Dienstag, 14. Dezember 2021

Kissigs Nebenwerte-Analyse zu Netfonds: Unentdeckte deutsche Fintech- und InsurTech-Perle wechselt auf die Überholspur

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Für die Leser meines Blogs hat das Ganze auch einen direkten Nutzen: nach Erscheinen des Magazins darf ich eine meiner Analysen dann auch hier im Blog veröffentlichen. Vielen Dank dafür an Simon Betschinger, Gründer und Geschäftsführer von Traderfox.

Artikel aus "Der Nebenwerte Investor" Ausgabe 04/2021 vom 14.12.2021

Netfonds: Unentdeckte deutsche Fin- und InsurTech-Perle wechselt auf die Überholspur

Die Netfonds AG ist ein deutsche Fin- und InsurTech-Unternehmen, das erst seit Herbst 2018 an der Börse notiert ist. Nach verhaltenem Start begab sich der Aktienkurs Ende 2019 in den Steigflug und führte die Marktkapitalisierung inzwischen an die Marke von 100 Millionen Euro heran.

Dennoch ist Netfonds nur eingefleischten Börsianern ein Begriff, was auch am Namen liegen könnte. Netfonds klingt nach "irgendwas mit Internet" und "irgendwas mit Fonds". Nicht gerade der Stoff, aus dem Aktionärsträume gesponnen werden. Dabei hat wächst das Unternehmen stark und die hohen Investitionen der letzten Jahre beginnen sich nun kräftig auszuzahlen. Was nicht nur an der cloudbasierte B2B-Abwicklungsplattform finfire liegt. Aber auch…

Netfonds ist eine Technologie-Plattform für die Administration, Beratung, Transaktionsabwicklung und Regulierung der deutschen Finanz- und Versicherungswirtschaft. Die Holding agiert mit ihren Beteiligungen als Vermögensverwaltung, Fondsmanager, Mehrfachagent, zweitgrößter Maklerpool sowie größtes konzernunabhängiges Haftungsdach in Deutschland.

Das Angebot richtet sich damit nicht an Verbraucher und Endkunden (Business-to-Consumer), sondern an Finanzdienstleister wie Allfinanzberater, Fondsmanager, Vermögensverwalter, Private Banker und Versicherungsvermittler (Business-to-Business). Die Gruppe erzielt 100% ihres Umsatzes in Deutschland.

Konzernstruktur

Zum Netfonds-Konzern gehört eine Reihe von Tochtergesellschaften, in denen das operative Geschäft abgewickelt wird. Dazu zählen die NFS Financial Service GmbH (Haftungsdach), NVS Versicherungsservice AG (Servicepool), NFS Capital AG (Fondsauflage und -management), NFS Hamburger Vermögen GmbH (Vermögensverwalter), NSI Netfonds Structured Investments GmbH (Immobilieninvestments).

Netfonds hat in den letzten Jahren seine Angebotspalette verbreitert und seine Wertschöpfungskette erhöht. Auch durch gezielte Zukäufe. Schwerpunkt der Expansion waren hierbei vor allem die beiden Kernbereichen Maklerpools und Finanzdienstleistungen.

Drei Segmente

Das Angebot der Netfonds-Gruppe ist auf die diversen Anforderungen des Tagesgeschäfts von Fondsgesellschaften, Vermögensverwaltern, Finanzberatern, Versicherungen sowie Spezialbanken abgestimmt. Netfonds unterteilt dabei seine Aktivitäten in drei Segmente.

Über das Segment Regulatory & Technology agiert Netfonds in regulatorischer Hinsicht als führender unabhängiger Haftungsdachanbieter Deutschlands und übernimmt den vollständigen Prozess der finanzmarktregulierten Dienstleistungen. So werden regulatorikkonforme Datenbasen, Dokumentationsfunktionen und Formularwesen zur Verfügung gestellt.

