Aktien Report Nr. 51 vom 09.07.2021
Steuern steigen bestimmt – und die Aktie von Intuit auch
Die Börsen streben wie an der Perlenschnur gezogen immer neue Höchststände an, doch von Euphorie ist weit und breit keine Spur. Vielmehr werden die Stimmen immer lauter, die vor einer Überbewertung und Crashgefahren warnen. Und genau diese "Wall of worry" ist es, die die Aktienkurse immer höher treibt. Denn solange überschäumende Euphorie vorherrscht, sind alle Anleger voll investiert. Kurseinbrüche haben dann leichtes Spiel, weil keine Käufer mehr bereitstehen, um nach fünf oder zehn Prozent Kursrückgang in "das fallende Messer zu greifen" und so die Kurse aufzufangen. Vielmehr sorgen die langsam und immer weiter bröckelnden Kurse dafür, dass sich ein großer Leidensdruck aufbaut, der sich dann irgendwann in einem Sell-off entlädt.Doch momentan läuft es genau anders herum. Es gibt viele negative Nachrichten, wie eine mögliche neue Coronawelle dank der Delta-Variante, eine sich immer weiter zuspitzende Lieferkettenproblematik aufgrund der Schiffsstaus vor chinesischen Häfen, die inzwischen schon mehr als zehn Prozent der weltweit verfügbaren Seecontainer dort binden, Inflationsängste aufgrund von Preissteigerungen bei Roh- und Baustoffen oder auch die Kartellverfahren gegen die großen Technologiegiganten in den USA und seit neustem der regulatorische Würgegriff der chinesischen Regierung gegen China-Firmen, die ihr Listing an einer US-Börse haben.
All diese negativen Nachrichten veranlassen Anleger dazu, aus dem Markt auszusteigen. Und dann natürlich die Aussicht auf einen heißen Herbst, denn das saisonale Muster führt uns näher an den „Katastrophenmonat“ September heran, der als Crashmonat gilt.
Hier stehen sich wachsende Ängste bei steigenden Kursen und Anleger, die aus der Börse ausgestiegen sind und auf günstigere Einstiegskurse warten, gegenüber. Und die steigenden Kurse sprechen dafür, dass wir es mit FoMo zu tun haben, der "Fear of missing out", der Angst, etwas zu verpassen. Börsenlegende André Kostolany brachte dieses Phänomen schon vor dreißig Jahren auf den Punkt: "Wer den Dollar nicht hat, wenn er fällt, hat ihn auch nicht, wenn er steigt". Und das gilt exakt auch so für Aktien. FoMo bedeutet dem entsprechend, dass Anleger Kasse gemacht haben und dann den steigenden Aktienkursen hinterhersehen (müssen). Was sie irgendwann dazu veranlasst, wieder einzusteigen, einfach weil sie es nicht ertragen können, dass sie nicht dabei sind, während andere Anleger schöne Renditen einfahren.
Da Aktien in sieben von zwölf Monaten steigen und – sogar inflationsbereinigt – langfristig sieben bis acht Prozent Rendite pro Jahr einbringen, und das inklusive aller Crashs und Korrekturen, lohnt es sich kaum, aus dem Markt auszusteigen und qualitativ hochwertige Aktien zu verkaufen. Es ist einfach unwahrscheinlich, am Top zu verkaufen und am Low wieder einzusteigen. Bernard Baruch, eine weitere Wall Street-Legende, sagte dazu: "Kaufe nicht, wenn der Kurs am niedrigsten ist, verkaufe nicht, wenn er am höchsten ist. Das können nur Lügner". Und auch Peter Lynch, der beste Fondsmanager der 1980er Jahre, stößt ins gleiche Horn: "Ich halte niemals Barmittel, denn Barmittel aufzubauen würde bedeuten, aus dem Markt auszusteigen. Meine Vorstellung ist es, für immer im Markt zu bleiben und Aktien abhängig von der fundamentalen Lage umzuschichten".
