tausch von Schulden in Aktien) ins Gespräch, weil Helma von einem Schuldenberg von 221 Mio. Euro erdrückt wird. Eigenkapitalmaßnahmen nach einem Kurssturz um 85 % sind eine Horrormeldung für Aktionäre, denn ihnen droht eine sehr hohe Verwässerung. Andererseits fürchten manche Anleger wohl auch schon eine drohende Pleite des Unternehmens und das wäre fraglos noch verheerender.
LEG Immobilien
LEG Immobilien ist Deutschlands zweitgrößter Vermieter und hat ebenfalls mit der neuen Lage zu kämpfen. Die Immobilienpreise fallen und damit auch die Werte der Bestandsimmobilien, an die wiederum die erheblichen Immobilienkredite geknüpft sind – als Sicherheiten.
Nun macht die LEG auf sich aufmerksam, weil sie die Jahresprognose anhebt. So soll die bereinigte EBITDA-Marge nun bei rund 80 % liegen (bisher: 78 %) und der bereinigte operative Mittelzufluss (AFFO) wird nun bei 165 bis 180 Mio. Euro erwartet (bisher: 125 bis 140 Mio.).
Das klingt erstmal erfreulich, doch der Hund hat doch ein paar Flöhe. EBITDA ist das operative Ergebnis, also vor Abschreibungen und Zinsen. Diese Kennzahl kann man bei einem hoch fremdfinanzierten Immobilienunternehmen also eigentlich vergessen! Die Abschreibung, also der Wertverlust der Bestandsimmobilien, wird für die LEG in 2023 etwa 7 % betragen. Alleine deshalb steigt die Verschuldungsquote entsprechend an (Schulden im Verhältnis zu den Sicherheiten bzw. dem Wert der Immobilien). Eine höhere Verschuldungsquote zieht aber höhere Zinsen nach sich – und das bei dem ohnehin vervielfachten Zinsniveau. Dieses trifft LEG natürlich nicht bei den Krediten, deren Konditionen festgeschrieben sind. Jedenfalls solange nicht, bis die Zinsbindung ausläuft und die Anschlussfinanzierung ansteht. Dann schlägt der Zinshammer mit voller Wucht zu! Aber im EBITDA werden die Zinsen ja auch ausgeblendet (das 'I' steht für Interest, also Zinsen). Zinsen stellen aber einen erheblichen Kostenfaktor dar für ein Immobilienunternehmen und sie auszublenden ist damit Augenwischerei. Und dann… präsentiert LEG auch noch ein „bereinigtes“ EBITDA. Die ohnehin bereits verzerrte Kennzahl wird noch um weitere Einmaleffekte geschönt – damit kann man am Ende nichts mehr anfangen!
"Wenn Firmenchefs oder Investmentbanker Kennzahlen vor Abschreibungen und Steuern, wie beispielsweise das EBITDA, als maßgeblich für den Wert einer Firma anpreisen, könnt ihr ihre Nasen wachsen sehen."
Nun wollen wir dem LEG-Vorstand natürlich nichts Schlechtes unterstellen und so schiebt er in der Meldung auch eine Erklärung nach: Die Verbesserung im AFFO sei im Wesentlichen durch zwei ungefähr gleich große Einmaleffekte getrieben. Dazu zähle eine gegenüber der Planung geringere Übergewinnbesteuerung von LEG-eigener Stromproduktion sowie eine weitere Streichung von ursprünglich geplanten Neubauaktivitäten.
Die LEG reduziert also ihre Neubauaktivitäten und spart dadurch Planungs- Entwicklungs- und Baukosten. Das Ergebnis hebt sich dadurch, aber so etwas ist natürlich keine Erfolgsmeldung, denn die erwarteten zukünftigen Mieterträge und Wertsteigerungen der neuen Immobilien lösen sich damit natürlich auch in Schall und Rauch auf.
Apropos Mieterträge. Hier wird LEG allerdings durchaus profitieren, denn die Bestands- und Neumieten steigen und erhöhen das Ergebnis. Das ist wirklich positiv – für die LEG und ihre Aktionäre, weniger für die Mieter.
