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Dienstag, 3. Januar 2023

Kissigs Investor-Update Q4/22 mit Costco, Blackstone, Microsoft, Mutares, KKR, LendingClub, Thermo Fisher, Danaher, Activision Blizzard, Starbucks

Mein Investor-Update zum Ende des 4. Quartals '22

In meinen Investor-Updates blicke ich jeweils zum Ende eines Quartals auf die vergangenen Monate zurück und präsentiere die Top-Werte meines Investmentdepots; es ist in gewisser Weise mein persönliches 13F. Des Weiteren beschäftige ich mich gegebenenfalls auch mal mit Unternehmen, die ich hier im Blog noch nicht vorgestellt habe, die jedoch bereits den Weg in mein Depot gefunden haben.

"Investor-Update reloaded" - Ausgabe 18

Meine Investor-Updates zum Quartalsende machen mir jedes Mal viel Arbeit, aber auch eine Menge Spaß, wie ich gerne zugebe. Und sie sind für mich auch immer ein willkommener Anlass, die letzten drei Monate Revue passieren zu lassen.

Ich fahre einen gemischten Bottom-Up-Top-Down-Ansatz, bei dem ich einerseits auf makroökonomische Trends setze, andererseits mir innerhalb dieser Trends dann die am besten positionierten und/oder bewerteten Unternehmen herauspicke.

Tendenzielle mittel- und langfristige Profiteure sind Unternehmen aus den Bereichen Cloud-Computing, Green Energy/ Dekarbonisierung, Digital Payments/ Fintech, Software-as-a-Service (SaaS), (Netz-) Infrastruktur, Cyber-Security, Medizintechnik. Zukunftsträchtig sind, spätestens seit Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine, leider auch wieder Rüstungskonzerne geworden zusammen mit Luft- und Raumfahrt.

Ich bin gerne voll investiert, weil nach meiner Erfahrung sich eine hohe Cashquote nur in der Theorie auszahlt (für günstige Nachkäufe), in der Praxis aber auf lange Sicht Rendite kostet (weil man die Nachkaufchancen dann doch nicht nutzt und somit Geld unnötig unrentabel auf dem Konto verschimmelt). Dem entsprechend habe ich die Abstürze 2018 und 2020, aber auch die anschließende Erholungsrallye voll mitgemacht.

»Ich halte niemals Barmittel, denn Barmittel aufzubauen würde bedeuten, aus dem Markt auszusteigen. Meine Vorstellung ist es, für immer im Markt zu bleiben und Aktien abhängig von der fundamentalen Lage umzuschichten.«
(Peter Lynch)

In 2022 haben sich die Parameter in atemberaubender Geschwindigkeit verschoben und das in unterschiedliche Richtungen, so dass man kaum folgen konnte. Meine Versuche, mein Depot an die neuen Herausforderungen anzupassen, sind nicht immer gelungen. Doch ich bemühe mich vor allem, die zunehmenden Risiken im Blick zu behalten und erst in zweiter Linie an Chancen zu denken. Dennoch ging es 2022 schlussendlich deutlich abwärts mit einem geradezu verheerenden Dezembereinbruch.

▶ Zur Marktlage

Das 4. Quartal liegt hinter uns und es endete mit dem schlechtesten Börsen-Dezember seit über 90 Jahren. Anstatt einer Weihnachtsrallye ging es an den Börsen weiter und nochmals stärker bergab, was auch daran lag, dass es in den USA aufgrund der starken Verluste im Jahresverlauf hohe Anreize gab, seine Aktien steueroptimierend zu verkaufen: Verluste realisieren, um diese mit Gewinnen (und sogar teilweise mit seinem Arbeitslohn zu verrechnen. Um Weihnachten und Neujahr herum sind die Börsenumsätze generell dünn, so dass es häufiger zu kräftigen Kursausschlägen kommt. Das betrifft vor allem die ohnehin marktengen Nebenwerte, wie auch mein Depot und meine Wikis belegen. Wer Interesse hat, wie es den Börsen, meinem Depot und meinen Wikis in den drei vergangenen Monaten ergangen ist, findet die Antworten in meinen monatlichen Performance-Updates.


