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Montag, 25. Juli 2022

Kissigs Aktien Report: Über Fluch und Segen der Dollar-Parität - und gute Gelegenheiten

Im Rahmen meiner Kooperation mit dem "Aktien Report" von Armin Brack nehme ich mir in unregelmäßigen Abständen interessante Unternehmen vor. Die Ausgaben des "Aktien Reports" und/oder "Geld Anlage Reports" erreichen ihre Leser samstags kostenlos und "druckfrisch" im Email-Postfach und man kann sich ▶ hier beim "Geld Anlage Report" anmelden. Bonbon für die Leser meines Blogs: einige Tage später darf ich die Analysen dann auch hier veröffentlichen.

Aktien Report Nr. 97 vom 15.07.2022

Über Fluch und Segen der Dollar-Parität – und Gelegenheiten

Was beinahe undenkbar erschien, wurde jetzt wieder Realität: die Dollar-Parität. Damit ist gemeint, dass 1 Dollar wieder nur noch 1 Euro wert ist. Zu keinem Zeitpunkt innerhalb der letzten 20 Jahre stand der Dollar jemals tiefer und auf dem Hochpunkt der Finanzkrise 2008 notierte er sogar bei knapp 1,60 Euro.

Eingeführt wurde der Euro offiziell als Zahlungsmittel zum Jahresstart 2002, doch als europäische Währung wurde er bereits 1999 ins Leben gerufen. Hm, da war doch was? Genau, die Älteren unter uns erinnern sich an das Platzen der Internetblase und die Terroranschläge vom 11. September 2001, die in diesen Zeitraum fielen. Und an einen Euro, der deutlich niedriger notierte und sogar bis auf 83 Cents abrutschte.

Die Parität oder auch ein Dollarkurs unter 1 Euro sind also kein Neuland, sie sind nur ungewohnt. Und sie bringen einige Folgen mit sich, die für Reisende, Unternehmen und auch für Aktienanleger Auswirkungen haben (können), denn seit Jahresanfang 2022 gab der Euro gegenüber dem Dollar von 1,15 auf nun knapp 1,01 nach.

Eine Anmerkung vorab: Ich werde mich auf das Wechselspiel zwischen Euro und Dollar beschränken; die hier beschriebenen Mechanismen gelten aber auch hinsichtlich anderer Währungen. Und ich werde den Fokus noch weiter einengen auf das Verhältnis zwischen Deutschland und den USA; die Deutschland treffenden Effekte haben auf alle Euro-Länder ganz ähnliche Auswirkungen.

Währungsschwäche

Wird eine Währung schwächer, verliert sie gegenüber ausländischen Währungen an Kaufkraft. Wer also als Tourist in die USA fliegt, erlebt einen unschönen Effekt, da die Preise im Vergleich zum Vorjahr massiv angestiegen sind. Zu den ohnehin starken Preissteigerungen gesellt sich die Euroschwäche hinzu. Umgekehrt können US-Touristen in Deutschland nun deutlich günstiger einkaufen; auch hier schlagen zwar Preiserhöhungen aufs Gemüt, aber der starke Dollar kompensiert das weitgehend.

Was für die Touristen gilt, gilt auch für die Unternehmen. US-Firmen können aktuell bei uns deutlich günstiger einkaufen, als noch vor sechs Monaten. Das gilt für Material, für Dienstleistungen, für Waren und Produkte, aber auch für ganze Firmen. Deutsche Firmen, die in den USA einkaufen, sehen sich hingegen mit einem Preisschub konfrontiert.

Für das Export lastige Deutschland sind das auf den ersten Blick gute Nachrichten, denn unsere Unternehmen können zu günstigeren Preisen auf den US-Markt verkaufen. Kostet der Mercedes in der Herstellung weiterhin 80.000 Euro, kann er in den USA wegen des starken Dollars günstiger als zuvor angeboten werden, ohne dass Mercedes weniger an dem Wagen verdienen würde. Im Wettbewerb mit Mercedes kommen die US-Anbieter hingegen auf ihrem Heimatmarkt in Bedrängnis, weil sie ihre Wagen im Vergleich teurer anbieten müssen.

