Compleo passte hat auf Basis des 3. Quartals die Jahresprognose an und rechnet nun für das Gesamtjahr nur noch mit einem Umsatz zwischen €56 und €61 Mio. (zuvor €68 bis €78 Mio. und das bereinigte EBITDA wird jetzt im hohen einstelligen negativen Millionenbereich erwartet anstelle des bisher angepeilten Breakeven.
Hintergrund sind gleich mehrere negative Faktoren:
- Engpässe bei Elektronikkomponenten und in der Folge deutliche Lieferverspätungen in der Produktion.
- Verzögerungen bei der Bearbeitung/Zusage von Förderungen bei subventionierten Projekten.
- Die Markteinführung der Compleo Wallbox Solo hat sich von Q1 auf Q3/21 verschoben habe und so sind die Umsatzziele bei diesem Produkt nicht mehr zu erreichen.
- "Unerwartete Veränderungen des Abrufverhaltens von vereinzelten Kunden führten auch in Q3 teilweise zu temporären Volumenrückgängen".
Die sich zuspitzende Lage bei Elektronikkomponenten und Störungen der globalen Lieferkette treffen derzeit viele Unternehmen und Branchen, da ist Compleo weder allein noch wird es das einzige Unternehmen sein, dass dies bezüglich Rückschläge und Prognoseanpassungen abliefern wird.
Die (viel zu) langsame Bearbeitung von Förder- und Bewilligungsbescheiden seitens der Behörden trifft ebenfalls viele Unternehmen. Das ist ein großes Ärgernis, das sich durch Corona und die Lockdowns weiter verschärft hat. Insbesondere die öffentlichen Verwaltungen waren und sind nicht auf digitale Prozesse vorbereitet und dies erweist sich zunehmend als Flaschenhals. Auch dies kann man dem Unternehmen kaum anlasten.
Dass die Markteinführung eines Hoffnungsträgers um mehrere Monate verschoben werden muss, ist Compleo hingegen schon länger bekannt und das hätte man auch schon früher kommunizieren können und müssen. Hier hat Compleo jetzt viel Vertrauen unnötig zerstört, denn die Anleger fühlen sich zu Recht getäuscht.
Und auch das deutlich geringere Abrufverhalten von Kunden ist ein Warnsignal. Entweder man hat deutlich zu optimistisch geplant, oder aber der Wettbewerb ist erfolgreicher und nimmt Compleo die Butter vom Brot. Aussagen hierzu gab es seitens des Unternehmens nicht, daher bleibt den Anlegern die Interpretation selbst überlassen.
Dies steht in deutlichem Widerspruch zu den vielen Erfolgsmeldungen, die das Unternehmen zuletzt veröffentlicht hat. Nach diesen konnte und musste man davon ausgehen, dass Compleo sich uneingeschränkt auf der Erfolgsspur befindet. Ganz offensichtlich ist das aber nicht der Fall, wie die Umsatz- und Gewinnwarnung nun deutlich offenlegt.
Für mich der Grund, weshalb ich sofort nach der Bekanntgabe der Meldung die Reißleine gezogen habe. Naja, die Meldung kam um 0:07 über die Ticker und ich habe meine Aktien sofort zu Handelsbeginn am Morgen abgestoßen. Also so schnell "sofort" wie möglich war.
Das Vertrauen ins Management ist weg und auch das ins Unternehmen. Es ist kaum abschätzbar, wie belastbar die neuen Planspiele sind, wie lange die Probleme anhalten werden und ob der stockende Abruf seitens der Kunden an dort vorliegender Problemen oder an Compleos Produkten/ Lösungen liegt und/oder ggf. an besser positionierten Wettbewerbern.
Diese Entwicklungen sind völlig unklar und ich werde mir das erstmal von der Seitenlinie anschauen. Compleo ist in einem sehr attraktiven Markt aktiv mit großen und steigenden Potenzialen. Aber das bedeutet nicht, dass das Unternehmen auch Erfolg haben wird. Die meisten Pioniere der Anfangszeit bleiben auf der Strecke und am Ende setzen sich einige wenige durch. Ob Compleo zu diesen gehören wird, da bin ich mir nicht mehr sicher. Das wird nur die Zeit zeigen und was das Unternehmen als nächstes tut und kommuniziert. Solange ich hier nicht klar sehe, ist Compleo als Investment für mich erstmal verbrannt.
