clearvise: Steigende Gewinne dank Rückenwind und Sonnenschein
Die clearvise AG ist ein unabhängiger Stromproduzent im Markt der erneuerbaren Energien und betreibt ein diversifiziertes europäisches Anlagenportfolio. Das Beteiligungsportfolio umfasst rund 303 MW operative Wind- und Solarparks sowie eine Biogasanlage in vier Ländern. Der Bestand wird aggressiv weiter ausgebaut und damit trifft das Unternehmen genau den Nerv der Zeit, während die die Nachfrage nach grüner Energie und die Strompreise weiter ansteigen.Das Unternehmen wurde im Jahr 2010 gegründet von der ABO Wind AG, einem Projektierer von Windkraftanlagen. Die ABO Invest AG erfüllte als Betreiberin von Windparks die steigende Nachfrage von Anlegern nach Investitionsmöglichkeiten im Segment der erneuerbaren Energien.
Im Mai 2011 wurde die ABO Invest-Aktie erstmals öffentlich zum Kauf angeboten und konnte zu einem Kurs von 1,05 EUR gezeichnet werden.
Die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Projektentwickler und Betreibergesellschaft reduzierte Transaktions- und Verwaltungskosten. Viele Jahre fungierten die ABO Wind-Vorstände Dr. Jochen Ahn und Andreas Höllinger zugleich als Vorstände der ABO Invest. Diese Konstellation begünstigte den effizienten Aufbau eines international diversifizierten Windkraft-Portfolios. Vorübergehend war ABO Wind mit bis zu 30 % an ABO Invest beteiligt.
Nach 10 Jahren war Schluss. Nachdem sich aktivistische Investoren eingekauft und immer stärkeren Druck auf das Management ausgeübt hatten, beide Unternehmen zu entflechten und getrennte Wege gehen zu lassen, erfolgte die Trennung Mitte 2020. Die ABO Wind AG hatte alle ihre Anteile an der ABO Invest verkauft und auch die Vorstände abgezogen.
Seitdem fokussiert sich die ABO Wind AG auf die Projektierung von Wind- und Solarparks, während die ABO Invest ein reiner Bestandshalter ist. Einige Zeit später erfolgte dann die Umbenennung in clearvise AG.
Geschäftsmodell
Clearvise verfügt per 30. April 2022 über ein etabliertes, diversifiziertes Beteiligungsportfolio mit einer Kapazität von rund 378 MW aus Wind- und Solarparks in Deutschland, Frankreich, Irland und Finnland. Hiervon befinden sich bereits rund 303 MW in Betrieb.Das Unternehmen profitiert im Megawatt-gewichteten Durchschnitt noch mehr als neun Jahre lang von festen Einspeisevergütungen mit einem durchschnittlichen Einspeisetarif von über 81 EUR je MWh. Auch in Anbetracht der COVID-19-Pandemie hat sich das Geschäftsmodell als robust erwiesen. Dabei stellt die garantierte Einspeisevergütung zumeist nur die Untergrenze der Vergütung dar; sofern der Strompreis an der Strombörse höher notiert, kann das Unternehmen diese höheren Preise für sich nutzen.
Im Jahr 2020 hat clearvise durch die personelle, organisatorische und strategische Neuausrichtung die Voraussetzungen für künftiges Wachstum geschaffen und das Beteiligungsportfolio in 2021 um rund 70 % ausgebaut. CEO ist seitdem Petra Leue-Bahns, die bereits seit 2001 in verantwortlichen Positionen in der Branche für erneuerbare Energien arbeitet und mit allen Ebenen der Wertschöpfungskette vertraut ist.
3-Säulen-Strategie
Auf Basis der Drei-Säulen-Strategie aus clearSWITCH, clearPARTNERS und clearVALUE konzentriert sich clearvise darauf, ihr Portfolio an Wind-Onshore und Photovoltaik-Anlagen in Europa profitabel weiter auszubauen. Der Fokus liegt auf Wind-Onshore- und PV-Anlagen primär in Europa. 80 bis 85 % des Eigenkapitals sehen man dabei für Direktinvestitionen in die regenerative Stromerzeugung in Europa vor, weitere 15 bis 20 % sind als sog. Opportunity Pocket für andere erneuerbare Technologien und Länder bestimmt.Unter clearVALUE will das Unternehmen klassisch durch die Akquisition von neuen oder bestehenden Projekten wachsen. In diesem Zusammenhang sind auch Projekte realisierbar, die mit komplexen technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen einhergehen.
