Aktien Report Nr. 106 vom 16.09.2022
Industriegüterhersteller Caterpillar und Deere: Bekommt jetzt auch Bill Gates das große Zittern?
Bill Gates hat schon mehrfach Geschichte geschrieben. Er ist Co-Gründer von Microsoft, brachte mit MS-DOS das erste massentaugliche Betriebssystem für Heim-PCs auf den Markt und dank einer Kooperation mit IBM wurde daraus eine gigantische Industrie. Aus der anfänglichen Sympathie zwischen Gates und Steve Jobs wurde schier unversöhnlicher Hass, als Jobs bei Xerox deren nicht markttaugliche grafische Benutzeroberfläche abkupferte und daraus sein Betriebssystem für seine Apple-PCs machen wollte – dabei sollte ihm Gates helfen, doch der spann lieber seine Geschichte und brachte Windows auf den Markt. Die Rivalität zwischen Apple und Microsoft, zwischen Gates und Jobs wurde legendär. Dann scheiterte Jobs und wurde bei Apple vor die Tür gesetzt. Wenige Jahre später stand Apple vor der Pleite und Jobs kam zurück, um Apple vor dem Untergang zu retten. Mit einem fetten Kredit von Bill Gates in der Tasche.Gates bewahrte Apple vor dem Aus, weil er einen Konkurrenten brauchte in seinem Kampf mit den Kartellbehörden, die Microsoft zerschlagen wollten. Der Dominator war zu dominant geworden. Was folgte, ist bekannt. Gates zog sich von der Microsoft-Spitze zurück und Steve Ballmer übernahm. Der schottete Microsoft noch stärker ab und unter "Darth Ballmer" verlor der Konzern seine Innovationskraft. Man verließ sich nur noch auf die Flaggschiff-Produkte Windows, Office und die X-Box.
Ganz anders Apple. Die Rückkehr von Steve Jobs war die zweite Initialzündung und man kam innerhalb kürzester Zeit mit innovativen und stylischen Produkten zurück auf den Markt. Mit dem bunten iMac, dem iPod und anschließend mit dem iPhone eroberte Apple sich bald den Spitzenplatz unter den Technologiekonzernen der Welt.
Bei Microsoft ging die Ära Ballmer schnell (genug) zu Ende und Satya Nadella übernahm das Steuer. Sein Mantra "cloud first, mobile first" klang anfangs nach einem leeren Schlagwort, doch er füllte es schnell mit Leben und machte Microsoft in wenigen Jahren zu einem offenen und innovativen Hard- und Softwaregiganten. Heute ringen Apple und Microsoft um die Krone der Tech-Giganten und man fühlt sich an Coca-Cola und Pepsi erinnert.
Die beiden innovativen Gründer stehen nicht mehr an der Spitze ihrer Konzerne, doch sie prägen sie bis heute. Steve Jobs ist bereits 2011 verstorben und Bill Gates zog sich 2008 von der Konzernspitze zurück, um das Board of Directors zu führen (in etwa vergleichbar mit einem Aufsichtsrat). Diesen Posten legte er 2014 nieder und fungiert seitdem nur noch als Berater. Stattdessen widmet er sich voll und ganz seiner philanthropischen Tätigkeit, der Bill and Melinda Gates Stiftung.
Bill and Melinda Gates Foundation
Die Stiftung widmet sich dem Kampf gegen Krankheiten, setzt sich für regenerative Energien und saubere Trinkwasserversorgung in der Dritten Welt ein und pumpt Milliarden in die Forschung gegen das Corona-Virus.Wie viele andere Milliardäre auch hat er sich Warren Buffetts "The Giving Pledge" angeschlossen und wird den Großteil, genauer gesagt 90 % bis 95 %, seines Milliardenvermögens wohltätigen Zwecken zukommen lassen.
Bill Gates muss regelmäßig zum Quartalsende für das Wertpapierportfolio der Stiftung bei der US-amerikanischen Wertpapieraufsicht SEC ein 13F-Formular einreichen, in dem der Bestand an US-Wertpapieren verzeichnet ist. Dieses 13F wird veröffentlicht und daher kann jeder sich über den Depotstand informieren und aus dem Vergleich mit dem Vorquartal Rückschlüsse auf die Veränderungen ziehen. Mit einer gewissen Verzerrung, weil z.B. eine Spende Warren Buffetts in Form von Berkshire Hathaway-Aktien zwar den Bestand im Portfolio der Gates-Stiftung erhöht, aber streng genommen natürlich keine Depotdisposition von Bill Gates ist. Und wenn er im Gegenzug Aktien von Berkshire Hathaway verkauft, dann nicht zwangsläufig, weil er von deren Zukunftsperspektiven nicht überzeugt wäre, sondern weil eine Stiftung niemals ihr Vermögen angreift, sondern stets nur die laufenden Erträge für ihre gemeinnützigen Zwecke einsetzt.
