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Montag, 6. Dezember 2021

Kissigs Aktien Report: Sind gefallene Engel wie Square und Teamviewer (schon wieder) einen Kuss wert?

Im Rahmen meiner Kooperation mit dem "Aktien Report" von Armin Brack nehme ich mir in unregelmäßigen Abständen interessante Unternehmen vor. Die Ausgaben des "Aktien Reports" und/oder "Geld Anlage Reports" erreichen ihre Leser samstags kostenlos und "druckfrisch" im Email-Postfach und man kann sich ▶ hier beim "Geld Anlage Report" anmelden. Bonbon für die Leser meines Blogs: einige Tage später darf ich die Analysen dann auch hier veröffentlichen.

Aktien Report Nr. 68 vom 24.11.2021

Sind gefallene Engel wie Square und Teamviewer (schon wieder) einen Kuss wert?

Aktienkurse können fallen. Erleben wir gerade wieder, die Panik haussiert und alles wird aus dem Depot geschmissen, ohne Rücksicht auf Qualität oder Zukunftsaussichten. Die Anleger wollen alle gleichzeitig durch dieselbe Tür und das geht halt nur unter größeren Schmerzen.

An der Börse stellen sich diese Schmerzen als fallende Aktienkurse ein und damit als Verlust im Depot. Und Verluste erzeugen Schmerzen, psychische und manchmal sogar reale. Sie dokumentieren unser Scheitern, unser Versagen – denken wir. Wenn wir etwas teurer gekauft haben als wir es wieder verkaufen können, waren wir schlecht. Schlecht vorbereitet, schlecht informiert, schlecht positioniert, schlecht beraten oder einfach komplett schlecht.

Dabei stimmt diese Wahrnehmung nicht unbedingt. Es ist zwar durchaus möglich, dass wir aus den falschen Gründen die falschen Aktien gekauft haben und dafür nun den Preis zahlen. Den Preis für unsere Gier, den Preis für unsere Selbstüberschätzung, den Preis für unsere Ungeduld.

In einem panikartigen Ausverkauf an der Börse spielt allerdings eines keine Rolle: Vernunft. Die Anleger schmeißen alle Aktien aus dem Depot, oftmals auch gerade die Top-Werte, bei denen sie noch einen Gewinn „sichern“ können und nicht die Loser, die schon längst hätten entsorgt werden müssen. Und Nebenwerte fallen zumeist noch stärker, einfach weil diese Aktien nicht so liquide sind und es hier in Ausverkäufen noch weniger Kaufwillige gibt als bei den Standardwerten.

Wenn aber nun willkürlich alle Aktien aus den Anlegerdepots gekehrt werden, dann müssen wir uns auch nicht alleine wegen der Kursverluste unserer Aktien schlecht fühlen. Nur weil der Kurs fällt heißt das nicht, dass wir in das falsche Unternehmen investiert haben!

Aktie vs. Unternehmen

Der aufmerksame Leser registriert den Wechsel in der Konnotation: Anstatt von Aktien spreche ich auf einmal von Unternehmen. Und das aus gutem Grund. Denn man vergisst es nur zu leicht: Aktien sind keine Lotterielose, sondern Anteile an Unternehmen. Und genau so sollte man seine Aktien betrachten: als Unternehmensbeteiligungen.

Der Markt fällt. Würde einem Microsoft komplett gehören, würde man wegen eines Kurseinbruchs die Firma verkaufen? Wohl kaum. Würde einem die Börse nicht suggerieren, dass die Firma heute etwas weniger wert sei als gestern, würde man gar nicht auf diesen Gedanken kommen. Man würde wohl eher denken, dass Microsoft mit am besten durch die bisherige Pandemie gekommen ist und wohl auch bei neuen Coronavarianten zu den robustesten Unternehmen gehören wird mit steigenden Umsätzen und Gewinnen.

Würde man also Microsoft gerade jetzt verkaufen wollen? Niemals! Aber ein paar von seinen Aktien? Na klar, immer raus damit, Gewinne sichern, Verluste begrenzen.

Ich denke, die geldvernichtende Fehleinschätzung ist klar (genug) geworden…

Unternehmensauswahl

Es ist natürlich nicht egal, welche Aktie man kauft und auch nicht zu welchem Preis. Kauft man viel zu teuer ein, wird aus einem tollen Unternehmen kein erfolgreiches Investment. Und kauft man ein madiges Unternehmen schön billig ein, wird der Kurs trotzdem eher abstürzen und unterm Strich keinen Gewinn ermöglichen.