Die zweite Säule, das Co-Entwicklungs- und Co-IPP-Modell clearPARTNERS steht für Kooperationen mit regionalen Entwicklern.
Mit clearSWITCH ermöglicht es clearvise Betreibern von Bestandsanlagen, diese gegen clearvise-Aktien eintauschen können; es ist also ein innovatives Sachkapitalanlagemodell. Die Ausgabe der neuen Aktien, die als Kaufpreis gezahlt werden, verwässern dabei den Aktienbestand der Altaktionäre, wie bei jeder Kapitalerhöhung, bringen aber die Energieparks als neues Eigenkapital ein und schaffen damit im Gegenzug Werte für die Aktionäre.
Wachstumsstrategie
Die clearvise AG verfolgt eine klar auf den Markt ausgerichtete Strategie. Für Direktinvestitionen in regenerative Energieerzeugung aus Wind und Sonne erwirbt man Projekte in unterschiedlichen Entwicklungsstufen, in der Regel baureife oder schlüsselfertige Wind- und Solarparks. Als operativ tätiges Unternehmen konzentriert sich clearvise im Zuge eines aktiven Portfoliomanagements zugleich darauf, die Erträge durch technische Verbesserungen oder Veränderungen der Finanzierungsstruktur im laufenden Betrieb zu optimieren.Die Mittelfristplanung sieht einem Ausbau des Portfolios auf mehr als 750 MW/MWp bis Ende2025 vor zuzüglich einer weiteren Pipeline von 250MW/MWp.
Risikomanagement
Größtes Einzelrisiko für das Unternehmen ist das Wind- und Solar-Angebot. Das Wetter kann nicht beeinflusst werden, daher zielt die Strategie mittelfristig darauf ab, die Erträge des Stromerzeugungsportfolios unabhängiger von den volatileren Windverhältnissen zu machen. Das geschieht zum Beispiel über den Ausbau der Erzeugungskapazität im Bereich Photovoltaik, Sondierung der Einsatzmöglichkeiten von Speichertechnik, Berücksichtigung des erwarteten Zubaus in der Region bei Investitionsentscheidungen.Clearvise wählt neue Projekte so aus, dass sie das Gesamtportfolio gut ergänzen. Neben der Rentabilität der einzelnen Windparks ist die Risikostreuung ein entscheidendes Kriterium. Anlagen unterschiedlicher renommierter Hersteller in unterschiedlichen Wind-Regionen und in Ländern mit unterschiedlichen Preismodellen für Strom aus regenerativen Quellen vermindern die Gefahr, die prognostizierte Wertentwicklung zu verfehlen.
Schwaches Windjahr 2021
Im letzten Geschäftsjahr hat clearvise die ursprünglich kommunizierten Bandbreiten für die Produktion, die Erlöse und die Ertragskennziffern nicht erreichen können, da das Windaufkommen sehr schwach ausgefallen ist; es lag in den Regionen, in denen clearvise aktiv ist, überwiegend deutlich unter den langjährigen Durchschnittswerten.Infolgedessen hatte das Management bereits Ende November 2021 den Zielkorridor für die Jahresproduktion von zuvor 389 bis 415 GWh auf 366,2 bis370 GWh gesenkt. Damit ging eine auf 31,1 bis 31,4 Mio. EUR (zuvor: 34,4 bis 38,4 Mio. EUR) aktualisierte Zielspanne für den Umsatz einher, die zu einem Konzern-EBITDA von 20,2 bis 20,5 Mio. EUR führen sollte (zuvor: 23,3 Mio. bis 27,4 Mio.).
Letztlich ist die Stromproduktion 2021 um 14 % auf 366,5 GWh zurückgegangen. Der dämpfende Effekt auf die Geschäftszahlen konnte allerdings durch die hohen Strompreise zum Jahresende teilweise abgefangen werden, so dass der Umsatz und das bereinigte EBITDA mit 32,9 Mio. (-9,8 %) bzw. 22,6Mio. EUR (-17,3 %) die reduzierten Zielspannen übertrafen.
Die technische Verfügbarkeit des Anlagenportfolios fiel im Jahr 2021 hervorragend aus. Im Bereich der Windkraftanlagen erreichte diese, wie im Vorjahr, einen hohen Wert von 98 %, was von den Photovoltaikanlagen, die im Zuge des Portfolioausbaus im Jahresverlauf erworben wurden, mit 99,8 % sogar noch übertroffen wurde.
