Im Rahmen meiner Kooperation mit dem "Aktien Report" von Armin Brack nehme ich mir in unregelmäßigen Abständen interessante Unternehmen vor. Die Ausgaben des "Aktien Reports" und/oder "Geld Anlage Reports" erreichen ihre Leser samstags kostenlos und "druckfrisch" im Email-Postfach und man kann sich ▶ hier beim "Geld Anlage Report" anmelden. Bonbon für die Leser meines Blogs: einige Tage später darf ich die Artikel dann auch hier veröffentlichen.
Aktien Report Nr. 128 vom 31.03.2023
Immobilienwerte unter Wasser – Jetzt in den Immobilienmarkt investieren, ohne sich die Finger zu verbrennen (z.B. mit Blackstone Group, Hypoport oder PATRIZIA)
Die Auswirkungen der jahrelangen Nullzinspolitik der Notenbanken bekommen wir momentan an allen Ecken und Kanten zu spüren. Was uns viele Jahre lang einen unvergleichlichen Aufschwung an den Börsen und am Immobilienmarkt beschert hat, ist längst ins Gegenteil gedreht: die früher endlos und kostenlos zur Verfügung stehende Liquidität wird dem Markt entzogen und sorgt für immer stärkere Verwerfungen. Die "Assetpreis-Inflation" ist inzwischen durch eine reale Inflation ersetzt worden und die steigenden Zinsen schaffen zudem längst vergessene Alternativen zu Aktien und Immobilien: Warren Buffett nennt dies "Opportunitätskosten". Dabei geht es darum, dass man bei der Erfolgsbetrachtung jeder Geldanlage immer im Blick haben muss, was man mit alternativen Anlagen für Renditen hätte erzielen können. Gängiger Vergleichsmaßstab ist hier eine 10-jährige Staatsanleihe, die ziemlich risikolos ist, wenn man auf deutsche oder US-amerikanische setzt. Diese Staatsanleihen brachten bis vor einigen Monaten kaum Zinsen ein, daher waren Aktien und andere Assets relativ betrachtet attraktiver. Doch nun werfen die Staatsanleihen Zinsen von mehr als 3,5 % ab und das setzt konkurrierende Geldanlagen zusätzlich unter Druck, die ggf. mit mehr Risiko daherkommen und daher auch höhere Renditen abwerfen müssen, um konkurrenzfähig zu sein.
Mit Aktien erzielt man auf lange Sicht, also unter Einbeziehung sämtlicher Korrekturen und Börsencrashs, zwischen 7 und 9 % pro Jahr. Wenn risikolose Staatsanleihen nun an die 5 % abwerfen, steigt die Versuchung, lieber diese sicheren Zinseinnahmen einzustecken, als sich auf die vermeintlich riskanteren Aktien einzulassen. Auch wenn Aktien natürlich Anteile an Unternehmen sind und daher deren Geschäftsentwicklung maßgeblich ist. Im Grunde sollte der momentane Aktienkurs dem Wert entsprechen, den alle zukünftigen Gewinne des Unternehmens haben, wenn man sie auf den heutigen Tag abzinst. Bei dieser "Discounted Cashflow" genannten Methode sind die (geschätzten) künftigen Gewinne des Unternehmens eine entscheidende Stellschraube, die andere ist der verwendete Diskontierungszinssatz. Zukünftige Gewinne sind weniger wert als heutige Gewinne – dank Inflation.
In den letzten Jahren war das Zinsniveau historisch niedrig, daher wurde beim DCF auch ein sehr niedriger Rechnungszins angesetzt. Nun haben sich die Zinsen deutlich erhöht und der Rechnungszins steigt ebenfalls. In der Folge sind die künftigen Gewinne weniger wert, weil sie stärker abgezinst werden müssen. Deshalb sinkt auch der faire Wert des Unternehmens und damit seiner Aktien, was den Kurs belasten kann oder zumindest das weitere Kurspotenzial reduziert. Dieses Einpreisen der neuen Zinsrealität erleben wir seit zwei Jahren an der Börse und es betrifft grundsätzlich jedes Unternehmen, wenngleich nicht alle gleichmäßig stark.