Man sollte sich also immer genau überlegen, welche Aktien man kauft und immer genau wissen, warum man sie besitzt.

"Know what you own, and know why you own it."
(Peter Lynch)

In haussierenden Märkten steigen auch die schwachen Aktien und bei crashenden Börsen fallen auch die guten Aktien. Doch die Qualität macht den Unterschied!

Sobald die Psychologie nicht mehr das Ruder in der Hand hat und die von André Kostolany als "Hartgesottene" bezeichneten Anleger wieder Oberwasser bekommen, erholen sich die Kurse. Das kann schnell gehen oder länger dauern. Die starken Unternehmen mit erprobtem Geschäftsmodell und soliden Bilanzen stehen hier oft auf der Gewinnerseite. Weil der Kursabsturz ihrer Aktien für mutige Anleger eine super Kaufgelegenheit darstellte: man bekam Spitzenqualität zu Ausverkaufspreisen.

Und wer mit solchen Qualitätsaktien in eine heftige Kurskorrektur gerät, der muss sich auch keine Sorgen machen. Denn die Qualitätswerte stehen solche Phasen einfach durch und gehen oft gestärkt aus ihnen hervor.

Doch um gelassen bleiben zu können, muss man eben auch wissen, dass man (nur) solche Qualitätsaktien im Depot hat. Und die muss man sich nicht im Crash aussuchen, sondern seine Aktienauswahl immer danach ausrichten.

"Value Investing ist der einfachste Weg zum Reichtum, doch nur wenige nutzen ihn. Niemand will langsam reich werden."
(Warren Buffett)

Selten sind komplexe Sachverhalte treffender auf den Punkt zu bringen, als Warren Buffett es tut. Bei seinem berühmten Zitat hätte die Formulierung "niemand will entspannt reich werden" allerdings noch besser gepasst. Denn genau darum geht es beim Investieren in Qualitätsaktien: man kann sich nach dem Kauf zurücklehnen und die Börse ausblenden. Die Kurse spielen keine Rolle (mehr). Ab und zu überprüft man, ob die Qualitätskriterien, wegen der man das Unternehmen mal ausgewählt hat, noch Bestand haben. Und sofern sich hier keine deutliche Verschlechterung ergeben hat, besteht kein Handlungsbedarf. Und schon gar nicht, nur weil die Kurse gerade mal fallen – oder steigen.

Diesen "easy way of investing" kann man gehen, wenn man die richtigen Aktien im Depot hat. Und wenn die Börsen mal crashen, kann man auch Qualitätsaktien zu Schnäppchenkursen einsammeln. Einen Crash haben die Aktien von Teamviewer und Square auch hinter sich. Die Frage ist, ob sich hier eine tolle Gelegenheit bietet oder ob sich die Umstände verschlechtert haben, so dass der Kurseinbruch gerechtfertigt erscheint. Denn dann wäre natürlich auch das Aufholpotenzial beim Aktienkurs begrenzt. Und wir wissen ja, dass ein Schnäppchen, das ein Schnäppchen bleibt, gar kein Schnäppchen ist…


Teamviewer

Teamviewer ist ein deutsches Unternehmen, das vor allem für seine gleichnamige Kollaborationssoftware bekannt ist. Mit ihrer Hilfe kann man schnell und sicher jemand anderem die Kontrolle über den eigenen Rechner bzw. Desktop übergeben, was bei Computerproblemen hilfreich ist oder wenn der Kollege mit den Excelformeln so viel besser zurechtkommt als man selbst. Software installieren und einmalig generiertes Passwort versenden und schon kann’s losgehen.

Die Ursprünge der Software gehen auf das Jahr 2005 zurück und 2014 stieg dann Finanzinvestor Permira groß ein. 2019 erfolgte der Börsengang und Permira hat anschließend mehrfach weitere Aktien auf den Markt geworfen. Permira hatte 890 Millionen Euro in Teamviewer investiert und mit seinen zwischenzeitlichen Verkäufen rund 5,5 Milliarden Euro erlöst. Dennoch hält man immer noch fast 20 Prozent der Anteile – ein äußerst rentables Investment. Für Permira.

Und für die Neuaktionäre anfangs auch. Denn von den anfänglichen rund 25 Euro aus dem Herbst 2019 wurden in den neun Monaten bis zum Allzeithoch im Juli 2020 über 50 Euro. Die Coronapandemie war hier einer der stärksten Treiber, denn plötzlich benötigte jeder die Teamviewer-Software, da Work-from-Home um sich griff und der Computerspezialist nicht mehr in Person auftauchte.