Für US-Unternehmen, die einen erheblichen Teil ihrer Umsätze im Ausland erzielen, hat der starke Dollar ebenfalls negative Folgen. Denn wenn Microsoft seine Subskriptionserlöse aus Deutschland in Dollar umrechnet für seine Quartalsbilanz, dann erleiden diese einen währungsbedingten Einbruch. Microsoft hatte bereits vor einigen Wochen davor gewarnt, dass der Währungseinfluss deutliche Millioneneinbußen bei Umsatz und Gewinn mit sich bringen wird.

"Die einfache Rechnung für die währungsbedingten Gewinne des S&P 500 lautet, dass jeder Anstieg des USD um einen Prozentpunkt im Jahresvergleich das Wachstum des Gewinns pro Aktie um etwa das 0,5-fache beeinträchtigt. Bei einem aktuellen Niveau von 16 % im Jahresvergleich bedeutet dies einen Währungsgegenwind von 8 % für das Wachstum des S&P 500 beim Gewinn je Aktie."
(Morgan Stanley, Juli 2022)

Soeben ist die Berichtssaison gestartet und die Banken haben als erste ihre Zahlen für das zweite Quartal bzw. das erste Halbjahr vorgelegt. Die Börsen zeigten sich eher enttäuscht von den Zahlen, weil sie unterhalb der Erwartungen liegen. Währungseffekte spielen dabei durchaus eine Rolle.

Deutsche Unternehmen werden hingegen von der Dollarstärke profitieren, da ihre US-Umsätze umgerechnet mehr wert sind als vor einem halben oder einem viertel Jahr. Die sehr starken Zahlen von BASF sollten aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Chemie-Weltmarktführer operativ – in Deutschland – enorme Probleme vor der Brust hat. Die währungsbedingten positiven Sondereffekte sind nur eine Momentaufnahme.

Ursachenforschung

Und da sind wir schon bei den Ursachen für die Dollarstärke. Die US-Wirtschaft leidet nicht so stark unter dem Ukrainekrieg wie Deutschland. Auch sind die USA energieautark und haben daher vergleichsweise moderate Energiekosten im Gegensatz zu uns. Deutschland sieht sich mit enormen Preissteigerungen bei den Energiepreisen konfrontiert und muss diese Energie auf den internationalen Weltmärkten einkaufen, nachdem man auf russische Energiequellen nicht mehr zugreifen kann/will/darf. Öl und Gas wird aber in Dollar gehandelt und damit erleben wir den doppelten Preiseffekt: stark gestiegene Weltmarktpreise und dazu noch ein stark gestiegener Dollar. Die Energiekosten in Deutschland zünden also gleich zwei Raketenstufen.

Darüber hinaus hat die US-Notenbank bereits die Zinswende eingeläutet und die Leitzinsen deutlich angehoben. Das macht Dollaranlagen für ausländische Anleger interessanter und sorgt für einen Zustrom in den Dollar – was ihn weiter stärkt und die andere Währung (also den Euro) schwächt. Ganz simples Funktionieren von Angebot und Nachfrage.

Dummerweise importiert sich die Eurozone mit diesen Effekten Inflation und genau das können wir zurzeit am wenigsten brauchen. Denn anders als die USA kann die EZB die Zinsen nicht so einfach anheben. Zum Euroraum gehören nicht nur Deutschland, Frankreich und die starken Nordländer, sondern auch die Südländer mit ihren überschuldeten Staatshaushalten: Italien, Spanien, Griechenland, um nur mal einige zu nennen. Die Staatsschuldenkrise in Euroland ist noch gar nicht so lange her und könnte sich bei steigenden Zinsen in der Eurozone wiederholen.