Möglicherweise ist dieses Investor-Update das letzte, das noch maßgeblich unter dem Einfluss der Corona-Pandemie steht,  die uns alle, die Bürger, die Unternehmen und die Börsen vor große Herausforderungen stellt. Die aktuellen Virusvarianten sind vergleichsweise schwach tödlich und das könnte aus der Pandemie eine Endemie machen, also eine verschärfte Form der Grippe mit entsprechenden jährlichen freiwilligen Impfungen. Jedenfalls dort, wo die "Durchseuchung" erfolgreich war und daher ein hoher Schutz der Bevölkerung. In China ist das wegen der bisherigen Null-COVID-Strategie der Regierung nicht der Fall und durch die Lockerungen geht gerade eine Infizierungswelle über die Bevölkerung hinweg. Weil auch die Reisebeschränkungen gelockert wurden, besteht die Gefahr, dass die Welle auch wieder zu uns herüber schwappt. Corona bleibt also erstmal noch Thema, zumal die Weltwirtschaft nicht unwesentlich auch an China hängt.

Aktuell herrscht weiterhin maximale Unsicherheit über die künftige Börsenentwicklung; es gibt so viele einzelne Einflussfaktoren, die alle für sich und auch gemeinsam das Zeug haben, die Börsen maßgeblich in die eine oder andere Richtung zu treiben, so dass man kaum prognostizieren kann, welcher wohl der entscheidende sein wird. Die hohe Inflation und die Zinssteigerungen durch die Notenbanken dominieren die Börsenentwicklung, denn sie strangulieren die Konjunktur. Inzwischen ist auch der zuvor robuste Immobilienmarkt gekippt und beschert Anlegern und Eigentümern Verluste. Auch das bremst die Inflation kräftig aus neben weitere sinkenden Preisen für Energie, Nahrungsmittel, Rohstoffe. "Peak Inflation" liegt hinter uns, aber die Notenbanken hauen weiter kräftig drauf, da die Inflationsrate noch immer signifikant über der Wunschmarke von 2 % liegt. Und das wird noch länger so bleiben, aber sinkende Inflationsraten reduzieren auch die Gefahr von notenbanklichen Eingriffen - was positiv für Wirtschaft und Börse ist.

Stock-Picking bleibt der Schlüssel zum nachhaltigen Börsenerfolg. Jedenfalls in meiner Welt jenseits der ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen - aber auch diese Assetklassen haben sich ja nicht gerade als Alternativen oder sichere Häfen für den Bärenmarkt erwiesen. Also konzentriere ich mich lieber auf die Unternehmen, nicht auf ihren Aktienkurs oder gar den Gesamtmarkt. Oder wie Warren Buffett es ausdrückte: Man sollte lieber auf das Spielfeld achten und nicht so sehr auf die Anzeigentafel.

Dennoch werfe ich jetzt mal einen Blick auf meine persönliche Anzeigentafel: In den letzten Wochen hat sich mein Depot nicht gut geschlagen, da insbesondere meine hoch gewichteten Finanzwerte kräftig Federn gelassen haben. Darüber hinaus habe ich Energiewerte reduziert, da das Thema Übergewinnsteuer vor allem in Deutschland maximal bescheiden umgesetzt wurde und die positive Entwicklung bei Erneuerbaren Energien zu strangulieren droht. Ansonsten fühle ich mich mit meinen Depotschwergewichten grundsätzlich weiterhin wohl, daher sind viele meiner Top-Werte alte Bekannte.

▶ Mein Investmentdepot

Investmentdepot inkl. Cash per 31.12.2022
Ich folge dem Ansatz des Focus Investing und setze nur auf die besten Unternehmen. Des Weiteren halte ich eine signifikante Cash-Quote für renditevernichtend und bin damit stets zu mehr als 95% investiert (bezogen auf mein Investmentkapital).

Dabei setze ich vor allem auf ausgesuchte Qualitätsunternehmen mit breitem ökonomischen Burggraben und das führt zu soliden und meistens überdurchschnittlichen Ergebnissen.

Neben den Quality Investments liegt mein Interessenschwerpunkt weiterhin auf Deutschen Nebenwerten und abgerundet wird das Ganze mit einigen aussichtsreichen Turnaround-Spekulationen. Wenngleich mit den "heißen Wetten" natürlich größere Kursgewinne eingefahren werden können, jedenfalls für eine gewisse Zeit und durch ein viel höheres Risiko erkauft. Daher nehmen solche spekulativeren Werte nur kleine Positionen in meinem Depot ein; dazu zählen Turnaround-Spekulationen wie auch potenzielle Tenbagger - für beide braucht man viel Geduld.

Nun aber zu den wesentlichen Veränderungen in meinem Investmentportfolio: Ende Dezember waren die größten Positionen Costco, Blackstone, Microsoft, Mutares, KKR, LendingClub, Thermo Fisher, Danaher, Activision Blizzard, Starbucksl Damit gibt es fünf neue Werte in meiner Top 10 und einige Verschiebungen bei der Gewichtung.