D.R. Horton
Auch in den USA herrschte auf dem Immobilienmarkt in den letzten Quartalen große Unsicherheit, nachdem die Hypothekenzinsen den höchsten Stand seit 20 Jahren erreicht hatten. Es gab einige Bankzusammenbrüche und die Verschärfung der Kreditvergabestandards schränkte den Zugang zu Krediten für potenzielle Hauskäufer ein. Die höheren Zinskosten trugen das ihre dazu bei und die drohende Rezession ließ potenzielle Hauskäufer ebenfalls zurückschrecken.
D.R. Horton ist der größte Hausbauer in den USA, gemessen am Marktanteil, und hängt damit stark von diesen makroökonomischen Entwicklungen ab. Doch vielleicht ist die Talsohle bereits durschritten. Zumindest konnten die letzten Quartalszahlen positiv überraschen.
Der Quartalsumsatz des Unternehmens stagnierte im Jahresvergleich und der Betriebsgewinn sank um mehr als 30 %. Klingt nicht gerade erfolgsversprechend, aber es waren viel schlechtere Zahlen erwartet worden. Auch D.R. Horton selbst hatte schwärzer gesehen und korrigierte folgerichtig seine Erwartungen für das Gesamtjahr nach oben.
Das Unternehmen meldete einen Auftragszuwachs von 70 % gegenüber dem Vorquartal, was angesichts der Verlangsamung bei den Immobilienverkäufen bestehender Häuser überraschte. Allerdings hat die Zahl der Baubeginne und Baugenehmigungen in den letzten Monaten deutlich zugenommen und die Immobilienpreise zeigen Stabilisierungstendenzen. Dem entsprechend steigt auch die Zuversicht beim Unternehmen und den Anlegern.
Die Aktien stiegen auf 120 USD und damit ein neues Allzeithoch. Und damit steigen auch die Bewertungskennzahlen des Unternehmens auf den höchsten Stand seit 2021. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis beträgt knapp 11 und sieht damit absolut betrachtet nicht unbedingt teuer aus. Aber relativ gesehen, also im Vergleich zu seinen historischen Werten, liegt es deutlich höher als üblich. Und so stellt sich die Frage, ob nicht schon zu viel des Guten eingepreist wurde. Selbst wenn sich die Lage weiter bessert und die Geschäfte bei D.R. Horton wieder ordentlich anziehen.
Opendoor Technologies
Der führende iBuying-Spezialist der USA ist kein Unbekannter hier im Aktien Report. Als der Immobilienmarkt boomte verdienten viele Amerikaner mit Immobilien ihr Geld, indem sie Häuser günstig kauften, auf Vordermann brachten und dann mit sattem Gewinn wieder verkaufen ('House-Flipping'). Das ging solange gut, wie die Zinsen niedrig waren und Baumaterialien zu jeder Zeit und vergleichsweise preiswert zu bekommen waren. Doch diese Zeiten sind vorbei und die der Inflation folgenden starken Zinsanhebungen der US-Notenbank haben den Immobilienmarkt zum Kollabieren gebracht. In einem nie dagewesenen Tempo sind Bauvorhaben gestoppt und Kaufverträge für neue Häuser storniert worden. Das Geschäftsmodell von Opendoor erwies sich als nicht flugfähig und bescherte dem Unternehmen – und den Aktionären – kräftige Verluste.
Doch der Wind hat sich gedreht. Die Opendoor-Aktie gehört mit einem Kursplus von rund 275 % zu den Gipfelstürmern des ersten Halbjahres, wenngleich der Kurs mit 4 USD noch immer meilenweit unter den 35 USD liegt, die im Februar 2021 gezahlt wurden.
Unterlegt wird die Kursrallye durch operative Erfolge. Opendoor hat seine Aktivitäten deutlich runtergefahren, Personal entlassen und Kosten gesenkt. Zudem fokussierte man sich auf die lukrativsten Immobiliendeals und setzt auf kürzere Verweildauer der Immobilien im Bestand. Mit Erfolg: seit Wochen steigen die Bruttomargen deutlich an und Opendoor verdient operativ wieder ordentlich Geld. Obwohl der Immobilienmarkt insgesamt noch nicht ins Positive gedreht hat.