Umsatzverteilung
Die Stromerzeugung verteilt sich in etwa gleichmäßig auf die vier Länder Frankreich (28,7 %), Finnland (24,1 %), Irland (24,0 %) und Deutschland (23,2 %). Auch bezogen auf den Konzernumsatz von 32,9 Mio. EUR stammte der größte Beitrag mit 9,55 Mio. EUR aus Frankreich, dem aber an zweiter Stelle in fast gleicher Höhe mit 9,46 Mio. EUR Deutschland folgte, wo clearvise vom besonders starken Anstieg der Strompreise profitierte. Auf Finnland und Irland entfielen Erlöse in Höhe von 7,1 bzw. 6,7 Mio. EUR.Starkes Windjahr 2022
Für das laufende Jahr zeichnen sich nach dem schwachen Jahr 2021 deutliche Zuwächse ab, denn die ersten fünf Monate des Jahres waren überwiegend von einem außerordentlich starken Windaufkommen geprägt – und das bei hohen und stark gestiegenen Strompreise.In den ersten Monaten konnte clearvise das Portfolio bereits von knapp 200 auf mehr als 300 MW/MWp ausbauen und gleichzeitig war die Sonneneinstrahlung im 1. Quartal 2022 in Summe vorteilhaft.
Dies führte zu einem Produktionswachstum um 16 % auf 125,4 GWh, was in Kombination mit den hohen Strompreisen in eine Steigerung der Erlöse um 30 % auf 11,6 Mio. EUR umgemünzt werden konnte. Für das Gesamtjahr strebt das Management nun eine Steigerung der Produktion um 31 bis 47 % auf 480 bis 540 GWh an und will auf dieser Basis die Erlöse um 22 bis 37 % auf 40 bis 45 Mio. EUR und das EBITDA um 28 bis 47 % auf 28 bis 32 Mio. EUR steigern.
Ende 2025 soll das Portfolio bereits auf mehr als 750 MW/MWp angewachsen sein, zuzüglich einer weiteren Pipeline von 250MW/MWp.
Portfolioausbau
Im laufenden Jahr wurde der Portfolioausbau fortgesetzt. Für einen großen Sprung sorgte insbesondere Ende April die Inbetriebnahme des Solarparks Klettwitz-Nord in Brandenburg mit einer installierten Kapazität von 90 MWp, dessen Erwerb im Januar dieses Jahres vereinbart worden war.Zusammen mit der Akquisition von zwei weiteren Solarparks mit zusammen 6,7 MWp, die aus der weiteren Umsetzung der großen Rahmenvereinbarung mit dem Projektentwickler ALTUS resultieren, sowie dem übernommenen 7,2 MW-Windpark Korbersdorf, hat sich die installierte Portfolioleistung seit Jahresanfang bereits auf rund 303 MW/MWp erhöht.
Weitere Kapazitäten in Höhe von 26 MW befinden sich in der Entwicklung und auf 49 MW hat sich clearvise den Zugriff vertraglich gesichert, so dass sich die "gesicherte" künftige Portfoliokapazität bereits auf 378 MW/MWp beläuft.
Kapitalerhöhung
Zur Finanzierung des weiteren Wachstums und zur Refinanzierung des Ende Januar planmäßig getilgten Mezzanine-Kapitals (5,5 Mio. EUR Tilgung plus Zinsen) hat clearvise Anfang Februar eine weitere Kapitalerhöhung durchgeführt und rund 5,7 Mio. Aktien zu einem Kurs von 2,00 EUR platziert.Im Nachgang hat sich die Aktienzahl im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung noch einmal leicht um 317.300 auf 63,5 Mio. Stück erhöht, da der Erwerb des Windparks Korbersdorf anteilig über die Ausgabe von Aktien erfolgt ist. Dies war die erste Transaktion nach dem sogenannten clearSWITCH-Modell, mit dem die Eigner von Bestandsanlagen ihre Anteile an relativ illiquiden Assets durch die Einbringung via Sacheinlage gegen liquide clearvise-Aktien tauschen können.
Aktuell entfallen rund 10 % der Aktiva bei clearvise auf liquide Mittel. Der mit Abstand größte Aktivposten bleiben die Sachanlagen, die mit den Investitionen weiter von 157,8 auf 191,3 Mio. EUR zugelegt haben, gleichbedeutend mit rund 83 % der Bilanzsumme.