Immobilienmarkt unter Druck
Der Immobilienmarkt ist wegen der gestiegenen Zinsen ebenfalls unter Druck. Immer weniger Menschen können sich eine neue Immobilie leisten, weil ihr Budget dies einfach nicht mehr hergibt. Bei einem Kredit von 500.000 Euro bewirkt eine Zinserhöhung um 1 % einen jährlichen höheren Zinsaufwand von 5.000 Euro. Und das Zinsniveau hat sich um fast 3 % erhöht im letzten halben Jahr – diese mehr als 1.000 Euro Mehrbelastung pro Monat können sich viele Interessenten nicht leisten. Und bei einer Finanzierungslaufzeit von 25 Jahren summieren sich die Zinsmehrkosten auf 125.000 Euro auf.
Im Umkehrschluss bedeutet dies unter ansonsten gleichen Rahmenbedingungen, dass mit dem bisherigen Budget nur noch eine Immobilie erworben werden kann, die 125.000 Euro weniger kostet. Anstelle von 500.000 also „nur“ 350.000 Euro. Nur wegen der Zinsen! Und das hat viele Kaufwillige zurückschrecken lassen, die sich die höheren Kosten zwar leisten könnten, aber nun auf sinkende Immobilienpreise warten. Und die fallen, schon seit Wochen, so dass das 4. Quartal 2022 in Deutschland das erste seit mehr als 10 Jahren mit rückläufigen Immobilienpreisen war.
Wohnungsgesellschaften auf der Kippe
Diese gesunkene Nachfrage betrifft nicht nur private Häuslebauer und Kaufwillige, sondern auch professionelle Immobilieneigentümer, wie z.B. Wohnungsgesellschaften. Die Schlagzeilen sind voll von Unternehmen in Schieflage oder Immobilien-Notverkäufen oder Dividendenkürzungen.
Erhebungen zeigen, dass Immobilienunternehmen seit vielen Jahren kaum Gewinne mit ihrem operativen Geschäft erzielen, sondern vor allem durch das Hochschreiben ihres Immobilienbestands, daran anknüpfende neue Kredite und Verkäufe aus dem Bestand. Und solange der Immobilienmarkt weiter anstieg, funktionierte dieses „Schneeballsystem“. Doch nun eben nicht mehr, denn die Immobilienwerte sinken und damit der Beleihungswert. Die kreditgebenden Banken erhöhen ihre Kreditvergabestandards und senken die Beleihungsgrenzen, was zusätzlichen Kapitalbedarf bei den Immobilienunternehmen erzeugt.
Die Politik tut ihr Übriges durch sich ständig verschärfende Energiestandards, Mietpreisdeckel, Verschärfungen beim Mieterschutz. Der Druck auf die Immobilienkonzerne nimmt auch dadurch weiter zu und legte dem Cashflow bzw. dem bei Immobilienunternehmen gebräuchlichen FFO (Funds from Operations) Daumenschrauben an.
Es bleibt nur, Immobilien zu verkaufen, während sich der Markt im freien Fall befindet und daher die Verkaufspreise unter den Erwartungen liegen oder sogar unter dem Buchwert. Womit die zugrundeliegenden Bankkredite ggf. nicht vollständig abgelöst werden können, was ja der eigentliche Zweck hinter dem Verkauf war. Alternative Geldbeschaffung bietet sich an über Kapitalerhöhungen, was nach einem Kurseinbruch nicht als besonders schlau einzustufen ist, oder die Kürzung bzw. Streichung der Dividende. Auch das erhöht das Liquiditätspolster. Und kommt bei Aktionären ebenfalls gar nicht gut an.
Die Fakten- und Gemengelage zeichnet sich schon länger ab und der Kursverfall im Sektor spiegelt dies wider. Eine Trendumkehr am Immobilienmarkt ist bisher nicht auszumachen und es könnte noch länger negative Nachrichten aus dem Sektor hageln – trotz Frühlingsanfang. Dass die Banken inzwischen ebenfalls im Feuer stehen, macht es nicht gerade besser.
Kaufen, wenn die Kanonen donnern
Die alte Rothschild-Börsenweisheit, man solle dann kaufen, wenn die Kanonen donnern, war ursprünglich auf kriegerische Auseinandersetzungen gemünzt. Aber inzwischen wird sie eher allgemein für antizyklisches Handeln in gestressten Umgebungen verwendet. Und mehr Stress als im Immobilien- und Finanzsektor findet man aktuell kaum.