Die Gewichtung meiner Top 10-Werte hat sich wieder erhöht; sie liegt nun bei 64 % nach zuvor 60 % und bei den Top 5-Werten sind es 39,5 % gegenüber zuvor 37,5 %. Mein Depot ist nicht nur hinsichtlich der Einzelwerte stark fokussiert, sondern ich habe in manchen Branchen "Cluster" gebildet und meine Investments auf die zwei oder drei aussichtsreichsten und am besten positionierten Unternehmen verteilt.





Costco Wholesale ist weiterhin meine größte Depotposition. Das Unternehmen erweist sich mit seinem fast einzigartigen Geschäftsmodell als weitestgehend resilient in jeder Lebenslage und bleibt der Top-Pick im Einzelhandel - online wie offline. Im Dezember zeigten die Geschäftszahlen erstmals sowas wie einen Anflug von Schwäche und der Kurs gab deutlich nach. Kein Grund zu Panik und kein Grund zum Zweifeln.

Cluster: Alternative Asset Manager

Alternative Asset Manager stehen bei mir weiter hoch im Kurs und in diesem Quartal hat sich das nicht ausgezahlt. Blackstone behauptet Platz 2 und KKR konnte sich mit Platz 5 im Depot annähernd behaupten. Vor allem Blackstone stand unter Druck, weil aus seinem größten Immobilienfonds BREIT (zu) hohe Mittelabflüsse zu verzeichnen waren und das eine Art "Bankrun" ausgelöst hat. Zudem sorgen Mittelabflüsse dafür, dass künftige Provisionen niedriger ausfallen.

Grundsätzlich rechne ich bei den Alternativen Asset Managern weiterhin mit positiven operativen Ergebnissen bzgl. Provisionsaufkommen, Mittelzuflüssen, Investitionen - aber auch mit vorübergehend niedrigeren Ergebnissen (je Aktie). Denn hier fließen die Kursverluste und schwächelnden Bewertungen voll mit ein, auch wenn sie nicht realisiert wurden und daher meiner Meinung nach nichts in der Gewinn- und Verlustrechnung zu suchen haben. Aber die internationalen Accountingstandards sehen etwas anderes vor. 

Cluster: Medizintechnik

Die beiden MedTech-Unternehmen Danaher und Thermo Fisher habe ich schon länger parallel im Depot und beide im letzten Quartal aufgestockt. Daher tauchen nun beide in meiner Top 10 auf und bringen es zusammen auf gut 10,0 % Gewichtung. Am 4. Januar 2023 erfolgt dann bei General Electric der Spin-off von GE HealthCare; hiervon werde ich wohl eine kleinere Position zusätzlich ins Depot nehmen.

Cluster: Energie

Auffällig dürfte sein, dass in meiner Top 10 kein Energiewert mehr auftaucht. Vermilion Energy war mein Hedge gegen die drohende Gasmangellage und die damit verbundenen katastrophalen Auswirkungen auf deutsche und europäische Unternehmen. Die warme Wetterlage hat die Situation entspannt und inzwischen notiert der Gas-Future unter dem Wert von vor 12 Monaten. Der Druck könnte bald wieder zunehmen, weil 2022 unsere nach dem Winter geleerten Gasspeicher mit russischem Gas schnell wieder aufgefüllt wurden, aber das fällt ab 2023 flach. Es muss also teuer aus anderen Quellen beschafft werden und die dafür nötige Kapazität steht noch nicht in ausreichendem Maße bereit. Die Nachfrage könnte also in einigen Wochen wieder das Angebot deutlich übertreffen, trotz der globalen Wachstumsschwierigkeiten. Die Übergewinnsteuer belastet auch VET, aber entscheidender wird sein, ob der eigentlich geplante hohe Cashzufluss aus der Corrib-Akquisition realisiert werden kann und dann die massiven Aktienrückkäufe beginnen. Beides sollte ja in Q4/22 stattfinden und wurde auf Q1/23 verschoben. Der Markt hat also einige Zweifel und deshalb ist VET besonders abgestraft worden.

Bei PNE habe ich Gewinne realisiert. Eine meiner besten Aktien der letzten Jahre und ein sehr aussichtsreich positioniertes Unternehmen, auch wegen des möglichen Megadeals in Vietnam - in einer möglichen Übernahmesituation. Es spricht also alles für PNE außer der Bewertung. Die ist nach 150 % Kurszuwachs in 2022 inzwischen astronomisch hoch, nicht nur im Peergroup-Vergleich, so dass das weitere Potenzial entsprechend beschränkt ist. Dabei könnten durch noch einige Prozentpunkte drin sein, sollte eine Übernahme stattfinden.