Nach einem Rücksetzer im Zuge der ersten Coronaentspannung strebte der Kurs bis Mitte Februar 2021 wieder Richtung neuer Höhen, konnte aber keine neuen Hochs markieren. Seitdem fällt er wie ein Stein auf inzwischen knapp 12 Euro.

Wer beim Börsengang eingestiegen ist oder in der nachfolgenden Euphorie, für den war die Teamviewer-Aktie bisher kein tolles Investment, sondern ein verlustreiches.

Nun stürzen die Kurse an der Börse wieder ab, weil es eine neue Coronavariante in Südafrika geben soll. Panik macht sich breit, dass die sich ohnehin abzeichnenden Lockdowntendenzen nun weltweit um sich greifen und die Welt in eine zweite Corona-Schockstarre versetzt.

Beste Aussichten für Teamviewer. Eigentlich.

Doch um beurteilen zu können, ob sich ein Einstieg zu diesen optisch verlockend niedrigen Kursen wirklich lohnt, muss man sich mit den Gründen für den Kursabsturz auseinandersetzen.

Größenwahn?

Ende März schockte Teamviewer die Märkte mit einer Gewinnwarnung. Nicht, weil die Geschäfte schlecht liefen, sondern weil man das Geld mit beiden Händen ausgeben wollte. Teamviewer wurde für die nächsten fünf Jahre Haupttrikotsponsor des englischen Premier-League-Fußballclubs Manchester United und der vorherige Sponsor Chevrolet hatte hierfür fast 75 Millionen Euro pro Saison auf den Tisch gelegt. Aufgrund der deutlich steigenden Ausgaben für die Vermarktung stellte Teamviewer nur für 2021 nur noch eine bereinigte Gewinnmarge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA-Marge) von 49 bis 51 Prozent der Rechnungsstellungen (Billings) in Aussicht, nachdem zuvor von 55 bis 57 Prozent ausgegangen wurde.

Der Nutzen für Teamviewer erschloss sich auf den ersten Blick nicht. ManU ist zwar einer der drei führenden Fußballclubs der Welt mit mehr als einer Milliarde begeisterter Fans und der Aussicht auf die Rückkehr in die lukrative Champions League, aber Teamviewer bietet keine Produkte für Konsumenten an, sondern für Unternehmen.

Anderseits geht es bei dem Vertrag um mehr als ein Logo auf dem Trikot, denn Teamviewer soll ManU bei der Digitalisierung des Vereins helfen, also auch dem Stadion, dem Trainingsbetrieb, dem Franchise. Auch hier dürfte der Fokus kaum auf der PC-Fernwartungssoftware liegen, mit der Teamviewer so erfolgreich ist. Doch da gibt es noch das neue aufstrebende Segment Augmented Reality, in dem Teamviewer Fuß fassen will. Hier geht es um Datenbrillen und Fernwartung von Industrieanlagen.

Da ManU besonders in Asien sehr beliebt ist und die Spiele selbst während der Corona-Lockdowns und geschlossener Stadien überall in der Welt via TV und Streaming zu sehen sind, könnte ManU durchaus der geeignete Werbepartner für Teamviewers ehrgeizige Expansionspläne sein.

Die großen Expansionspläne wurden noch durch eine weitere Werbepartnerschaft untermauert, nämlich mit Mercedes. Zu dem über fünf Jahre laufenden Deal gehört neben dem Formel 1-Team auch das Sponsoring des Motorsportteams von Mercedes für die Elektro-Rennserie Formel E.

An der Börse überwiegte weiterhin die Skepsis, im Oktober gab es dann eine weitere Prognosesenkung. Die großtrabenden Träume lösten sich zunehmend in Luft auf und Teamviewer regierte mit Veränderungen im Vorstand. Der Finanzvorstand musste gehen, doch die Börse bewertete dies lediglich als Bauernopfer, denn der Vertrag des hauptverantwortlichen CEO Oliver Steil wurde verlängert.

Ein neuer Finanzvorstand ist bisher nicht gefunden und nun wurde auch noch der Vertrag mit Marketing-Chefin Lisa Agona aufgelöst – die war erst im April angeworben worden, nachdem man den Vorstand eigens um einen Posten auf vier erweitert hatte. Auch das wird nun rückabgewickelt. Nach Strategie und klarer Zielorientierung sieht das nicht aus.