Bedeutet das, man sollte jetzt bei Immobilienwerten einsteigen? Das ist vielleicht die falsche Frage, aber sie hat einen interessanten Kern. Wenn man davon ausgeht, dass sich die Inflation tendenziell wieder abschwächt, dass die Zinsen eher sinken als weiter steigen werden und dass sich der Käuferstreik am Immobilienmarkt und die damit verbundenen Preisrückgänge ihrem Ende näher sind als ihrem Anfang, könnte man sich durchaus schon entsprechend positionieren. Aber man muss deswegen nicht die offensichtlichen und noch im Feuer stehenden Aktienwerte kaufen, sondern kann sich Unternehmen herauspicken, die nicht direkt, aber doch signifikant von einer Entspannung profitieren werden.
Blackstone Group
Jaja, ich weiß, ich nerve schon wieder mit meiner Allzweckwaffe Blackstone – aber der weltweit führende Alternative Asset Manager ist eben auch eine Allzweckwaffe. Blackstone generiert Unmengen an Provisionseinnahmen, sitzt auf mehr als 100 Mrd. USD an Cash, also von Investoren zur Verfügung gestelltes Investitionskapital ("Dry Powder"), und kauft antizyklisch dort ein, wo andere panisch verkaufen und/oder aus der Not heraus ihre Assets abstoßen müssen. Blackstone profitiert also von sehr günstigen Einstiegspreisen, die künftig hohe Provisionen erzeugen oder üppige Gewinne beim Verkauf. Das gilt für Aktien, Unternehmen, Edelmetalle, Rohstoffe, Kunstwerke und vieles mehr. Und für Immobilien. Denn Blackstone ist der größte Immobilieneigentümer der Welt. Dem entsprechend profitiert das Unternehmen besonders von den aktuellen deutlichen Mietsteigerungen rund um den Globus (nicht nur in den USA und Deutschland), während es immer mehr abgestürzte Immobilienfirmen, darunter auch REITs, aufkauft.
Blackstones Gründer und CEO Stephen A. Schwarzman hat dies jüngst konkret angesprochen:
"Börseneinbrüche sind kein Spaß, aber sie bilden die Grundlage für enorme zukünftige Profite. (…) Volatilität ist letztlich positiv für unser Geschäft. Die Geschäfte, die wir in diesem schwierigen Umfeld tätigen, legen den Grundstein für potenziell bedeutende zukünftige Ausschüttungen."(Stephen A. Schwarzman)
Die Börse traut dem Braten nicht und schaut vor allem auf die sinkenden Gewinne. Blackstone hat fast 1.000 Mrd. USD an Assets under Management und dem entsprechend wirken sich die gesunkenen Bewertungen auch auf den Blackstone-Bestand aus. Diese Wertveränderungen fließen in die Gewinn- und Verlustrechnung ein und vermiesen dort das Ergebnis. Obwohl die Assets nicht veräußert wurden! Und sobald die Bewertungen wieder steigen, führt dies zu auszuweisenden Gewinnen – und auch diese wurden dann nicht realisiert. Jamie Dimon, CEO von JPMorgan Chase, nannte diese erst vor einigen Jahren in den USA eingeführte neue Bilanzierungspraxis mal "Fake-Profite" und die JPM-Quartalsberichte seien deshalb inzwischen weniger wert als die Tinte, mit der sie unterzeichnet würden. Deutliche Worte und das ganz zu Recht! Für Anleger gilt, dass sie sich von den heftigen Schwankungen der Gewinne aufgrund der "Fake-Profite" (und entsprechend "Fake-Verluste") nicht kirre machen lassen sollten. Die Entwicklung im operativen Business ist die Luxusbulette am Buffet, das rät auch Börsenaltmeister Warren Buffett ständig.
