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Aktien Report Nr. 77 vom 25.02.2022
Nur Gewinner?! VW lässt Porsche auf die Börse los
Gerüchte gab es schon länger, doch nun sind die Eckdaten des "Projekt Phoenix" publik geworden. Unter diesem Arbeitstitel läuft beim Volkswagen-Konzern die Vorbereitung für einen Börsengang der Sportwagenschmiede Porsche AG – und das elektrisiert die Anleger.
Aber… wird sich mancher fragen, denn es gibt bereits die börsennotierte Porsche Automobil Holding SE. Doch in der ist zwar Porsche drin, aber kein Porsche. Klingt verwirrend? Ist es auch. Ein bisschen.
Vor einigen Jahren hat sich ein Freund seinen ersten Porsche zugelegt. Er ist ins Porsche-Zentrum gefahren und hat sich seinen Traumwagen zusammengestellt, einen Macan. Die Wartezeit betrug fast ein Jahr, und wir hatten in dieser Zeit viele Gespräche über das Auto. Und wir waren mehrmals im Porsche-Zentrum, haben dort Wagen für Wochenendtrips überlassen bekommen und mein Freund hat den Service wirklich genossen.
(Doch kein) Peter Lynch-Pick
Er war so "angeknipst", dass er sich sofort Porsche-Aktien gekauft hat. Im Grunde ein klassischer Peter Lynch-Kauf. Denn die Börsenlegende rät Anlegern ja dazu, sich Aktien von Unternehmen zu kaufen, deren Produkte einem selbst gefallen und bei denen man davon ausgehen kann, dass dies auch vielen und immer mehr anderen Menschen so geht.
Diese Kriterien treffen zweifelsohne auf Porsche-Automobile zu. Und doch hätte Peter Lynch die Aktien der Porsche Automobil Holding SE nicht gekauft. Jedenfalls nicht aus diesen Gründen. Denn dieses Unternehmen entwickelt keine Porsches, es produziert keine Porsches und es verkauft auch keine Porsches. Auch wenn Porsche draufsteht, ist kein Sportwagen drin. Nicht mehr. Peter Lynch hätte das gewusst, denn er analysiert Aktien vor dem Kauf bis ins Detail. Der durchschnittliche Privatanleger tut das nicht. Und deshalb kauft er die falsche Aktie. Denn wer sich am Sportwagenhersteller Porsche beteiligen möchte, muss Volkswagen-Aktien kaufen. Und hat dabei die Wahl zwischen Stamm- und (stimmrechtslosen) Vorzugsaktien.
Es hat mich schon Überwindung gekostet, meinem Freund zu erklären, dass er sich mit seinem Kauf der Aktien der Porsche Automobilholding SE nicht an dem Sportwagenhersteller beteiligt hat, sondern an der Vermögensverwaltung der Familien Piëch und Porsche. Ein Versehen, aber kein Einzelfall. Und auf indirektem Wege hat mein Freund sein Ziel irgendwie doch erreicht. Nur stark verwässert. Denn die Porsche Automobilholding SE ist mit 31,4% Großaktionärin an Volkswagen und verfügt über 53% der Stimmrechte. Volkswagen wiederum gehört zu 100% die Porsche AG, die den Sportwagen baut.
VW-Gesetz und Vetorecht
Als wäre diese Konstruktion nicht schon Verwirrung genug, gibt es auch noch das sog. "VW-Gesetz". Danach benötigt man beim Volkswagen-Konzern für wichtige Abstimmungen nicht die aus dem Aktiengesetz herrührende zwei Drittel-Mehrheit, sondern eine vier Fünftel-Mehrheit. Und das Land Niedersachsen hält 20,2% der Stimmrechte, so dass es de facto ein Vetorecht bei gewichtigen Entscheidungen hat.