Auf der Passivseite stehen dem vor allem die Kreditverbindlichkeiten (162,5 Mio. EUR) und das Eigenkapital(56,2 Mio. EUR) gegenüber. Letzteres hat wegen der Kapitalerhöhungen trotz des Jahresverlusts deutlich um 17,4 Mio. EUR zugelegt, womit sich die Eigenkapitalquote von 20,6 auf 24,3 % verbessert hat.
Die aggressive Wachstumsstrategie wird auch künftig über Kapitalerhöhungen finanziert werden (müssen).
Aktionärsstruktur
Nach Angaben von clearvise hat zwei Aktionäre zusammen rund 24,5 % des Grundkapitals. Hiervon hält die Pelion Green Future Alpha 18,6 % und die Union Investment Privatfonds GmbH 5,9 %. Die verbleibenden etwa 75,5 % Prozent befinden sich im Streubesitz.Bullcase vs. Bearcase
Clearvise verfügt über ein diversifiziertes 300-MW-Portfolioaus Wind- und Solarparks, das hohe freie Cashflows generiert. Die garantierten Einspeisevergütungen liefern noch für über 9 Jahre eine gut kalkulierbare Erlösbasis und die vertraglich gesicherte Portfoliokapazität liegt bereits bei knapp 380 MW. Danke der konservativen Abschreibungspolitik wurden signifikante stille Reserven in der Bilanz aufgebaut und die weiter stark zunehmende Nachfrage nach EE-Parks steigert den Wert des Bestandsportfolios zusätzlich.Der jüngste Portfolioausbau und die bereits gesicherten Kapazitäten werden für ein starkes Wachstum von Umsatz und EBITDA sorgen. Der starke Anstieg der Strompreise, insbesondere in Deutschland, bietet Bestandhaltern eine Chance auf Zusatzerträge durch den Abschluss von PPAs (Power Purchase Agreements), bei denen der erzeugte Strom direkt an einen Abnehmer verkauft wird. Hierdurch sichert sich der Stromerzeuger langfristig den Strompreis, unabhängig von den Börsenschwankungen, und kann damit relativ sichere Erlösströme kalkulieren.
Bis 2025 soll das Portfolio weiter auf 750 MW ausgebaut werden und durch eine Verbesserung der Diversifikation, etwa durch Investments in Photovoltaik, die Abhängigkeit von den teilweise stark schwankenden Winderträgen vermindert werden.
Die Bestandshaltung im Bereich der Stromerzeugungskapazitäten wird üblicherweise stark fremdfinanziert; bei clearvise lag die EK-Quote Ende 2021 bei 24,3 %. Für das weitere Wachstum werden immer wieder Kapitalerhöhungen nötig sein, was einen verwässernden und zumindest vorübergehenden kursbelastenden Effekt hat. Gleichzeitig steigen die Zinsen aufgrund der Zinswende der US-Notenbank und der EZB perspektivisch, was zu höheren Finanzierungskosten bei Fremdkapital führt. Und damit zu einer höheren Belastung des Finanzergebnisses und Druck auf die Gewinnmargen.
Diese werden aktuell auch durch die hohen Preise für neue EE-Anlagen negativ beeinflusst, die aus der erhöhten Nachfrage und der verminderten Angebot resultieren. Denn die weltweiten Störungen der Lieferketten, Probleme bei der Materialbeschaffung, massive Preissteigerung sowie Engpässe beim Personal führen zu Verzögerungen bei der Fertigstellung von Projekten. Zurzeit werden diese Preis- und Kostensteigerungen bei EE-Parks durch die sehr hohen Strompreise kompensiert, doch das Risiko von Fehlkalkulationen steigt, sofern die Strompreise sich wieder normalisieren. Denn dann würden sich ggf. einige Projekte nicht mehr rechnen.
Zugleich wird verstärkt über "Übergewinnsteuern" nachgedacht, mit denen Staaten erhöhte Gewinne aus Energieverkäufen abschöpfen wollen. Während dies bei ÖL- und Gaskonzernen noch nachvollziehbar ist, wären solche Abgaben bei Erneuerbaren Energieträgern geradezu widersinnig, da erklärtes Ziel doch eine Abkehr von fossilen Energieträgern ist und eine Zusatzbesteuerung von Gewinnen in diesem Sektor diesen eher unattraktiver machen würde. Es ist daher davon auszugehen, dass sich der EE-Sektor von Übergewinnabgaben eher verschont bleiben wird; in Deutschland dürfte dies rückwirkend ohnehin kaum rechtlich durchsetzbar sein, da Investitionen Vertrauensschutz genießen. Änderungen können, wenn überhaupt, nur zukünftige Projekte betreffen.