Hypoport
Die börsennotierte Hypoport SE ist eine Dachgesellschaft für ein Netzwerk von mittlerweile 20 Technologieunternehmen aus der Kredit-, Immobilien- und Versicherungswirtschaft. Hypoport hat seine Aktivitäten in vier Segmente unterteilt: Kreditplattform, Privatkunden, Immobilienplattform und Versicherungsplattform. Davon ist die Kreditplattform, unter der Hypoport mit dem internetbasierten B2B-Kreditmarktplatz EUROPACE die größte deutsche Plattform zum Abschluss von Immobilienfinanzierungen, Bausparprodukten und Ratenkrediten betreibt, mit großem Abstand die wichtigste: ein vollintegriertes System vernetzt eine Vielzahl von Banken und Versicherungen mit mehreren Tausend Finanzberatern und ermöglicht so den schnellen, direkten Vertragsabschluss.
EUROPACE richtet sich nicht an Kreditkunden (Business-to-Consumer) und ist damit keine Vermittlungsplattform wie Verivox oder Check24, sondern EUROPACE ist die Kreditvermittlungsplattform der Banken und Finanzvermittler (Business-to-Business). Hierin liegt der große Erfolgsschlüssel, denn EUROPACE tritt nicht als Konkurrent zu den Banken auf, sondern als deren Dienstleister, als deren Werkzeug. EUROPACE ist unangefochtener Marktführer in Deutschland, weit vor Interhyp, und profitiert vom Konsolidierungs- und Kostendruck im Bankensektor. In den letzten Jahren und auch in den letzten Monaten und Wochen, hat EUROPACE immer weiter Marktanteile hinzugewonnen.
Das Segment Privatkunden vereint mit dem internetbasierten und ungebundenen Finanzvertrieb Dr. Klein Privatkunden AG und dem Verbraucherportal Vergleich.de alle Geschäftsmodelle, die sich mit der Beratung zu Immobilienfinanzierungen, Versicherungen oder Vorsorgeprodukten direkt an Verbraucher richten, also klassisches B2C-Geschäft. Vergleich.de vertreibt über Onlinevergleiche Finanzprodukte aus den Kategorien Immobilienfinanzierungen, Konsumentenkredite und einfache Bankprodukte, wie zum Beispiel Tagesgeldkonten.
Das Segment Immobilienplattform bündelt seit 2018 alle immobilienbezogenen Aktivitäten der Hypoport-Gruppe außerhalb der privaten Finanzierung mit dem Ziel der Digitalisierung von Vermarktung, Bewertung, Finanzierung und Verwaltung von Immobilien.
Schon seit 1954 ist die Dr. Klein Wowi Finanz AG wichtiger Finanzdienstleistungspartner der Wohnungswirtschaft und von gewerblichen Immobilieninvestoren. Der Geschäftsbereich unterstützt seine institutionellen Kunden in Deutschland ganzheitlich mit kompetenter Beratung und maßgeschneiderten Konzepten im Finanzierungsmanagement, in der Portfoliosteuerung und zu gewerblichen Versicherungen. In dieses Segment hat Hypoport in den letzten Jahren viel Geld investiert, auch für Zukäufe wie FIO oder Value, um die Systeme in sein eigenes Netzwerk zu integrieren und so über seine Plattform in Zukunft den vollen Immobilienerwerbsstrang abzubilden. Dem Kunden werden dann alle erforderlichen Zwischenschritte zwischen seiner Kauf- oder Verkaufsentscheidung und der Übergabe der Immobilie abgenommen. Ziel ist der Rundumservice aus einer Hand mit so wenig Aufwand und Aufregung für den Kunden wie möglich. Hypoport wiederum will an all diesen ohnehin notwendigen Zwischenschritten verdienen, diese aber so effizient gestalten, dass sie den Kunden am Ende weniger kosten, schneller ablaufen und weniger Stress verursachen.
Das zweite große Investitionsfeld der Hypoport-Gruppe ist das seit 2017 bestehende Segment Versicherungsplattform. Hierin sind alle Aktivitäten der Hypoport-Gruppe in der Versicherungstechnologie vereint. Das Segment Versicherungsplattform betreibt mit SMART INSUR eine internetbasierte B2B-Plattform zur Beratung, zum Tarifvergleich und zur Verwaltung von Versicherungspolicen. Zudem werden dem Segment auch der Versicherungsbereich der B2B-Vertriebsgesellschaft Qualitypool GmbH sowie die digitale Plattform ePension für die Verwaltung betrieblicher Vorsorgeprodukte zugeordnet. Auch hier richtet sich der Fokus auf Versicherungsvermittler und –makler, nicht auf die Versicherten, die Check24 oder Verivox ansprechen. Hypoport möchte mit SMART INSUR den Erfolg von EUROPACE kopieren, aber das klappt bisher nicht wirklich. Der Versicherungsmarkt ist sehr zersplittert und die Konkurrenz, u.a. durch JDC Group und Netfonds, stark.