Aus dieser Gemengelage lässt sich schnell erkennen, dass es bei den angedachten Börsenplänen der Porsche AG um viel mehr geht, als um das IPO einer Konzerntochter. Daher schauen wir uns das Wirrwarr der Verflechtungen mal etwas genauer an und versuchen nachzuvollziehen, warum die jeweiligen Akteure daran ein Interesse haben könnten und wer am Ende was zu gewinnen hofft. Das ist insbesondere aus Sicht der Aktionäre ja nicht ganz unwesentlich…
Verflechtungsdickicht
Die Dr. Ing. h.c. F. Porsche Aktiengesellschaft ist ein deutscher Kraftfahrzeughersteller mit Sitz in Stuttgart-Zuffenhausen. Ursprung des Unternehmens ist ein 1931 von Ferdinand Porsche in Stuttgart gegründetes Konstruktionsbüro, das nach 1945 in einer Automobilfabrik aufging, die vor allem Sportwagen produzierte. 1984 wurden die nicht stimmberechtigten Vorzugsaktien des Unternehmens für 780 DM das Stück an die Börse gebracht, der Eröffnungskurs betrug 1020 DM. Die Stammaktien blieben im Besitz der Familien Piëch und Porsche. Der Name Piëch hielt Einzug, weil Ferdinand Porsche zwei Kinder hatte: Ferry und Luise. Und Luises Ehemann hieß Anton Piëch.
Von 1993 bis 2002 war Ferdinand Piëch, Ferdinand Porsches Enkel und Hauptaktionär der Porsche AG, Vorstandsvorsitzender bei Volkswagen und anschließend bis April 2015 Aufsichtsratsvorsitzender des VW-Konzerns.
In diese Zeitspanne fiel auch die Trennung bei Porsche in eine Vermögensverwaltung, die große Aktienpakete an Volkswagen hielt, und ein Unternehmen für die Porsche-Automobilproduktion.
Nach Auslagerung der Automobilproduktion baute die Porsche SE im Laufe des Jahres 2007 und 2008 die Beteiligung an VW weiter aus, um die Kontrolle über VW zu erlangen. VW war damals angeschlagen, während Porsche vor Kraft strotzte. Der kleine Sportwagenhersteller wollte also den Weltkonzern schlucken. Ein Husarenstück – das scheiterte.
Finanziert wurde der Beteiligungserwerb über Bankverbindlichkeiten von 10 Mrd. Euro. Und das Ganze fand zu einer Zeit statt, die heute als Immobilien- und Finanzkrise in den Geschichtsbüchern steht. Also zu einer Zeit, in der das globale Finanzsystem am Rande des Abgrunds stand, Banken unter staatliche Rettungsschirme flüchten mussten und es kaum noch Kredite gab. Und wer Kredite vergeben hatte, forderte sie so schnell wie möglich zurück. Heute, in einer Zeit der globalen Geldschwemme, kann man sich kaum vorstellen, dass es vor 13 Jahren genau andersherum war: es herrschte ein weltweiter Liquiditätsengpass. Und das über Monate und Jahre hinweg.
Kurz zuvor hatte Porsche VW-Aktien gekauft und das unter maximaler Ausnutzung der Kreditspielräume. Der Plan hielt nicht durch, weil die Banken selbst Liquiditätsprobleme bekamen und damit Porsche den Geldhahn zudrehten. Daher musste Porsche im Mai 2009 bekanntgeben, nun die Schaffung eines "integrierten Automobilkonzerns" mit Volkswagen anzustreben. Im Dezember 2009 erwarb Volkswagen dann von der Porsche SE eine 49,9-prozentige Beteiligung an der Porsche AG und übernahm diese zum 1. August 2012 dann komplett.
Der Sportwagenhersteller Porsche AG gehört heute also dem Volkswagen-Konzern, doch der Volkswagen-Konzern gehört der Porsche-Familie (inkl. den Piëchs). Jedenfalls zu 53%.
