Terry Smith ist wohl der erfolgreichste Value-Investor Großbritanniens und investiert nach klaren Prinzipien und bevorzugt in die Unternehmen mit den erfolgreichsten Geschäftsmodellen. Er meint: "Je höher die Bruttomargen eines Unternehmens sind, desto besser ist es gegen Inflation geschützt. Steigende Kosten für verkaufte Güter schaden Unternehmen mit hohen Gewinnspannen nicht so sehr wie Unternehmen mit niedrigen Gewinnspannen. Und wenn ein Unternehmen hohe, konstante Bruttomargen hat, ist dies ein guter Hinweis darauf, dass es auch über einen breiten ökonomischen Burggraben verfügt."
Und bewährte ökonomische Burggräben sind angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen wichtiger denn je. Alle Unternehmen leiden unter der hohen Inflation und die Krise setzt auch den Geschäftszahlen der Qualitätsunternehmen zu, während sich der Ausblick eintrübt. Dann fallen auch die Aktien von Qualitätsunternehmen, während die Unternehmen selbst gerade dann ihre Stärken ausspielen können. Qualität zählt und zahlt sich aus. Auch wenn es sich erstmal nicht so anfühlt. Das wohlige Gefühl stellt sich eher beim neusten Hype ein, wenn man dem absolut angesagtesten neuen heißen Schiet hinterherhechelt. Hier spielt die Musik, hier treiben sich überschlagende Schlagzeilen die Kurse immer weiter in die Höhe, hier winkt das leicht verdiente Geld, hier herrscht der Gott FOMO...
FOMO? Ja, genau, the 'Fear-of-missing-out', die Angst, etwas zu verpassen. Es ist wie ein Schneeballsystem, wer zuerst kommt, fährt die fetten Gewinne ein, die letzten bezahlen sie dann. Und das ist kein neues Spiel, es läuft immer wieder nach den gleichen Mustern ab, nur dass die Spieler ausgetauscht werden. Waren es vor 30 Jahren Biotech-Aktien, folgten dann die Telekommunikations- und Internetwerte, später SaaS-Aktien, Cloud-Unternehmen, danach war 3D Druck en vogue gefolgt von autonomen Fahren, regenerativer Energieerzeugung, E-Mobilität, Wasserstoff und nun ist KI der neue Hype. Unbestritten, Künstliche Intelligenz wird unser Leben verändern und viele Unternehmen werden davon stark profitieren. Aber nicht alles, wo aktuell KI draufgeschrieben wird, hat auch mit KI zu tun. Nicht selten wird alter Wein in neuen Schläuchen verkauft.
Es wird so enden wie immer: Eine Zeit lang werden schnelle und kräftige Kursgewinne mit den neuen Hpye-Aktien erzielt, dann ebbt der Hype ab. Im Boom spielen Unternehmensgewinne und -bewertung keine Rolle, es gibt quasi kein Limit, denn 'die alten Regeln gelten nicht mehr' beim Aufbruch in eine 'völlig neue Welt'. So war es schon bei der Erfindung der Eisenbahn, der Elektrizität, des Autos und auch im Jahr 2000 während der 'New Economy', als Umsatz der neue Gewinn war. Pustekuchen! Nur wenige der Pionierunternehmen haben überlebt, die meisten gingen Pleite oder wurden von der Konkurrenz geschluckt. Einige Anleger verdienten ein Vermögen, die meisten zahlten am Ende drauf. Weil die Aktienkurse letztlich immer wieder zum Mittelwert zurückkehren und damit aus jedem Hype irgendwann die Luft rauslassen.
Wann das passiert und wie lange der Hype anhält, ist vorher nie abschätzbar. Und jeder, der nicht auf den Hype-Zug aufspringt, gilt als veraltet, zu ängstlich oder überholt. Abgerechnet wird am Schluss, wenn die Blase - wie immer - geplatzt ist. Dann werden einige Unternehmen übrig bleiben, die wirklich enorm und dauerhaft vom neuen Trend profitieren. Die sind im Voraus selten mit Gewissheit zu erkennen. Aber einige 'sichere Wetten' gibt es dennoch, wer vom KI-Boom profitieren wird: Alphabet, Microsoft, NVIDIA sind solche Unternehmen und die Aktienkurse haben bereits entsprechend reagiert. Soll man also noch aufspringen? Es ist die Liquidität, die die Aktienkurse antreibt, und momentan fließt sie mit gewaltiger kraft in den KI-Sektor. Doch so schnell wie sie kam, wird sie sich auch wieder neue Ziele suchen, wenn es woanders größere Aussichten auf Rendite gibt. Zurück bleiben dann die Anleger, die zu spät und zu teuer auf den Hype aufgesprungen sind.
Wer diesen klassischen Hype-Kreislauf umgehen möchte, der sollte einfach auf bewährte und etablierte Erfolgsunternehmen setzen, die auch in wirtschaftlich schweren Zeiten gute Geschäfte machen und ihre Stärken ausspielen können, während die Konkurrenz schwächelt. Unternehmen mit starken ökonomischen Burggräbern ('Moat') findet man in allen Branchen und manchmal auch zu besonders attraktiven Preisen. Hier sollte man dann zugreifen, denn daraus entwickeln sich beinahe sicher fette Aktiengewinne.
Die Bruttomarge ist ein wichtiger Faktor, aber auch Unternehmen mit schwachen Margen können ziemlich resilient gegen wirtschaftliche Herausforderungen und anhaltend erfolgreich sein. So wie Costco Wholesale. Der Retailer weist eine schwachbrüstige Marge von unter 2 % auf, ist aber eine wahre Erfolgsgeschichte. Weil man nicht am Verkauf der Waren verdient, sondern auf Mitgliedsbeiträge setzt und steigende Mitgliederzahlen. Amazon-Gründer Jeff Bezos sagte: "Deine Mage ist meine Chance" und Amazon disruptierte bereits viele Branchen. An Costco beißt man sich aber die Zähne aus - weil die gar keine hohen Margen haben, die Amazon einfach unterbieten kann. Auch deshalb kopiert Amazon das Costco-Erfolgsmodell mit seiner Prima-Mitgliedschaft.
Entscheidend ist der wirtschaftliche Burggraben und wie lange er zu verteidigen ist. Und dort winken dann die relativ sicheren Gewinne jenseits des Tempels von Gott FOMO. Oder wie Börsenaltmeister Andrè Kostolany es formulierte: "An der Börse muss man nicht alles wissen, nur alles verstehen. Und auch wenn man alles versteht, muss man nicht alles mitmachen".
Disclaimer: Habe Alphabet, Amazon, Costco Wholesale, Microsoft, NVIDIA auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.
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