Freitag, 21. April 2023

Hypoport im Earnings-Quickcheck Q1/2023

In meinen "Earnings-Quickchecks" schaue ich mir die aktuellen Geschäftszahlen der Unternehmen an und unterziehe sie einem kurzen Abgleich mit meinem Investmentcase.

Heute nehme ich mir Hypoport vor. Der Plattformbetreiber für Immobilienkredite und Versicherungen hat soeben seine Zahlen für das 1. Quartal 2023 vorgelegt und die Anleger reagieren verschnupft. Nicht zum ersten, aber vielleicht zum letzten Mal...

Die Hypoport SE ist eine Dachgesellschaft für ein Netzwerk von mittlerweile 20 Technologieunternehmen aus der Kredit-, Immobilien- und Versicherungswirtschaft. Hypoport hat seine Aktivitäten in vier Segmente unterteilt: Kreditplattform, Privatkunden, Immobilienplattform und Versicherungsplattform. Davon ist die Kreditplattform, unter der Hypoport mit dem internetbasierten B2B-Kreditmarktplatz EUROPACE die größte deutsche Plattform zum Abschluss von Immobilienfinanzierungen, Bausparprodukten und Ratenkrediten betreibt, mit großem Abstand die wichtigste: ein vollintegriertes System vernetzt eine Vielzahl von Banken und Versicherungen mit mehreren Tausend Finanzberatern und ermöglicht so den schnellen, direkten Vertragsabschluss. EUROPACE war bisher der Umsatz- und Ergebnistreiber, doch seit dem massiven Einbruch am Immobilienmarkt aufgrund der starken und schnellen Zinsanhebungen durch die EZB ist der Lack ab.

Zahlen zum 1. Quartal 2023

Das Transaktionsvolumen auf Hypoports Kreditplattform Europace entsprach mit 16,5 Mrd. Euro im 1. Quartal nur noch etwa der Hälfte des Volumens aus dem letzten Jahr. Selbst der kleine Lichtblick, dass es im Vergleich zum 4. Quartal 2022 immerhin ein Plus von 7 % gab, beruhigte die Anleger nicht und sie drücken auf den Verkaufsknopf. Aus meiner Sicht völlig unverständlich!

Zum Einen ist völlig klar, dass eine Beruhigung bei der Immobilienfinanzierung Zeit benötigen wird, denn die Inflation ist weiterhin hoch, wenn auch inzwischen fallend. Und die EZB wird wohl noch ein, zwei Mal an der Zinsschraube drehen, was Immobilienfinanzierungen verteuern und damit den Druck auf die Immobilienpreise hoch halten wird. Hypoport-CEO Ronald Slabke meinte, es werde vier bis acht Quartale nach dem Start der Käuferzurückhaltung im vergangenen Sommer dauern, um wieder zu einem "normalisierten Niveau" zurückfinden. Dem steht ein Einbruch um 50 % gegenüber.

Wirklich? Nur auf den ersten Blick. Denn Slabke hatte bereits vor einigen Monaten erklärt, dass sich das Transaktionsvolumen auf EUROPACE zwar deutlich verringert hätte in der zweiten Jahreshälfte 2022, aber sich zum Jahresende auf einem Niveau von rund 4 Mrd. Euro eingependelt hätte. Bodenbildung also. Dabei war das 3. Quartal 2021 noch besonders stark gewesen und das ist die Vergleichsbasis: das 3. und 4. Quartal 2021 und das 1. und 2. Quartal 2022. Die waren besonders erfolgreich und die aktuellen Zahlen müssen sich an ihnen messen. Daraus resultiert eine Reduzierung von 50 %.

Meine Einschätzung

Aber... dieses Minus von 50 % wird nicht anhalten, das "wächst sich raus". Denn ab dem 3. Quartal 2023 wird mit dem bereits schwächelnden 3. Quartal 2022 verglichen und das Minus damit erheblich kleiner ausfallen. Das ist bekannt und zwar schon seit Wochen und Monaten. Insofern kann man über die Reaktion der Anleger auf die vorgelegten Zahlen nur den Kopf schütteln, denn die entsprechen völlig den Erwartungen. Sofern man ein bisschen mitgedacht und die Entwicklung des Marktes in den letzten sechs Monaten zumindest halbwegs wach wahrgenommen hat.

Es gibt auch Positives: Hypoport hat Kosten reduziert und das wird sich in den nächsten Zahlenwerken zunehmend positiv bemerkbar machen. Zudem hat EUROPACE weitere Marktanteile hinzugewonnen und sobald sich das Finanzierungsvolumen wieder erholt, werden dadurch die Provisionserlöse von Hypoport überproportional ansteigen.