Und trotzdem sollte man nicht stur einfach jede Aktie im Depot halten, egal, wie sich das Unternehmen entwickelt. Wenn über Nacht der Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen wird, sind Betreiber von Atomkraftwerken keine gute Anlage mehr. Wenn sich die Zinsen im freien Fall befinden, verlieren Banken ihre Geschäftsgrundlage. Wenn Autos nicht verkauft werden dürfen, weil ihre Dieselmotoren viel höhere Schadstoffemissionen ausstoßen als erlaubt, sollte man nicht mehr auf gute Geschäfte bei den Autofirmen spekulieren. Und die Liste ließe sich endlos fortsetzen.
Ändern sich die Rahmenbedingungen, gibt es heftige Umbrüche in einer Branche, stehen die Aktienkurse unter Druck. Hier sollten Anleger dann eine Neubewertung ihres Investmentcases vornehmen und gegebenenfalls Aktien aus dem Depot werfen, bei denen sich die mittel- und langfristigen Perspektiven deutlich eingetrübt haben.
Stattdessen sollte man Unternehmen vorziehen, die sich in einer wachsenden Branche etabliert haben und ein gefestigtes, am besten sogar schier unangreifbares Geschäftsmodell aufweisen. Diese Burggraben-Aktien steigen mit der Zeit immer weiter an, über alle Börsenkorrekturen hinweg. Wie die Steuern. Die Steuer- und Abgabebelastung steigt, trotz aller politischen Versprechungen, seit Jahrzehnten immer weiter an (die sogenannte "Staatsquote").
Ein Unternehmen, was hiervon enorm profitiert, ist Intuit. Und zwar von jeder einzelnen Änderung der Steuergesetze. Jedes Jahr von neuem. Ein Blick auf den Langzeitchart zeigt, dass Intuit-Aktionäre allen Grund haben, sich über eine miese und wechselhafte Steuerlage zu freuen…
Intuit
Das amerikanische Unternehmen Intuit ist ein Spezialist für Buchführungs- und Steuersoftware. Seine wichtigsten Produktlinien sind QuickBooks, TurboTax und Quicken, die sowohl von Privatpersonen, aber vor allem von Kleinunternehmen, Buchhaltungs- und Prüfungsexperten sowie Finanzdienstleistern genutzt werden. Für Buchhalter werden zusätzlich die Steuerprogramme ProSeries und Lacerte angeboten und sämtliche Produkte unterstützen ihre Anwender bei den alltäglichen Anforderungen wie Rechnungen bezahlen, Guthaben überprüfen, Gehaltslisten erstellen und Steuererklärungen und -prüfungen.Das Geschäftsvolumen von Intuit verteilt sich etwa hälftig zwischen Steuer- und Unternehmensführungssoftware. Dabei versucht Intuit, seinen Anteil an regelmäßig fließenden Subskriptionsumsätzen stetig weiter auszubauen, denn im Bereich der Steuersoftware weist man noch einen relativ hohen Anteil an einmaligen Lizenzverkäufen auf. Diese haben gegenüber Abonnements den Nachteil, dass sie nicht regelmäßig fließen und weniger planbar sind. Ein Problem, das sich mit der Zeit stetig verkleinern wird, da immer mehr Kunden auf die Abos umstellen und der SaaS-Anteil (Software-as-a-Service) bei Intuit damit kontinuierlich wächst. Auf der anderen Seite bietet gerade Steuersoftware den Vorteil bei Lizenzprodukten, dass die Aktualisierungen regelmäßig erfolgen müssen, da sich ja die Steuergesetze ständig ändern und man mit veralteter Software keine korrekte Steuererklärung abgeben kann.
