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Montag, 19. September 2022

Kissigs Aktien Report: Porsche rast an die Börse - gibt die Porsche Holding-Aktie jetzt endlich auch Gas?

Im Rahmen meiner Kooperation mit dem "Aktien Report" von Armin Brack nehme ich mir in unregelmäßigen Abständen interessante Unternehmen vor. Die Ausgaben des "Aktien Reports" und/oder "Geld Anlage Reports" erreichen ihre Leser samstags kostenlos und "druckfrisch" im Email-Postfach und man kann sich ▶ hier beim "Geld Anlage Report" anmelden. Bonbon für die Leser meines Blogs: einige Tage später darf ich die Artikel dann auch hier veröffentlichen.

Aktien Report Nr. 105 vom 09.09.2022

Porsche rast an die Börse - gibt die Porsche Holding-Aktie jetzt endlich auch Gas?

Die Automobilhersteller haben es wirklich nicht leicht in den letzten Jahren. Nach dem Abgasskandal und den damit verbundenen Einbrüchen bei den Verkaufszahlen störte zunächst der US-China-Handelskrieg die Geschäfte, bevor der Ausbruch der Corona-Pandemie die Branche endgültig ins Tal der Tränen schickte.

Von Corona selbst hat sich die Wirtschaft zwischenzeitlich schnell wieder erholt, aber die Folgeschäden, wie der Chipmangel und gestörte Lieferketten, setzen den Automobilherstellern weiter kräftig zu. Sie haben ihre Produktion gedrosselt und eine "Triage" zugunsten der teuren Hochpreis- und Luxusmodelle vorgenommen. Weniger Umsatz, mehr Gewinn.

Dabei befindet sich die Branche im Umbruch, Verbrennungsmotoren sind aus der Mode und werden in wenigen Jahren für Neuwagen in immer mehr Regionen der Welt verboten. Der Elektro-Pionier Tesla hat frühzeitig auf den wegweisenden Trend gesetzt und seine Marktkapitalisierung lag zwischenzeitlich höher als die aller Autohersteller der Welt zusammengenommen. Dabei kommen Teslas Erfolge auch durch staatliche Eingriffe wie Subventionen und CO2-Verschmutzungsrechte, die anfangs alleine für das Überwinden der Profitabilitätsschwelle verantwortlich waren. Inzwischen verdient Tesla aber auch operativ mit seinen Fahrzeugen Geld.

Doch die etablierten Hersteller rüsten und holen auf. Mit ihren Modelloffensiven buhlen sie um die Gunst der Käufer und gerade in China, dem inzwischen größten Automobilmarkt der Welt, ist die Markentreue deutlich geringer als im Westen – das birgt Chancen und Risiken. Anfangs konnten sich die deutschen Premiumhersteller gut am Markt etablieren, doch bei den E-Modellen haben die einheimischen Chinawagen die Nase vorn. Eine Vielzahl junger und innovativer Anbieter strebt auf den Markt, aber die neue Weltmacht ist ein semi-etablierter Hersteller: BYD. Die verkaufen inzwischen mehr Elektroautos als Tesla, sofern man die Hybridmodelle mitzählt.

Und was hat das alles mit Porsche zu tun? Nun, Porsche setzt, wie inzwischen auch der VW-Mutterkonzern, voll auf den Elektroantrieb als Zukunftsmodell. Und mit Porsche als Sportwagenikone will Volkswagen sich im E-Automarkt auch emotional stark positionieren. Auch damit folgt man Tesla.

Porsche-Börsengang

Bereits im Februar kamen erste Gerüchte auf, VW wolle Porsche an die Börse führen. Wir haben das Szenario Ende Februar in unserem Aktien Report vorgestellt und Anfang September scheinen nun Nägel mit Köpfen gemacht worden zu sein. Der Börsengang scheint unmittelbar bevorzustehen.