Wenn in Deutschland also neue Investmentfonds an den Start gehen, die nicht zu einer der großen Fondsgesellschaften gehören, ist oftmals Netfonds der Dienstleister im Hintergrund, ohne den der Fonds gar nicht möglich wäre.

Erlöse erzielt Netfonds hier aus Haftungsdachbeiträgen, dem Fondsadvisory und der Vermarktung des Grundlagenwissens. Der Technology-Bereich adressiert Banken, Beratungsunternehmen und Vermögensverwalter. Mittels Softwarelizenzen und Outsourcing-Mandaten können diese auch nur Teile der Abwicklungstechnologie der Netfonds-Gruppe nutzen und so auf bestimmte Prozesse zurückgreifen. Umsätze werden dabei vorwiegend über verschiedene Arten von Servicegebühren, Honorare, Lizenzeinnahmen und das Vermögensverwaltungs-Processing generiert.

Das Segment Wholesale beinhaltet das klassische Maklerpoolgeschäft und bietet den angeschlossenen Maklern die Möglichkeit zur Partizipation am Netfonds-Netzwerk. Netfonds ist in Deutschland der zweitgrößte Maklerpool und bietet attraktive Konditionen, einfachen Zugriff auf verschiedene Produktpartner sowie bürokratische Entlastung.

Der deutsche Versicherungsmarkt ist stark zersplittert und noch von vielen Einzelkämpfern und kleinen Agenturen geprägt. Diese können die stetig steigenden Anforderungen in Sachen Regularien, gesetzlichen Vorgaben, aber auch Datenschutzbestimmungen nicht mehr eigenständig stemmen und schließen sich daher größeren Verbünden an.

Von der anderen Seite her haben die Versicherungskonzerne Jahre lang versucht, jeweils ihre eigenen technischen Insellösungen unters Volk zu bringen, was aber nur bei Alleinvertretern funktionierte (also die Allianz-Lösung für Allianz-Vertreter). Konzernunabhängige Versicherungsmakler waren mit der Vielzahl der unterschiedlichen Systeme völlig überfordert.

In diese Schnittstelle stießen Maklerpools vor, die gegenüber den Konzernen die Interessen ihrer Mitglieder bündelten und einheitliche Systeme forcierten. Netfonds wächst auch darüber, solche Maklerpools zu erwerben und deren Versicherungsbestände dann auf seine eigene Plattform zu migrieren.

Die finfire-Plattform ermöglicht die volldigitalisierte Abwicklung von Transaktionen und Prozessen in der Finanz- und Versicherungswirtschaft und bündelt die Aktivitäten aus allen Geschäftsbereichen und Produkten.

Das Segment zählt zum Kerngeschäft von Netfonds und profitiert sowohl vom sukzessiven Rückzug des Bankfilialgeschäfts als auch von der zunehmenden Unabdingbarkeit privater Vorsorge. Die Erlöserzielung erfolgt über das klassische Provisionsgeschäft, was sowohl Bestands- als auch Abschlussprovisionen beinhaltet.

Daneben agiert das Segment Marketing, Immobilien & Products, das die Organisation von Messen, Roadshows und White-Label-Produkten für die Kunden abdeckt. Zudem ist Netfonds in der Entwicklung von Immobilienkonzepten (Einkauf, Aufbereitung, Entwicklung und Vermarktung) sowie der Beteiligung an Liegenschaften, Bauträgern und Initiatoren tätig. Darüber hinaus werden Konzeptions-, Verwaltungs- und Managementdienstleistungen für andere Gesellschaften offeriert. Dieses Segment weist die höchste Wertschöpfung auf und steuert daher die attraktivste Ergebnismarge zum Konzernergebnis bei.

Weitere Dienste

Zudem umfasst das Serviceportfolio weitere rechtliche und regulatorische Dienstleistungen in den Produktkategorien Investmentfonds, Versicherungen, Vorsorge und Finanzierung sowie Softwarelizenzen und White-Label-Produkte zur Optimierung von Marketing- und Vertriebslösungen. Das Angebot von Netfonds wird durch den Vertrieb und das Portfoliomanagement von Wohnimmobilien komplementiert.