Unterm Strich dürfte Opendoor für das 2. Quartal aber noch einmal schlechte Zahlen vorlegen müssen. Hierin finden sich nämlich die letzten Verkäufe der bis Herbst 2022 viel zu teuer eingekauften Immobilien, die mit deutlichen Abschlägen verkauft werden mussten. Doch damit ist dann Schluss, der Mühlstein der Altimmobilien ist dann komplett verkauft und es zeigen sich dann nur noch die seitdem eingekauften und mit steigenden Margen verkauften Immobilien. Spätestens mit Vorlage der Zahlen zum 3. Quartal dürfte dann allen klar werden, wie konsequent und nachhaltig sich das Business bei Opendoor gedreht hat; die operative Marge dürfte mit 16 % ins 3. Quartal starten.
Beim Blick auf den Aktienkurs ist erkennbar, dass einige Marktteilnehmer dieses Szenario bereits 'spielen'. Bereits Mitte Januar gab es einen kräftigen Kurssprung, der anschließend wegen der (noch) wenig beeindruckenden operativen Ergebnisse wieder weitgehend abverkauft wurde. Selbst Ende April konnte man die Aktie noch für rund 1,30 USD kaufen und damit zu einem Drittel des heutigen Kurses. Vorschusslorbeeren? Durchaus. Aber eben auch die Erwartung eines nachhaltigen Turnarounds sowohl hinsichtlich des US-Immobilienmarkts als auch des Geschäftsmodells von Opendoor, das sich als widerstandsfähiger erwiesen hat, als ihm viele zugetraut haben.
Mein Fazit
Die großen Technologiewerte führen die Rallye an den US-Börsen an und als Thema ist Künstliche Intelligenz aktuell omnipräsent. Doch auch andernorts sind ordentliche Kursgewinne einzufahren und Renditen zu erzielen. In einem anhaltenden Bullenmarkt steigen alle Aktien, da ist es relativ einfach, Gewinneraktien herauszupicken. Der aktuelle Bullenmarkt wird von einigen wenigen Aktien angetrieben und mit vielen erzielt man bisher keine oder kaum Gewinne. Manche liegen sogar satt im Minus.
Überrenditen sind nicht selten dort zu erzielen, wo niemand hinschaut. Bei den unbeliebten und/oder in Ungnade gefallenen Werten. Die Sektoren, die gerade niemand anfassen will. Zurzeit sind das Energiewerte und eben Immobilienaktien. Wer sich hier rechtzeitig und günstig mit Aktien eindeckt, kann auf außerordentliche Kursgewinne hoffen. Aber (natürlich gibt es auch hier wieder ein Aber)… nicht jeder gefallene Engel entpuppt sich auch als Offenbarung. So manches der gestrauchelten Unternehmen übersteht die schwierige Phase nicht und driftet in die Insolvenz ab. Der Markt reinigt sich selbst. Schlimm für die betroffenen Aktionäre, aber für die übrigen Unternehmen, die sich als besser, als robuster, als solider, als effizienter erwiesen haben, ist das positiv. Und auch für den Aktienmarkt und die Gesellschaft an sich. Auch an der Börse setzen sich (nur) die Besten durch. Insbesondere jetzt, wo Geld wieder einen Preis hat, wo Risiko wieder bezahlt werden muss, und nicht jede dumme Idee mit Unmengen an Geld in den Orbit geschossen wird.
Dabei fällt mir ein, dass Softbank nun auf Künstliche Intelligenz setzen und dort Milliarden investieren will. 'To the Moon' ist also noch nicht völlig tot. Aber das ist eine andere Geschichte…
Disclaimer: Habe Opendoor auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.
Moin Michael,
AntwortenLöschennach einiger Zeit mal wieder ein Kommentar oder besser Nachfrage zu deinem Thread hier.