Starker Burggraben dank Wechselkosten
Natürlich ist Intuit nicht der einzige Anbieter von Steuersoftware, aber man hat den Vorteil des First Movers: sie waren die ersten im Markt und haben daher einen breiten Kundenstamm. Privatleute und kleine Unternehmen geben nur einmal im Jahr ihre Steuererklärung ab und so setzen sie nicht auf das Abomodell und weisen zudem eine höhere Bereitschaft auf, die Software zu wechseln.Doch Intuit adressiert überwiegend größere Unternehmen und professionelle Dienstleister, die für Mandanten die Buchführung und Steuererklärung anfertigen. Diese müssten also nicht nur ihre eigenen Konten zu einem anderen Anbieter transferieren, sondern jedes einzelne Konto von jedem einzelnen Mandanten. Ob die Unternehmensbuchführung, die Steuererklärung oder die Personalkostenabrechnungen.
Genau hier liegt der Schlüssel zu Intuits Erfolg. Denn für die meisten Kunden von Intuit wäre der Wechsel zu einem anderen Anbieter mit erheblichen Kosten und einem enormen Aufwand verbunden. Und der ginge teilweise sogar bis zu den eigenen Mandanten, denn die müssen Unterlagen für die Buchführung und Steuererklärung ja zusammenstellen und gegebenenfalls aufbereiten. Um also von Intuit zu wechseln, müssten schon sehr schwerwiegende Gründe vorliegen, so dass man hier von einer erzwungenen Kundentreue sprechen kann, denn es liegt im eigenen Interesse der Kunden, nicht den Anbieter zu wechseln. Und dem entsprechend findet Intuit auch für zusätzliche Angebote schnell Abnehmer, denn Intuits Kunden können so den Aufwand für Service und Personal reduzieren, wenn sie Software von Drittanbietern durch Add-on-Pakete von Intuit austauschen.
Credit-Karma-Übernahme
Intuit wächst allerdings nicht nur organisch, sondern kauft auch immer mal wieder strategisch zu. Insbesondere Software und Angebote, die man den bestehenden Kunden zusätzlich anbieten kann. Man wächst also sowohl in der Breite als auch in der Tiefe.In diese Kategorie fällt auch die Übernahme von Credit Karma, die sich Intuit knapp 7,1 Milliarden Dollar hat kosten lassen. Credit Karma ist eine Verbrauchertechnologieplattform mit rund 110 Millionen Mitgliedern in den USA, Kanada und Großbritannien. Auf ihrer Website bietet sie kostenlose Verbraucherratgeber zu Krediten, Kreditkarten, Reisezielen, Airlines oder Hotels, die von erfahrenen Redakteuren verfasst werden.
Um die Genehmigung für die Übernahme zu erhalten, musste Credit Karma allerdings sein Business mit kostenloser Steuersoftware für 50 Millionen Dollar an den Finanzdienstleister Square abgeben. Square hat das Angebot "Credit Karma Tax" in seine Cash App eingebunden.
Für Intuit liegt der wahre Schatz von Credit Karma allerdings woanders. Denn mit diesem Zukauf erhält man Zugriff auf die Finanzdaten jedes einzelnen Credit Karma-Kunden, also in seine Finanzen und Kaufgewohnheiten. Die Erkenntnisse aus diesem kostenlos generierten Datenschatz kann Intuit seinen zahlenden Kunden anbieten bzw. darauf aufsetzende Services und Dienstleistungen.
Durch die Akquisition von Credit Karma wächst Intuits Kundenstamm auf einen Schlag beträchtlich, denn zu den eigenen 50 Millionen Kunden kommen die 110 Millionen Nutzer von Credit Karma hinzu. Auch wenn es hierbei sicherlich einige Überschneidungen zwischen beiden Gruppen gibt. Doch auch schon zuvor konnte Intuit organisch ein Kundenwachstum von elf Prozent einfahren und damit das stärkste innerhalb der letzten vier Jahre.
Neben den Daten und dem Kundenstamm sind es die Finanzangebote von Credit Karma, auf die es Intuit abgesehen hat. Die Finanzprodukte wie zum Beispiel Tools zum Vergleich von Kreditkarten und Krediten sowie von Girokonten und Sparkonten sind eine Sparte, in die Intuit schon länger hinein expandieren wollte. Intuit-CEO Sasan Goodarzi meinte hierzu, Credit Karma habe genau das getan, nur zehn Jahre vor Intuit. Es sei „das größte und leistungsstärkste Fintech-Unternehmen auf dem Markt“ und deshalb die perfekte Ergänzung für Intuit. Credit Karma soll als autonome Tochtergesellschaft betrieben werden.
