Kursgewinne satt im Januar, wohin man auch sieht. Nach dem schlechtesten Börsendezember seit fast 100 Jahren, der eines der schlechtesten Börsenjahre aller Zeiten abschlossen hatte, ging es im Januar fast überall bergauf. Bärenmarktrallye oder Start eines neuen Bullenmarktes?
Internationale Investoren zogen massiv Geld aus den US-Investments ab und schichteten um; entsprechend stark präsentierte sich auch der Euro, so dass US-Aktien aus Sicht deutscher Anleger gleich doppelt Gegenwind bekamen: von der Liquiditäts- und der Währungsseite. Ebenso ist zu beobachten, dass die Ende 2022 noch einmal besonders niedergeknüppelten Aktien zum Jahresstart zum Rebound ansetzen. "Window-Dressing" funktioniert in beide Richtungen. Die "Dogs of the Dow-Strategie" basiert auch auf diesem Prinzip. Und auch meine Wikis spiegeln diese Trend im Januar wider...
Die bestimmenden Themen sind die gleichen geblieben: Inflation, Zinspolitik der Notenbanken, Ukraine-Krieg, (drohende) Rezession.
Inzwischen haben fast alle Indikatoren wieder gedreht und laufen teilweise seit Wochen auf sinkenden Preise/Preisdruck und damit nachlassende Inflation zu. Die Notenbanken haben den Fuß etwas von Gas genommen und die Zinsen "nur" noch 0,5 % angehoben statt an den 0,75 %-Schritten festzuhalten. Inzwischen klingen sie geradezu moderat und es gibt einige Marktbeobachter, die für die anstehenden Zinsrunden nicht einmal mehr 0,50 % erwarten, sondern nur noch zwei 0,25 %-Schritte bis zum Peek der Zinswende Mitte des Jahres.
So oder so, die US-Wirtschaft zeigt sich weiter robust und trotz zunehmender Entlassungen hält sich der Arbeitsmarkt stabil. Ohne die gefürchtete Lohn-Preis-Spirale auszulösen, vor der die Fed so große Angst hat(te). Entsprechend erhöhen die Wirtschaftsforscher auch die 2023er Prognosen für Europa und die USA; sie gehen nicht mehr von einer Rezession aus, sondern von moderatem Wachstum.
Die Börsenentwicklung
Der Januar ist gut gelaufen, die erhoffte Jahresanfangsrallye bringt nur grüne Vorzeichen mit sich
• Dow Jones: +1,28 % (YTD: +1,48 % // 1 Jahr: -1,86 %)• S&P 500: +3,32 % (YTD: +4,37 % // 1 Jahr: -9,67 %)• NASDAQ: +8,08 % (YTD: +8,53 % // 1 Jahr: -17,77 %)• DAX: +8,34 % (YTD: +8,37 % // 1 Jahr: -3,21 %)• MDAX: +13,64 % (YTD: +13,71 % // 1 Jahr: -14,71 %)• SDAX: +11,89 % (YTD: +11,89 % // 1 Jahr: -13,48 %)• TecDAX: +10,16 % (YTD: +9,50 % // 1 Jahr: -8,73 %)
Deutsche Aktien haben sich viel besser geschlagen als ihre US-Pendants, doch während hierzulande vor allem Small- und Midcaps besonders gut liefen, waren es in den USA die Wachstumswerte. Passend zu den gebremsten Zinserhöhungserwartungen erkennt man eine "Rückkehr zum Risiko". Klar, Wachstumswerte sind seltener profitabel und auf externes Geld angewiesen. Je höher die Zinsen steigen, desto beschränkter sind ihre Wachstumsaussichten. Und das wurde seit 2021 gnadenlos in die Kurse eingepreist - nun scheint die Trendwende oder zumindest eine Entspannung zu erfolgen. Beim Blick auf die meisten Charts liegen die Werte dennoch zumeist leinenweit unter ihre Höchstanden.