Doch VW hat zu kämpfen. Nachdem man kurzfristig zum weltgrößten Automobilbauer aufgestiegen war, wurde der Dieselskandal im September 2015 publik und die Absatzzahlen brachen ein. Es folgten Klagen, Gerichtsverfahren, Milliardenvergleiche und –strafzahlungen sowie Rückrufaktionen. Der Skandal zog immer weitere Kreise und mehrere Konzernlenker verloren ihre Posten. Als sich gerade Entspannung abzeichnete, trat die Corona-Pandemie auf den Plan und schickte die Verkaufszahlen weltweit erneut auf Talfahrt. Insbesondere in China, das inzwischen der wichtigste Absatzmarkt für Volkswagen ist, blieben die Bestellungen aus.
Und als wäre das noch nicht genug, zeichnet sich das Ende der Verbrennungsmotoren ab. Immer mehr Staaten steuern auf ein Verbot der Verbrenner zu und so müssen auch die Automobilhersteller auf Alternativen zu Benzin und Diesel setzen. Hier hat der Elektroantrieb die Nase vorn, während Wasserstoff eher ein Nischendasein fristet.
Darüber hinaus gibt es seit anderthalb Jahren Störungen der weltweiten Lieferketten und vor allem im Chipbereich herrscht großer Mangel. Insbesondere die Autohersteller fahren immer wieder die Produktion herunter, weil einzelne Komponenten fehlen. Das erhöht die Wartezeiten und die Preise, sowohl für die Neuwagen als auch für gebrauchte. Doch das ist nur ein kleiner Trost, die Produktionsausfälle wiegen schwerer.
Alles neu, alles Elektro
Der VW-Konzern hat sich frühzeitig und völlig dem Elektroantrieb verschrieben. Doch damit gehen auch Probleme einher.
Bisher waren die Schlüsselelemente des Automobilbaus das Design und der Antriebsmotor. Beides sind absolute Kernkompetenzen der deutschen Hersteller. Doch künftig entfällt das Schlüsselelement Motor, denn Elektromotoren sind vergleichsweise simpel und eher Massenware. Als neue Kernkompetenz wird sich die Batterietechnik erweisen, denn hier geht es um Reichweite, um Gewicht, um Platz. Und um Leistung und Ladezeiten.
Leider ist Deutschland bei der Batterietechnik nicht auf den vorderen Plätzen zu finden. Und ob sich die führende Weltmarktposition allein mit dem Design behaupten lassen wird, ist doch stark anzuzweifeln. Daher müssen alle Hersteller mit erheblichem Einsatz in Batterietechnik investieren und gleichzeitig alle Modelle auf E-Antrieb umstellen.
Das kostet viel Geld, denn Automobilherstellung ist sehr kapitalintensiv. Nach dem Entwerfen des Autos muss eine Produktionslinie aufgesetzt und dafür Fabriken aufgebaut werden – oder bestehende Fabriken werden umgerüstet. Steigende Zinsen werden hier zu einem wichtigen Faktor werden, nachdem sie jahrelang keine Rolle mehr spielten. Nebenher schwingt das Risiko mit. Denn wenn sich ein neues Modell als Flop erweist, hat der Autohersteller dennoch die Investitionen geleistet und eine dann wertlose Fabrik am Bein. Und dies ist kein kleines Risiko, wie VW gerade in China erlebt. Obwohl man dort einer der angesagtesten Hersteller ist, jedenfalls bei Verbrennungsmotoren, wird man seine Elektromodelle kaum los. Die Chinesen greifen lieber zu heimischen Herstellern von E-Autos.
Bei Porsche werden bald alle neuen Modelle nur noch als Elektrovarianten auf den Markt kommen. Die Margen sind beim Sportwagenhersteller hoch und die Gewinne üppig. Das wird sich auch bei den Elektromodellen nicht ändern, denn Porsche zehrt von seiner Marke, seinem Nimbus, seiner Geschichte.