Das Chance-Risiko-Verhältnis spricht für clearvise, auch wenn die belastenden Faktoren stets im Blick behalten werden müssen. Der Trend von fossilen zu erneuerbaren Energieträgern spielt auch clearvise in die Karten und macht das Geschäftsmodell attraktiv.
Die 4 wichtigsten Dinge, die man über clearvise wissen muss
- Clearvise betreibt ein diversifiziertes EE- Beteiligungsportfolio von rund 303 MW mit operativen Wind- und Solarparks sowie einer Biogasanlage in viereuropäischen Ländern.
- Das Unternehmen ist stark von der Windausbeute abhängig und versucht dieses Risiko durch den verstärkten Zukauf im Solarbereich zu reduzieren.
- Das 3-Säulen-Modell ist innovativ und im Rahmen von clearSWITCH konnte jüngst der Erste Windpark als Sachkapitaleinlage erworben werden.
- Der hohe Strompreis, der deutliche Kapazitätsausbau, sowie das bisher sehr starke Windjahr lassen für 2022 starke Umsatz- und Gewinnsteigerungen erwarten.
Disclaimer: Habe ABO Wind auf meiner Beobachtungsliste und/oder in meinem Depot/Wiki.
Hallo Herr Kissig,
AntwortenLöschenhat es einen Grund, dass Clearvise den Weg in die Beobachtungsliste nicht gefunden hat? Halten Sie es für ein nicht ausreichend interessantes Investment? Wie schätzen Sie seine aktuelle Bewertung ein?
Schöne Grüße
M. Praetorius
Doch, clearvise ist ein interessantes Investment im Green Energy-Sektor, ebenso 7C Solarparken oder Encavis. Ich bevorzuge allerdings die Unternehmen, die EE-Anlagen projektieren und einen Teil dann in den Eigenbestand übernehmen. Also Energiekontor und PNE. ABO Wind als reinen Projektierer habe ich ja auch noch auf der Beobachtungsliste.
LöschenDanke für die Erläuterung!
LöschenHallo Herr Kissing, tolle Analyse zu clearvise. Als enger Begleiter Ihrer wikis, darf ich hier fragen, warum Sie zu diesen Kursen Nynomic verkaufen? Vielen Grüße Dirk
AntwortenLöschenIch habe die Verkäufe im Nebenwerte-Wiki kommentiert; ich stelle den Kommentar aber auch gern hier nochmal ein, das ist wohl sinnvoll:
LöschenIch habe eine Reihe von Werten im Wiki verkauft oder reduziert und eine Cash-Quote von knapp 25 %. Aufgebaut. Hintergrund ist das gestrige Auslösen der Alarmstufe im Notfallplan Gas, also der zweiten von drei Eskalationsstufen. Zwar wurde, wohl auf Habecks Wunsch hin, von der BNetzA noch nicht "förmlich festgestellt", dass es "eine erhebliche Reduzierung der Gasimportmengen nach Deutschland" gibt, so dass momentan die Gaspreisexplosion komplett bei den Energierversorgern hängen bleibt (und diese damit Richtung Insolvenz treibt), aber sofern Putin nicht umgehend den Gashahn wieder aufdreht, wird diese förmliche Feststellung wohl in den nächsten Tagen erfolgen müssen. Dann lägen beide Voraussetzungen des $24 EnSiG (EnergieSicherungsGesetz) vor und das löst dann reale und vermutlich sehr teure Folgen aus. Denn ab dem Moment dürfen die Energieversorger ihre jetzt bereits massiv gestiegenen Einkaufspreise für Gas an ihre Kunden weiterbelasten - mit einer Preisanpassungsfrist von 1 Woche. Bisher bleiben die Versorger auf den explodierenden Einaufskosten sitzen. Das wird dann zu erheblichen Verwerfungen führen, weil sich gerade finanzschwache Haushalte so eine Gaspreisver-X-fachung überhaupt nicht leisten können; der Chef der BNetzA geht von eienr Verdreifachung aus!