Energiekontor habe ich etwas reduziert wegen der Übergewinnsteuer und  der möglichen Prognoseverfehlung für 2022. Sollte es so kommen, könnte der Kurs noch einmal deutlich weiter abtauchen - ich habe das schon einmal erlebt. Nur dass ich "damals" in die abgestürzten Kurse hinein meine erste Position aufgebaut habe. So oder so, ich denke nicht, dass mir in den nächsten Wochen die Green Energy-Aktien weglaufen werden.

Bei clearvise habe ich ebenfalls etwas reduziert. Die Bezugsrechtskapitalerhöhung hat erwartungs- und erfahrungsgemäß den Kurs Richtung Bezugspreis gedrückt und ich habe meine Bezugsrechte verkauft. Bisher habe ich meinen Bestand noch nicht wieder aufgestockt, so dass clearvise aktuell nicht mehr in meiner TOP 10 ist. Der Deal mit Tion Renewables dürfte die schlummernden Werte und positive Effekte heben, so dass clearvise eine der interessantesten Aktien im Sektor ist.

In Summe ist also mein Energy-Cluster ordentlich geschrumpft.

Cluster: Business Development Companies

Ich halte Business Development Companies für Gewinner im anstehenden Zinserhöhungszyklus in den USA. Mein BDC-Cluster, bestehend aus Hercules CapitalFS KKR Capital und Ares Capital, ist aber geschrumpft und kein Einzelwert ziert aktuell meine Top 10. Das liegt an der schlechten Kursperformance im 3. Quartal und an den Dividendenabschlägen, die nicht wieder aufgeholt wurden.

Diese drei BDCs stufe ich als besonders aussichtsreich ein, auch wenn der Sektor insgesamt in den nächsten Wochen nochmals unter Druck geraten könnte. Wenn die Ergebnisse des 4. Quartals berichtet werden, dürften sich einige Einschläge in den NAVs zeigen; wegen erhöhter Risikovorsorge und ggf. auch wegen erhöhter Kreditausfälle. Ich denke, dass dieses Risiko längst im Kurs eingepreist ist, aber im Fall der Veröffentlichung noch einmal für Kursdruck sorgen könne. Aus dieser Überzeugung heraus hatte ich im Vorfeld der Dividendenausschüttungen meine Position in den Aktien etwas reduziert und auch die Dividenden noch nicht wieder reinvestiert. Ob sich dieses (im erweiterten Sinne) Market-Timing auszahlt, wird sich zeigen. Der Sektor ist aktuell fair bewertet, also weder zu billig noch zu teuer. Ich hoffe und warte auf meine Chance, das Geld wieder ans Arbeiten zu bringen.

Neue Positionen gibt es auch. Microsoft dürfte nicht überraschen, die habe ich ja bereits seit mehr als 10 Jahren im Depot. Ich habe sie in den Absturz hinein wieder aufgestockt, nachdem ich sie vor einiger Zeit bei deutlich höherer Bewertung (und Kursen) reduziert hatte. Das Unternehmen stufe ich weiterhin als mit am aussichtsreichsten positioniert unter den großen Technologieunternehmen und es steckt als einziges von denen nicht in Kartellverfahren - abgesehen von der geplanten Activision Blizzard-Übernahme.

Diese Übernahme soll im 1. Quartal 2023 vollzogen werden und es gibt aus meiner Sicht keine relevanten Gründe, die dem entgegenstehen. Ich setze also auf einen Erfolg, wenngleich es einige Auflagen geben könnte. Ich folge hier Warren Buffett, auch wenn ich natürlich nicht gleich knapp 10 % an Activision Blizzard gekauft habe, und möchte schnelle 25 % mit einer Übernahme-Arbitrage einstecken. Auch ansonsten läuft das Unternehmen nach erheblichen Problemen wieder besser und hat Potenzial. Der besondere Trigger ist aber ohne frage die Übernahme durch Microsoft - was dann auch Microsoft wiederum stärken würde.

