Die Notenbanken gehören auch zum Staatssektor und sie sind zu einem entscheidenden Faktor für die Börsen geworden. Seit dem Crash von 2000 weiten die Notenbanken, allen voran die US-Notenbank FED, die Geldmenge immer weiter aus und dadurch wurden die Aktienkurse, aber auch andere Vermögenswerte, kräftig angeheizt. Diese Vermögenspreisinflation hat Immobilienwert und Aktienkurse auf immer neue Höchststände katapultiert. Die Kehrseite ist, dass hierdurch auch die Anhängigkeit des Marktes von den Notenbanken und von der stetigen Versorgung mit immer mehr und immer billigerem Geld zunahm. Die Entwöhnung ist nur noch sehr schwer möglich und wenn die Notenbanken es versuchen, dann lösen sie damit größere Erschütterungen aus. Wie 2000, als die FED mehrfach die Zinsen anhob, und genauso 2018. Beides waren keine guten Börsenjahre.
Die große Unbekannte in der Formel ist die Inflation. Die Notenbanken habe auch die Aufgabe, die Geldentwertung in Zaum zu halten. Ein bisschen Inflation muss sein und fördert die Wirtschaft, zu viel Inflation entwertet das Geld zu schnell und sorgt für Panik. Grundlegende Theorie ist, dass eine steigende Geldmenge zu mehr Inflation führt und ein drosseln der Geldmenge die Inflation wieder eindämmt. Doch trotz exzessiver Ausweitung der Geldmenge gab es in den letzten 25 Jahren kaum merkbare Inflationstendenzen. Weil das Geld nicht zuvorderst in den Konsum floss und so Nachfrage und Preise anheizte, sondern in Vermögenswerte, wo es dann gebunden war. Doch nun ist die Inflation zurück...
Die Preise für Rohstoffe, wie Gold und Kupfer, Bauholz, schossen in die Höhe und vervielfachten sich. Verglichen mit den Vorjahreswerten sprang die Inflationsrate teilweise zweistellig an. Die Rufe nach Zinserhöhungen werden immer lauter. Zuletzt denkt auch in der FED eine wachsende Mehrheit über ein zeitnahes Tapering nach, also das baldige Reduzieren der Anleihekäufe, wodurch dem Markt Geld entzogen würde. Den Börsen gefällt dieses Entzugsszenario nicht.
Andererseits wirken auch Kräfte gegen das Inflationsgespenst. Zuletzt kamen viele Preise deutlich unter Druck, so beim Öl und weiteren wichtigen Rohstoffen. Das wirkt sich bremsend auf die Inflationsrate aus und dann steht bald der Jahreswechsel an – und damit wird nicht mehr mit 2020 verglichen, sondern mit 2021, als die Preise schon merklich höher standen. Die Folge wird sein, dass wegen dieses Basiseffekts die Inflationsrate ab 2022 wieder deutlich niedriger ausfallen wird. Und damit der Druck auf die Notenbanken, zu handeln. Der Börse gefällt dieses Nicht-Entzugsszenario.
Preis- und Konjunkturdämpfend wirkt sich auch die Entwicklung bei Corona aus. Während in Europa und den USA die Infektionszahlen wieder steigen, sind die Asiaten uns wieder viele Monate voraus. Dort gibt es bereits wieder Abriegelungen und Lockdowns, weil Corona trotz Impffortschritten nicht aufzuhalten ist. In Chinas Häfen werden die Staus immer größer mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die weltweiten Lieferketten. Das reduziert nicht nur die Wirtschaftserwartungen in China und Asien, sondern dämpft auch zunehmend in den USA und in Europa. VW oder Infineon müssen die Produktion drosseln und immer mehr Unternehmen klagen über Lieferschwierigkeiten bei Vorprodukten. Wer hauptsächlich in China fertigen lässt, ist noch stärker betroffen, weil seine Waren Europa kaum noch erreichen. Das alles dämpft auch die Inflationsaussichten und damit den Druck auf die Notenbanken.
Chinas reguliert noch mehr
Die Deutschenland und den USA liefen die Börsen in der letzten Woche uneinheitlich bis unentschlossen mit leichten Vorteilen bei den Technologiewerten. In Asien ging es deutlich abwärts. Der Nikkei verlor mehr als 4%, die Börse in Hong Kong sogar mehr als 6%. Hier gab es weitere Staatseingriffe, die insbesondere die Topwerte Tencent und Alibaba trafen. Zunächst werden die Zeiten begrenzt, die Kinder unter 12 Jahren täglich mit Onlinespielen verbringen dürfen. Des Weiteren plant China, die Rechte von Fahrern, die für Online-Plattformen arbeiten, zu stärken und die Aufsicht über Live-Streaming-Unternehmen zu verschärfen.Und dann wurde noch das "Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten" vom Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses verabschiedet. Das Gesetzt zielt auf Online-Betrug, Informationsdiebstahl und Datensammlung durch heimische Technologiegiganten. Hier hat China bisher beide Augen zugedrückt und so ein beinahe grenzenloses Wachsen erlaubt, doch nun will man die Wildwüchse begrenzen und für mehr Wettbewerb sorgen, wie es auch schon in anderen Ländern üblich ist. Damit schränkt man die Entfaltungsmöglichkeiten der (großen Unternehmen) weiter ein, was in Kombination mit den zuvor schon verabschiedeten Regulierungen wie ein Frontalangriff von Chinas Regierung auf die heimischen Technologieriesen aussieht. Und da ein Ende der Regulierungsflut nicht abzusehen ist, flüchten Anleger daher scharenweise aus chinesischen Aktien.