Dummerweise läuft es auch in Asien, der großen Zukunftshoffnung, weniger gut als erwartet, so dass man wohl zu dem Urteil kommen muss, dass es handfeste Gründe für den starken Kurseinbruch gibt.

Bringt Ford die Wende?

Mit Ford wurde ein spektakulärer neuer Großkunde gewonnen. Ab sofort nutze der US-Autobauer TeamViewers Augmented-Reality-Lösung Frontline, um Kfz-Techniker in ihrem weltweiten Händlernetz aus der Ferne bei der Reparatur und Wartung von Kundenfahrzeugen zu unterstützen. Der Service wird dabei unter dem "See What I See"-Programm vom Ford Technical Assistance Center (TAC) weltweit allen Technikern von Ford- und Lincoln-Händlern angeboten. Mittels einer RealWear-Datenbrille und der Augmented-Reality-Lösung Frontline können Mechaniker dabei Kontakt zu einem zentral organisierten Expertenteam von Ford aufnehmen, die diesen dann bei der Fehlerdiagnose zur Seite stehen.

Der Deal ist auch deshalb so wichtig für Teamviewer, weil Augmented Reality ein zentrales Zukunftsfeld für das Unternehmen ist. Hierfür hatte man Mitte 2020 eigens Ubimax übernommen, einen führenden Anbieter im Wachstumsmarkt Wearable-Computing-Technologien und von sogenannten Augmented-Reality(AR)-Lösungen für Facharbeiter in der Industrie. Und mit der Marketing-Partnerschaft mit ManU sollten genau solche großen Konzerne angesprochen und als Kunden gewonnen werden. Wohlwollend könnte man es also so auslegen, als wenn sich die enormen Aufwendungen vielleicht doch irgendwie auszahlen könnten.

Einschätzung

Teamviewer sollte durch die aktuellen Corona-Entwicklungen wieder Rückenwind bekommen. Die hohen Marketingaufwendungen belasten dauerhaft die Margen und Ergebnisse und bringen (noch?) nicht die erhofften Akquiseerfolge. Ford ist ein guter Auftakt, aber im Verhältnis zum Aufwand noch zu wenig.

Darüber hinaus ist Teamviewer nicht der einzige Player im Markt. Softwaregigant Microsoft bietet eine eigene Lösung an (Remotehilfe) und Wettbewerber AnyDesk ist durchaus ernstzunehmen. Teamviewer hat versucht, mit sehr viel Geld schnelles Wachstum zu erkaufen – und das ging nach hinten los. Inzwischen erfolgte hier die Rolle rückwärts, sowohl strategisch als auch personell. Ein wirkliches Alleinstellungsmerkmal und damit Preissetzungsmacht hat Teamviewer nicht zu bieten, so dass man eher nicht zu den überdurchschnittlich stark performenden Unternehmen gehören dürfte. Ein weiterer starker Kursverfall über die allgemeine Börsenentwicklung hinaus sollte zwar nicht mehr auf der Agenda stehen, aber eine überdurchschnittliche Kursentwicklung ist ebenso wenig zu erwarten. Da gibt es attraktivere Unternehmen, deren Aktien ebenfalls heftig Federn gelassen haben.
 

Square

Square ist ein erfolgreiches FinTech, das diverse Software- und Hardware-Produkte vertreibt und sich als Dienstleister kleiner Unternehmen und Privatpersonen etabliert hat. Die beiden Hauptgeschäftsfelder sind seine Kartenlesegeräte, die es vor allem kleinen Unternehmen ermöglichen, Kartenzahlungen oder Payments über Smartphones abzuwickeln, und die Cash App. Diese fokussierte sich ursprünglich darauf, dass Privatpersonen untereinander Geld übertragen konnten (wie PayPals Venmo), wurde dann aber zielstrebig zu einer Finanz-App ausgebaut, mit der inzwischen Zahlungen getätigt, Konten verwaltet sowie Aktien und Kryptowährungen gehandelt werden können. Square entwickelt die Cash App zur Super-Finanz-App.

Nicht nur wegen Corona boomt die Nachfrage nach der Cash App, sondern auch der konsequente Schritt Richtung Kryptohandel erwies sich als Kundenmagnet und Umsatztreiber. Die POS-Geräte hingegen schwächelten, weil während des Lockdowns so viele kleine Händler ihre Läden schließen mussten.