Als Reaktion auf die Chipkrise haben alle Hersteller ihre Produktion neu priorisiert. Die günstigen Modelle bleiben auf der Strecke, die Premiummodelle werden bevorzugt. Nachvollziehbar, denn mit denen verdienen die Konzerne viel mehr Geld als mit den Massenmodellen. Das spielt auch Porsche als hochmargigem Premiumhersteller in die Karten.
"Projekt Phoenix"
Porsche ist die Renditegranate im VW-Konzern. Und schleppt momentan die übrigen Marken mehr oder weniger mit durch. Dabei verschwindet Porsche im VW-Konzern geradezu, würde aber als eigenständiges Unternehmen viel mehr Aufmerksamkeit erfahren. Und wohl auch von der Börse viel höher bewertet werden, als es momentan der Fall ist.
Eine Blaupause hierfür könnte Ferrari sein. Die wurden vom FIAT-Konzern abgespalten und separat an die Börse gebracht. Allein in den letzten fünf Jahren hat sich der Aktienkurs vervierfacht. Nachvollziehbar, dass man sich von Porsche gleiches erwartet.
Und nun wird es konkret(er): Laut einer Mitteilung des Unternehmens befindet sich die Konzernmutter VW "in fortgeschrittenen Gesprächen" mit der Porsche Automobil Holding SE über ein mögliches IPO der Porsche AG. VW und die Porsche Holding SE hätten bereits eine Eckpunktevereinbarung verhandelt. Der Abschluss der Eckpunktevereinbarung steht allerdings noch aus und setzt die Zustimmung von Vorstand und Aufsichtsrat der Volkswagen AG sowie der Porsche Holding voraus.
Wie genau eine neue Struktur aussehen könnte, ist noch völlig unklar. Die Porsche Holding ließ jedoch durchblicken, dass die Transaktion auch den Erwerb von Stammaktien der Porsche AG durch die Porsche Holding umfassen könnte. Mit anderen Worten: bei einem Börsengang könnten Anteile der Porsche AG sowohl an der Börse landen als auch Teile wieder bei der Porsche Holding.
Die Nachricht sorgt für Begeisterung an der Börse und treibt die Kurse von VW und der Porsche Holding zweistellig an. Allerdings ist kaum ein schneller Börsengang zu erwarten. Denn neben den noch ausstehenden Zustimmungen der Gremien müssen die Details festgezurrt werden. Und es muss die Börsenstimmung „passen“. Denn die Beteiligten möchten ja gerne viel Geld beim Verkauf von Porsche-Aktien erzielen, da wären Börsenturbulenzen, wie sie aktuell vorherrschen, wenig preistreibend.
Winner: Porsche AG
Der Sportwagenhersteller dürfte profitieren. Als börsennotiertem Unternehmen wird ihm mehr Aufmerksamkeit geschenkt, Analysten und Börsennachrichten befassen sich mit ihm. Des Weiteren wäre er nicht mehr so stark in den Konzern eingebunden und könnte freier und agiler agieren. Das schafft Spielräume, unternehmerische und auch kurstreibende. Gleichzeitig würde man Teil der VW-Familie bleiben und über Verträge an den Plattformentwicklungen beteiligt bleiben sowie im Einkauf von den Konditionen des Weltkonzerns profitieren.
Winner: Volkswagen
Wenn Porsche gewinnt, muss VW verlieren, oder? Vermutlich nicht. Denn Porsche ist aktuell nur eine Marke unter vielen im Konzern, seine Erfolge verlieren sich in der Konzernbilanz. Als eigenständiges börsennotiertes Unternehmen, an dem der VW-Konzern jedoch noch die bestimmende Mehrheit hält, bliebe Porsche Teil der Konzernbilanz. Die Umsätze würde weiterhin komplett erfasst, die Kosten ebenfalls. Nur am Ende ändert sich was: da werden die Minderheiten abgezogen, also der Gewinnanteil (oder Verlust), der auf die übrigen Porsche AG-Aktionäre entfällt.