Ich habe die Aktien zu €77 abstoßen können, danach sind sie weiter gefallen. Eine höhere Volatilität ist bei marktengen Nebenwerten nicht selten, gerade im Umfeld von Unternehmensnachrichten. Weil auch an normalen Börsentagen nur wenige Stücke gehandelt werden, sorgen tolle oder erschütternde News für entsprechend heftige Kursbewegungen, weil alle Anleger gleichzeitig durch die selbe schmale Tür wollen. Rein oder raus.
Vor dem Kurseinbruch hatte Compleo bereits meine zuvor erzielten Gewinne wieder abgegeben und stand mit €90 auf Höhe meines Einstandskurses. Nach knapp 9 Monaten ergibt sich durch den Exit bei €77 nun ein Verlust von 15%.
Der Kurs ist seitdem weiter deutlich abgesackt und so mancher wird sich denken, da winke nun eine besondere Chance. Ich nicht, aus vorgenannten Gründen. Aber wie sich der Kurs verhalten wird, das weiß ich natürlich nicht. Gut möglich, dass er sich von seinem Absturz wieder erholt. Wie nachhaltig das dann sein wird, dürfte sich mit den nächsten Unternehmensmeldungen zeigen, wenn über die weitere Entwicklung der aufgezeigten Probleme berichtet wird. Und über die nächsten Zahlen. Positive Überraschungen erwarte ich d allerdings erstmal nicht...
Sie haben nichts mit intelligent investieren gemeinsam. Sie investieren einfach in jedes Unternehmen das es gibt.
AntwortenLöschenEin wirklich intelligenter Kommentator.
LöschenEs bleibt zu hoffen, dass er mit seinen Investmententscheidungen richtiger liegt.
Puh...na ein Glück das es nur 50 Unternehmen gibt. Da investiere ich fix auch in jedes.
Löschenlieber michael,
AntwortenLöschengenerell finde ich diesen blog höchst informativ und auch lehrreich. eine kleine kritik erlaube ich mir jedoch zu addressieren die mir schon länger am herzen liegt und zu der auch die situation mit compleo passt. ich verstehe und unterstütze deine botschaft "denke selbst". auch weist du immer wieder darauf hin, dass es sich bei deiner beobachtungsliste um kein musterdepot im herkömmlichen sinn handelt. trotzdem gibt es sicher viel kleinanleger wie mich die sich sehr stark an deiner expertise und transaktionen orientieren. in diesem zusammenhang ist es schade, dass dein ausführlicher bericht erst heute erscheint, deine transaktion aber schon am 05.10 mehr oder weniger gleich nach der umsatz- u gewinnwarnung erfolgt ist. für diejenigen die nicht täglich die transaktionsliste prüfen, dir bei dieser investmentidee aber gefolgt sind haben bei weitem einen höheren verlust, da sich der momentane kurs um die EUR 62,-handelt. außerdem würde ich es persönlich sehr begrüßen wenn du deine transaktionen (sowohl käufe als auch verkäufe) proaktiv kommentieren oder kommunizieren könnten. nicht zu allen transaktionen gibt es hintergründe zum investment case was eigentlich sehr schade ist. ich denke dies wäre im sinne von vielen lesern/abonnenten u vielleicht könntest du dies als anregung nehmen. alles gute u grüße aus wien
Moin nach Wien,
Löschenich kann Deine Kritik sehr gut nachvollziehen und verstehe sehr gut, dass das Informationsbedürfnis gerade bei Nebenwerten und kursbewegenden Meldungen groß ist.
Dieses Blog ist ja keine Anlageberatung und auch nicht mein öffentlich einsehbares Portfolio. Es ist der Ort, wo ich mich über Unternehmen und das Investieren an sich austauschen möchte. Ich denke viel über das Investieren nach und nehme mir viele Unternehmen vor. Darüber scheibe ich dann. Aber auch nicht über alles, denn das Schreiben ist sehr zeitintensiv und arbeitsaufwändig.
Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht und lebe vom Investieren. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder und immer mehr den Wunsch, dass ich ein (oder mehrere) Wikifolio auflege, damit Leser/Anleger in meine Investmentideen investieren können. Dem Ruf bin ich im letzten Jahr gefolgt und über das Ergebnis bisher sehr positiv überrascht. Ich war nicht davon ausgegangen, dass die Nachfrage so groß sein würde, sonst hätte ich mich vielleicht viel eher dazu durchgerungen, Wikis aufzulegen.