Entwicklung meiner Wikifolios
Soweit mein kurzer Monatsrückblick. Jetzt kommen wir zur Entwicklung meiner drei Wikis:
Kissigs Nebenwerte Champions ▶ zum Wiki
Investiertes Kapital: 2.032.100,- EUR
119,21 (30.12.22: 111,91)
Rendite seit Start am 19.08.20: +20,2 %
Rendite 1 Monat: +7,4 %
Rendite in 2023: +7,4 % (YTD)
Rendite in 2022: -24,9 %
Rendite in 2021: +17,3 %
Rendite in 2020: +27,0 % (ab 19.08.)
Das Wiki hat damit seine hohen Dezemberverluste wieder komplett eingespielt. Ich habe seit Weihnachten das Wiki auf 2023 ausgerichtet und etwas umgeschichtet. GK Software, INDUS Holding und Kontron (ehemals S&T) sollten vor erfreulichen Entwicklungen stehen und sind daher neu im Wiki. Dafür habe ich andernorts Gelder freimachen müssen und habe bei Energiekontor reduziert wegen der endlosen Debatte um die Übergewinnsteuer, bei PNE den Anteil nochmals verkleinert auf einen reinen Übernahmepoker-Bestand (der hat sich zuletzt ja gegenläufig entwickelt) und Friedrich Vorwerk habe ich komplett glattgestellt, weil ich wenig berauschende Ergebniszahlen für Q4/22 erwartetet habe - so negativ allerdings nun nicht und ich halte einen 40 %-Absturz für übertrieben. Zudem habe ich Vermillion Energy verkauft, meinen Hedge gegen einen Gasnotstand in Europa, denn momentan fallen die Gaspreise auch dank der ungewöhnlich milden Temperaturen. Mal sehen, wie es hier 2023 weitergeht... Und mutares habe ich zum Jahresanfang aufgestockt; der Sanierungsspezialist ist nun die größte Position im Wiki.
Kissigs Quality Investments ▶ zum Wiki
Investiertes Kapital: 719.300,- EUR
90,06 (30.12.22: 88,11)
Rendite seit Start am 13.08.20: -9,5 %
Rendite 1 Monat: +2,7 %
Rendite in 2023: +2,7 % (YTD)
Rendite in 2022: -33,9 %
Rendite in 2021: +24,0 %
Rendite in 2020: +7,0 % (ab 13.08.)
Wenig Bewegung im meinem Quality Investments-Wiki. Intuit habe ich etwas reduziert und vor den Quartalszahlen auch den Microsoft-Bestand: ich wollte etwas Liquidität im bis dahin voll investierten Wiki schaffen, falls sich bei einer negativen Überraschung eine Gelegenheit bietet. Und die habe ich bei LendingClub gesehen, die nach den Quartalszahlen eingebrochen sind. LendingClub ist nun eine der Top-Positionen im Wiki, aber auch die spekulativste.
Mehr Infos: "Die Analysen zu LendingClub gehen im Moment weit auseinander. Weshalb haben Sie weiter aufgestockt?"
Kissigs Turnaround-Spekulationen ▶ zum Wiki
Investiertes Kapital: 73.900,- EUR
62,03 (30.12.22: 56,06)
Rendite seit Start am 12.10.21: -37,5 %
Rendite 1 Monat: +11,5 %
Rendite in 2023: +11,5 % (YTD)
Rendite in 2022: -38,1 %
Rendite in 2021: -9,4 % (ab 12.10.)
Mit meinen Turnaround Spekulationen bin ich bisher weit im Minus, da kann auch das zweistellige Plus im Januar (noch) nichts richten. Erfreulich ist es aber allemal. Wie bereits beim letzten Mal berichtet, habe mich von Shop Apotheke Europe und SHS Vision getrennt und habe auch bei Kion Group den bestand etwas reduziert nach dem Zwischenspurt. Neu an Bord sind nun Patrizia und Opendoor Holdings; beides sind Spekulationen auf eine Bodenbildung und anschließende Erholung am Immobilienmarkt.