Denn je teurer Geld wird, desto mehr müssen die Staaten für ihre Schulden (Staatsanleihen) bezahlen. Die Staatsverschuldung liegt in Deutschland aktuell bei rund 2,36 Billionen Euro. Eine Änderung des Zinssatzes um 1 % würde also rechnerisch 23,6 Milliarden Euro mehr an Zinsen verursachen. Pro Jahr. Aber das ist natürlich eine Milchmädchenrechnung, denn die deutschen Staatsschulden sind nicht alle variabel verzinst, sondern ihre Zinscoupons sind über unterschiedliche Jahre festgeschrieben und ändern sich während der Laufzeit nicht. Aber jeder neu aufgenommene Schuldeneuro wird wieder deutlich teurer und Geldausgeben ist momentan die erfolgreichste Disziplin der Bundesregierung. In den südlichen Euro-Staaten ist das Dilemma unweit größer.

Dollarstärke? Euroschwäche!

Die Stärke des Dollars ist vor allem auch eine Schwäche des Euros. Wer amerikanische Aktien in seinem eurogeführten Depot hat, kann sich über einen satten Währungsgewinn freuen. Dieser „Windfallprofit“ ist nicht verdient, aber er ist dennoch real. Bei Betrachtung der Charts der US-Werte zeigt sich der Unterschied schnell. Die Aktie des weltweit führenden Tower-REITS American Tower Corp. markiert gerade mit 258 Euro ein neues Allzeithoch. In Dollar hingegen liegt der Aktienkurs mit 260 USD noch deutlich unter dem im Herbst 2021 erreichten Allzeithoch von 300 USD.

Doch diese Dollarstärke muss nicht weiter anhalten. Es könnte zu einem Ende des Ukrainekriegs kommen oder Putin schickt demnächst wieder reichlich Gas durch die Pipelines oder die EZB beginnt ebenfalls mit den Zinserhöhungen, oder, oder, oder.

Bisher waren die meisten Entwicklungen in diesem Jahr negativ für die Eurozone. Lösen sich einige dieser Probleme, wenn auch nur teilweise, auf, könnte dies zu einer deutlichen Reaktion führen. Die Übertreibung ins Negative könnte sogar in eine Übertreibung ins Positive umkippen. Wie Jeremy Grantham so gerne ausführt, bewegen sich Märkte langfristig immer wieder auf ihren Mittelwert zu.

Es kann aber auch anders kommen und der Dollar weiter an Stärke gewinnen und/oder der Euro an Wert verlieren.

"An der Börse ist alles möglich. Auch das Gegenteil."
(André Kostolany)

Wenn nun aber alles so unklar ist, wenn sich alles in eine Richtung bewegen kann oder auch genau in die andere, was soll man dann mit diesen Überlegungen anfangen?

Tja, nun sind wir genau an der Stelle, wo wir die Kuh über den Eimer schieben müssen!

Wir reduzieren die Überlegungen auf das Wesentliche: die USA sind energieautark und wirtschaftsstark, während Europa nicht nur unter dem Ukrainekrieg leidet, sondern auch unter dem neuen „Eisernen Vorhang“, der sich zwischen Russland und dem Westen aufspannt. Europa und die EU sind wieder Frontstaat, womit ihnen ein wichtiger Handelspartner und Handelswege im Osten abhandengekommen sind. Die Energiepreise werden in den USA tendenziell niedriger bleiben als im energiearmen Europa. Des Weiteren ist Europa rohstoffarm und muss fast alle „Zukunftsmaterialien“ für die Energiewende usw. teuer im Ausland einkaufen; die USA haben viele Lagerstätten im eigenen Land, auch wenn nicht alle immer wirtschaftlich ausgebeutet werden können.

Es ergeben sich also klare Vorteile für die USA. Doch die Euro-Dollar-Entwicklung könnte die US-Unternehmen bremsen. Das betrifft aber zuvorderst die US-Unternehmen, die im Ausland Geschäfte machen.

