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Sonntag, 1. Januar 2023

2022 war zum Abgewöhnen, 2023 wird alles besser - wie immer

Mein Ausblick auf 2022 hat sich weitgehend bewahrheitet, allerdings habe ich weder den Ukraine-Krieg vorausgesehen und (nicht nur) deshalb war mein Ausblick auf die zweite Jahreshälfte zu positiv. Nicht nur das: 2022 geht als eines der schlechtesten Börsenjahre aller Zeiten in die Geschichte ein und auch ich habe mehr als 15 % Verlust in meinem Depot eingefahren.

Hier lest ihr (m)eine Abrechnung mit 2022 und einen Ausblick auf 2023. Das wird ganz bestimmt nicht leichter, aber sicherlich anders. Und besser, denn die Zukunft sah schon immer besser aus als die Vergangenheit. Echt? Echt!

"Lies die Marktprognosen des letzten Jahres, und du wirst Jahresprognosen nie wieder ernst nehmen."

2022 im Rückspiegel

Beginnen wir mit einem Rückblick auf meine Vorhersagen für 2022 ("2022 bringt den 'Wind of Change', aber nicht unbedingt nur Gegenwind"). Ich sagte "Corona bleibt ein Faktor" und damit lag ich richtig. Wenngleich die Omikron-Variante zwar viel ansteckender, aber auch deutlich weniger tödlich ist und wir damit möglicherweise auf das Ende der Pandemie zusteuern, die dann zu einer Endemie wird - und Corona zu einer Art aggressiveren Grippe-Variante.

Ich sagte "Inflation bleibt ein Faktor" und lag damit goldrichtig. Allerdings ging ich davon aus, dass die Preisschübe in der zweiten Jahreshälfte nachlassen und die Inflation wieder sinken würde. Bekannterweise lief es völlig anders, vor allem wegen des Ukraine-Kriegs und der daraus resultierenden Nachwehen. Das Energieembargo gegen Russland führte zu Rekordpreisen für Öl und Gas in Europa und wenn auch die Gaspreise wieder deutlich zurückgegangen sind, liegen sie doch um ein Vielfaches über den 2021er Preisen. Und das wird so bleiben, denn das billige russische Erdgas wird nicht zu uns zurückkehren; stattdessen wird auf das sehr viel teurere LNG gesetzt. Somit steht fest, dass Deutschland und Europa in den Energiepreisen einen dauerhaften Standortnachteil gegenüber den energieautarken USA haben werden.

Des Weiteren meinte ich "Zinsen werden (vielleicht) ein Faktor" und auch damit lag ich richtig. Allerdings ging ich ja von deutlich sinkender Inflation im zweiten Halbjahr aus, daher war ich mir vor einem Jahr gar nicht so sicher, ob die damals noch zögernden Notenbanken überhaupt die Zinsdaumenschrauben auspacken würde. Aber wegen der Rekordinflation kam es dann zu Rekordzinsanhebungen, zuvorderst der US-Notenbank, und damit war meine Prognose Schall und Rauch. Und aktuell sieht es nicht nach einer großen Entspannung aus, obwohl alle Preise und Indikatoren im Sturzflug begriffen sind, auch der US-Immobilienmarkt. Nur der Arbeitsmarkt zeigt sich noch relativ robust und auf den scheinen sich die US-Notenbanker nun versteift zu haben. Höchst wahrscheinlich läuft es auch dieses mal wieder so wie immer: Die Notenbank handelt zu spät und dann viel zu heftig. Was im 1. Halbjahr 2023 zu weiteren negativen Auswirkungen auf Wirtschaft und Börse führen kann. Allerdings dürfte ab März der Einfluss der starken Energiepreissteigerungen zurückgehen und in der Folge auch die Inflationsrate deutlich zurückgehen. Das könnte die Notenbanken zu einer moderateren Zinspolitik veranlassen und - wenn sie dann wirklich wieder völlig überdreht haben sollten - sogar ins Gegenteil umschlagen. Es ist nicht auszuschließen, dass die US-Notenbank bereits Ende 2023 wieder die Zinsen senken und frisches Geld verteilen wird/muss.