Einnahmen

Einnahmen generiert Netfonds im Wesentlichen über Provisionen, Servicegebühren, Honorare und Lizenzgebühren für die Nutzung von Netfonds-Lösungen. Mit mehr als 5.000 Maklerpartnern werden aktuell rund 400.000 Depots verwaltet. Im Jahr 2020 erzielte das Unternehmen mit 269 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von 143,3 Mio Euro.

9-Monatszahlen

Der Brutto-Konzernumsatz stieg in der ersten drei Quartalen um 30,8% auf 137,5 Mio Euro (Vorjahr: 105,1 Mio), während sich der Netto-Konzernumsatz um 20,8% auf 25,1 Mio Euro erhöhte (Vorjahr: 20,7 Mio). Das EBITDA lag trotz der Migration auf die finfire-Plattform und den damit verbundenen Kosten nach neun Monaten bei 3,7 Mio Euro, wobei das EBITDA alleine im dritten Quartal 1,3 Mio Euro betrug und damit mehr als das Doppelte des Vorjahreswerts.

Der betriebliche Rohertrag lag bei rund 8,3 Mio Euro und die Rohertragsmarge im Verhältnis zum Nettoumsatz bei 15,66%. Die Assets under Administration inklusive Fonds Advisory entwickelten sich ebenfalls weiter positiv. Sie stiegen um knapp 26% gegenüber dem Vorjahr auf rund 20,1 Mrd Euro.

Zum Umsatzwachstum in den ersten neun Monaten trugen insbesondere die Geschäftsbereiche Wholesale und Regulatory & Technology bei. Der Bereich Regulatory konnte mit einem Zuwachs von 77,9% auf 53,1 Mio Euro Umsatz weiterhin überaus dynamisch wachsen. Deutlich positiv entwickelte sich auch der Bereich Wholesale, dessen Umsatz auf 9-Monatssicht um 23,6% auf 73,1 Mio Euro zulegte.

Dabei hatte die Corona-Pandemie im Wholesale Bereich zwei gegensätzliche Entwicklungen. Während im Bereich der Versicherungen weiterhin Einschränkungen in der Umsetzung des Belegschaftsgeschäfts fortbestehen, entwickelte sich der Bereich Sachversicherungen und insbesondere die private Kapitalanlage dagegen überproportional positiv.

Das dynamischste Wachstum im bisherigen Jahresverlauf verzeichnete der Bereich Regulatory & Technology. Hier überzeugten sowohl das Wachstum der Assets under Management (Vermögensverwaltung) als auch der Bereich Fonds Advisory mit Regulierungsdienstleistungen für Fondsinitiatoren & Fondsadvisor.

Der Bereich Immobilien & Marketing liegt gegenüber dem Vorjahr noch zurück. Allerdings verzeichnet das Interesse an der finfire-Immobilienplattform eine ungebrochene Dynamik. Im laufenden Schlussquartal wird ein starkes Wachstum dieses Bereiches erwartet.

Unterm Strich verbucht Netfonds damit noch einen kleinen Verlust, aber operativ ist man bereits deutlich in den schwarzen Zahlen. Und da die hohe Anfangsinvestitionen in finfire weitgehend abgeschlossen sind, dürfte sich diese Entwicklung kräftig fortsetzen und schon in 2022 auch insgesamt für Gewinne sorgen.

Jahresprognose wird erreicht - mindestens

Auf Grundlage des weiterhin dynamischen Geschäftsverlaufs im laufenden vierten Quartal hat der Vorstand seine Wachstumsprognose zur Geschäftsentwicklung im Gesamtjahr 2021 ausdrücklich bestätigt. Er geht von einem organischen Wachstum des Bruttoumsatz von mehr als 25% und somit einem Brutto-Konzernumsatz von über 185 Mio Euro aus, sowie beim Netto-Konzernumsatz von einer Größenordnung jenseits der 36 Mio Euro. Das EBITDA wird im Bereich von 6,0 bis 7,2 Mio Euro erwartet.