Aber auch die Betreuung der Wikis benötigt Zeit und die Investoren haben einen Anspruch darauf, denn sie vertrauen mir dort ja ihr Geld an, damit ich es bestmöglich verwalte.
Ich hole so weit aus um mal darzulegen, welche unterschiedlichen Interessen und Sichtweisen es gibt. Die gemeinsame Schnittmenge all diese Strömungen ist, dass ich mir Gedanken über ein Investment machen und zu Entscheidungen kommen muss. Bzgl. meiner eigenen Geldanlage muss ich das nicht öffentlich kommunizieren und mich erklären, da bin letztlich ja nur ich selbst betroffen. Hinsichtlich der Wikis sind meine Anlageentscheidungen öffentlich und werden natürlich auch von Anlegern kritisch hinterfragt. Zu Recht. Hier im Blog führe ich die Beobachtungsliste und auch dazu gibt es viele Rückfragen. Wenn ich Werte aufnehmen, wenn ich Updates dazu verfasse oder wenn ich Aktien streiche. Auch dazu gebe ich gern Auskunft.
Der limitierende Faktor ist Zeit. Ich kann nicht alles gleichzeitig machen und auch die Reihenfolge ist nicht ganz beliebig. Einen ausführlichen Artikel zu verfassen, steht leider fast nie ganz am Anfang in der Rangliste.
Wenn also mitten in der Nacht eine Unternehmensmeldung herausgegeben wird, wie jetzt von Compleo, und ich diese um Mitternacht zufällig noch mitbekommen, dann mache ich mir darüber so meine Gedanken. Im Wiki war die Aktie nicht mehr vertreten, aber in meinem Depot (und auf meiner Beobachtungsliste). Ich habe den Wert verkauft und dies auch zeitnah auf meiner Transaktionsliste vermerkt. Und dann habe ich, so schnell es mir zeitlich möglich war, einen Artikel dazu verfasst, um meine Beweggründe darzulegen. Diese muss man ja nicht teilen, es sind nur meine Gedanken dazu. Könnte ja auch sein, dass ich falsch liege und wichtige Aspekte übersehe. Auch dafür dient dieses Blog, dass ich neue Sichtweisen kennenlerne und ggf. erkenne, dass/wenn ich falschliege.
Was Du letztlich anregst, ist eine Art "Newstelegram", in dem ich Transaktionen zeitgleich vermelde. Ich weiß, dass dies bei kostenpflichtigen Börsenbriefen in Mode kommt (oder schon ist) und viele Anleger meinen, sie würden diese Hilfestellung benötigen. Das ersetzt ein bisschen die Musterdepots, mit denen ich groß geworden bin und wo viele Anleger vor allem auf die Käufe und Verkäufe gespannt waren, weil dies (bei Nebenwerten) den Kurs ziemlich beeinflussen konnte.
Das ist aber nicht mein Ansinnen, das ich verfolge. Ich möchte ja zum Nachdenken anregen und zum langfristigen Investieren. Dass Anleger, vor allem wenn sie noch nicht so viel Erfahrung haben, sich gerne als Copy-Trader betätigen, finde ich völlig legitim. Und ich weiß auch aus Mails, Blogkommentaren usw., dass eine ganze Reihe von Anlegern/Lesern meinen "Trades" folgen. Aber selten allen, sondern sie picken sich die für sie interessantesten Aktien raus. Und genau so ist dieses Blog ja gedacht: als Anregung und Diskussionsfeld.
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LöschenIch bemühe mich wirklich, die Leser meines Blogs so umfassend und schnell zu informieren, wie es mir möglich ist. Aber das wird mir niemals immer perfekt gelingen. Das ist nicht mein Anspruch und ich kann das auch nicht leisten, selbst wenn ich wollte. Dann müsste ich ein völlig anderes Angebot bieten: einen kostenpflichtigen Börsenbrief mit zeitnahen Transaktionsmeldungen, mit dem ich dann mein Geld verdienen würde. Davon gibt es ja immer mehr und auch ich werde häufiger darauf angesprochen (von Verlagen/Anbietern), so etwas mit ihnen aufzuziehen. Aber daran habe ich kein Interesse.