Im Grunde kann man festhalten, dass der Ukraine-Krieg viele negative Entwicklungen noch befeuert und in die Länge gezogen hat. Die von mir erwartete Entspannung in der zweiten Jahreshälfte 2022 fiel damit aus und wird sich nach 2023 verschieben. Allerdings stellt dies auch eine Zäsur in der Globalisierung dar, die uns jahrzehntelangen Wohlstandsrückenwind  gebracht hat. Es scheinen sich konkurrierende Blöcke herauszubilden, China und die USA, und einige Regionen, die sich daran andocken werden (müssen), wie Europa, Russland, Indien. Eindeutiger Profiteuer dieser Entwicklung wird der Rüstungssektor sein.

Meine nicht ganz überraschende Erkenntnis: Es reicht nicht aus, ziemlich richtig zu liegen mit seinen Überlegungen, sondern es kommt entscheidend darauf an, daraus auch die richtigen Schlüsse zu ziehen und diese konsequent umzusetzen. Und genau das ist ist mir in 2022 nicht gerade gut gelungen...

2023 im Blick

Unterm Strich gehe ich für 2023 von Entspannungstendenzen aus. Die Unternehmensergebnisse im 4. Quartal 2022 und wohl auch im 1. Quartal 2023 werden schlecht ausfallen, aber das wird ja schon länger erwartet. Es kommt dann auf den Ausblick der Unternehmen an, denn an der Börse wird ja die Zukunft gehandelt. Zudem haben die Unternehmen unisono einen strikten Sparkurs eingeschlagen und dessen Effekte werden die Geschäftszahlen ebenfalls beeinflussen.

2023 sollten Aktien im Sinne von Unternehmensbeteiligungen also weiterhin eine sinnvolle Einsatzmöglichkeit für unser Geld sein; dort kommt es ans Arbeiten und kann Rendite erwirtschaften.

Die großen US-Technologiewerte haben allesamt kräftig Federn lassen müssen in 2022. Weil sie selbst vor großen Herausforderungen standen, weil sie im Vergleich zu 2021 deutlich niedrigere Wachstumsraten aufwiesen und weil sich die Zins- und Wirtschaftslandschaft zum Negativen verkehrt hat. Aber sie generieren alle weiterhin enorme Cashflows und sind daher auch künftig gute Investmentmöglichkeiten. Dabei sind die alten Bewertungsmultiples Vergangenheit, denn die Zeit des ultralockeren Gelder ist vorbei. Die "Assetpreishausse" hat ihr Ende gefunden und künftig werden die Aktienkurse sich wieder stärker an den operativen Entwicklungen orientieren. Und hier bin ich für viele Branchen optimistisch, ob nun regenerative Energien, Cloundanwendungen und KI, Cybersecurity, Verteidigung oder Medizintechnik.

Nach Kursverlusten von bis zu 90 % bei ehemaligen Börsenlieblingen denken viele, dass dort nun das größte Kurspotenzial schlummern würde/müsste. Das ist eine falsche Denkweise!

"Was ist eine Aktie, die 90 % im Minus notiert? Eine Aktie, die 80 % im Minus notierte und sich dann halbierte."
(David Einhorn)

Eine Aktie muss sich nicht wieder erholen nach einem starken Kurseinbruch. Das Unternehmen kann Pleite gehen und/oder erfolglos bleiben. Im Grunde kann eine Aktie jedes Jahr aufs neue um 90 % fallen.

Aber es gibt natürlich auch Aktien, die zu Unrecht (so stark) abgestürzt sind und Unternehmen, die vor dem Turnaround stehen. Diese Werte sollte man sich herauspicken und neben soliden Qualitätswerten im Depot haben. Das schützt einen nicht vor Kursverlusten, aber vor Wertverlusten im Depot! Und die Wertverluste werden früher oder später wieder aufgeholt!