Dabei betonte der Vorstand allerdings, dass in Abhängigkeit von der Umsetzung in Vorbereitung befindlicher Transaktionen noch im Jahresverlauf im Bereich Immobilien die Möglichkeit besteht, die bisherige Planung deutlich zu übertreffen. Und damit auch die Gesamtplanwerte des Konzerns.

Bullcase vs. Bearcase

Die Netfonds AG agiert in verschiedenen Bereichen, dennoch liegt dem Geschäftsmodell ein wesentlicher Plattformgedanke zugrunde. Das Unternehmen versteht sich demnach als B2B-Plattform der Finanzabwicklung mit zunehmender Wertschöpfungskette und steigendem Digitalisierungsgrad und adressiert damit vorwiegend Akteure der Finanz- und Versicherungsbranche. Über volldigitalisierte Prozessketten tragen die Netfonds-Angebote dabei zur effizienten und aufsichtsrechtskonformen Umsetzung von Dienstleistungen im Rahmen der Finanzberatung bei. Der Fokus liegt darauf, durch ein breites Leistungsangebot ein steigendes Geschäftsvolumen zu erzielen und so die wiederkehrenden Erträge nachhaltig zu erhöhen. Die vorgelegten Zahlen belegen eindrucksvoll, dass Netfonds seinen Erfolgsweg konsequent verfolgt.

Gegenwind kann sich aus der Regulatorik selbst ergeben. Sowohl auf EU-Ebene als auch in den Koalitionsverhandlungen der Ampel-Parteien gab es mehrere Finanzthemen, die Auswirkungen auf das Geschäft von Netfonds haben können. Insbesondere sei hier provisionsgetriebene Beratung genannt, die nun wohl doch nicht zugunsten eines Honorarmodells abgelöst werden soll. Jedenfalls enthält der Koalitionsvertrag keine entsprechenden Regelungen, die zuvor in Entwürfen herumgeisterten. Gut für Netfonds.

Des Weiteren profitiert Netfonds vom Trend zur eigenverantwortlichen Geldanlage und dem daraus resultierenden Nachfrageschub nach individuellen Fondsangeboten. Da die Ampel-Koalitionäre die dringend nötige Rentenreform ebenfalls nicht angehen wollen, wird die Nachfrage nach privaten Altersvorsorgeprodukten weiter steigen.

Ein weiteres Risiko besteht im zunehmenden Konkurrenzdruck. Im Bereich der Maklerpools hat man mit der ebenfalls börsennotierten JDC Group einen sehr aktiven und erfolgreichen Gegenspieler und im Bereich Immobilien und digitaler Versicherungsplattform hat Hypoport zuletzt seine Anstrengungen und Investitionen deutlich erhöht. Der "adressierbare Markt" ist zwar riesig und bietet für alle noch reichlich Platz zum Wachsen, aber die Notwendigkeit für stetige Verbesserungen der eigenen technischen Plattformen dürfte kaum nachlassen und damit den Kosten- und Margendruck hoch halten.

Wachstum und Skalierung sind hier die Erfolgsschlüssel. Die Netfonds Gruppe plant hier auf Basis der neuen cloudbasierten finfire-Plattform im kommenden Jahr die Skalierung und Effizienzsteigerung des Geschäftsvolumens dynamisch fortzusetzen und wird Ende Januar eine detaillierte Planung für das Geschäftsjahr 2022 veröffentlichen.

Solange brauchen Anleger nicht zu warten, denn die Erfolgsaussichten von Netfonds liegen bereits heute klar auf dem Tisch. Und wie die jeweiligen viertjährlichen Meldungen zu den Quartalsentwicklungen zeigen, handelt es sich dabei nicht um Eintagsfliegen. Sich hier frühzeitig an einem aussichtsreichen Plattformunternehmen mit Schwerpunkt Versicherungen, Immobilien und Investments zu beteiligen, sollte sich langfristig ordentlich auszahlen.