Aber der Deal hat nicht nur für Intuit Vorteile, sondern auch das Angebot von Credit Karma wird sich durch die Kombination mit Intuit verbessern. Ken Lin, Gründer und CEO von Credit Karma meint, eine der größten Frustrationen für die Verbraucher sei die mangelnde Sicherheit, ob sie für ein Produkt qualifiziert sind. Während Credit Karma anhand von Kreditberichten die Berechtigung einer Person für ein persönliches Darlehen vorhersagen könne, betrage der Anteil der Kreditwürdigkeit an der endgültigen Genehmigungsentscheidung letztlich jedoch nur 60 bis 80 Prozent. Andere Faktoren, wie die Fähigkeit der Kunden, den Kredit zurückzuzahlen, seien schwerer abzuschätzen, ohne mehr Einblick in ihre persönlichen Finanzen zu haben - wie beispielsweise Steuererklärungen. Und genau hier biete der Datenschatz von Intuit und der Einblick in die Steuerdaten der Kunden die Möglichkeit, die Prognosesicherheit bei der Vergabe von Krediten deutlich zu erhöhen, und somit die "User Experience" der Credit Karma-Nutzer zu erhöhen.
Coronaauswirkungen
Corona hatte und hat natürlich einen negativen Einfluss auf Intuits Business, weil Unternehmen und Privatleute in die Insolvenz gerutscht sind. Des Weiteren hatte die US-Regierung den Abgabetermin für die Steuererklärungen um einige Monate nach hinten geschoben, was ebenfalls zu Verschiebungen bei Intuits Umsätzen führte. Das war 2020 so und wiederholte sich in 2021, so dass Intuit die Erwartungen nicht erfüllen konnte. Was der Markt aber nur mit einem Schulterzucken zur Kenntnis nahm, weil ja die Verschiebung des Abgabetermins ins nächste Quartal eben auch die Verschiebung der entsprechenden Erlöse bei Intuit bedeutet und eben keine generelle Nachfrageschwäche.Starke Zahlen
Ende Mai hat Intuit seine Ergebnisse für das dritte Geschäftsquartal vorgelegt. Der Umsatz stieg im Jahresvergleich um 39 Prozent auf fast 4,17 Milliarden Dollar und der Gewinn je Aktie um 30 Prozent von 4,11 auf 5,30 Dollar.Betrachtet man die verschiedenen Geschäftsbereiche, so wuchs der Umsatz der Consumer Group um 34 Prozent auf 2,4 Milliarden Dollar, während die Small Business and Self-Employed Group einen Umsatzanstieg von 20 Prozent auf 1,2 Milliarden Dollar verzeichnete. Der Umsatz des Online-Ökosystems stieg um 28 Prozent auf 715 Millionen Dollar.
Insbesondere die Übernahme von Credit Karma zahlt sich aus. Nachdem die Übernahme Ende 2020 vollzogen war, war dies das erste Quartal, in dem Credit Karma vollständig in die Geschäftszahlen einbezogen war. Die Sparte erzielte mit 316 Millionen Dollar einen neuen Quartalsumsatzrekord mit einer Wachstumsrate von 120 Prozent. Damit übertrifft Credit Karma die ursprünglichen Prognosen des Managements und Intuit erwartet nun, dass die Plattform im Geschäftsjahr 2021 einen Umsatz von 775 bis 785 Millionen Dollar erzielen wird.