Also bliebe alles gleich, nur landet weniger Gewinn im VW-Konzern? Klingt erstmal nicht gerade klasse. Doch auf der anderen Seite nimmt VW durch den Anteilsverkauf ja viel Geld ein. Auf einen Schlag. Und dieses Geld benötigt der VW-Konzern dringend, weil er bei all seinen Marken auf E-Modell umstellen und damit bei allen Töchtern gleichzeitig Fabriken umrüsten muss. Die Milliarden aus einem Porsche-IPO würden hier echt helfen.
Darüber hinaus würde eine börsennotierte Porsche-Tochter an der Börse wohl deutlich höher bewertet als momentan. Der Börsengang würde also ihren bisher versteckten Bilanzwert heben und im Endeffekt dazu führen, dass der VW-Konzern zwar weniger Anteile an der Porsche AG hält, aber diese Anteile deutlich höher bewertet werden. Und diese Anteile bleiben ja Teil der Konzernbilanz.
Hinzu kommt, dass die zu erwartenden positiven Effekte bei Porsche sich auch positiv auf den VW-Konzern auswirken würden, weil ihm die Porsche AG ja auch künftig mehrheitlich gehört.
Winner: Porsche Automobilholding SE
Und damit kommen wir zum dritten Beteiligten. Die Familienholding hält 53% der Stimmrechte am VW-Konzern und da sich dessen Aktienkapital auf Stamm- und Vorzugsaktien verteilt, hält sie 34,1% am Grundkapital. Die Porsche AG ist darin nur ein kleiner Teil.
Wird diese Porsche AG an die Börse geführt, dürfte das den Kurs der VW-Aktien mit beflügeln. Davon profitiert die Porsche Holding als Großaktionär.
Des Weiteren könnte die Porsche Holding sich auch wieder direkt am Sportwagenhersteller Porsche AG beteiligen, also ihren Wurzeln. Damit würde sie auch direkt vom Erfolg der Sportwagenschmiede profitieren und direkt wie auch indirekt Einfluss nehmen können.
Da momentan der Kurs der Porsche Holding mit großem Abschlag auf den Wert ihrer Beteiligungen notiert, also vor allem auf ihr Aktienpaket am VW-Konzern, dürfte der Vollzug der Transaktion nicht nur zu höheren Kursen von VW und wohl auch der künftig börsennotierten Porsche AG führen und damit zu Kurspotenzial bei der Porsche Holding SE. Sondern es besteht auch die Hoffnung, dass sich der NAV-Abschlag künftig verringert und damit zusätzliches Kurspotenzial entfacht.
Mein Fazit
Noch ist nichts in trockenen Tüchern. Es liegt bisher nur ein Eckpunktepapier vor, das noch von allen maßgeblichen Anteilseignern und Gremien geprüft, bewertet und gebilligt werden muss. Anschließend müsste sich noch auf Details verständigt werden; so hat die Porsche Holding Interesse auch am direkten Erwerb an Anteilen an der Porsche AG angemeldet. Der VW-Konzern wird hierauf eingehen müssen, denn ohne die Zustimmung der Porsche Holding kann es keinen Börsengang geben. Auf der anderen Seite hat das Land Niedersachsen ein Vetorecht und muss daher ebenfalls ins Boot geholt werden. Hier spielen politische Interessen eine größere Rolle als die wirtschaftlichen, was sich vor allem im Verhältnis zum Betriebsrat und der Arbeitnehmerschaft auswirkt. Der Gesprächsstoff dürfte jedenfalls so schnell nicht ausgehen.
Was uns zur Zeitschiene bringt. Es gibt für Anleger aktuell gar keinen Grund, auf den Euphorie-Zug aufzuspringen. Selbst wenn alles glatt geht, wird es noch viele Monate dauern, bis ein Börsengang wirklich Realität werden kann. Abgesehen von den vielen Einigungen und Zustimmungen, die eingeholt werden müssen, muss sich auch die Börsenlage normalisieren. Das Interesse der Börse am IPO dürfte also schnell wieder verflachen, solange der Börsengang nicht konkret wird.