Vor einigen Monaten verkündete Square-Gründer und CEO Jack Dorsey, dass Square nicht nur Zahlungen mit Kryptowährungen anbieten und akzeptieren würde, sondern auch selbst einen Teil seiner liquiden Mittel in ausgesuchten Kryptowährungen anlegen würde. Das macht die Square-Aktie noch einmal volatiler, da ihre Quartalszahlen nun auch immer verstärkt vom jeweiligen Stand der Kryptowährungen zum Quartalsende abhängen.

Anfang November war es dann wieder soweit: Square legte seine Zahlen zum dritten Quartal vor. Dabei war ein Umsatzplus von 27 Prozent auf 3,84 Milliarden Dollar zu vermelden, doch die Analysten hatten hier mit 4,49 Milliarden Dollar deutlich mehr erwartet. Insbesondere die Bitcoin-Umsätze fielen mit 1,82 Milliarden Dollar deutlich geringer aus als die erhofften 2,47 Milliarden Dollar.

Der bereinigte operative Gewinn stieg dank steigender Erträge in den Seller- und Cash App-Ökosystemen um 28 Prozent auf 233 Millionen Dollar, doch das Nettoergebnis fiel mit 0,1 Millionen Dollar sehr bescheiden aus. Schuld daran sei eine Neubewertung von Finanzinvestments und der Bitcoin-Position in der Bilanz von Square. Ansonsten wäre ein Gewinn von 13 Millionen Dollar erzielt worden.

Das Volumen der abgewickelten Transaktionen (GVP) kletterte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 43 Prozent auf 45,4 Milliarden Dollar und übertraf damit die Erwartungen in Höhe von 44,9 Milliarden Dollar.

Durchwachsene Zahlen also. Mit dem Kryptohandel und der Kryptoverwahrung lässt sich nicht wirklich viel Geld verdienen – hier müssen sich die Hoffnungen der Realität anpassen. Der Ansatz sollte eher sein, dass durch diese Möglichkeiten mehr Interessenten für die Cash-App gewonnen werden, die dann auch die übrigen Funktionen ausprobieren und im Idealfall dauerhaft nutzen. Und genau so funktioniert eine Super-App! Eine einzige App für alle Finanzaktivitäten. WeChat hat es in China vorgemacht und PayPal arbeitet ebenfalls daran. Square kann gar nicht anders, als hier kräftig aufs Gas zu treten, um nicht abgehängt zu werden. Die Profitabilität rückt dabei aus dem Fokus.

Wachstumsschwäche?

Square wird als Wachstumsunternehmen wahrgenommen und auch entsprechend bewertet. Dass im dritten Quartal bei der Cash App kaum neue Nutzer gewonnen werden konnten, kam daher nicht gut an. Allerdings ist hier ein besonderer Aspekt zu berücksichtigen. Denn in den USA gab es mehrfach Stimuluszahlungen, die bequemerweise auch über die Cash App abgewickelt werden konnten. Das hat viele neue Nutzer gebracht; seit Beginn der Pandemie alleine 13 Millionen, was einem Zuwachs von 54 Prozent entspricht. Doch die staatlichen Zuwendungen sind nun ausgelaufen und damit auch der entsprechende Anreiz.

Square muss und wird hier reagieren, indem man den Marketingaufwand hochfährt. Bisher war das kaum nötig und das drückt künftig auf die Margen. Ein Problem, vor dem viele Unternehmen aus dem boomenden Onlinesektor stehen, die sich in der Coronahochphase kaum aktiv um Kundenzuwachs bemühen mussten.

Square zielt hierbei auch auf eine neue Zielgruppe, die bisher von der Finanzindustrie eher stiefmütterlich behandelt wird: die Teenager. Mit der Erlaubnis eines Elternteils oder Erziehungsberechtigten können Jugendliche nun die Cash App nutzen, um P2P-Zahlungen zu tätigen und die Cash Card und die damit verbundenen Belohnungen über Boost zu nutzen, zusätzlich zu Banking-Tools wie Direct Deposit. Es geht um immerhin 20 Millionen Teens in den USA, an denen zunächst nicht so viel zu verdienen ist. Aber das Kalkül dahinter ist natürlich, sie an die Super-App zu gewöhnen, weil sie dann Kunden "fürs Leben" werden und Square auf lange Sicht an ihnen verdienen kann.