Dabei ist das Ganze nicht so einfach, wie es aussieht.
  1. Dem Volkswagenkonzern, dessen börsennotierte Aktien in Stamm- und Vorzugsaktien aufgeteilt sind, gehören 100 % am Autohersteller Porsche.
  2. Die ebenfalls börsennotierte Porsche Automobil Holding SE, in der die Porsche-Gründerfamilien Porsche und Piëch einen Großteil ihres Vermögens bündeln, verfügt über die Mehrheit an VW – doch das Bundesland Niedersachsen hat dank des "VW-Gesetzes" eine Sperrminorität.
     
    Nun soll Folgendes passieren:
     
  3. Die bisher nicht börsennotierten Aktien der Porsche AG (der Autohersteller) werden hälftig in Stamm und stimmrechtslose Vorzugsaktien aufgeteilt.
  4. 25 % plus 1 Aktie der Stammaktien werden an die Porsche Automobilholding SE verkauft, die damit einen direkten Anteil am Sportwagenhersteller erhält. Bezahlt wird der Platzierungspreis zzgl. eines Aufschlags von 7,5 %.
  5. 25 % der Vorzugsaktien werden im Wege eines IPO an die Börse gebracht.
So sieht es der Vertrag zwischen den Beteiligten vor. Aber das ist noch nicht alles.

Es haben sich schon einige Interessenten für die Porsche-Vorzugsaktien gemeldet, wie VW-Großaktionär Katar, die vorab Kontingente an Vorzugsaktien erwerben wollen. Das würde das Emissionsvolumen drücken und die Aussicht für Privatanleger, bei der Zeichnung zum Zuge zu kommen, weiter reduzieren.

Des Weiteren sind dies alles bisher nur Planspiele, wenn auch konkrete. Sollte sich die ohnehin wankelmütige Börsenverfassung in den nächsten Wochen nochmals merklich eintrüben, könnte der Börsengang auch abgeblasen oder zumindest aufgeschoben werden.

Es geht nämlich um viel Geld. Und Macht. Der Porsche-Piëch-Clan möchte endlich wieder direkten Zugriff auf den Sportwagenbauer bekommen, während der VW-Konzern durch das IPO vor allem Geld in die Kasse bekommen will. Geld für den teuren Umbau des Konzerns zum führenden E-Mobilitätsanbieter der Welt. Zurzeit werden mögliche Börsenbewertungen für die Porsche AG herumgereicht, die auf 85 Mrd. Euro hindeuten – womit die Tochter sogar noch knapp höher bewertet würde als der Gesamtkonzern (aktuell 84 Mrd. Euro; und zu dem gehören ja auch noch Audi, Lamborghini, Skoda, Seat, Bentley, MAN, Scania, Navistar, Moia, Ducati uvm.).

Ergänzung vom 19.09.2022
Heute gab der VW-Aufsichtsrat Details zum geplanten Börsengang bekannt: Danach sollen bis zu 113.875.000 Vorzugsaktien, inklusive Mehrzuteilungsoptionen, ausgegeben werden in einer Preisspanne zwischen 75,50 und 82,50 Euro. Die Zeichnungsfrist soll vom 22. bis 28. 09. laufen, der Börsengang erfolgt am 29. September. Damit kann der VW-Konzern brutto bis zu 9,4 Mrd. Euro erzielen und die Porsche AG würde am oberen Ende der Spanne mit 75 Mrd. Euro bewertet. Der Verkauf von 25 % plus 1 Stammaktie an die Porsche Holding SE würde VW weitere bis zu 10,1 Mrd. Euro einbringen. Eine außerordentliche Hauptversammlung bei VW soll dann im Dezember darüber entscheiden, ob über eine Sonderdividende von 49 % des Gesamterlöses aus Börsengang und Stammaktienverkauf an die Aktionäre ausgeschüttet wird - eigentlich eine Formsache, da die Porsche Holding SE mehr als 52 % der Stimmrechte hält, größter Profiteur der Sonderdividende wäre und damit den überwiegenden Teil des Stammaktienkaufs refinanzieren will.