Auf diesem Weg kann noch viel schief gehen. Und vor allem kann eine weitere Eskalation der Ukrainekrise, das Wiederaufflammen der Corona-Pandemie, die Zinswende, die hohen Energie- und Rohstoffpreise usw. für nochmals deutlich nachgebende Kurse sorgen. Davon wären dann auch die Aktien von VW und der Porsche Holding betroffen.
Anleger sollten sich also in Ruhe ihre Gedanken über die Börsenpläne machen und sich dann ihre Wunschaktie herauspicken. Die Vorzugs- oder Stammaktien von VW, die Aktien der Porsche Automobilholding SE oder sie warten auf die möglicherweise bald verfügbaren Aktien der Porsche AG. Grund für eine Kaufpanik gibt es jedenfalls nicht.
Daran ändern auch die hochschießenden Kursziele der Analysten nichts. Warburg hat die Porsche Holding soeben von Hold auf Buy hochgestuft und das Kursziel von 94 auf 133 Euro angehoben. Ein Kursziel, das einen erfolgreichen Börsengang der Porsche AG und damit eine Kurssteigerung der VW-Aktien einpreist. Und eine – bisher noch gar nicht ausverhandelte – mögliche direkte Beteiligung der Porsche Holding an der Porsche AG. Ein "weit fortgeschrittener Prozess", wie Warburg meint, aber eben auch einer, der noch scheitern kann. Und dann wäre das Kursziel wieder bei 94 Euro einzustufen, also nur wenig über dem aktuellen Kurs.
Mein Rat daher: kühlen Kopf bewahren und genau überlegen, bevor man handelt. Die Aktien werden nicht nur heute gehandelt, sondern an jedem Werktag. Man kann sie also fast immer kaufen, es muss nicht unbedingt jetzt und sofort sein. Wenn das Porsche-IPO eine gute Idee ist, und danach sieht es aus, dann ist das auch noch morgen so und nächste Woche und nächsten Monat. Erfolgt ist der Börsengang bis dahin aber mit Sicherheit noch nicht. Es bleibt also noch reichlich Zeit, sich seine Karten zu legen und diese dann richtig auszuspielen.
Disclaimer: Habe weder Porsche noch VW auf meiner Beobachtungsliste und/oder in meinem Depot/Wiki.
Ein Klasseanalyse zur Situation rund um Porsche. Wie gewohnt.
AntwortenLöschenHi Michael,
AntwortenLöschendanke für die Einschätzung. Kann "Unknown" nur zustimmen. Wie immer richtig gut auf den Punkt gebracht. Mir bringt es leider nichts mehr. Ich bin schon investiert ! Naja, ggfs. kann man bei zweistelligen Kursen (VW) nochmal nachkaufen. Das hatten wir zuletzt beim VW-Dieselskandal.
Grüße André
Jetzt scheint es voran zu gehen. Hast du nachgekauft?
AntwortenLöschenJa, ich bin bei der Porsche Holding an Bord mit rund 2,75 % Depotanteil. Wird spannend...
Löschendpa-AFX schreibt heute über die Porsche AG Vorzugsaktien
AntwortenLöschenpasst für VW, Porsche Vz und Porsche Holding Vorzugsaktien
"...Die Unternehmen leisten damit eine "Teilzeit-Führungskraft" - so sah das Ingo Speich von der Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka Investment. Er forderte Blume am Mittwoch erneut auf, sich zu entscheiden, wo er dringender gebraucht werde. "Gefährden sie Porsche nicht", sagte er. "Auch für Sie hat der Tag nur 24 Stunden". Ähnlich deutliche Kritik kam unter anderem von Vertretern der Deutsche-Bank-Fondstochter DWS und der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.