Die 4 wichtigsten Dinge, die man über Netfonds wissen muss

  1. In Deutschland führendes Plattformunternehmen mit Schwerpunkt auf Versicherungen, Immobilien und Investments.
  2. Marktführer im Bereich Haftungsdach für Finanzdienstleister und Fondsmanager sowie zweitgrößter Maklerpool Deutschlands mit zusätzlichen Wachstumsaussichten über strategische Zukäufe.
  3. Stark fragmentierter adressierbarer Markt mit großen Wachstumschancen. Wettbewerber sind Hypoport und die JDC Group, die beide bekannter und deutlich höher bewertet sind.
  4. Das Plattform-Geschäftsmodell erlaubt eine hohe Skalierbarkeit und nachdem die größten Investitionen in finfire nun getätigt sind, winken deutlich steigende Margen.


▶ Ergänzung vom 14.12.2022

Nach Veröffentlichung des Artikels im Nebenwerte Investor gab es eine weitere Unternehmensmeldung, die erhebliche Auswirkungen auf die Netfonds AG und ihre Bilanz haben wird, so dass ich an dieser Stelle einige Ergänzungen vornehme.

Schlauer Schachzug: Der Immobiliendeal mit VMR

Am 3. Dezember meldete die ebenfalls börsennotierte Value Management & Research AG, man habe mit der Netfonds AG eine nicht bindende Absichtserklärung (Letter of Intent) über den Erwerb von rund 89% der NSI Netfonds Structured Investments GmbH, unterzeichnet. Als Gegenleistung für die Einbringung der Anteile der NSI beabsichtigt die VMR 1,4 Mio neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung und eine Wandelanleihe im Volumen von 5,2 Mio Euro an die Netfonds auszugeben.

Die NSI ist ein Bestandshalter und Vermittler von Immobilien und Emittent von Kapitalanlagen im Bereich Wohnen. Mit dem Erwerb der NSI erweitert VMR ihren Bereich Immobilien, zu dem die bereits vor einem Jahr erworbene NSI Sachsen Portfolio GmbH gehört. Der Gegenwert für die Beteiligung liegt unterhalb des zweistelligen Millionenbereichs.

Nach der Einbringung und Kapitalerhöhung wird die Netfonds zu 29,7% an der VMR beteiligt sein. Die Wandelanleihe berechtigt Netfonds, sie zu einem späteren Zeitpunkt in weitere 1,6 Mio VMR-Aktien zum Wandlungspreis von 3,25 Euro zu tauschen, wodurch die Beteiligungshöhe perspektivisch auf 47,6% steigen würde. Die Netfonds AG wird durch den Deal also de facto bestimmender Aktionär der VMR.

Die Transaktion steht unter dem Vorbehalt des Abschlusses eines notariellen Einbringungsvertrags und verschiedener aufschiebender Bedingungen. Hierzu gehört der Abschluss einer Vereinbarung zur strategischen Partnerschaft im Bereich des Immobilienvertriebs zwischen VMR und Netfonds. Die Umsetzung der Transaktion soll voraussichtlich noch im Laufe des Dezember 2021 erfolgen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die wesentlichen Aktionäre der Netfonds und der VMR identisch sind, so dass die Umsetzung des Deals wohl als "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" anzunehmen ist.

Auswirkungen

Die Auswirkungen auf die Netfonds AG sind erheblich. Man hatte einen eigenen bestand an Immobilien aufgebaut und dieses kapitalintensive Business gibt man nun an die VMR ab. Im Gegenzug übernimmt Netfonds dort die Kontrolle und rund die Hälfte des Grundkapitals (nach Wandlung der Anleihe). Netfonds wird sich künftig also im Immobiliensegment wieder auf den Immobilienvertrieb über die wachstumsstarke finfire-Plattform beschränken, aber auch weiterhin für die Betreuung des Immobilienportfolios der VMW/NSI zuständig sein.