Ich trage mich seit geraumer Zeit mit Gedanken um Rohstoffe und Energiewerte, da diese (besonders eben die sogenannten fossilen), auf Dauer weltweit gesehen, unabdingbar sind bei dem bevölkerungswachstum gerade im Asiatisch-vorderarabischen und südamerikanischen Raum.
Zwei Fragen strategisch beleuchtet daher an dich dazu. Mal angenommen, dass sowohl Energiewerte, als auch Rohstoffwerte einen Boomzyklus in den nächsten Jahren erhalten könnten.
Warum ist nach deiner Ausführung die Gewichtung von BDCs, sowie "alternativen" - Assetmanagern so hoch, Werte aber wie Rio Tinto,Glencore,oder BHP so niedrig gewichtet, bzw kaum bis nicht präsent. Korrigiere mich da gerne, ich kenne nicht alle deine Werte und verfolge deine Beiträge eher aus der Makro-informativen Sicht.
Zudem bei den Energiewerten hattest du mal eine Vermillion Energy im Depot. Macht sie dir nach her, oder sind ähnliche Werte eher uninteressant für dich. Grade Vermillion ist ordentlich zurückgekommen.
Natürlich haben Sektoren wie: Immobilien,Chipindustrie und Tech-Plattformen wie AirBnB oder Pinterest etc grade einen Lauf. Auch und grade im Reisesektor sehe ich gute Chancen, mal abgesehen von Kreuzfahrtgesellschaften. Jedoch wundert mich deine ( wenn auch dieses Jahr gut laufender Strategie von mehr Focus auf wenige Bereiche anstelle einer breiteren Anlage in Sachen Gewichtung bei oben genannten. Hälst du von diesen Werten nichts im aktuellen Umfeld?
Und wie beurteilst du Deutschland und Europa im aktuellen Zinsumfeld und der angestrebten Ziellosigkeit der EZB? Mir kommt das im Vergleich zur FED noch schwammiger vor. Grade wenn man Kommentare der Präsidiumsmitglieder liest. Wobei ich auch finde, dass eine zu starke Hörigkeit an die weise Hand der Notenbanken als Allheilmittel selbst im Immo-Bereich das ist, was den Blick auf anderen wirtschaftliche und politische Chancen verstellen kann.
Ich hoffe es ist nicht zu kryptisch, ich lese grade Keynes und Friedman, da wird das Denken schnell mal technisch. Vielen Dank und bitte mal weiter so. Deine Gedanken liefern mir immer wieder Denkanstöße eigenes Handeln und strategische Entscheidungen zu hinterfragen. DANKE!
LG, Dagobert
Moin Dagobert,
Löschendas ist ja ein bunter Strauß an Themenfeldern, den du hier anreißt... Du liest Keynes und Friedman und das gleichzeitig? Das ist ja wie Engelchen und Teufelchen, haha.
Der Vorteil der FED ist, dass sie Geld und Wirtschaft in den USA "aus einer Hand" im Griff hat, während die EZB eine weniger homogene Herde zu versorgen hat mit durchaus sehr unterschiedlichen Entwicklungen in den jeweiligen Euro-Staaten. Und dort eben souveräne Parlamente und Regierungen, die ihre eigenen Interessen verfolgen und nicht unbedingt die besten für die EU, den Euro oder die EZB. Auch ist der Spitzenposten der EZB mit Frau Lagarde nicht gerade mit einer ausgewiesenen Finanzexpertin besetzt, sondern (rein) politisch. Das zeigt sich auch in der Qualität der Arbeit - was du als "schwammig" bezeichnet hast.
Du meinst, Energie- und Rohstoffwerte kommen bald wieder in Mode? Gut möglich, ich schaue mir Texas Pacific Land und Vermilion Energy auch immer mal wieder an und liebäugele mit einem Wiedereinstieg. Dabei ist der Rohstoffsektor ja sehr zyklisch und davon bin ich nicht so ein Freund - da muss man eigentlich auch immer Markettiming betreiben. Bei Öl und Gas (insbesondere bei TPL) sehe ich aber den noch länger anhaltenden Trend bei der Öl- und Gasnachfrage im Vordergrund, weil TPL ja nicht selber sucht und bohrt, sondern lediglich die Royalties kassiert. Das gefällt mir.