Aha! Am sichersten erscheinen also die US-Unternehmen zu sein, die ihren Hauptumsatz in den USA erzielen. Und davon gibt es einige, wie Eisenbahngesellschaften, Regionalbanken, Einzelhandelsunternehmen, Restaurantketten usw.

Eisenbahnen

Bei den Eisenbahnen ist es einfach, die sind kaum in Übersee (Asien oder Europa) aktiv. Platzhirsch ist Union Pacific, die mit Burlington Northern Santa Fe um die Spitzenposition ringt. BNSF ist allerdings nicht mehr börsennotiert, seit Warren Buffett das Unternehmen 2008 übernommen hat. BNSF kann man nun nur noch indirekt kaufen, wenn man sich die Aktie von Berkshire Hathaway ins Depot legt.

Daneben gibt es einige weitere Eisenbahngesellschaften in den USA und in Kanada, die seit der großen Fusionswelle inzwischen allesamt profitabel wirtschaften können. Sie sind auf ihrem Gebiet weitgehend Monopolisten und niemand kann es sich leisten, ein neues Schienennetz zu verlegen, um als Konkurrent dieselben Strecken zu bedienen. Ein gewaltiger ökonomischer Burggraben und quasi eine Lizenz zum Gelddrucken.

Dennoch schwächeln die Aktien der US-Eisenbahngesellschaften zuletzt. Die drohende Rezession belastet, die steigenden Personalkosten und Streiks ebenso. Neben UNP und BNSF (bzw. Berkshire) dürfte auch CSX interessant sein, die im wirtschaftsstarken Nordosten der USA aktiv sind.

US-Regionalbanken

Die Auswahl an Regionalbanken in den USA ist groß. Und man muss schon genauer hinsehen, wie sie sich im Wettbewerb schlagen angesichts von Filialschließungen und aufstrebenden Fintechs, die ihnen das Wasser abgraben.

Ende Mai hatte ich die SVB Financial Group vorgestellt, deren größte Beteiligung die Silicon Valley Bank ist. Sie vergibt Kredite an aufstrebende Wachstumsunternehmen und geht darüber hinaus auch Eigenkapitalbeteiligungen an den Startups ein. Der Aktienkurs hat ebenso gelitten wie der gesamte Growth-Sektor und kam von über 700 USD Ende 2021 auf aktuell rund 400 USD zurück. Die Geschäfte hingegen laufen weiterhin prächtig; das erhöhte Zinsniveau spült SIVB mehr Geld in die Kasse, weil der Großteil der Kredite mit variablem Zinscoupon ausgestattet ist. Und der Börsenabschwung samt der nun vorherrschenden IPO-Tristesse und Venture Capital-Zurückhaltung führt dazu, dass noch mehr Wachstumsunternehmen bei der SIVB um Kredite und/oder Eigenkapitalbeteiligungen anfragen.

SIVB gehört damit mindestens auf die Wachtlist für den möglicherweise bald einsetzenden Turnaround bei den Wachstumswerten. Das gilt umso mehr nach dem heftigen Kurseinbruch aufgrund der schwachen Zahlen zum 2. Quartal und dem senken der Jahresprognosen.

Einzelhandel: Costco Wholesale

"Der schon wieder…" werden sicherlich einige denken, denn ich werde ja nicht müde, die Vorzüge von Costco aufzuzeigen. Und das quasi in jeder Lebenslage. Und warum tue ich das? Weil Costco mit seinem beinahe einzigartigen Geschäftsmodell einfach immer profitiert.

Mitte April schieb ich: "Ungewissheit lässt Kurse purzeln – aber Costco läuft einfach". Das Geschäftsmodell muss ich also nicht erneut vorstellen; ich kupfere es einfach bei mir selber ab:

"Costco Wholesale ist das zweitgrößte Einzelhandels-Unternehmen der USA hinter Walmart. Costco ist ein Groß- und Einzelhändler, der vor allem in den USA und Kanada Läden unterhält. Durch seine Größe kann es mit seiner Einkaufsmacht hohe Rabatte im Einkauf aushandeln und diese dann an die eigenen Kunden weitergeben.