Die VMR hat aus der Vergangenheit noch erhebliche steuerrechtliche Verlustvorträge von 28,7 Mio Euro, so dass Gewinne aus Immobilientransaktionen dort erstmal steuerfrei zu vereinnahmen sein werden.

Bei der Netfonds AG soll die Transaktion noch in 2021 zu einem zusätzlichen Veräußerungsgewinn im Beteiligungsergebnis von ca. 8 Mio Euro führen, wobei die  Jahresprognose zum Umsatz unverändert bestehen bleibt. Die 8 Mio Euro fußen auf einem VMR-Aktienkurs von 3 Euro je Aktie; sofern dieser höher liegt bei Vollendung des Deals ergäbe sich ein entsprechend höherer Gewinnbeitrag für das Jahresergebnis der Netfonds AG.

Durch den Deal wird auch die Netfonds-Bilanz verkürzt, weil die Immobilien in die VMW "abwandern" und entsprechend auch die Kreditverbindlichkeiten und in der Folge auch die Zinsbelastung sinken. Hinsichtlich der Erlöse entfallen zwar die Mieten, doch Netfonds wird Netfonds aus dem Immobiliengeschäft weiterhin transaktionsbasierte Erträge generieren. Diese sollen auf Basis eines strategischen Kooperationsvertrags bei etwa 60% der Veräußerungserträge inklusive weiterzuleitender Maklerprovisionen liegen, wie die Analysten von montega nach einem Gespräch mit dem Vorstand berichten. Die NSI GmbH avisiert  im Zuge des neuen Konstrukts gleichzeitig ein größeres Bestandsportfolio und somit ein höheres Verkaufsvolumen, wodurch die Netfonds zustehenden Nettoerlöse aus der Betreuung in etwa auf dem Niveau der bisherigen Planungen verbleiben dürften. 

Darüber hinaus will die VMR Dividenden auskehren, die in den nächsten Jahren dann auch bei der Netfonds zu zusätzlichen Einnahmeströmen führen.

Meine Einschätzung

Ich halte den Deal für einen klugen und wertschöpfenden Schachzug. Beide Unternehmen konzentrieren sich auf ihre Kernkompetenzen und die Netfonds AG trennt sich vom kapitalintensiven Immobilienbestandsgeschäft, ohne völlig auf dieses Geschäftsfeld verzichten zu müssen. Die Kernbeteiligung an der VMR macht dies möglich.

Die Netfonds AG fokussiert sich damit wieder auf ihren wachstumsstarken und skalierbaren Footprint als Plattformanbieter im Bereich Finanzen und Versicherungen und stärkt durch die Transaktion ihre Bilanz signifikant. Der hohe Einmalgewinn realisiert innerhalb kurzer Zeit den Wertzuwachs beim Immobilienportfolio und kann für weitere Akquisitionen und/oder Investitionen genutzt werden.

Die VMR wird ebenfalls bilanziell gestärkt und könnte künftig an der Börse mehr Interesse auf sich ziehen. Das wäre auch nicht zum Schaden der Netfonds AG als Kernaktionär.

Aus meiner Sicht also ein rundum gelungener Deal, der meinen Investmentcase für die Netfonds AG nochmals bestätigt. Der Aktienkurs dürfte ebenfalls von den operativen Erfolgen profitieren; zumal neben dem höheren Jahresergebnis 2021 auch die Erwartungen für die nächsten Jahre stärker ausfallen dürften, sowohl was das Umsatzwachstum, die Margen und die Gewinne angeht. Aber konkret(er) einschätzen kann man das erst, wenn die Transaktion vollendet ist.