Meine hohe Gewichtung bei den Alternativen Asset Managern ist kein reines Investment in "irgendwelche Finanzwerte", sondern die investieren das Geld ihrer Mandanten ja gerade in Chancen, also auch antizyklisch in die momentan weniger angesagten Branchen. Und verdienen hieran ihre Provisionen. Das gefällt mir an dem Business, dass ich solche Experten für mich arbeiten lassen kann und an ihrer Expertise auch noch Geld verdiene.
Und es gibt einen weiteren zunehmenden Trend im Finanzsektor: die Banken werden zunehmen restriktiv bei der kreditvergabe (auch durch staatliche Regulierung) und in diese Lücke dringen alte und neue Wettbewerber vor. Geld gibt es hier nämlich reichlich zu verdienen. Insofern setze ich nicht nur auf eine Erholung im Finanzsektor, sondern auf zunehmendes Marktpotenzial - plus eine baldige Belebung der Wirtschaft.
Plattformen und KI sind halt Megatrends, die über viele Jahre große Wachstumschancen haben. Hier habe ich einige "Potenzialwerte" im Depot und aktuell geben ein paar von denen richtig Gas und werden damit zu mittelgroßen Positionen. Viele würden wohl "Gewinne mitnehmen", aber das ist eine Loserstrategie. Solange der Trend weiterhin intakt ist und das Unternehmen wächst, idealerweise bereits profitabel, sollte man an Bord bleiben. Anders gesagt: wann war bei Apple oder NVIDIA die richtige Zeit, Gewinne mitzunehmen? Verbunden mit dem Risiko, den (günstigeren) Wiedereinstieg zu verpassen?
Gar keine Erwähnung der dt. Rohstoff AG? Hätte sich angeboten, da dein letzter Beitrag dazu auch schon mehr als ein Jahr her ist :)
LöschenGut aufgepasst. ;-) Die Deutsche Rohstoff AG habe ich gerade am Wickel gehabt für die kommende Ausgabe des 'Nebenwerte Investor'; dauert also noch etwas, bis ich den Artikel auch hier veröffentlichen kann/darf. Aber die grundsätzlichen Überlegungen zu Öl/Gas und Chancen/Risiken sind ja ganz ähnlich...
LöschenHallo Michael,
AntwortenLöschenvielen Dank für den sehr informativen Artikel!
Ich weiß, dass man nicht nur auf Dividenden schauen soll (s. Deinen Artikel hier vor ein paar Monaten) - aber es ist einer von vielen Parametern, die ich mir anschaue, da mich schon interessiert, wieviel Gewinn gemacht wird und wieviel davon ausgeschütten wird - und natürlich wie sich das NAV dazu verhält.
Wie sieht es hier mit "Reality income" ()WKN: 899744) aus. Reality income schüttet monatlich aus (gut für den Zinseszins bei Wiederanlage), die Dividende ist hoch und es wir nicht mehr ausgeschüttet, als eingenommen wird ("Substanz" geht also nicht verloren). Wäre das eine Alternative?
Gruß, Reginald
Moin Reginald,
LöschenDer REIT Realty Income kann durchaus mit seinen Zahlen beeindrucken; seit dem IPO in 1994 ist man jährlich um 14,6 % gewachsen (CAGR). Ich habe mir den Gewerbeimmobilien-Spezialisten aber noch nie genauer angesehen und kann daher kein wirklich fundiertes Urteil abgeben zu den künftigen Aussichten.