Mit einer Ausnahme: wenn das Vermögen der Stiftung in Aktien besteht, die keine Dividenden ausschütten, dann muss die Stiftung zwangsweise regelmäßig Aktien verkaufen, um Geld für ihre Projektförderungen zur Verfügung zu haben. Und Berkshire zahlt nunmal keine Dividenden, daher verkauft Bill Gates von Zeit zu Zeit Berkshire-Aktien, um die Kasse aufzufüllen. Doch er kann beruhigt sein, denn der 92-jährige Warren Buffett überschreibt der Stiftung regelmäßig weitere milliardenschwere Aktienpakete.
Das Wertpapierportfolio
Das Wertpapier-Portfolio der Bill und Melinda Gates Stiftung hatte Ende Juni ein Volumen von mehr als 17,6 Mrd. USD; insgesamt wird das Vermögen der Stiftung auf mehr als 50 Mrd. USD geschätzt.Gates managt das Portfolio als besonnener Buy & Hold-Anleger mit defensiven Werten. Per 30.06. waren dies seine 10 größten Positionen:
53,56 % Berkshire Hathaway
16,12 % Waste Management
7,43 % Caterpillar
6,54 % Canadian National Railway
3,80 % Ecolab
2,08 % Walmart
1,94 % Coca-Cola Femsa
1,52 % Deere
1,37 % Microsoft
1,35 % Crown Castle
Die größten Veränderungen gegenüber dem 30. März waren:
+20,93 % bei Berkshire Hathaway (Schenkung von Warren Buffett)
-21,30 % bei Canadian National Railway
+112,98 % Madison Square Garden Sports Corp.
Zusätzlich hat Gates mit Carvana und Vroom noch zwei neue kleinere Positionen ins Depot genommen.
Blickt man über das 2. Quartal zurück in die ersten drei Monate des Jahres 2022, so hat Bill Gates damals seinen Wertpapierbestand kräftiger durchgerüttelt. Neben dem Komplettverkauf von Alphabet und der Halbierung seiner Microsoft-Position fielen vor allem die Reduzierungen bei den Industriegüterherstellern ins Auge: Bei Deere verkaufte er rund 13 % seiner Aktien und bei Caterpillar sogar knapp 25 %.
Caterpillar Inc.
Das bereits 1925 gegründete Unternehmen Caterpillar ist heute im Bereich der Herstellung und des Verkaufs von Bau- und Bergbaumaschinen tätig, stellt aber auch industrielle Zusatzprodukte wie Dieselmotoren und Gasturbinen her. Die Caterpillar-Aktie ist mit einer Marktkapitalisierung von 96 Mrd. USD einer der größten Industriewerte der Welt.Caterpillar hängt stark am globalen Wirtschaftswachstum und den Rohstoffpreisen. Dies führt zu deutlichen Schwankungen der Unternehmensergebnisse und der Aktie. Die Corona-Pandemie hat das Unternehmen stark belastet, doch die weltweite Konjunkturerholung ließ die Kassen wieder klingeln. In diesem Jahr setzen dem Unternehmen die Preissteigerungen, Materialknappheit, Energiepreisschock und die große Unsicherheit wegen des Ukrainekriegs sowie der Inflationsbekämpfung durch die Notenbanken ziemlich zu.
Caterpillar steuert mit Kostensenkungsmaßnahmen gegen, mit denen die operative Marge über Jahre hinweg nach oben getrieben werden soll. Erste Erfolge sind bereits sichtbar, doch neue Herausforderungen erfordern weitere und angepasste Maßnahmen. Und dies umso mehr, als die globale Wirtschaft den Fuß vom Gas nimmt und Caterpillar als frühzyklisches Unternehmen die Nachfrageschwäche als eines der ersten zu spüren bekommt.
Caterpillar ist auch besonders stark in der Energie- und Bergbauindustrie engagiert, die ebenfalls von den steigenden Rohstoffpreisen profitiert haben, sich nun aber mit fallenden Rohstoffpreisen konfrontiert sehen. Auch von dieser Seite her bläst dem Unternehmen inzwischen ein schärferer Wind ins Gesicht.
Deere & Co.