Eine hohe Börsenbewertung der Porsche AG-Aktie würde aller Wahrscheinlichkeit nach auch den Kurs der Mutter VW kräftig in die Höhe schieben – und beide zusammen dann auch den Aktienkurs der Porsche Automobilholding SE.

12,5 % von 80 Mrd. Euro

Für die Porsche Holding hat der Deal aber auch eine Kehrseite. Sie muss die Porsche Stammaktien, die ihr vom VW-Konzern verkauft werden, natürlich auch bezahlen. Der Kaufpreis hängt vom Emissionspreis ab und darauf wird noch ein Aufschlag von 7,5 % fällig. Nehmen wir vereinfacht an, Porsche würde vom Start weg mit 80 Mrd. Euro bewertet, dann würden 10,75 Mrd. Euro fällig. Kein Pappenstiel, und so viel Geld liegt natürlich nicht in der Kasse.

Quelle: wallstreet-online.de
Teil des ausbaldowerten Gesamtkonstrukts zwischen den Beteiligten ist, dass VW 49 % des Brutto-Emissionserlöses aus dem Börsengang für eine Sonderdividende verwenden wird. Größter Nutznießer dieser Sonderdividende ist… die Porsche Automobilholding SE als Großaktionär.

Und das bedeutet wiederum, dass diese Sonderdividende sofort zur Bezahlung des 12,5 %-Anteil an Porsche verwendet wird. Ein sehr cleverer Schachzug. Das reicht allerdings nicht ganz aus, um die Rechnung zu begleichen und so will die Porsche Automobilholding SE die Differenz über Fremdkapital aufbringen. Was kein Problem sein wird, denn trotz der dann höheren Verschuldung dürfte der Verschuldungsgrad sogar sinken bezogen auf den Börsenwert, denn dieser dürfte durch den Porsche-Börsengang deutlich hochschnellen.

Mein Fazit

Verwirrend? Auf jeden Fall. Sicher? Auf keinen Fall. Es ist noch vieles unklar, vor allem, ob der Börsengang wirklich stattfinden wird. Zumindest wann. Die Gründerfamilien Porsche/Piëch wollen den Deal, VW ist bereit ihn durchzuziehen. Im Grunde gibt es ja auch nur Gewinner.

Nun gibt es allerdings mehrere Wege, um vom Porsche-Börsengang zu profitieren.
  1. Man zeichnet Aktien der Porsche AG beim Börsengang oder kauft sie im Anschluss an die Notierungsaufnahme. Das bietet sich an, wenn man vom langfristigen Erfolg der Sportwagenschmiede überzeugt ist.
  2. Man kauft Aktien von Volkswagen, weil ein erfolgreicher Porsche-Börsengang diesen bisher weitgehend ignorierten Vermögenswert in der VW-Bilanz schlagartig ins Rampenlicht und auf neue Bewertungsdimensionen heben wird. Und damit sicherlich auch die VW-Aktie, egal ob Stamm- oder Vorzugsaktie. Anleger setzen so auf Porsche und auf den VW-Gesamtkonzern.
  3. Man kann auch die Aktien der Porsche Automobilholding SE kaufen. Die sind an der Börse notiert und haben als ihren mit großem Abstand gewichtigsten Vermögenswert die Mehrheitsbeteiligung am VW-Konzern in ihrem Portfolio. Daneben gibt es einige kleinere Investments in Isar Aerospace, Inrix, Markforged (3D-Druck) oder AEVA Technologies (LIDAR-Hersteller). Interessant und zukunftsweisend, aber neben der VW-Beteiligung (und dem künftigen 25 %-Anteil an der Porsche AG) vernachlässigbar.
Alle drei Wege erscheinen mir aussichtsreich auf mittlere und lange Sicht. Ich selbst setze auf die Porsche Automobilholding SE, denn wer VW-Aktien für unterbewertet hält, kann hier einen doppelten Discount verbuchen. Denn das VW-Paket der Porsche Holding ist viel mehr wert als die Börsenbewertung der Porsche Holding selbst. Man kann hier also, getreu nach Warren Buffetts berühmtem Zitat, den Euro für 50 Cents kaufen. Oder andersherum: Man kann mit großer Sicherheitsmarge kaufen.