Das machen Walmart, Kroger und andere genauso. Doch Costco ist anders, denn Costco verdient an seinem enormen Warenumsatz nur eine geringe Marge. Dennoch ist das Unternehmen profitabel und eröffnet ständig zusätzliche Läden.

Das Geheimnis ist ziemlich einfach: Costco ist ein Club, genauer gesagt ein Konsum-Club. Seine Läden stehen nur Mitgliedern offen, die dafür einen Mitgliedsbeitrag zahlen. Costco generiert auf diese Weise einen hohen und regelmäßigen Geldstrom, aus dem es sein Business speist.

Costco hat sich auf den Vertrieb von Marken-Produkten zu ermäßigten Preisen spezialisiert und bietet seinen Mitgliedern Lebensmittel, Spielzeuge, Schmuck, Elektro-Geräte und Reisen an. Man konkurriert also nicht mit den Billigläden, sondern adressiert einen Markt, bei dem es um höhere Kaufpreise geht. Und wo die Jahresgebühr für die Mitgliedschaft verhältnismäßig gering erscheint.

Ein wachsender Strom an Mitglieds-Beiträgen
Costco ist also nicht darauf angewiesen, mit den eigentlichen Warenverkäufen Gewinne zu erzielen, weshalb es diese noch günstiger anbieten kann als klassische Einzelhändler. Es ist eher genau umgekehrt: Je niedriger die Preise, desto attraktiver bleibt Costco für seine bestehenden Mitglieder und wird für neue Mitglieder interessanter.

Dabei lohnt sich die Mitgliedschaft vor allem für aktive Kunden; je mehr man kauft, desto geringer ist die Mitgliedsgebühr im Verhältnis zum Einkaufsvolumen. Und so erklärt sich auch, weshalb nur relativ wenige Leute ihre Mitgliedschaft nach einem Jahr nicht verlängern, während auf der anderen Seite immer mehr neue Mitglieder hinzustoßen. Dieser Netzwerkeffekt ist einer der bedeutendsten Burggraben-Effekte!

Und der wirkt bei Costco, was sich an der Verlängerungsquote zeigt. In seinen beiden wichtigsten Märkten USA und Kanada liegt die bei 91,6 % und weltweit sind es ebenfalls beeindruckende 89 %. Mit diesem gut kalkulierbaren Geldstrom expandiert Costco weiter und mit jedem zusätzlichen Ladengeschäft steigt Costcos eigene Einkaufsmacht und bietet Raum für noch größere Einkaufsrabatte. Es ist ein nahezu perfektes System, das sogar in Rezessionszeiten Erfolg verspricht."


Der enorme und kaum aufzuhaltende Erfolg dieses Geschäftsmodells zeigt sich an den aktuellen Entwicklungen.

Der Aktienkurs steigt seit Jahrzehnten. Weil Costco seit Jahrzehnten wie an der Perlenschnur aufgezogen seine Umsätze und Gewinne steigert. Und doch kommt es immer mal wieder zu kräftigen Kurseinbrüchen, auch mal über 25 %.

So geschah es im Frühjahr 2021, als der Kurs innerhalb von wenigen Wochen von 390 auf 330 USD abrutschte. Damals waren die Befürchtungen groß, dass Costco als einer der größten Profiteure der Corona-Pandemie anschließend zu den großen Verlierern gehören würde. Eine Angst, die unbegründet war, denn Costco konnte seine Umsätze und Gewinne weiter deutlich zweistellig steigern.