Ende, aus, vorbei...
Es war ein außergewöhnlicher und emotional fordernder Monat, nicht nur Börsenneulinge. Ich bedanke mich an dieser Stelle wieder bei allen Anlegern, die mir mit ihren Investments das Vertrauen aussprechen und in die drei Wikis zusammen gut 2,816 Mio. EUR investiert haben. Das sind 140.000 EUR mehr als vor einem Monat .
Meine durchschnittliche jährliche Zielrendite ist 15 % und die wird in diesem Jahr kaum noch zu erreichen sein. Hinsichtlich meines "operativen Net Worth" habe ich in den letzten acht Jahren sechs Jahre mit Renditen zwischen 22 % und 37 % angeschlossen, während 2018 knapp 10 % Verlust einspielte. Und 2022 toppte dies mit -16,75 %; mein schlechtestes Jahresergebnis der letzten 20 Jahre (in 2000 habe ich prozentual noch deutlich mehr versenkt, aber mit einen deutlich kleineren Depot). 2023 steht mit +12,85 % bisher sehr gut dar, aber da fließen ja auch noch die operativen Ergebnisse meiner Firma und mein privates Budget mit ein.
Disclaimer: Habe die genannten Werte auf meiner Beobachtungsliste und/oder in meinem Depot/Wikifolio.
Hallo Michael,
AntwortenLöschenVielen Dank für dein Update. Du schreibst, das du Vorwerk „glatt gestellt hast“. Was bedeutet das? Komplett verkauft? Bin dort auch bei dir - den Abverkauf halte ich für übertrieben. Aktie habe ich nicht verkauft.
Viele Grüße Kai
Moin Kai,
Löschenrichtig ich hatte im Wiki die Friedrich Vorwerk-Aktien verkauft, das kann man ja im Verlauf auch sehen: den Restbestand von 3,6 % am 17.01.23. Ich bin ja meistens voll investiert und wenn ich eine Aktienposition eröffnen oder vergrößern will, muss ich zuvor andere verkaufen. Und so war es auch hier: ich habe im Gegenzug Energiekontor aufgestockt und mutares.
Klar, da hätte ich auch mal schauen können 😄
LöschenWie sehen Sie denn die Meldung bei Friedrich Vorwerk und ihre Auswirkungen auf MBB? Aus meiner Sicht wurde da viel Porzellan / Vertrauen zerschlagen, was sich auch auf zukünftige Börsengänge aus dem Hause MBB auswirken dürfte. Die Begründungen für das schlechte 4. Quartal und die Marge sind laut Meldung Einmaleffekte gewesen. Gleich im Nachgang wird für das nächste GJ jedoch eine noch schlechtere Marge prognostiziert und auch die zukünftige Entwicklung eingedampft (Personalmangel/ Materialpreise). Für mich als Laie sieht das sehr nach Missmanagement bei Vorwerk und fehlender interner Kommunikation aus. Noch mitte November erhöhte MBB die eigene Prognose. Da schrillen bei mir alle Alarmglocken, schließlich war zu diesem Zeitpunkt das 4. Quartal schon zur Hälfte gelaufen. Im Börsenwert von MBB wurde der Wert der Vorwerkbeteiligung seitdem ja auch schon gänzlich abgeschrieben. Wie sehen Sie diese Entwicklungen?
AntwortenLöschenIch kann mich noch an 2020 und den Börsengang erinnern - damals stellte Herr Mang 1 Mrd. Umsatz als Ziel für Vorwerk in mittlerer Frist in Aussicht. Nun zeigt sich: offenkundig kann Vorwerk weder kurz- noch mittelfristig überhaupt organisch wachsen. Ich dachte mir schon damals, dass man aus dem Börsengang nur alles rauspressen wollte (offensichtlich erfolgreich). Als Banker würde ich mir da 3mal überlegen ob und mit welchem Abschlag ich später mal die DTS zeichne.