Bei LendingClub liege ich schon länger richtig - was die operative Entwicklung und meinen Investmentcase angeht. Hinsichtlich der Kursentwicklung ist LendingClub bisher eine sehr teure und enttäuschen Erfahrung. 'Zum Glück' habe ich die Aktien sowohl in meinem Depot als auch in meinen Wikis überdurchschnittlich hoch gewichtet, so dass die bisherigen Kursverluste auch richtig wehtun. Aber... abgesehen davon bin ich weiterhin von dem Unternehmen überzeugt. Warten wir ab, ob und wann sich das auszahlt...

Starbucks habe ich schon länger im Blick und war auch schon mal investiert. Ende 2017 hatte ich mich mit gut 50 % Gewinn verabschiedet und knapp fünf Jahre später bin ich wieder an Bord. Mein neuer Kaufkurs liegt rund doppelt so hoch wie mein damaliger Verkaufskurs und das zeigt mal wieder, dass man bei Qualitätsunternehmen an Bord bleiben sollte, auch wenn es mal in rauere See gerät. In rauer See fährt Starbucks auch jetzt, aber die Aussichten bleiben hervorragend; der hohe Cashflow wird nicht nur für starkes Wachstum (vor allem in China) genutzt, sondern auch für verstärkte Aktienrückkäufe. Gefällt mir.

Und damit zum großen weißen Elefanten im Raum: Deutsche Nebenwerte hatte ich bereits im 3. Quartal kräftig ausgesiebt, bis auf den Green Energy-Sektors. In meiner Top 10 findet sich aktuell nur ein neuer Wert und das ist ein alter bekannter: Mutares. Ich denke, für Mutares herrschen aktuell beinahe paradiesische Zustände und selbst in dieser miesen Börsen- und Stimmungslage konnte das Unternehmen in 2022 sechs gewinnträchtige Exits verbuchen. Auf der Kaufseite geht man in die Vollen und legt damit die Basis für höhere Provisionserlöse in 2023. Das Konzernergebnis wird vermutlich rekordverdächtig negativ ausfallen (weil man ja angeschlagene und verlustbringende neue Töchter kauft), aber das Ergebnis der Holding (an der wir Aktionäre beteiligt sind) dürfte wieder einmal stark ausfallen.

Zudem habe ich aussichtsreiche Werte im Depot wie u.a. Nynomic, Netfonds, Ringmetall, GK Software. Des Weiteren mit Kontron (ehemals S&T) einen alten Bekannten, der in 2023 endlich wieder durchstarten sollte, mit PATRIZIA einen Immobilien-Turnaroundwert und mit INDUS Holding ein attraktives Beteiligungsunternehmen, das endlich seine Fahrzeugsparte abwickelt und so vor einer ganz neuen Ausrichtung und Dynamik steht. Und ich bin auch weiterhin bei einigen Tech- und/oder Quality-Schwergewichten signifikant engagiert, aber keines dieser Unternehmen kommt aktuell auf ein Top 10-Gewicht.

▶ Meine Wikifolios

Inzwischen können Anleger nun neben "Kissigs Quality Investments" und "Kissigs Nebenwerte Champions" auch in "Kissigs Turnaround-Spekulationen" investieren. In meinem Format "Performance-Update" halte ich euch jeweils zum Monatsende über die Entwicklung der Börsenindizes und meiner Wikis auf dem Laufenden oder ihr schaut einfach mal bei meinem Wikifolio-Profil rein.

▶ Meine Cash-Quote

Ich habe vor einiger Zeit (endlich) erkannt, dass eine hohe Cash-Quote langfristig mehr Rendite kostet, als wenn man annähernd voll investiert ist - auch wenn man dann bei Kursabstürzen voll aufs Brett kriegt. Man muss dann eben "nur" die Ruhe bewahren. Allerdings habe ich bisher noch nicht alle Mittel aus der Reduzierung bei den Energiewerten und BDCs wieder voll investiert und auch nicht die Dividenden und meinen "normalen "Cashflow. Folgerichtig lag meine Cash-Quote Ende des Quartals bei für mich überdurchschnittlichen 7 %.

▶ Mein 'operativer Net Worth'

"Das Endergebnis aller Investitionen ist die Rendite" schrieb Value Investor Chuck Akre uns Anlegern ins Stammbuch. Ende Dezember lag mein 'operativer Net Worth' bei -16,75 %. und damit nochmal 3,25 % unter dem Wert Ende des 3. Quartals. Die zwischenzeitliche Erholung hielt nicht an, denn alleine im Dezember ging es für mich um 11,25 % bergab. Damit hat der Dezember 2022 den September als mein schlechtesten Börsenmonat aller Zeiten abgelöst, einen Titel den zuvor bereits der Juni und der Januar 2022 erobert hatten. In 2022 fallen mit Juli, Oktober und März allerdings auch meine drei besten Börsenmonate aller Zeiten, was man wohl in einem Wort zusammenfassen kann: Volatilität.