Es droht aber noch die dritte Stufe des Notfallplans. In dieser würde die Gasmangellage festgestellt und die Energieversorger (also die Endkundenverkäufer wie Eon, Stadtwerke usw.) würden kaltgestellt und die BNetzA übernimmt dann die Gasverteilung in Deutschland.; die Grundversorger wäre dann nur noch für die Gasnetze zuständig. Gasmangellage bedeutet, dass physisch, also real, nicht genügend Gas für alle Erfordernisse ankommt und/oder in den Speichern ist. Also muss der Gasverbrauch zwingend und drastisch reduziert werden. Quasi sofort. Privathaushalte werden weiter beliefert, Feuerwher, Polizei, Krankenhäuser, Kitas usw. ebenso, aber die Industrie steht ganz hinten auf der Liste. Und genau das ist das Katastrohenszenario, nicht nur für uns Aktionäre!
Einfach mal die Meldung von BASF ansehen, was die bzgl. ihres Stammwerks in Ludwigshafen gesagt haben: umgehende Komplettabschaltung. Und das bleibt dann aus, bis wieder genug Gas vorhanden ist. Die wirtschaftlichen Folgen für BASF und alle, die von deren Produkten abhängig sind, kann man sich ja vorstellen.
Russland wird übrigens die Belieferung durch Nordstream 1 ab dem 11. Juli komplett einstellen: Wartungsarbeiten, behaupten sie. Kann man glauben, muss man aber nicht. Und die wesentlich wichtigere Frage/Entwicklung ist, ob nach Abschluss der "Wartungsarbeiten" die Belieferung durch Nordstream 1 wieder aufgenommen wird.
Deutschland war der größte Profiteur der Globalisierung. Die wird nun teilweise zurückgedreht (durch den Russland-Krieg und die Wirtschaftssanktionen des Westens sowie die seit längerem gestörten globalen Lieferketten) und Deutschland leidet entsprechend stark unter dieser Kehrtwende. Deutschland hat keine Rohstoffe und ist bzgl. Energie (Gas, Öl, Kohle, Uran) komplett von Russland abhängig. Auch hier wird Deutschland der große Verlierer sein, während die USA autark sind und enorme wirtschaftlichen Vorteilen gegenüber Deutschland und der EU entgegensehen.
1/2
2/2
LöschenIch will keine Panik verbreiten und glaube auch nicht, dass man jetzt alle Aktien verkaufen muss. Aber das Chance-Risiko-Verhältnis für Europa und vor allem für Deutschland hat sich zuletzt deutlich verschlechtert. Das ist eine reale Gefahr für unseren Wohlstand und unsere Lebensqualität und das kann und will ich nicht ignorieren. Andererseits werden sich Wirtschaft und Unternehmen auf die neue Lage einstellen. Ich werde mir genau ansehen, wie die einzelnen Firmen getroffen werden und wie sie damit klarkommen. Und dann ggf. meine Positionen reduzieren oder aufstocken, je nachdem.
Aber, wie gesagt, momentan ist das alles noch vage, was da wirklich auf uns zukommt. So etwas hat es noch nie gegeben. Ist vielleicht mit dem politisch gewollten Runterfahren der Wirtschaft in 2020 zum Beginn der Corona-Pandemie zu vergleichen. Wie stark die Beeinträchtigungen werden und wie lange sie ggf. anhalten ist aktuell kaum seriös einzuschätzen. Dem entsprechend habe ich durch die (Teil-)verkäufe etwas "Risiko rausgenommen".
Hallo Herr Kissig, wie sehen Ihr Quality Investing Wikifolio/Depot-Anteil? Wenn ich sie richtig verstehe, gehen Sie davon aus, dass sich das Chance/Risko-Verhältnis in Europa verschlechtert hat. Diesen Gedanken teile ich mit Ihnen und kann Ihren Cash-Aubau im Wikifolio verstehen. Ich hatte bis vor kurzen Gedacht, dass sie lieber voll investiert bleiben. Beim Nebenwerte Wikifolio kann ich es nachvollziehen. Privat hätte ich das Geld jetzt lieber in amerikanische Werte gepumpt. Gerade Quality Investing Unternehmen müssten in der aktuellen Marktlage besser abschneiden. Eigentlich müsste das Refanzierungsgeschäft in den USA bei den Krediten boomen. Ich finde es gerade bei Lending Club recht interessant, dass viele Kunden von den Service des Unternehmens begeistert sind. Mir ist bewusst, wenn sich die wirtschaftliche Situation schlechter wird. Es auch Ausfälle in den USA gibt. Aber LC ist mittlerweile so niedrig bewertet, dass ich sie recht hoch gewichtet habe. Wie schlägt sich Microsoft, wenn die Firmen im EDV-Bereich sparen?! In meinen Augen ist das Unternehmen immer noch recht teuer bewertet, wenn das Wachtstum nicht eintrifft. Aber jetzt ganz aus den Aktien aussteigen, wäre in meinen Augen auch ein Fehler... die letzten Monate waren schon nicht erfolgreich. Putin spielt Katz und Maus. Ich traue ihm auch zu, dass er im letzten Moment mit der Gasversorgung wieder einlenkt. Langfristig denke ich, dass sich die Wirtschaft anpassen wird. Technisch ist es in vielen Bereichen möglich, wenn man das Geld in die Hand nimmt.