Bis vor einem halben Jahr haben die starken Einnahmen der Kreditplattform die Investitionen in die neuen Zukunftsfelder quersubventioniert. Doch das ist Geschichte. Der unvergleichliche Einbruch am Immobilienmarkt führte zu einem starken Absturz bei der Kreditnachfrage, so dass das Volumen, das über EUROPACE abgewickelt wurde, kräftig implodierte. Inzwischen hat es sich auf einem Niveau von rund 4 Mrd. Euro pro Monat stabilisiert, aber das liegt viel niedriger als in den erfolgsverwöhnten Vorjahren.
Hypoport hat reagiert und kräftig Kosten gesenkt, indem Investitionen aufgeschoben wurden und zuvor für die Expansion angeworbenes Personal freigesetzt wurde. Das erzeugte im 4. Quartal Einmalaufwand, verbessert aber die Ergebnisse in 2023. Dennoch liegen die Erwartungen meilenweit unter denen der Vorjahre. Andererseits hat dies der Aktienkurs auch schon merklich eingepreist, denn das Rekordhoch von 600 Euro liegt viermal so hoch wie der aktuelle Kurs von 125 Euro. Und im letzten Herbst war der Kurs sogar schon mal unter die Marke von 90 Euro abgetaucht.
Sobald sich also der Immobilienmarkt wieder erholt und die Transaktionen wieder anziehen, wird das über EUROPACE vermittelte Volumen schlagartig anspringen und damit auch die Provisionserlöse von Hypoport. Die aktuell ambitioniert wirkende Bewertung wäre dann Schall und Rauch und ließe wieder deutlich höhere Kurse zu. Und an Fantasie fehlt es bei dem FinTech-Pionier ohnehin nicht.
PATRIZIA
Die PATRIZIA SE ist ein deutscher Asset Manager und verwaltet Fonds mit der Spezialisierung auf Immobilien und Infrastruktur-Investments. Das Unternehmen wurde 1984 gegründet und wird auch heute noch von Gründer und Mehrheitsaktionär Wolfgang Egger geführt. In dieser Zeit wandelte es sich vom Bestandshalter zum Verwalter fremder Vermögen und erzielt ihre Einnahmen nicht mehr aus Mieten, sondern aus verschiedenen Provisionsflüssen. Zu den Kunden von PATRIZIA zählen 500 institutionelle Investoren, darunter Staats- und Pensionsfonds, Versicherer, Banken und Family Offices. Ferner umfasst die Kundenbasis über 6.000 private und (semi-) professionelle Investoren.
Das Unternehmen generiert auf vier Arten Einnahmen. Den größten Betrag spielen Managementgebühren ein für die Verwaltung der Investorengelder in den vielen Fonds; 2021 waren es 209 Mio. Euro. Die zweite Quelle sind Performancegebühren, die an die Entwicklung der Fondswerte geknüpft sind; 2021 erlöste man hiermit 85,9 Mio. Euro. Daneben fallen erfolgsabhängige Transaktionsgebühren an, die 2021 51,4 Mio. Euro zum Ergebnis beisteuerten. Und schließlich fließen Erträge aus den Eigeninvestments in den Fonds; 2021 waren dies immerhin 12,6 Mio. Euro.
Während die Managementgebühren relativ stetig fließen, da sie an das verwaltete Vermögen (die Assets under Management) geknüpft sind, hängen die Performance- und die Transaktionsgebühren von der Marktentwicklung ab – in 2022 war hier also deutlich weniger zu verdienen als in den Vorjahren. Die Erträge aus den Eigeninvestments hingegen sind wiederum ziemlich stetig, da sie sich überwiegend aus Mieterlösen speisen.
