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Mittwoch, 1. Juni 2022

Kissigs Performance-Update: So liefen die Börsen und meine Wikifolios im Mai

Der Mai begann erneut schwach, doch zum Ende schloss er versöhnlich. Am Markt weicht die Angst vor einem heftigen Überdrehen der Zinsschraube durch die US-Notenbank, weil der Preisdruck etwas nachlässt, die Konjunktur schwächelt, China seinen Lockdown in Shanghai lockert und damit die Störungen der Lieferketten langsam entwirrt werden. Gleichzeitig trifft man fast nur noch auf Pessimisten, die ellenlange Erklärungen dafür haben, dass alles nur noch schlimmer werden kann. Viel schlimmer. Dazu passt, dass die professionellen Fondsmanager mehr Bargeld horten als in den letzten 20 Jahren zuvor. Doch wie sagte schon André Kostoalany: "Wenn alle Spieler auf eine angeblich todsichere Sache spekulieren, geht es fast immer schief". Aber was könnte schiefgehen? Richtig, die Rezession wird abgeblasen, der Börsencrash bleibt aus und die Aktienkurse beginnen einfach wieder zu steigen. Vielleicht sogar (schon) die niedergeknüppelten High-Growth-Werte. Also nix da mit "Sell in may", der Spruch ist ohnehin renditeschädlich.

Und bisher ist ja auch kaum was passiert. Die Earnings Season offenbarte, dass die Unternehmen noch immer gut verdienen; -1 % ggü. Q1/21, allerdings -14 % ggü. Q4/2021. Die Dividendenausschüttungen sind auf Rekordniveau. Optimismus? Fehlanzeige. Beim Blick nach vorn herrscht Tristesse, es werden sorgenvolle Minen aufgesetzt. Doch wie lehrte uns Börsenlegende Sir John Templeton: "Die Zeiten des größten Pessimismus sind die besten Zeiten, um zu kaufen und die Zeiten des äußersten Optimismus sind die besten Zeiten, um zu verkaufen".

Für die meisten Anleger stellt sich die Frage, ob jetzt (schon) die beste Zeit ist, um mit Aktien wieder ordentlich Geld zu verdienen. Doch das ist die falsche Frage. Die (einzig) richtige Frage lautet, an welchen großartigen Unternehmen man jetzt beteiligt sein sollte. Und davon gibt es einige...

Selbstverständlich spielt der Kaufpreis eine entscheidende Rolle. Selbst das beste Unternehmen der Welt kann ein schlechtes Investment sein, wenn man die Aktie viel zu teuer eingekauft hat. Das Gute an den Kurseinbrüchen der letzten Monate ist, dass auch die Aktien vieler Top-Unternehmen wieder deutlich günstiger zu kaufen sind. So wie Costco, die von 550 auf 400 EUR zurückgekommen sind und die ich deutlich aufgestockt habe. Mein letztes ausführliches Update zu Costco könnt ihr hier nachlesen.

GARP (Growth at a reasonable Price) bleibt der Schlüssel für nachhaltige Anlageerfolge, denn auch in den nächsten Jahren wird unsere Welt sich weiter in Richtung Digitalisierung und Automation bewegen und die Unternehmen aus diesen Sektoren werden überdurchschnittlich gute Geschäfte machen. Und dabei werden Software, und Künstliche Intelligenz (also letztlich auch Software) die Wachstumsmotoren bleiben. Und das Ganze wird zunehmend dezentral stattfinden, also mobil und in der Cloud. Diese Entwicklungen passieren, auch wenn wir uns unsere Lebensgewohnheiten ohne Corona langsam wieder zurückerobern. Die momentan niedrigeren Wachstumsraten sollten nicht über- bzw. fehlinterpretiert werden: wegen der hohen Basiswerte aus 2021 sehen die 2022er Zahlen nach Wachstumsschwäche aus. Aber wer die Zahlen von 2022 mit denen aus 2019 vergleicht, sieht die enormen Erfolge beim Umsatz und beim (operativen) Gewinn. Sobald sich diese Erkenntnis durchsetzt, werden auch die Aktien der High-Growth-Werte wieder gefragt sein. Kurs-Umsatz-Monster sollte man aber auch dann meiden; es gibt so viele attraktive und bereits (operativ) profitable Wachstumswerte, da muss man sich nicht die hyperbewerteten Meme-Aktien ins Depot laden.

Aber ich greife voraus. Noch ist es nicht soweit. Erstmal steht uns nun der Juni bevor, der Monat, der statistisch gesehen nur in 36 % der Fälle positive Renditen abwirft. Vielleicht die letzte Chance, nochmal günstig Aktien einsammeln zu können, bevor sich der Börsentrend wieder umkehrt. Denn, auch das ist Statistik, Korrekturphasen haben selten länger als 5 Monate gedauert.