Wie dem auch sei, am Ende steht ein fettes Minus. So fett, wie ich es wohl bisher nun im Jahr 2000 übertroffen habe. Ich hätte nichts dagegen, wenn der nächste brutale Einbruch wieder 22 Jahre auf sich warten lassen würde (wobei auch 2008 kein gutes Jahr war, das will ich nicht unter den Teppich kehren, und auch 2018 schloss mit -10 % nicht gerade glanzvoll ab). Auf Sicht von 2 Jahren, also vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2022 verbleiben dennoch fast genau 50 % an Zuwachs und das zeigt mir, dass ich trotz aller (und zu vieler) Fehler dennoch auf meinem Weg weiter vorankomme.

Anmerkung: Bei meinem 'Operativen Net Worth' ist zu berücksichtigen, dass in diesen Wert auch meine unternehmerischen Aktivitäten mit einfließen und es deshalb zu Abweichungen insbesondere gegenüber den Wikis kommen kann. So fließt z.B. die Performancegebühr für die erfolgreiche Entwicklung der Wikis aus diesen ab, aber in meinen 'operativen Net Worth' als Zufluss ein. Je besser die Wikis laufen und je mehr Geld in die Wikis investiert ist, desto größer ist dieser Effekt (in 2022 gab es da für mich nicht viel zu holen). Des Weiteren erzeugt die Inanspruchnahme des Wertpapierkredits ein Hebeleffekt (in beide Richtungen), der die Vergleichbarkeit zusätzlich einschränkt.

Meine angepeilte durchschnittliche Jahresperformance liegt bei 15 % und die habe ich 2022 massiv verfehlt. In den letzten 8 Jahren habe ich 6 Jahre mit Renditen zwischen 22 % und 37 % abgeschlossen, während 2018 mir knapp 10 % Verlust einbrachte. Und 2022 toppt dies mit -16,75 % deutlich. 

So ein schlechtes Ergebnis belastet natürlich. Es schürt Selbstzweifel, ob man noch gut genug ist und/oder ob man nur Glück gehabt hat in den  vorangegangenen Jahren. In Bullenmärkten sieht jeder Long-Investor gut aus. Andererseits sind solche Momente auch wichtige Erfahrungen, in denen man sich wieder auf die Basics besinnen kann: qualitativ hochwertige Unternehmen finden mit Preissetzungsmacht und ökonomischem Burggraben, der noch lange anhält, und bei einem vernünftigen Preis zuschlagen.

Und dann die Geduld mitbringen, dass sich die positive Entwicklung auch einstellen kann. Denn schaut man auf einen Tenbagger oder Hundredbagger, dann haben viele Anleger diese Aktien früh genug entdeckt. Aber die meisten sind bei 50 % oder 100 % oder 250 % ausgestiegen. Tolle Gewinne, aber Peanuts im Vergleich zu dem, was mit Geduld möglich gewesen wäre.

Tja, mir macht mein Lieblingshobby noch immer viel Spaß und ich schreibe auch immer noch gerne darüber. Auch wenn ich inzwischen doch viel Arbeit in bezahlte Börsenartikel stecke und mir dabei meine Themen nicht immer so frei aussuchen kann, wie das früher der Fall war, als ich ausschließlich dieses Blog bespielt habe. Aber ich will mich nicht beschweren, sondern bin sogar dankbar, dass ich als "ungelernter" Schreiberling einen so tollen Job gefunden habe, der mir nach wie vor viel Freude bereitet.

So, nun muss ich aber langsam (oder lieber schnell!) wirklich das Ende finden. Geschafft. Ich bin - wie immer - gespannt auf eure Anmerkungen und eure Kritik zu meinem Quartalsbericht...

Möge die Rendite mit euch sein! ツ

Disclaimer: Die meisten der genannten Werte befinden sich auf meiner Beobachtungsliste und/oder in meinem Depot/Wikifolio.

13 Kommentare:

  1. Grossartiger Newsletter! Vielen Dank.

    Welche weiteren Aktien im Bereich SaaS, KI, Cyber Security, Netzwerktechnik hältst Du Michael?

    LG aus Österreich, Christian

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    1. Moin Christian,
      Microsoft, Qualys. Daneben finde ich Adobe wieder interessant und Arista, Pure Storage und Cisco.