Hypoport ist damit eine attraktive Wette auf eine Erholung des Immobilienfinanzierungsmarkts. Die Aktie hat rund 75 % von ihrem vormaligen Allzeithoch korrigiert, während der operative Rückgang "nur" 50 % beträgt. Milchmädchen würden diese Rechnung lieben und das sich daraus abzuleitende Kurspotenzial. Für alle anderen könnte die Faustformel reichen, dass der unangefochtene Marktführer in Deutschland in gar nicht allzu weiter Ferne wieder auf seinen Wachstums- und Erfolgskurs umschwenken wird. Man kann heute schon die Aktie kaufen und muss dann Geduld mitbringen, oder man wartet die Entwicklung ab und steigt später ein - zu vermutlich deutlich höheren Kursen. Aber das bleibt abzuwarten. Denn wie merkte schon Mark Twain süffisant an: "Prognosen sind schwierig, besonders, wenn sie die Zukunft betreffen". Na denn... ツ


Disclaimer: Habe Hypoport auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.

7 Kommentare:

  1. Weitgehend sinnlose "Analyse", wenn da nicht mal erwartete Kennzahlen für Q1 oder die aktuelle Bewertung von Hypo diskutiert werden...Hypo ist aktuell mit einem 50-fachen (!!!) KGV bei sinkenden Umsätzen und Erträgen bewertet. Und die Gewinnschätzungen sind immer noch zu hoch, überhaupt wird die Gewinnzone in diesem Jahr schwer zu erreichen sein, daher noch viiiiel Luft im Kurs...meine Meinung.

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    1. Bin seit Januar 23 dabei und habe ein Plus von 16 %.
      Herz...was will man mehr..

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  2. Danke wie immer für deine Einschätzung. Die Beurteilung von Stefan Waldhauser hast du sicherlich auch gesehen. Vielleicht blickt er einfach mit einem anderem Zeithorizont.

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  3. Windsurfer21.04.23, 19:02

    Mhh, ich glaube es geht noch weiter runter. Momentan erlebe ich folgende Situation: die Häuser die angeboten werden kosten noch annähernd das gleiche wie vor der Krise, obwohl sie aufgrund der Vervierfachung der Zinsen ungefähr 40-50% weniger kosten müssten - wenn man 20% EK unterstellt.
    Zu den aktuellen Preisen kann sich keiner ein Eigenheim leisten. Damit ist der Markt im totalen Stillstand solange die Anbieterseite nicht deutlich mit den Preisen runtergeht.
    Grüße
    Windsurfer

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    1. Neubauten sind noch teurer geworden, entsprechend also auch seltener eine Option. Auf der anderen Seite erleben wir starke Lohninflation (siehe aktuelle Tarifverhandlungen und Streiks, Arbeitskräftemangel etc.). Wenn die Leute mehr verdienen, fällt der Preiseffekt weniger ins Gewicht. Die Nachfrage nach Wohnimmobilien und die strukturellen Trends, warum Leute Immobilien kaufen sind weiterhin ungebrochen - es hapert "nur" an der teureren Finanzierung zu weiterhin hohen Preisvorstellungen. Die Zeit wird es regeln.
      Jedenfalls machen 40-50% niedrigere Immobilienpreise keinen Sinn, wenn man an die Wiederbeschaffungskosten, den generellen Mangel (Immigration usw.) und die Inflation (alles wird inflationiert, nur Immobilien sollen sich im Preis halbieren?) denkt.

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  4. Windsurfer22.04.23, 22:54

    am Ende geht es darum, dass man es sich leisten können muss. Und wenn die Miete nur 3% vom Kaufpreis beträgt, ist es bei 4% Zinsen niemals nur annähernd lukrativ das Haus zu kaufen.
    Und die Inflation wurde bei den Immobilien durch die letzten 10 Jahre bereits vorweggenommen!
    Wer heute zu den alten Preisen kauft, kann nur auf zukünftige Inflation im Hohen einstelligen Bereivh spekulieren. Aber ob diese Inflation die nächsten Jahre so anhält, weiß man meines Erachtens nicht. Das

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  5. Gut drei Monate und eine Umsatz- und Gewinnwarnung später notiert Hypoport statt bei 133 bei 173 Euro und damit satte 30 % höher. Meine Einschätzung von Mitte April halte ich aufrecht: "Hypoport ist eine attraktive Wette auf eine Erholung des Immobilienfinanzierungsmarkts".

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