Die Börsenentwicklung

Im vergangenen Monat konnten Value-Aktien anständig performen, während Tech-Aktien weiter unter Druck standen. Es traf erstmals auch die Tech-Schwergewichte, was auch an zunehmenden Mittelabflüssen aus Fonds und ETFs liegen dürfte. Hinzu kamen Enttäuschungen bei einzelnen Unternehmen, wie exemplarisch genannt Amazon.

• Dow Jones: +0,71 % (YTD: -8,60 % // 1 Jahr: -3,81 %)
S&P 500: -1,79 % (YTD: -14,86 % // 1 Jahr: -3,48 %)
NASDAQ: -4,50 % (YTD: -24,77 % // 1 Jahr: -10,30 %)
DAX: +2,58 % (YTD: -8,96 % // 1 Jahr: -6,82 %)
MDAX: -1,14 % (YTD: -15,30 % // 1 Jahr: -10,68 %)
SDAX: -0,95 % (YTD: -16,57 % // 1 Jahr: -16,04 %)
TecDAX: +1,59 % (YTD: -18,91 % // 1 Jahr: -7,19 %)

Entwicklung meiner Wikifolios

Soweit mein kurzer Monatsrückblick. Jetzt kommen wir zur Entwicklung meiner drei Wikis:

Kissigs Nebenwerte Championszum Wiki

Investiertes Kapital: 2.698.500,- EUR
138,87 (30.04.22: 140,30)

Rendite seit Start am 19.08.20: +38,9 %
Rendite 1 Monat: -1,0 %
Rendite in 2022: -6,8% (YTD)
Rendite in 2021: +17,3 %
Rendite in 2020: +27,0 % (ab 19.08.)

Mein Nebenwerte Wiki hat sich erneut am besten geschlagen, obwohl Nebenwerte in Korrekturphasen tendenziell zu den größeren Verlierern zählen. Das liegt vor allem an der hohen Gewichtung von EnergiekontorPNE und Funkwerk, deren Kurs das Wiki deutlich stabilisiert haben. Während Energiekontor korrigierte, kletterte PNE weiter; beide brachten auch Dividenden ein. Bei Mutares gab es eine besonders üppige Dividende und die positiven Nachrichten aus dem Dealflow geben dem Kurs Auftrieb.

Kissigs Quality Investmentszum Wiki

Investiertes Kapital: 819.900,- EUR
98,75 (30.04.22: 102,01)

Rendite seit Start am 13.08.20: -1,4 %
Rendite 1 Monat: -3,1 %
Rendite in 2022: -26,0 % (YTD)
Rendite in 2021: +24,0 %
Rendite in 2020: +7,0 % (ab 13.08.)

Bei den Quality Investments ging es nochmals nach unten. Die Techwerte schwächelten und Costco gab deutlich nach, nachdem Target und Walmart mit ihren Quartalszahlen und Ausblick massiv enttäuscht hatten. Ich habe Costco dreimal aufgestockt, so dass der Wert nun die höchste Gewichtung im Wiki hat. Die Kurserholung um 10 % vom Tief aus gesehen hat ebenfalls dazu beigetragen. LendingClub und SVB Financial habe ich angesichts überzeugender Zahlen und tendenziell weiter steigender Zinsen aufgestockt. Und Tomra Systems habe ich nach erfolgten Aktiensplit verkauft, weil ich Geld für einen neuen Depotwert brauchte: CSX, ein wahres Cashflowmonster. Die US-Eisenbahngesellschaft hat in den letzten 15 Jahren fast die Hälfte ihrer ausstehenden Aktien zurückgekauft und greift weiterhin mit beiden Händen voll zu...

Kissigs Turnaround-Spekulationen ▶ zum Wiki

Investiertes Kapital: 103.100,- EUR
71,81 (30.04.22: 74,20)

Rendite seit Start am 12.10.21: -28,2 %
Rendite 1 Monat: -3,2 %
Rendite in 2022: -20,7 % (YTD)
Rendite in 2021: -9,4 % (ab 12.10.)