AntwortenLöschenJa, ich bin meistens voll investiert. In meinem Investmentdepot kann ich dabei zwischen verschiedenen Assets, Branchen usw. switchen und ggf. sogar meinen Aktienbestand mit Puts absichern. In den Wikis geht das nicht; einerseits weil ich Themen-Wikis aufgelegt habe (Deutsche Nebenwerte, Quality Investments, Turnaround-Spekulationen) und daher dort nur "zutreffende" Aktien kaufen kann und andererseits habe ich bei Auflage der Wikis Hebel-Produkte ausgeschlossen. Insofern bleibt mir angesichts meiner skeptischen Einschätzung zu einer möglichen Gasmangellage quasi nur, die Aktienquote runter zu fahren und/oder die vermutlich am stärksten betroffenen/gefährdeten Unternehmen auszusortieren. Beides habe ich gemacht.
LöschenAllerdings drängen sich auch nicht unbedingt Neuengagements auf, denn wenn die Gasmangellage eintritt, dann dürften erstmal alle (deutschen) Aktien leiden. Und falls ich zu pessimistisch bin und sich die Situation um die Gasversorgung wieder entspannen sollte, dann möchte ich ja (unter heutigen Gesichtspunkten) die jetzt verkauften Aktien wieder zurückkaufen. Und dafür benötige ich dann Geld...
LendingClub finde ich auch sehr spannend. Starkes Wachstum, bisher geringe Kreditausfallquote. Und je höher die Zinsen in den USA steigen, desto teurer werden die Kredite für Verbraucher (Kreditkarten, Autos, Immobilien). LC bietet hier günstige Alternativen an und hat einen millionenschweren Kundenstamm. Starkes, zweistelliges profitables Wachstums sollte in den nächsten Jahren auf der Tagesordnung stehen...
Microsoft sehe ich resilienter aufgestellt. Ihr Einwand zielt ja eher auf das früherer Lizenzgeschäft, bei dem Unternehmen einfach das Update auf die neuen Softwareversionen für ein, zwei Jahre hinauszögern. Inzwischen verkauft MSFT fast nur noch Software via Abomodell und da wird es kaum zu Kündigungen kommen. Der IT-Sektor entlässt zwar jetzt auch Leute, aber unterm Strich haben viele Unternehmen noch reichlich offene Stellen. Die Digitalisierung wird weiter voranschreiten und MSFT einer der größten Profiteure sein/bleiben.
Warum ist die clearvise AG (noch) nicht im Prime Standard gelistet? Wie sehen Sie hier die Zukunft?
AntwortenLöschenHallo Herr Kissig,
AntwortenLöschenWie schätzen Sie den Deal mit Pacifico Renewables Yield AG ein? Wer gewinnt mehr?
Die Frage, wer "mehr gewinnt", lässt sich aktuell nicht beantworten. Das hängt entscheidend davon ab, wie die Beteiligungen von Clearvise und Pacifico letztlich bewertet werden. Hier haben sich beide Seiten darauf verständigt, dass man sich auf einen externen Gutachter verständigt, was für ein faires Verfahren und eine faire Bewertung spricht. Dem Zusammenschluss sollen/müssen am Ende die Aktionäre auf außerordentlichen Hauptversammlungen zustimmen.
LöschenGrundsätzlich sehe ich die Meldung positiv. Clearvise wird am Ende schnell und deutlich gewachsen sein und zu einem großen (konzernunabhängigen) Player im EE-Markt avancieren. Neben dem deutlichen Zuwachs in Deutschland wird man künftig auch in neuen Märkten aktiv sein, wie den Niederlanden, Polen, Italien. Je größer das Anlagevolumen, desto wirtschaftlicher kann es betrieben werden und je wertvoller wird es vom Markt eingestuft. Schöner Nebeneffekt: durch die externe Bewertung der Anlagen können ggf. stille Reserven gehoben werden bei der Einbringung.