Bereits bei der VW-Hauptversammlung im Mai hatte es deshalb deutliche Kritik gegeben. Blume konterte am Mittwoch: "Die ersten Monate seit meinem Amtsantritt haben gezeigt: Meine Doppelrolle funktioniert". Seine Funktion sei auf Dauer ausgelegt - mit Vorteilen für Porsche und den VW-Konzern. Für potenzielle Interessenkonflikte seien aber Vorkehrungen getroffen und Regeln aufgestellt worden.
Ein weiteres Konfliktthema in Stuttgart war die Höhe der Dividende. Oder besser: der Dividenden. Denn der Börsengang von Porsche im September war zwar der größte deutsche Börsengang seit der Telekom 1996. Frei gehandelt wird aber nur ein Viertel der stimmlosen Vorzugsaktien. Um das fehlende Stimmrecht auszugleichen, wird in der Regel für diese Papiere eine höhere Dividende gezahlt.
So auch bei Porsche. Für Stammaktien sollten 1,00 Euro ausbezahlt werden - für Vorzugsaktien 1,01 Euro. Ein Vorschlag, gegen den Fondsvertreter und viele Kleinanleger anredeten. Der Dividendenabstand sei mickrig, sagte Schleich. Angemessen seien zehn Prozent. Da die mehr als 170 000 Privatanleger aber kein Stimmrecht besitzen, ging der Dividenden-Vorschlag auf der Hauptversammlung einstimmig durch."
Unnötige Doppelrollen, Reingrätschen des Betriebsrats, Interessenskonflikte und keinerlei Transparenz oder Konsequenzen (siehe Dieselbetrug, wie viel Milliarden hat das gekostet? Gab es Clawbacks oder Schadensersatz für die betrogenen Aktionäre?) und immer nur stimmrechtslose Vorzugsaktien. Zudem das VW-Gesetz. Der Laden lässt sich nicht kontrollieren oder aufräumen. Da muss man sich über die niedrige Bewertung nicht wundern.Als kurzfristige Turnaroundspekulation mit Risikoappetit ok, aber wieso sortierst du das in eine andere Kategorie als "Turnaroundspekulation"? Ich würde mich über deine Einschätzung freuen.
Eine Turnaround-Spekulation für mich nichts mit Charttechnik oder-verlauf zu tun. Bei einem Turnaround geht es um einen wirtschaftlichen bzw. unternehmerischen Absturz, und dann eine Umstrukturierung und/oder Neupositionierung. Wie bei General Electric oder Funkwerk in 2016. Weder Porsche noch VW stellen also eine Turnaround-Spekulation da, auch wenn es dort diverse Baustellen im Konzern gibt mit Verbesserungsbedarf.
LöschenZur Doppelrolle von Blume: die sehe ich auch kritisch und kann mir kaum vorstellen, dass die langfristig so bestehen bleibt. Ebenso empfinde ich die magersüchtig höhere Dividende für die Vorzugsaktie als Frechheit gegen die Aktionäre und schlechten Stil. Das hat Porsche eigentlich nicht nötig.
Dank dir Michael für deinen Kommentar. Ich sehe, dass eine Verbesserung des Shareholdervalue bei solchen Vorgehensweisen nicht zu erwarten ist. Genauso wie bei den Beteiligungen als VZ, oder KGaA oder auch immer mehr US-"Gründeraktien" mit "10-fachem" Stimmrecht, um die Kontrolle zu behalten, aber die anderen, die auch 100% am Risiko beteiligt werden, am Ende zu überstimmen. Das ist nicht ok. Man muss als Miteigentümer auch abstimmen und Einfluss nehmen können, wenn es Fehlentwicklungen (Compliancedefizite, Managementkindergarten) oder Gehalts-und Pensionsexzesse gibt. Auch wenn man als Kleinstaktionär wenig ausrichten kann. Ohne die Möglichkeit einer "roten Karte" gehts mit dem Unternehmen in eine Richtung. Nach unten.
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