Bei meinen Turnaround Spekulationen gab es erneut die schlechteste Entwicklung. In diesem Segment gibt es kein leichtes und schnell verdientes Geld und angesichts der sich eintrübenden Wirtschaftslage sinkt die Stimmung im Hinblick auf angeschlagene Unternehmen überdurchschnittlich. Ganz besonders schlecht schnitt Corestate Capital ab. Hier ist mehr im Argen als zuvor bekannt war. Von dem Ausmaß dürften auch Efremidis/Ehlerding überrascht sein - ebenso wie ich. Es hat ja bereits personelle Konsequenzen gegeben und auch deftige Abschreibungen. Nun haben sich weitere Problemstellungen und Wertberichtigungen ergeben, während bald Anleihen zur Refinanzierung anstehen. Die Unsicherheiten erhöhen den Druck auf die Anleihen und das Unternehmen insgesamt. Daher gibt es nun Gespräche mit den Anleihegläubigern für eine frühzeitige Um- bzw. Anschlussfinanzierung. Die Aussichten sind dabei natürlich eng mit der Fähigkeit von Corestate verknüpft, die Zins- und Tilgungsleistungen bedienen zu können. Diese Gemengelage sowie die ohnehin herausfordernde Situation in der Baubranche (steigende Materialpreise, Personalmangel, steigende Zinsen, Bauverzögerungen usw.) haben auch dazu geführt, dass die Geschäfte im Bereich Bauprojektierung noch schleppender laufen und damit belasten sie die operative Performance von Corestate zusätzlich. Die Folge ist, dass der Vorstand nun (1.) die Jahresprognose kassiert und (2.) die Dividende gestrichen hat. Das kam an der Börse überhaupt nicht gut an. Die Unsicherheit hat nochmals zugenommen und das belastet den Kurs. Mit Efremdis führt ein branchenerfahrener Manager das Unternehmen und er selbst und auch Karl Ehlerding haben finanzielle Reserven, die ggf. bei einer Corestate-Sanierung eine Rolle spielen können. Ich sage bewusst "können", denn beide wollen in erster Linie natürlich Geld verdienen. Es kann also als Teil der Sanierung neben einer Verlängerung/Refinanzierung der Anleihen auch um Eigenkapitalspritzen gehen, bei denen sich Ehlerding/Efremidis nochmals signifikant beteiligen. Solange aber kein valider Sanierungsplan auf dem Tisch liegt, wird die Unsicherheit anhalten und den Kurs weiter belasten. Es ist alles möglich: Pleite, Riesenverwässerung der Altaktionäre (bei einem Debt-to-Equity-Swap der Anleihen), Sanierung und Wiederauferstehung.

Ich habe mich entschlossen, mich auf die aussichtsreichsten Turnaround-Unternehmen zu konzentrieren, die weniger stark von den aktuellen Negativeinflüssen getroffen werden. Daher habe ich mich erstmal von General Electric, Philips und StoneCo getrennt und bei LendingClub und Mutares aufgestockt, die beide mit rund 20 % Gewichtung nun die größten Positionen sind. Dividenden gab es auch noch und zwar bei Mutares und Philips und die Cashquote liegt aktuell bei 19,2 %. Das wird aber nicht so bleiben; vielleicht ergeben sich in den nächsten Wochen interessante Targets im Technologiesektor.

Ende, Aus, und...

Es war ein weiterer herausfordernder Monat und ich bedanke mich bei den Anlegern, die mir mit ihren Investments ihr Vertrauen aussprechen und in die drei Wikis zusammen bereits gut 3,6 Mio. EUR investiert haben. Das ist annähernd die gleiche Summe wir vor einem Monat und das trotz der negativen Performance aller drei Wikis.

Auch zukünftig werde ich mein Bestes geben, um mit den Wikis dauerhaft überdurchschnittliche Renditen zu erwirtschaften. Meine durchschnittliche jährliche Zielrendite ist 15 %; davon sind alle drei Wikis in diesem Jahr allerdings reichlich - und nun nochmals ein bisschen mehr - entfernt.

Disclaimer: Habe die genannten Werte auf meiner Beobachtungsliste und/ oder in meinem Depot/ Wikifolio.

4 Kommentare:

  1. mal fix nachschauen, costco rev exp ´22 und ´23:~219/~235, eps damit ~~13,05 und ~~14,21
    selbst wenn ich jetzt über 10 jahre nen wachstum von 7% ansetze (sportlich) würde ich bei einer renditeerwartung von wenigstens 12% die aktie erst anfassen, wenn die um die 220$ notiert. und das sind schon sehr optimistische erwartungen.
    so viele gute aktien sind immer noch viel zu teuer. aber die leute, welche diese preise verteidigen, werden in den letzten monaten deutlich weniger :>
    "costoco wird niemals mehr so billig werden"
    nein? so wie paypal? so wie netflix? hypoport snap robinhood teladoc roblox und dutzende andere, welche niiiiieeee mehr fallen werden, schon gar nicht sooooo tief. hier muss nur mal EINE kennzahl in EINEM quartalsbericht auch nur den anschein erwecken, dass das wachstum von ?was?19%?? nicht über die nächsten 10 jahre fortgeführt werden kann, und dann geht es noch deutlich weiter runter als die 400$, welche mancheiner sicher schon für unmöglich gehalten hat.
    bin ich ein pessimist? nein, ich kaufe mit freude manche gefallenen stonks, auch jetzt aktuell in der bärenmarktrallye (so sie denn eine ist). aber bei costco warte ich noch, ist auf der watchlist, da tolles unternehmen, nur viel zu teuer (für mich) alles gute euch :>

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  2. Das Wort "Stonks" ist eine absichtlich falsch geschriebene Variante des Wortes "Stocks", was auf Deutsch "Aktien" heißt. Das Meme thematisiert finanzielle Fehlentscheidungen, die meist durch ein Fehlen von Kenntnissen (deswegen auch die falsche Schreibweise) entstehen

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  3. Weiß jmd. was bei Corestate los ist? Keine News die ich finden kann und in den letzten beiden Tagen prozentual massiv gestiegen, nachdem man lange Tag für Tag stetig etwas sank im Kurs.

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