Deere & Company ist der weltweit größte Hersteller landwirtschaftlicher Maschinen mit einem umfassenden Angebot an land-, bau- und forstwirtschaftlichen Maschinen, das über mehr als 25 Marken vertrieben wird. Darunter John Deere, Wirtgen, Kemper und Frontier.Deere & Co gliedert sein operatives Kerngeschäft in drei Segmente. Mit 41 % Umsatzanteil steuert das Segment „Production & Precision Agriculture“ den größten Teil bei; hier vertreibt man industrielle Traktoren und Mähdrescher an größere landwirtschaftliche Betriebe. Das Segment „Small Agriculture & Turf“ zielt mit seinen Landwirtschafts- und Rasenmaschinen auf kleine und mittlere Landwirte ab und bringt es auf 30 % Umsatzanteil, während 29 % aus dem Segment „Construction & Forestry“ stammen, wo Nutzfahrzeuge für den Straßenbau, Hausbau, Materialtransport und für die Bewirtschaftung von Wäldern verkauft werden.
Der US-Markt ist mit 52 % Anteil für Deere & Co der wichtigste Absatzmarkt und mit Kanada zusammen steht Nordamerika für 57 %. Danach folgt die Region um Europa und Nordasien mit 22 %, während Lateinamerika 10 % erzielt. Der Rest der Welt, also inkl. Asien und Afrika, bringt es auf 11 %.
An der regionalen Verteilung sieht man gleich, dass Deere & Co. sich auf sein starkes US-Geschäft verlassen kann, während die Kriegs- und Krisenregion Europa eine untergeordnete Rolle spielt. Die Ukraine ist einer der größten Getreideproduzenten der Welt und die Russen haben in den von ihnen besetzten Gebieten viele der hochwertigen Deere-Traktoren entwendet und nach Russland geschafft. Mit mäßigem Erfolg, denn Deere kann diese gezielt lokalisieren und stilllegen. Nun produzieren diese Traktoren weder in Russland noch in der Ukraine.
Deere hat eine so dominante Marktstellung, dass es über die Preissetzungsmacht verfügt. Die Maschinen sind teuer und Deere kompensiert die Inflation durch weitere Preiserhöhungen. Doch insbesondere die kleineren Farmer können sich die Preise nicht mehr leisten, weil ihren Höfen auch die Energiepreise das Wasser abgraben. Die aufgebenden Farmer verkaufen oft an große Landwirtschaftsbetriebe und die setzen gerne auf den Maschinenpark von Deere. Daher kann sich Deere bisher ganz gut schlagen in der sich eintrübenden Wirtschaftslage.
Mein Fazit
Caterpillar und Deere & Co sind Vorzeigeunternehmen mit herausragender Marktstellung. Dennoch hängen sie von der allgemeinen Konjunkturlage ab und diese trübt sich zunehmend ein. Das bekommen die beiden Frühzykliker zu spüren und auch ihre Aktien können sich dem negativen Sentiment nicht entziehen. Dabei leidet Caterpillar mit seiner Rohstoffnähe stärker, während Deere sich vergleichsweise stabil hält.Bei Unternehmen sind begehrte Dividendenwerte und schütten seit Jahren steigende Dividenden an ihre Anleger aus. Deere bringt es auf knapp 1,5 % Dividendenrendite, Caterpillar sogar auf gut 2,5 %. Doch die Dividendenrendite ist nicht das einzige Kriterium, auf das Anleger achten sollten. Am Ende zählt die Gesamtrendite aus Dividenden und Kurssteigerungen. Und da hat Deere auf mittlere und lange Sicht klar die Nase vorn.
Im Portfolio von Bill Gates ist es genau umgekehrt. Caterpillar bringt fast 7,5 % Gewicht auf die Waage, Deere & Co nur gut 1,5 %. Setzt Bill Gates etwa auf das falsche Pferd? Oder ist für die Stiftung die Dividendenausschüttung am Ende doch viel wichtiger, weil sie damit ihre laufenden Projekte finanziert? Vielleicht wird er aber auch seinen Caterpillar-Bestand deutlich reduzieren im laufenden 3. Quartal angesichts der kräftigen Wirtschaftseintrübung. Genau wissen wir es nicht. Noch nicht. Denn das nächste 13F steht bald an und muss für das 3. Quartal spätestens am 15. Oktober veröffentlicht sein. Es bleibt also spannend und das Portfolio von Bill Gates auch dann wieder einen genauen Blick wert…
Disclaimer: Habe Apple, Berkshire Hathaway, Microsoft, Waste Management auf meiner Beobachtungsliste und/oder in meinem Depot/Wiki.
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