Anfang 2022 wiederholte sich das Spiel. Der Kurs brach von 550 auf 475 USD ein, als es den hochbewerteten Wachstumsunternehmen an den Kragen ging. Steigende Zinsen, stotternde Lieferketten und Preissteigerungen würden die Umsätze und Gewinne implodieren lassen, war die Befürchtung. Doch bei Costco war davon nichts zu spüren, wie die monatlich gemeldeten Zahlen belegten. Folgerichtig erholte sich der Aktienkurs und markierte im April ein neues Allzeithoch bei über 600 USD.

Doch dann schockten Walmart und Target die Börse mit schlechten Quartalszahlen, weil sie die heftigen Preissteigerungen nicht an ihre Kunden weitergeben konnten. Die erodierenden Margen zeigten Schwächen im Geschäftsmodell. Und auch die Costco-Aktie brach im Gleichklang massiv mit ein und stürzte von 600 auf 425 USD kolossal ab. In den letzten vier Wochen seit diesem Tief konnte sich die Aktie bereits wieder auf 525 USD erholen.

Und warum? Weil Costco… ihr ahnt es schon… einfach stur und unbeirrt zweistellige Wachstumszahlen präsentiert.

In seinem dritten Geschäftsquartal, das am 8. Mai endete, glänzte Coscto mit einem Umsatzanstieg von 16 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 51 Mrd. USD. Auf vergleichbarer Basis (also die Warenhäuser, die mindestens schon ein Jahr in Betrieb sind) lag der Anstieg sogar bei 17 %. Doch Umsatzwachstum bei stark steigenden Preisen kann jeder. Daher richtet sich der Blick auf die Erträge. Und auch die stiegen: Der Gewinn pro Aktie erhöhte sich im Vorjahresvergleich von 2,75 auf 3,05 USD, obwohl die Gewinnspannen leicht rückläufig waren.

Doch damit nicht genug: Costco hat auch für Juni seine monatlichen Ergebnisse veröffentlicht und die Umsätze stiegen im Jahresvergleich um 20 %, in den USA sogar um 21 %. Auf vergleichbarer Basis erzielte Costco ein Wachstum von 18 %. Und auch wenn man ausschließlich das herausfordernde Jahr 2022 betrachtet, beeindruckt Costco mit einer Steigerung seit Jahresstart um 15 % (auf vergleichbarer Basis).

Natürlich verkauft Costco Benzin und Diesel und deren Preisanstieg verzerrt die Zahlen etwas. Deshalb meldet Costco auch immer Zahlen, wo dieser Effekt bzw. diese Positionen herausgerechnet sind. Danach verbuchte Costco seit dem Jahresstart ein Plus von 13 %.

Das Geschäftsmodell erweist sich also weiterhin als resilient. Corona konnte ihm nichts anhaben, stark steigende Preise, Lohnkosten und Inflation ebenso wenig und die gestörten Lieferketten auch nicht.

Dabei ist Costcos Zauberformel ganz einfach: man hat einige der niedrigsten Produktmargen der Branche, etwa 11 % bis 12 %, während die Supermärkte in der Regel im mittleren bis hohen 20er Bereich liegen. Die niedrigen Gewinnspannen werden durch das große Volumen wettgemacht. Costco bietet seinen Kunden den besten Preis, aber zum Kunden kann man nur als Mitglied werden. Ausschließlich Mitglieder können die supergünstigen Preise bei Costco nutzen und die ständig wechselnden Rabattaktionen.

Die Mitgliedsbeiträge spielen in diesem Modell eine wichtige Rolle. Im 3. Geschäftsquartal stiegen sie um mehr als 9 % auf 983 Mio. USD. Da den Mitgliedsbeiträgen kaum Kosten gegenüberstehen, macht Costco also mit seinen Mitgliedsbeiträgen alleine pro Jahr fast 4 Mrd. USD Gewinn. Costco muss (und will) also gar nicht viel an den Waren verdienen und deshalb kriegen die Mitglieder bei Costco fast immer den besten Preis. Das steigert die Loyalität.