Hartgesottene Investoren steigen jetzt ein, weil sie glauben, dass China seine Konzerne regulieren aber nicht strangulieren will. Kritiker befürchten, dass dies jedoch genau die Folge der Staatseingriffe sein wird. Chinas größte Mauer ist momentan deren Wall of worry. Ein chinesisches Sprichwort könnte die Antwort bringen: "Der Drache lehrt: wer hoch steigen will, muss es gegen den Wind tun". Wird allerdings aus ein bisschen Wind ein handfester Taifun, könnten sich selbst die größten Drachen als absturzgefährdet erweisen...
Freue mich sehr, dass zuletzt wieder mehr zum Marktgeschehen und der Politik kommt. WIe du richtig bemerkst, steuern die Notenbanken die Börsen. Mit viel Fingerspitzengefühl versucht die FED, das Tapering zu kommunizieren. Bisher ist es der Börse egal. Steil nach oben geht es. Spannende Zeiten !
AntwortenLöschenIch denke ja, für einen Blick in die westliche Zukunft sollte man die Augen Richtung Japan richten...
Abschließend die Hoffnung, dass auch die letzten Länder ihre dämliche Zero-Covid-Strategie endlich beenden und den Weg der vielen Länder gehen, welche alle Maßnahmen einfach abschaffen.
In Deutschland wird das wohl eine frohe Hoffnung bleiben. Dafür sorgen schon bald wieder die treudoofen Wähler :>
Spannend wird es doch sein, ob sich die Lieferketten ändern, d.h. mehr Vorprodukte wieder in Europa produziert werden. Es wäre interessant eine solche Entwicklung zu sehen.
AntwortenLöschenUnd natürlich wie immer: Welche Unternehmen würden davon am meisten profitieren (und welche eher nicht)?
Wie bei der Impfstoffproduktion, bei der man in Europa erkannt hat, wie gefährlich/gefährdend es ist, dass diese fast vollständig nach Asien ausgelagert wurde, wird auch bei den Vorprodukten ein Umdenken stattfinden, richtig. Ein nicht geringer teil der starken Preisanstiege resultiert auch daher, dass die Unternehmen nicht nur ihre erhöhte Nachfrage geordert haben, sondern darüber hinaus auch gleich vorsorgen wollten durch den Aufbau eines Lagerbestands. Das ist einerseits zusätzlich preistreibend gewesen und auf der anderen Seite auch eine Abkehr vom bisherigen Dogma der Lean Production ohne Lagerhaltung und damit einhergehende Kosten. Die wurden alleine unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit betrachtet und daher wegrationalisiert. Nun wir unter strategischen Gesichtspunkten gegengesteuert und das wird sich kaum negativ auswirken auf die Lager- und Logistikspezialisten Jungheinrich oder Kion, so als ersten Gedanken.
LöschenOder Logistiker wie Amazon. Ich frage mich ohnehin schon, warum Amazon nicht längst auch zumindest kleine und mittlere Unternehmen im Blick hat, um denen die komplette Lagerhaltung und den Versand abzunehmen. Viele Unternehmen machen das bisher selber, oder über Großhändler/Distributoren, die dann an Zwischenhändler verkaufen.
LöschenAmazon kann das solche Leistungen, auch just-in-time Lieferungen, wahrscheinlich besser und günstiger anbieten, freilich zu mitunter kritikwürdigen Arbeitsbedingungen etwa für die Fahrer, die nach meiner Beobachtung zu 99% männlich sind, soviel dazu. Sicher, man macht man sich dann wieder von einem Unternehmen abhängig, aber das ist immerhin im eigenen Land, man kann es verklagen, und es gibt - noch - Wettbewerber in diesem Bereich.
Amazon bietet doch solche Lösungen für seine Plattform-Händler an (Fullfilment) und ergänzt dies um Servicepakete und Finanzdienstleistungen (also Software zur Unternehmenssteuerung, Buchhaltung usw. und Warenkredite etc,). Die hohen Investitionen von Amazon in diesem Bereich sollen dazu dienen, die Händler stärker an Amazon zu binden und ihnen gleichzeitig einen Wettbewerbsvorteil ggü. "externen" Konkurrenten zu geben, weil sie auf Amazon- und Prime-Leistungen zurückgreifen können (also u.a. schnellere Lieferung). Durch Corona hatte man die Expansion in diesem Segment erstmal zurückgefahren zugunsten der Versorgung mit Masken, Desinfektionsmitteln usw. aber nun legt man hier wieder einen der Schwerpunkte.
LöschenOder habe ich Dich da missverstanden und meintest etwas anderes?