Ich möchte Investieren, das macht mir Spaß. Und ich schreibe gerne darüber und tausche mich mit anderen über Aktien aus. Teilweise verfasse ich bezahlte Artikel für Börsenberiefe, aber ansonsten schreibe ich hier kostenlos in diesem Blog. Und ich möchte keinesfalls hieraus ein kostenpflichtiges Angebot machen oder die interessante(re)n Inhalte hinter einer Bezahlschranke verstecken. Letztlich ist das Ganze ein Kompromiss und der kann niemals allen Interessen voll gerecht werden.
Was ich aber natürlich als Allerletztes möchte, ist dass Anleger meinetwegen Geld verlieren. Das scheint in Deinem Fall leider trotzdem so zu sein und das tut mir wirklich leid. Ich habe versucht darzulegen, weshalb ich nicht anders vorgehen konnte und kann und hoffe, dass Du meine Erklärung akzeptieren kannst.
Hi Michael,
LöschenNachdem ich die Unternehmensnachricht gesehen hatte, habe ich mal kurz einen Blick auf deine Transaktionsliste geworfen, um mich ggf. zu vergewissern. Es hat mich gefreut, dass du die Transaktion vermerkt hattest, das hat mir die Entscheidung zu verkaufen erleichtert und mich vor weiteren Verlusten bewahrt.
Ich kann die vorangegangen Beiträge nicht nachvollziehen. Ich hoffe du hast weiterhin so viel Spaß bei der Sache, wie die meisten der Leser beim Verfolgen deines Blogs.
Als Investor des Nebenwerte Wikis weiß ich deine Prioritäten übrigens zu schätzen.
In diesem Sinne weiter so und viele Grüße
Ich freue mich auf diesen Blog gestoßen zu sein und hoffe sehr, dass Michael sich von Kritikern nicht entmutigen läßt.
LöschenNein Michael, du machst hier eine sehr informative Arbeit. Ich sehe das so, dass durch lesen deinen Blogs ich selbst extrem viel Rechercheaufwand spare. Wer komplett an die Hand genommen werden möchte, sollte lieber einen Fond kaufen. Ist doch keine Instantberatung hier.
Löschenlieber michael,
Löschenvielen dank für die asuführliche antwort. das bestätigt einfach nur die Klasse als mensch die du für mich hast. für mich ist alles nachvollziehbar und auch akzeptabel. für mich sind beide ansätze wichtig u richtig. durch deinen blog zum nachdenken u selbstdenken anzuregen u man kann auch sorgenfrei in deine wikis investieren, was ich defnitiv vorhabe zu tun. auch in das anstehende turnaround-wiki. liebe grüße u servus
Hallo Michael,
AntwortenLöschenwill man das Thema E-Mobilität spielen, dann ist Alfen aus meiner Sicht die bessere Wahl. Zwar ist auch hier die Bewertung inzwischen sehr sportlich. Jedoch hat man mit Alfen neben der Elektromobilität auch die Themen Smart Grid und Stromspeicher abgedeckt. Aus meiner Sicht auch sehr wichtige Zukunftsthemen im Energiesektor.
Beste Grüße
Heute hat Compleo Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenregie gestellt, weil "die in den letzten Wochen geführten Gespräche über eine kurzfristige Bereitstellung zusätzlicher Finanzierungsmittel nicht mehr mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu einem erfolgreichen Abschluss führen werden", wie Compleo mitteilte. Ein weiterer Tiefschlag für alle Aktionäre, die noch auf Besserung gehofft hatten. Zwar ist dies noch nicht das Ende, aber eine tragfähige Zukunftslösung ist auch nicht gerade wahrscheinlicher geworden...
AntwortenLöschenDas war dann wohl das endgültige Aus für die Compleo Charging Solutions: Die insolvente Compleo Charging Solutions AG meldet den Abschluss eines Unternehmenskaufvertrags mit der KOSTAL Gruppe über ihre wesentlichen Vermögenswerte. Im Rahmen der Transaktion wurde auch das Vermögen der insolventen Tochtergesellschaften Compleo Charging Technologies GmbH und Compleo Connect GmbH an den Investor verkauft. Die Gläubiger (also Fremdkapitalgeber) sollen eine "signifikante Quote" erhalten, für die Aktionäre wird am Ende nichts übrig bleiben. Außer einem leeren Börsenmantel, der ggf. in vielen Jahren einmal reaktiviert werden könnte aufgrund ggf. enthaltener Verlustvorträge. Aber das ist dann eine neue Geschichte und für die heutigen/bisherigen Aktionäre kein Trost...
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