Und nun kehren wir noch einmal zu unseren Währungsproblemen zurück. Costco verkauft ganz überwiegend in den USA. Einen wesentlichen Teil seiner Elektronik-Produkte kauft man in China ein. Da kann man die Dollarstärke gerade voll ausspielen. Zudem wird in US-Regierungskreisen laut darüber nachgedacht, einige der Strafzölle gegenüber China zu lockern oder gar ganz aufzuheben. Auch das würde Costco zusätzlich in die Karten spielen.

Es finden sich also, wie üblich, kaum gute Argumente gegen ein Investment in Costco-Aktien. Einzig die Bewertungskarte sticht immer, denn Costco ist seit jeher deutlich höher bewertet als seine Wettbewerber aus der Branche. Nur ist eben Costcos Geschäftsmodell auch nicht wirklich mit denen zu vergleichen, denn es basiert nicht auf einmaligen hohen Verkaufserlösen, sondern auf dem Wachstum stetiger Einnahmeströme aus Mitgliedbeiträgen.

Während also Walmart, Target, Aldi, Lidl & Co. so operieren wie das Ballmer-Microsoft vor 10 Jahren, als man Windows noch auf CDs brannte und verkaufte, agiert Costco bereits seit Jahrzehnten wie das Nadella-Microsoft, das Windows und alle anderen Softwareprodukte als SaaS-Modell vertreibt: als Software-as-a-Service. Anstelle einmaliger Lizenzeinnahmen fließen stetige Subskriptionserlöse. Die sind nachhaltig, gut planbar und brechen auch in wirtschaftlich schwächelnden Phasen nicht einfach weg. Sie sind daher viel mehr wert. Und deswegen auch Costco.

Mein Fazit

Die Währungsturbulenzen werden uns immer begleiten und wir Anleger müssen mit ihren Auswirkungen leben und umgehen. André Kostolany widmete dem Thema ein ganzes Buch: "Und was macht der Dollar?". Im Grunde hat sich an den Effekten in den letzten Jahrzehnten nichts geändert.

Dennoch kann man in besonders sprunghaften Phasen sein Augenmerk auf die Branchen und Unternehmen richten, die weniger stark betroffen sind. Das schmälert die Gewinne, wenn man richtig spekuliert hat, aber es reduziert die Einbußen, wenn man sich geirrt haben sollte. So setzt man auf das Wahrscheinlichere, auf ein bisschen mehr Gewissheit. Und das ist beim Investieren selten das Schlechteste. Oder wie John Maynard Keynes es ausdrückte: "Ich möchte lieber ungefähr Recht als präzise Unrecht haben"...

Disclaimer: Habe Coscto, CSX, Microsoft, SVB Financial auf meiner Beobachtungsliste und/oder in meinem Depot.

7 Kommentare:

  1. Konstantin25.07.22, 17:44

    Du schlägst also vor, USD-Equity jetzt zu kaufen, wenn der USD am teuersten ist? Aber der Euro wird doch nicht für immer schwach bleiben. Von 0,85 auf 1,60 hat es der Euro einmal "geschafft". Was dann, wenn man seine Aktien jetzt bei USD/EUR 1,00 kauft? Zumindest USD Anleihen würde ich aus diesem Grund nicht anfassen. Aktien sind komplexer, weil die Entwicklung des Unternehmens eine größere Rolle spielt, nicht nur der USD/EUR Kurs.

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    1. Konstantin, meine Aussage ist nicht "der Dollar steht hoch, also kauft US-Aktien". Unter dem Aspekt der Währung ist das kein guter Zeitpunkt, um zu kaufen. Meine Aussage ist eine andere: die USA werden dauerhaft Wettbewerbsvorteile gegenüber der EU/Eurozone haben wegen ihrer Lage (zwischen zwei Ozeanen) und ihrer Energieunabhängigkeit. Profiteure dieser Entwicklung werden insbesondere "US-Binnenmarktunternehmen" sein. Und, wenn man diese nicht im Depot hat, sollte man sich diese Werte mal ansehen und bei einer günstigen Gelegenheit zuschlagen. Aber eben nicht, "weil der Dollar so hoch steht". ;-)

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  2. Ich sehe da Target oder Ahold dehalze doch eindeutig besser , was die Zahlen und Ausblick angeht

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  3. 2006 und 2007 hat man dieses Dilemma als Deutscher mit US-Aktien erlebt: Die Kurse der USAktien konnten gar nicht so schnell steigen, wie der Dollar an Wert verlor. 2 gruselige Jahre und dann kam auch noch 2008 - das war aber ein anderes Thema.