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  2. Hallo Michael,
    könntest du bitte einmal erläutern, inwiefern Patrizia ein Risiko bei der Entwicklung der Immobilien trägt? Oder liegt dieses Risiko in den Büchern der Kunden?
    Viele Grüße
    Sirk

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    1. Moin Sirk,
      es gibt die Tochter PATRIZIA Real Estate Development (siehe hier), die eigene Immobilienprojekte entwickelt und realisiert und damit von den aktuellen negativen Markteinflüssen betroffen ist wie auch alle Wettbewerber.

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  3. Grandioser Blog, ich lese hier immer sehr gerne. Ein frohes neues Jahr lieber Herr Kissig

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  4. Es ist eine Überraschung, dass Du MBB nicht im Depot hast

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    1. Mein Investor-Update zeigt eigentlich nur meine 10 Top-Positionen, aber mein Depot umfasst noch einige Positionen mehr. MBB ist aktuell keine meiner größten und bevorzugten Positionen, aber ich bin jederzeit bereit, meine überschaubare Position wieder aufzustocken; momentan "warte" ich die Entwicklung im Bereich EV ab (Aumann), weil ich dort die Nachfrage nach Elektroautos und die Mangellage bei Rohstoffen (für E-Batterien) nicht richtig einschätzen kann und mir fehlt der nächste interessante Zukauf als Trigger.

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    2. Mm, Aumann macht im Moment nur ca. 12€ des MBB-NAV aus. Stärker ins Gewicht fiele ein Börsengang von DTS, denn MBB wird ja meistens in etwa zum Marktwert der börsennotierten Töchter + Cash gehandelt.

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  5. Moin Michael, hast du Vermillion komplett verkauft? Liege mit 50% im Minus nachdem ich im Herbst nach der Lektüre deines Artikels gekauft habe. Beste Grüße, Max

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    1. Moin Max,
      der Kaufzeitpunkt Mitte November war sicherlich sehr unglücklich, das tut mir leid.

      Vermilion Energy leidet aufgrund der fallenden Gaspreise und wegen der sich verzögernden Corrib-Akquisition sowie der deshalb ausgesetzten Aktienrückkäufe. Das hatte ich in meinem November-Artikel (hier) auch beschrieben und darauf hingewiesen, dass ich deshalb die VET-Positionen in den Wikis und in meinem Depot reduziert habe.

      Meine grundsätzlichen Überlegungen, dass nach erfolgreichem Abschluss der Corrib-Übernahme der hohe Free Cashflow innerhalb relativ kurzer Zeit mehr Geld eingespielt, als das Unternehmen an der Börse wert ist und für hohe Aktienrückkäufe genutzt werden dürfte, haben weiterhin Bestand. Nur dominieren momentan die fallenden Energiepreise, auch dank der niedrigen Temperaturen, und überlagern alles andere.

      Ich warte bei VET momentan auf die Vollzugsmeldung bzgl. der Corrib-Übernahme, auf eine Konkretisierung zu den Auswirkungen der Übergewinnnsteuer und die Pläne bzgl. der Aktienrückkäufe. An diesen Faktoren hängt mein Investmentcase und der Aktienkurs spiegelt die diesbezügliche Unsicherheit wider.

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  6. Danke Michael für die schnelle Rückmeldung

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  7. Hallo Herr Kissig,

    wenn ich es richtig beobachtet habe, haben Sie Microsoft Aktien für Lending Aktien im Wikifolio eingetauscht. Die Analysen zu Lending Club gehen im Moment weit auseinander. Der Blog Stefan Waldhauser sieht die Aktie anders als der Artikel Baki Irmak, der Lending Club als eine Retailbank mit hohen Risken sieht. Das vergangene Jahr 2022 war für Lending Club sehr erfolgreich, wenn man die Eigenkapitalrendite betrachtet. Das Jahr 2023 sieht eher schwierig aus... Ich persönlich sehe immer noch ein Geschäftsmodell, das in Zukunft sehr erfolgreich sein kann. Ich habe lange überlegt, ob ich nach der Öffentlichung der Entlassung der Mitarbeiter, jetzt die Angst mit meinen Investment bekommen soll oder nicht. Die meisten Aktionäre gehen davon aus, dass der Kurs erst mal auf den jetzigen Niveu weiter vor sich rumdümpelt. Die Fed wird bald tagen und dann wird es wieder interessant.... was waren Ihre Beweggründe, dass sie bei diesem Investment weiter augestockt haben?!