▶ Ergänzung vom 17.12.2022

NSI/VMR-Deal unter Dach und Fach

Folgendes teilte das Unternehmen heute mit: "Die Netfonds AG hat die am 03.12.2021 per LOI vereinbarte Transaktion zur Veräußerung und Einbringung der NSI Netfonds Structured Investments GmbH per Sachkapitaleinlage an die Value Management & Research AG ("VMR") mittels notariellem Einbringungsvertrag umgesetzt.

Als Gegenleistung für die Übertragung von 88,72% der Geschäftsanteile der NSI Netfonds Structured Investments GmbH erhält Netfonds 1.400.000 Aktien der VMR AG sowie eine Wandelschuldverschreibung, die zu einem späteren Zeitpunkt in 1.600.000 Aktien gewandelt werden kann, in Höhe von €5.200.000. Der Gesamtwert der Transaktion beläuft sich somit auf €9.400.000."

Die sich hieraus ergebenden Effekte werden also noch im 2021er Jahresabschluss der Netfonds AG verarbeitet und dort zu signifikanten Gewinnen führen...


Disclaimer: Habe Hypoport, JDC, Netfonds auf meiner Beobachtungsliste und/oder in meinem Depot/Wiki.

3 Kommentare:

  1. Hallo Michael,
    interessantes Unternehmen das du uns ausführlich vorstellst. Meinst du es ist ein Übernahmekandidat?
    Danke
    Viele Grüße Martin

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    1. Moin Martin,
      man soll niemals nie sagen, aber an eine Übernahme von Netfonds glaube ich eher nicht. Rund 50% des Aktienbestandes werden vom Führungsteam der Netfonds AG (Vorstand, Aufsichtsrat und deren Familien) gehalten, die sich als Ankeraktionäre verstehen und die Mehrheit der Aktien des Unternehmens halten wollen. Vor anderthalb Jahren steig dann noch ein strategischer Investor ein, der zwischen 6% und 8% der Aktien hält.

      Was ich mir eher vorstellen kann, wäre ein strategischer Zusammenschluss mit einem anderen Unternehmen, also eine Fusion oder ähnliches. Wenn es da in mehreren Bereichen Überschneidungen und sinnvolle Synergieeffekte gibt. Ich denke aber nicht, dass die Gesellschafter auf so etwas gezielt hinarbeiten, sondern das würde wohl nur passieren, wenn sich zufällig eine solche Gelegenheit auftut.

      Eine weitere Möglichkeit wäre, dass Tochtergesellschaften nicht mehr zu 100% im Netfonds-Eigentum bleiben, wenn man diese mit Wettbewerbern fusionieren könnte. Dann würde Netfonds ggf. weniger Anteile aber eben auch an einem größeren Unternehmen halten. Mit der NSI und VMR lief/läuft das ja ähnlich ab. Könnte ein Modell für die Zukunft sein.

      Netfonds dürfte jedenfalls zu den aktiven Playern bei der Konsolidierung im Sektor zählen.

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  2. NSI/VMR-Deal unter Dach und Fach
    Nun ist es amtlich "Die Netfonds AG hat die am 03.12.2021 per LOI vereinbarte Transaktion zur Veräußerung und Einbringung der NSI Netfonds Structured Investments GmbH per Sachkapitaleinlage an die Value Management & Research AG ("VMR") mittels notariellem Einbringungsvertrag umgesetzt.

    Als Gegenleistung für die Übertragung von 88,72% der Geschäftsanteile der NSI Netfonds Structured Investments GmbH erhält Netfonds 1.400.000 Aktien der VMR AG sowie eine Wandelschuldverschreibung, die zu einem späteren Zeitpunkt in 1.600.000 Aktien gewandelt werden kann, in Höhe von €5.200.000. Der Gesamtwert der Transaktion beläuft sich somit auf €9.400.000.
    "

    Die sich hieraus ergebenden Effekte werden also, wie im Artikel beschrieben, noch im 2021er Jahresabschluss der Netfonds AG verarbeitet und dort zu signifikanten Gewinnen führen...

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