"Ein Schnäppchen, das ein Schnäppchen bleibt, ist kein Schnäppchen."
(Martin Whitman)

Allerdings gehört zu einem guten Investment nicht nur ein guter Einstiegspreis, sondern der innere Wert muss sich auch in absehbarer Zeit realisieren. Ansonsten erweist es sich letztendlich als Fehlkauf.

Also muss man für sich diese wichtigen Fragen beantworten:
  • Wird Porsche künftig gute oder bessere Geschäfte machen und Erfolg als Autohersteller haben?
  • Wird ein Börsengang der Porsche AG ein Erfolg und zu einer hohen Bewertung führen?
  • Werden der VW-Konzern und auch seine Aktien davon profitieren?
  • Wird die Porsche Holding als VW-Mehrheitsaktionär davon profitieren?
Ist die Beantwortung eine Frage des Glaubens? Wohl eher eine der Wahrscheinlichkeiten. Ich habe jedenfalls alle diese Fragen mit einem "Ja" beantwortet und daher war die Porsche Automobilholding-Aktie für mich ein klarer Kauf und auch Favorit unter den möglichen Varianten, um vom Börsengang der Porsche AG profitieren zu können.

Selbst, wenn der Börsengang wegen eines heftigen Herbstbörsengewitters vielleicht erst mit ein paar Monaten Verspätung erfolgt. Denn Buffetts Mentor und Lehrmeister Benjamin Graham erklärte: "Preis ist, was Du bezahlst. Wert ist, was Du bekommst". Und ich habe den Preis gezahlt und freue mich auf den Moment, wo sich der Wert in Form von satten Kurssteigerungen nicht mehr versteckt…

Disclaimer: Habe die Porsche Automobilholding SE auf meiner Beobachtungsliste und/oder in meinem Depot.

2 Kommentare:

  1. Hallo Herr Kissig,
    Wenn ich das richtig verstehe dürfte bei VW und der PAH der Einmaleffekt zum Tragen kommen, dass sie Porsche nicht mehr nur als internes sondern dann als börsennotierten Asset ausweisen können. In der Hoffnung, dass der Wert damit besser erkennbar ist und der Bewertungsabschlag im Vergleich zum vorherigen Konglomerat abgebaut wird.

    Auf den dann börsennotierten Sportwagenhersteller Porsche AG wird dieser Effekt aber eher nicht wirken, oder sehe ich das falsch?
    Schöne Grüße

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    1. Wenn die Aktie der Porsche AG an die Börse geht beim IPO, dann wird dieser Bewertungseffekt ja genau dadurch ausgelöst. Er spiegelt sich im IPO-Peis wider. Anschließend geht es bei der Porsche Ag-Aktie, wie bei jedem anderen Unternehmen, um die Aussichten und Geschäftszahlen des Unternehmens. Porsche ist bisher die Cashcow und Gewinnmaschine im VW-Konzern. Allerdings auch deshalb, weil der Chipmangel zum Umsteuern hin zu den Luxusmodellen geführt hat und Porsche VW-intern bei der Verteilung bevorzugt wurde. Man könnte nun meinen, wenn VW nur noch die Hälfte an Porsche gehört, dann würde sich dies ändern. Dem steht aber gegenüber, dass (1.) Porsche noch immer das meiste Geld verdient, (2.) dass der Porsche-Piëch-Clan ja noch immer mehr als 50 % der VW-Stimmrechte hält und (3.) Porsche-CEO Oliver Blume seit kurzem auch VW-CEO ist.

      Für die Porsche AG spricht, dass sie künftig freier von VW agieren und so ihr Potenzial wieder besser entfalten kann. Und dass ihre bisherigen Erfolge im VW-Konzerngeflecht eher untergegangen sind, während sie künftig die volle Aufmerksamkeit bekommen.

      Wenn man sich im Automobilsektor engagieren will, gehört die Porsche AG sicherlich zu den aussichtsreichsten Werten.

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