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    1. Ich habe vor den Quartalszahlen einen Teil meiner Microsoft-Aktien verkauft, weil ich davon ausgegangen bin, dass die Zahlen bei Microsoft und vielen Unternehmen durchwachsen ausfallen würden und der Ausblick auf die nächsten Monate enttäuschend. Dies wollte ich mir zunutze machen und bei aussichtsreichen Chancen zugreifen - da ich grundsätzlich zu 100% investiert bin, muss ich zuerst Liquidität freimachen, bevor ich sie einsetzen kann. So geschehen.

      LendingClub hat meine Erwartungen positiv getoppt und auch ansonsten meine Erwartungen nicht negativ überrascht. Der Kurs ist allerdings massiv eingebrochen, so dass ich die freien Mittel hier eingesetzt habe.

      Das Plattform-Business von LC leidet deutlich unter den aktuellen Bedingungen (starker Zinsanstieg, Wirtschaftsabschwung) und das wird sich in 1Q23 kaum ändern. Doch trotz des enormen Gegenwinds in 2022 hat LC seine Prognosen erfüllt und ist trotz rückläufiger Umsätze auf attraktivem Niveau profitabel. Kaum auszudenken, wie das Geschäft durchstarten wird, wenn sich Zinsen und Konjunktur halbwegs normalisieren...

      Bzgl. des Gewinns darf man auch nicht übersehen, dass der massiv kleingerechnet wird bzw. muss wegen der (nicht mehr ganz so) neuen rechtlichen Vorgaben: CECL. Danach müssen Kreditgeber im Moment der Kreditvergabe eine Rückstellung bilden in Höhe aller möglichen Ausfallrisiken über die gesamte Laufzeit dieses Kredits. Unabhängig von der Bonität oder Sicherheiten des Schuldners. Und je nach allgemeiner Wirtschaftsentwicklung müssen sie diese Rückstellungen pauschal erhöhen oder verringern. Es erfolgt also keine individuelle Risikoeinschätzung mehr.

      Ich habe das die letzten zwei Jahre schon öfter thematisiert und dabei vor allem auf die Kritik von Jamie Dimon verwiesen, CEO von JPMorgan Chase und im Juli 22 ausführlich dargelegt (hier nachlesen).

      In Kurzform: LC vergibt einen Kredit an einen Schuldner mit hoher Bonität, muss aber wegen CECL sofort eine Ausfallrückstellung von z.B. 10 % verbuchen. Der Kredit startet also sofort mit einem Verlust von 10 %, der die Gewinne belastet, ohne dass ein Kreditausfall entstanden ist. Je mehr Kredite LC vergibt, desto größer diese "Angangsverluste". Wenn der Kredit über die Laufzeit von z.B. 3 Jahre ordnungsgemäß zurückgezahlt wird, hat LC dann die Zinsen eingestrichen und den vollen Kreditbetrag zurückbekommen. Während der Laufzeit fallen also Zinseinnahmen an (die fließen in die Gewinne) und am Ende die Rückzahlung - und hier ergibt sich ein Sonderertrag aus der Auflösung der Rückstellung von 10 % (CECL). Bei Laufzeitende gibt es also einen Extragewinn von 10 %, der dann auch in die Gewinn- und Verlustrechnung einfließt.

      Je schwieriger die Wirtschaftslage, desto höher der Rückstellungsprozentsatz für CECL.

      Kritik: Es werden willkürlich Drohverluste erzeugt bei der Kreditvergabe und willkürlich Auflösungsgewinne am Ende der Kreditvergabe.

      Folge: LC sieht zahlenmäßig momentan viel schlechter aus als die Wirklichkeit hergibt. Wenn sich in den nächsten Monaten Zinsen und Wirtschaft entspannen, dann werden bei LC ordentlich CECL-Rückstellungen aufgelöst - gewinnerhöhend. Das wird sich sehr auffallend in den prozentualen Steigerungen ggü. 2022 bemerkbar machen und die Börse wird sich überschlagen, um LC-Aktien zu kaufen. Aus meiner Sicht ist das ziemlich vorhersehbar (auch wenn ich heute ja schon weiß, dass LC dann durch Sondereffekte so in den Himmel gehoben werden wird). Ich gebe wenig auf CECL-Buchungen, sondern setze auf das wachsende Kreditbuch mit einer attraktiven Rendite und satten Gewinnen bei vergleichsweise gerungen Risiken (Kreditausfällen) und Kosten. LC wird immer mehr zu einer stinknormalen Bank? Ja! Aber mit enormem Kostenvorteil und riesigem Expansionspotenzial. DAS kaufe ich heute billig ein.

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