Das Problem bei eigentlich allen Immobilienunternehmen ist, dass sie ihren NAV willkürlich festlegen. Er wird nicht anhand der aktuellen Marktpreise bestimmt, sondern durch "Gutachten", die einen fiktiven Verkaufs- bzw. Marktwert festlegen. Dieser wird anschließend zur Kalkulation diverser relevanter Kennzahlen verwendet, wie Verschuldungsgrad usw. In der aktuellen Marktsituation mit fallenden Immobilienpreisen, steigenden Zinsen und deutlich zunehmenden Leerstandsquoten zeigt sich dann aber auch, dass hier in der Vergangenheit oft Mondpreise angesetzt wurden - und muss jetzt eine solche Immobilien verkauft werden, liegt der Preis deutlich unter dem letzten NAV-Ansatz. Folglich muss entsprechend abgeschrieben werden. Die Angaben zum NAV/Buchwert muss man bei Immobilienfirmen also immer mit großer Vorsicht und Zurückhaltung genießen.
Das operative Geschäft (also der AFFO) ist aussagekräftiger, weil hier keine Buchwerte und keine Verkaufsgewinne einfließen, sondern rein die Mieteinahmen und die laufenden Kosten. Und genau auf die muss man sich konzentrieren: die Kosten können kaum einfach so gesenkt werden, sind also weitgehend fix. Die Einnahmen hängen von den Mietverträgen ab und davon, ob die Mieter zahlen können, ob bei Neu- oder Anschlussverträgen höhere oder niedrigere Mieten erzielt werden. Und da sieht es momentan flächendeckend eher mau aus in den USA im Bereich der Gewerbeimmobilien. Die Leerstandsquote bei Büroimmobilien im Zentrum von San Francisco liegt inzwischen bei über 30 % mit steigender Tendenz. Und das wirkt sich bei den betroffenen Immobilien natürlich auf den Wert aus. Der Substanzwert (also Steine, Ziegel, Beton) bleibt zwar gleich, aber der Ertragswert (der dauerhafte Strom an Mieteinnahmen) sinkt. Und bei REITs steht vor allem der Ertragswert im Mittelpunkt, da hieraus die Dividenden gezahlt werden. Ergänzend auch aus möglichen Verkaufsgewinnen, aber die sind eben einmalig und daher nur als Add-on zu betrachten. Wer alle Immobilien mit Gewinn verkauft, hat zwar viel eingenommen, aber seinen Ertragswert gekillt. Nachhaltig ist das nicht (auch wenn dies natürlich ein Extrembeispiel ist).
Ich hatte vor zwei Wochen W.P. Carey hier im Blog vorgestellt, der ja größere Ähnlichkeiten mit Reality Income aufweist, jedenfalls auf den ersten Blick (und abgesehen von der monatlichen Dividende bei Reality Income). Meine dort geäußerten Einschätzungen gelten auch heute noch und grundsätzlich auch für Reality Income.
Hallo Michael,
AntwortenLöschenehrlich gesagt, verstehe ich nicht, wie sich der private Immobilienmarkt in den USA nachhaltig stabilisieren könnte. Das nun zum wiederholten Male offengelegte Harakiri-Spiel der FED, die offenbar völlig jeden Bezug zur Realität verloren hat in ihrer Blase herumtollt, kann einfach nicht ohne Rückwirkung bleiben. Auftragseingang bei D.R. Horten, schön und gut, Aufträge werden auch gerne mal wieder storniert. Und das ist seit gestern Abend reales Szenario.
Der Aktienmarkt macht es ja bei jeder FED-Sitzung immer wieder vor, erst werden Hoffnungen auf Zins-Senkungen herum gereicht und dann kommt oh Wunder die große Ernüchterung, wenn die FED tatsächlich doch Zinsen erhöhen will. Ähnlich wird es den Häuslebauern auch gehen, solange die Kerninflation nicht dauerhaft bei 2% angekommen (!) ist, wird die FED weiter Amok laufen.
Opendoor muss die eingekauften Objekte auch finanzieren, was die ganze Sache immer teuerer macht. Ich verstehe nicht, wie man in einem Umfeld eigentlich zwangsweise fallender Immobilienpreise mit dem An- und Verkauf Geld verdienen kann?