Es gilt allerdings noch einen weiteren Faktor zu berücksichtigen. Die meisten Wettbewerber vereinnahmen die Performance-Gebühren bereits anteilig während der Laufzeit, während PATRIZIA diese erst am Ende abrechnet. Insofern sieht die zwischenzeitliche Ertragskraft von Patrizia etwas schlechter aus, während am Ende hohe einmalige Provisionen generiert werden. Alleine aus diesem Umstand heraus schwanken die Ergebnisse von Patrizia stärker.
Geografisch liegt der Fokus von PATRIZIA mit 89 % des verwalteten Vermögens klar auf Europa, wobei auf Deutschland 53 % der investierten Gelder entfallen. UK & Irland steuern 6 % bei, Frankreich & Belgien ebenfalls 6 %, die Nordischen Länder 5 %, ebenso Australien, die Niederlande 4 %, Italien und Spanien jeweils 3 %. Als Rest bleiben 9 %, darunter auch die USA.
Der Schwerpunkt liegt auf Gewerbe- und Wohnimmobilien. Im Bürosegment sind 30 % des Portfolios investiert, in Wohnraum 26 %, auf Industrie entfallen 13 %, weitere 12 % auf Einzelhandelsimmobilien und ebenso viel auf Infrastruktur. Hotels und Kliniken sind mit jeweils 2 % eher untergeordnet präsent. Das noch recht junge Themenfeld Infrastruktur soll einen neuen Investitionsschwerpunkt darstellen und perspektivisch auf bis zu 30 % des Portfolios anwachsen. Insbesondere das Trendthema „Smart Cities“ spielt hier eine Rolle und die jüngsten Akquisitionen von PATRIZIA fanden in diesem Bereich statt.
Der gesamte Immobilienmarkt ist angespannt, das gilt auch für Wettbewerber. PATRIZIA ist seit Jahren europaweit aktiver Konsolidierer in diesem Bereich und kann aufgrund seiner soliden Bilanz und geringen Verschuldung bei Chancen zugreifen. Mit Assets under Management von 57 Mrd. Euro ist man kein kleiner Player mehr, allerdings im Vergleich mit den großen Adressen wie Blackstone, KKR oder Carlyle auch kein Schwergewicht. Wobei diese sich nicht überwiegend auf den Immobiliensektor konzentrieren.
Mein Fazit
Der Immobiliensektor steht im Feuer, es gibt Pleiten und Probleme und ein Ende des Dramas ist noch nicht abzusehen.
"Die besten Schnäppchen gibt es immer in angsteinflößenden Umgebungen."(Howard Stanley Marks)
Howard Marks ist ein Deep Value Investor und auf 'Investments in Stresssituationen' spezialisiert. Seine Investmentfirma Oaktree hat er übrigens vor einiger Zeit mehrheitlich an den kanadischen Alternative Asset Manager Brookfield verkauft. 'Marks Memos' sind viel beachtet und Warren Buffett adelte Marks mit der Aussage, seine Memos seien das erste, was er lese, sobald sie in seinem Postfach auftauchen.
Dem antizyklischen Ansatz von Marks folgend, sollten sich Anleger also im Immobilien- und Bankensektor umsehen und auf Schnäppchenjagd gehen. Dabei kommt es darauf an, nicht nur billig einzukaufen, sondern Qualität billig zu kaufen. Denn "ein Schnäppchen, das ein Schnäppchen bleibt, ist kein Schnäppchen", warnte Martin Whitman. Anleger, die in den letzten Jahren oder sogar Jahrzehnten auf vermeintliche Schnäppchen wie die Deutsche Bank, die Commerzbank oder Mercedes Benz (zuvor Daimler) gesetzt haben, können ein Lied davon singen. Über Jahrzehnte keine positive Rendite – und das in Zeiten extrem stark gestiegener Börsenkurse. Buffetts 'Opportunitätskosten' treiben uns hier zusätzlich die Tränen in die Augen.
Also suchen wir (nur) Qualitätswerte mit soliden Cashflows, starkem Geschäftsmodell und perspektivisch steigenden Gewinnen und wachsenden Branchen. Bei Blackstone, Hypoport und PATRIZIA dürften Anleger hier fündig werden, jedenfalls wenn sie etwas Geduld mitbringen und auf mittlere und lange Sicht investieren. Alles andere ist Spekulation…
Disclaimer: Habe Blackstone, Hypoport, PATRIZIA auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.
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