Ich werde mich in meinem Depot also entsprechend positionieren. Und ich werde versuchen, weniger zu handeln als bisher - mein Markettiming ist nicht besonders gut, weil ich neue Entwicklung selten ganz früh als solche erkenne und dann viel zu spät aufspringe und somit den anderen ihre Gewinne sichere. Aber nicht mir, denn wenn das Momentum an Stärke verliert, schwingt das Pendel oft in die andere Richtung.

Weniger ist also mehr. Die Konsequenz aus dieser Überlegung ist daher, dass ich von Anfang an noch stärker auf die Unternehmen setze, die mit allen Gegebenheiten am besten klarkommen. Damit verpasse ich natürlich die heißesten Chancen, wenn sie denn zünden. Aber ich vermeide eben auch die heißesten Verbrenner, wenn sie implodieren. Damit folge ich Benjamin Graham, der dazu riet, zuallererst auf die Risiken und anschließend erst auf die Chancen zu achten.

Die Schlussbemerkung gilt den Alternativen Asset Managern, die ich Ende 2021 als am besten gerüstet für die anstehenden Herausforderungen einstufte. Tja, der Ukraine-Krieg hat die Spielregeln geändert und auch die Asset Manager sind deutlich ins Minus gerutscht. Gerade in den letzten Wochen und vor allem Blackstone, die besonders stark im Immobiliensektor engagiert sind (als weltgrößter Landlord).

"Das beste Geschäft der Welt ist eine Lizenzgebühr auf permanentes Kapital."
(Barry Schwartz)

Ich glaube weiterhin an das Geschäftsmodell der Asset Manager und daher habe ich einige von ihnen hoch gewichtet in meinem Depot (meine Top-Positionen per 31.12.2022 erfahrt ihr demnächst in meinem regelmäßigen Investor-Update, das ich zu jedem Quartalsende veröffentliche). Dabei ist mir klar, dass die Provisionen im 4. Quartal 2022 nicht gut abgeschnitten haben dürften, aber dieses Wirtschafts- und Börsenumfeld bietet ihnen die Chance, ihre hunderte von Mrd. USD an Dry Powder zu investieren und damit die Basis für die steigenden Provisionen der künftigen Jahre zu legen. KKR ist hier sehr aktiv und auch Mutares, wenngleich der Sanierungsspezialist kein Asset Manager ist. Aber das Geschäftsmodell ist bei einem genaueren Blick doch recht ähnlich angelegt.

"Erfolgreiches Investieren bedeutet, dass alle Deiner Meinung sind... später."
(James Grant)

Ob ich mit meiner Meinung richtig liege und ob/wann sich das dann auszahlt, bleibt abzuwarten. Und natürlich kann ich mich auch irren und/oder die Faktenlage ändert sich. Dann werde ich (hoffentlich) die Reißleine ziehen und meinen Fehler eingestehen. Aber bisher gibt es zu dieser trüben Perspektive keinen Anlass - der Kursverlust alleine reicht dafür nicht einmal ansatzweise aus. Er zeigt nicht, dass man falsch liegt, sondern nur, dass man zu viel bezahlt hat. ツ

Ich wünsche euch allen ein erfolgreiches Jahr 2023, nicht nur an der Börse!

Disclaimer: Habe Blackstone, KKR, Mutares auf meiner Beobachtungsliste und/oder in meinem Depot.

4 Kommentare:

  1. Gute Einschätzung Deines handelns. Wünsche ebenfalls ein erfolgreiches 2023

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  2. Sehr gut, Danke habe die Mutares auch im Depot.

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  3. Was denkst du bei Mutares, wo wird der Kurs bei erreichen der Ziele für 2025 stehen

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    1. Zu Mutares habe ich ja heute ein umfangreiches Update veröffentlicht. Wohin sich der Kurs entwickelt und wo er 2025 stehen wird, kann ich nicht sagen. Sofern Mutares seine Ziele bis dahin konsequent umsetzen kann, dürfte er deutlich höher stehen als heute. Aber bisher ist die Börse skeptisch bzgl. des Geschäftsmodells in der Krise. Nicht zurecht, wie ich finde (siehe Artikel).

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