Gruß
Christian
Moin Christian,
Löschendas Problem ist doch nicht ein Zinsniveau von 5 oder 6 % im Immobilienbereich, das war bis auf die letzten 10 Jahre der Normalfall. Das Problem war die kurze Zeitspanne, in der die Zinsen so kräftig angehoben wurden, quasi von 0 auf 5 % in wenigen Monaten. Das hat zur großen Verunsicherung bei den Verkäufern geführt und bei vielen Kaufwilligen die Finanzierung zerschossen. Psychologisch mussten sich Verkäufer erstmal daran gewöhnen, dass sie nach 15 Jahren Boom weniger für ihr Eigenheim bekommen, als sie sich ausgemalt hatten. Und Kaufwillige haben abgewartet, weil die Preise fielen und die zeit erstmals seit 15 Jahren für sie gespielt hat. Diese 'Irritationen' haben sich inzwischen weitgehend gelegt, alle Beteiligten haben sich auf die neue Realität eingestellt und können sie in ihre Überlegungen einbeziehen.
Und das zeigt sich in den USA deutlich. Der 'S&P CoreLogic Case-Shiller US National Home Price Index' stieg im April um 0,5 % und damit verteuerten sich die Eigenheimpreise den dritten Monat in Folge. Das deutet auf eine Erholung der Immobilienwerte hin und einen Immobilienmarkt, der sich gefangen hat. Die Nachfrage nach Eigenheimen ist weiterhin hoch (wenn auch nicht mehr so hoch wie vor einem Jahr, als sich wegen der niedrigeren Zinsen noch mehr Leute Immobilien leisten konnten), aber das Angebot ist deutlich niedriger. Sowohl beim Neubau als auch bei Bestandsimmobilien. Und wenn die Nachfrage moderat sinkt, das Angebot aber viel stärker, bleibt als Saldo eine Nachfragesteigerung - auf niedrigerem Niveau. Und genau darum geht es: der US-Immobilienmarkt stabilisiert sich und beginnt langsam wieder zu drehen. Das heißt nicht, dass er das alte Hoch wieder erreicht hat oder bald erreichen wird und auch nicht, dass die zuletzt gängigen zweistelligen Wachstumsraten bei den Preisen schnell wiederkommen. Das ist für Opendoor auch gar nicht nötig. Der Markt darf nur nicht schnell und deutlich einbrechen, dann funktioniert das Businessmodell nicht. Was das Unternehmen inzwischen gelernt hat und dann die Ankäufe drastisch zurückfährt.
Hinsichtlich der Inflation wird meines Erachtens ein entscheidendes Detail übersehen. Sowohl die FED als auch die EZB haben vor zwei, drei Jahren ihr Inflationsziel neu definiert. Abgesehen davon, dass die 2 % willkürlich gewürfelt sind, es könnten auch 3 oder 4 % sein, da gibt es keine wissenschaftlich fundierte Position, wurde damals festgelegt, dass es sich um einen mehrjährigen Durchschnittswert handelt. Das ist entscheidend. Es müssen nicht sklavisch 2 % erreicht werden, sondern 2,5 % oder 3 % wären auch okay, wenn der Durchschnittswert aus mehreren Jahren in etwa bei 2 % liegt. Und da kann argumentativ mit den Werten der letzten Jahre nahe der Nulllinie gearbeitet werden oder auch mit der Vorausschau bei fallenden Inflationsraten. Die FED hat hier einen relativ breiten Ermessensspielraum und kann innerhalb dessen ihren Handlungen immer gut erklären. Ob sie nun senkt, anhebt oder stillhält - argumentativ kann sich sich die Faktenlage immer so drehen wie sie es gerade will und braucht. Und momentan will sie hawkisch rüberkommen und als Inflationsbekämpfer. Ich gebe dir hier völlig Recht, dass sie den Bogen überspannt und nicht richtig hinsieht (und agiert). Das wird wie bei einem Bungeeseil kräftig zurückschnellen und die FED dann in 6 oder 12 oder 18 Monaten der Entwicklung in die andere Richtung hinterherlaufen. Zu spät und zu stark, so agiert die FED. Und die EZB macht es noch schlechter.
Übrigens... Opendoor sucht gerade in weiteren Regionen nach Personal, um sich dort zu etablieren. Auch das spricht dafür, dass der Markt gedreht hat und man dort wieder profitables Wachstumspotenzial sieht.