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  4. Wie ist Ihre Einschätzung jetzt zu Funkwerk

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    1. Heute gab es folgende Meldung: "Die Funkwerk AG übernimmt mit wirtschaftlicher Wirkung zum 01.01.2022 die Hörmann Kommunikation & Netze GmbH von der HÖRMANN Industries GmbH, die wie Funkwerk Teil der HÖRMANN-Gruppe ist. Hörmann KN, technischer Dienstleister in den Bereichen Kommunikationstechnik, Leitungsbau, Energie-Anlagen sowie Wartung & Service, agiert als Full-Service-Partner vieler namhafter Kunden, beschäftigt rund 200 Mitarbeiter und erzielte in den letzten drei Jahren - abhängig vom Projektvolumen - durchschnittlich einen Umsatz von rund 30 Mio. Euro p.a. Durch die Akquisition erweitert Funkwerk das Leistungsportfolio insbesondere für Kunden in den Bereichen Bahntechnik und kritische Infrastrukturen, in denen beide Unternehmen über weitreichende Schnittmengen verfügen."

      Finanzielle Details wurden nicht bekanntgegeben, dabei ist der Kaufpreis natürlich entscheidend. Hörmann KN ist weniger profitabel als Funkwerk, aber es gibt eine Reihe von Schnittmengen und Synergieffekte. Auch wird Funkwerk wohl vom Kundennetzwerk von Hörmann KN profitieren.

      Es besteht die Befürchtung, dass Funkwerk zu viel Geld auf den Tisch legen musste - weil beide Unternehmen Teil der Hörmann Gruppe sind, die seit einiger Zeit in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Durch den Deal könnte sich Hörmann an den liquiden Mitteln von Funkwerk bereichert haben - so die Bedenken.

      Ich sehe den Deal allerdings nicht per se negativ. Frunkwer-CEO Kerstin Schreiber hat bei Funkwerk gezeigt, wie gut sie als Saniererin ist. Bisher war die Hörmann-Tochter eigenständig, künftig hat Funkwerk/Frau Schreiber dort das Sagen. Da werden sicherlich auch einige Synergien zu heben sein und evtl. gibt es auch nutzbare Verlustvorträge.

      Dass Hörmann großes Interesse an einer Liquiditätsspritze hat(te), ist nachvollziehbar und auch schon länger bekannt. Dass sich Funkwerk/Frau Schreiber hier maßlos überteuert eine Bruchbude haben unterschieben lassen, wage ich zu bezweifeln hat bisher einen untadeligen Ruf, den wird sie sicherlich nicht riskieren - auch nicht für den Merhrheitsaktionär (dessen CEO AR-Vorsitzender bei Funkwerk ist). Ich gehe daher davon aus, dass für Hörmann der bestmögliche, aber eben noch vertretbare, Kaufpreis herausgesprungen ist. Und für Funkwerk eben Perspektiven...

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  5. Hallo Herr Kissig, Ihre Einschätzung zu Union Pacific und CSX teile ich. Auch die beiden kanadischen Eisenbahnen sind top, allerdings etwas höher bewertet. Alle Gesellschaften haben tolle Bruttomargen.
    Der Kurs des Euro ist ein Drama. Geld auf der Bank lassen ist aber auch kein gute Idee.
    Wird der Euro wieder steigen? Ja sicher, wenn die Amerikaner in einem Jahr die Zinsen wieder senken 😀

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