Kürzlich führte Square Cash App Pay ein, so dass Cash App-Kunden nun sowohl online als auch offline mobil bei Händlern bezahlen können, die Squares POS-Produkte nutzen. Square ermöglicht es seinen Cash App-Nutzern nun, mit QR-Codes oder durch Antippen einer einfachen Schaltfläche an den POS-Kassen der Händler zu bezahlen. Es muss also keine Karte mehr gezückt werden und man kommt dem Wunsch der Kunden nach kontaktlosem und bequemem Bezahlen noch einen Schritt näher.

Kursentwicklung

Der Kurs hatte sich vom Coronatief bei 40 Dollar auf 280 Dollar glatt versiebenfacht, doch seit Anfang August befindet er sich auf Tauchstation. Aktuell notiert er um die 210 Dollar und bei 200 liegt die in diesem Jahr bereits dreimal getestete Unterstützung. Diese sollte besser halten, orakeln Chartfetischisten.

Einschätzung

Square ist schnell sehr hoch gestiegen und nun schwächt sich das Wachstum ab. Gleichzeitig nimmt der Konkurrenzdruck zu – sowohl von den etablierten Wettbewerbern wie PayPal, aber auch von neuen aufstrebenden FinTechs. Der "War on Cash" gibt allen kräftig Rückenwind und Squares starke Stellung im Kryptobereich dürfte ein weiterer Pluspunkt sein. Andererseits belasten die wieder hochschnellenden Coronainfektionen das Geschäft mit den kleinen Händlern und die sich wieder eintrübenden Wirtschaftsaussichten ebenfalls.

Square wird seinen Weg erfolgreich weiter gehen. Die Aktie erscheint jedoch nicht als einer der Favoriten im Sektor. Auf lange Sicht dürfte die Aktie aber weiterhin eine gute Depotbeimischung sein.

Disclaimer: Habe Microsoft, PayPal, Square auf meiner Beobachtungsliste und/oder in meinem Depot/Wiki.

7 Kommentare:

  1. Harry Keller06.12.21, 14:45

    Sehr treffend geschrieben und immer wieder ein Genuß, deine Reports zu lesen!

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  2. Hallo Michael,

    wie immer eine sehr interessante und fundierte Analyse. Wo siehst Du größere Chancen im Fintech-Bereich? Und zu einem weiteren abgestürzten Engel: Wie siehst Du Sea Limited? Da könnte ich mir vorstellen, dass Du optimistischer bist.
    Viele Grüße, Lorenz

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  3. TeamViewer agiert auf einem sehr schwierigen Markt bzw. der Markt an sich bringt kein Geld für viele Anbieter. Es gibt zahlreiche Tools, die man privat kostenlos nutzen kann. Anydesk ist zwar formal ein Wettbewerber, aber TV bietet auch kostenlose Version für private Nutzung. Und im Endeffekt verdient TV Geld und Anydesk ist nicht profitabel und nach wie vor geht es nur um ein Startup.

    CEO Steil meinte auch, dass man sich mehr auf Großkunden und neue Märkte orientieren wird, denn genau dort verdient man Geld. Aber Steil und Co. müssen viel besser und öfter kommunizieren. So wie jetzt wartet man auf irgendwelche Nachrichten von TV monatelang. Und irgendwo im Hintergrund wartet Permira mit 20%... Wie wird diese Firma agieren? Bei der ersten Gelegenheit gleich wieder verkaufen? Eventuell auf aktuellem Kurs wieder nachkaufen und Steil (ex-Permira) an der Spitze solange wie möglich behalten. Hm...

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  4. "ManU ist zwar einer der drei führenden Fußballclubs der Welt mit mehr als einer Milliarde begeisterter Fans"

    Ich bezweifle, dass ManU über eine Milliarde Fans auf dieser Welt hat :-)

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    1. Das ist die Angabe aus der Corporate News von Teamviewer zum Abschluss der Kooperation mit ManU (hier klicken): "Manchester United (NYSE: MANU) ist einer der populärsten und erfolgreichsten Fußballclubs der Welt. Im Verlauf der 143-jährigen Vereinsgeschichte gewann Manchester United 66 Titel. Mit einer internationalen Anhängerschaft von 1,1 Milliarden Fans ist Manchester United außerdem eine der weltweit führenden Sport- und Unterhaltungsmarken".

      Ich habe jetzt nicht selbst nachgezählt, sondern einfach diese Angaben übernommen... ;-)

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    2. Mit "Fans" sind Follower und Kunden der Merchandising-Produkte gemeint und gerade mit Asien und Amerika kommt man da sehr wohl auf 1 Mrd.

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  5. Ein sehr schöner Artikel, gerade mit der Einführung Michael!

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