Bedenken gibt es hinsichtlich des maßgeblichen Akteurs im Hintergrund: Alexander Samwer. Sein Bruder Oliver ist ja die treibende Kraft hinter Rocket Internet und kaum als Freund der Kleinaktionäre bekannt. Insofern schwingt hier immer Negatives mit. Andererseits hat Alexander Samwer sich selbst bisher nicht entsprechend verhalten, daher sollte man hier keine zu voreiligen Schlüsse ziehen. Im Hinterkopf sollte man das aber schon behalten. Denn... aktuell ist Alexander Samwers Pelion Green Future mit 22 % an Clearvise beteiligt. Am Ende aller Transaktionen soll dann stattdessen Alexander Samwers Pacifico Renewable 40 % an Clearvise halten - da es um Sacheinbringung der Energieparks und um eine Barkomponente geht, dürften die Grenze von 40 % nicht überschritten werden.
Es bleibt also beim bestimmenden Großaktionär, der aber seinen Einfluss annähernd verdoppelt. Und mit 40 % natürlich de facto die Kontrolle erlangt, weil er auf der HV relativ leicht die Mehrheit der Stimmrechte hinter sich bringen und so z.B. den Aufsichtsrat besetzen kann. Das muss nicht unbedingt negativ sein, kann aber auch zu unschönen Effekten führen (z.B. wenn der Großaktionär die Kleinaktionäre aus dem Unternehmen drängen will, also einen Squeeze-out anstrebt, ggf. über ein Delisting-Erwerbsangebot). Bei PNE sieht man eine solche Konstellation mit MSIP, die 40 % halten. Andererseits lag deren Delistingangebot mit 4 EUR so dermaßen daneben, dass hartgesottene Aktionäre bisher keinerlei Schaden davon getragen haben (Kurs hat gerade die 14 EUR nach oben durchbrochen).
Momentan sieht es so aus, als dass A. Samwer seine EE-Park-Kompetenz bei Clearvise bündeln will, weil dort ein guter und besserer Job gemacht wird als bei Pacifico. Pacifico wird also zum Großaktionär und betreibt darüber hinaus die weiteren EE-Aktivitäten von A. Samwer. Die Clearvise-HV hat soeben ein umfangreiches neue EK gebilligt, so dass künftig weitere Aktivitäten von Pacfico in Clearvise eingebracht werden könnten. Allerdings ist Teil der Clearvise-Strategie ja gerade, dass dies generell allen EE-Park-Betreibern offen steht. Es kann, muss aber nicht, dadurch perspektivisch zu einer Anteilserhöhung von A. Samwer/Pacifio kommen.
Wie gesagt, ich sehe die Entwicklung eher positiv und denke, dass ich mit Clearvise eine Aktie im Depot habe, bei der in den nächsten Monaten und Jahren erhebliche Werte geschaffen und gehoben werden - was sich auch in einem deutlich steigenden Aktienkurs widerspiegeln sollte.
1/2
2/2
LöschenIch habe ja die (zum damaligen Zeitpunkt) unerklärliche Kursschwäche wegen des großen nachbörslichen Paketverkaufs zum Einstieg genutzt; daher liegt meine Position nach wenigen Tagen schon über 20 % im Plus. Im Nachhinein könnte die Pacifico/Pelion-Meldung die Erklärung dafür sein: Pelion bringt ja als erstes seine Clearvise-Aktien in die Pacifico ein und das erfolgt nun auf Basis eines deutlich niedrigeren Aktienkurses (rund 1,85 statt 2,15 EUR). Das dürfte die Steuerlast bei Pelion drücken und den Zuspruch bei den freien Pacifico-Aktionären für die Clearvise-Transaktion erhöhen, weil dort dann der Bewertungsaufschlag stattfindet. Die dortige Zustimmung dürfte also Formsache sein...
Der Kurs der Clearvise-Aktie fällt seit Wochen und liegt heute erstmals seit langem unter 2 EUR.
AntwortenLöschenWas ist passiert ?
Ist die Aktie weiterhin haltenswert, wenn man langfristig denkt ?
Beste Grüße, Ernest