Der Datenschatz
Während die Angebote von Intuit und Credit Karma nach außen hin selbständig bleiben, wachsen im Hintergrund die Datensätze zusammen – und ermöglichen es so beiden Bereichen, besser zu werden und für Ihre Kunden einen höheren Nutzen zu erbringen.Dabei dominiert Intuit bereits seinen Markt. Im letzten Jahr haben 86 Millionen Steuerzahler TurboTax für ihre Steuererklärungen verwendet und die "Retention rate" liegt bei hohen 79 Prozent. QuickBooks Online hat 4,5 Millionen Benutzer und weist dieselbe Beibehaltungsrate von 79 Prozent auf.
Wachstumsgrenzen?
Intuit weist eine Marktkapitalisierung von 136 Milliarden Dollar auf und wird wie ein Wachstumsunternehmen bewertet. Zu Recht!Die hohe Zahl zufriedener Kunden bei gleichzeitig hohem Wachstum und einer steigenden Quote der wiederkehrenden Erlöse (Subskriptionen) macht das Unternehmen so stark. Gleichzeitig steckt Intuit noch in den Anfängen, das volle Synergiepotenzial aus der Credit Karma-Übernahme herauszuholen, so dass hier ein noch nicht gehobener Ertragsschatz liegt.
Das Management verfolgt einen konkreten Plan zur Steigerung des Wachstums namens "Big Bets".
Big Bet 1: Diese Initiative zielt darauf ab, die Geschwindigkeit stark zu erhöhen, mit der Intuit-Produkte und -Dienstleistungen beim Kunden Wirkung erzielen. So sollen Reibungsverluste beseitigt mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und Vertrauen geschaffen werden.
Big Bet 2: Kunden des Unternehmens sollen mit Experten in Kontakt kommen, die ihnen bei kleineren und größeren Problemen behilflich sind.
Big Bet 3: Intuit will einen persönlichen Finanzassistenten schaffen, der Verbrauchern bei der Suche nach Finanzprodukten hilft und finanzielle Expertise und Beratung bietet. Credit Karma wurde zu einem großen Teil übernommen, um diesen Prozess zu forcieren.
Big Bet 4: Intuit möchte nichts anderes werden als eine Art Super-App für Kleinunternehmen, also die zentrale Anlaufstelle für all ihre Finanzaktionen. Neben Steuerfragen geht es um Kredite und Kapitalanlagen, aber auch Gehaltsabrechnung sowie den Austausch von Geldern zwischen Unternehmen.
Big Bet 5: Mit QuickBooks Online Advanced geht Intuit sogar noch einen Schritt weiter. Es ist eine cloudbasierte All-in-One-Lösung für Buchhaltung und Business Hub, die für wachsende, kleine und mittelständische Unternehmen mit 10 bis 100 Mitarbeitern entwickelt wurde. Unternehmen erhalten Leistungsberichte mit hochgradig anpassbaren Tracking-Tools, automatisierten Workflows und Echtzeit-Dashboards für Umsatz- und Cashflow-Management. Es geht um eine ganzheitliche Unternehmensmanagementanwendung, die Intuit zu einem "disruptiven" Preis anbieten will.
Darüber hinaus bietet die internationale Expansion große Wachstumschancen. Denn bisher bietet Intuit seine Produkte neben den USA lediglich in Australien, Frankreich, den Philippinen, Indien, Kanada und Großbritannien an und der gesamte internationale Nettoumsatz lag in den letzten Jahren jeweils unter fünf Prozent des konsolidierten Gesamtumsatzes des Unternehmens. Hier gibt es also viel Platz für weiteres Wachstum.
Mein Fazit
Intuit betreibt ein Geschäft, mit dem man eigentlich nichts zu tun haben will, was einem aber aufgezwungen wird: Steuererklärungen. Hierum hat Intuit ein Business für kleine und mittlere Unternehmen geformt und bietet ihnen standardisierte Lösungen und Module an, die es zu einem Full-Service-Angebot für KMUs ausweitet.Im Hintergrund laufen die ganzen Daten der Privatanwender und Kleinunternehmen zusammen und ermöglichen Intuit und seiner eingesetzten künstlichen Intelligenz, immer leistungsfähigere Angebote anzubieten und dabei die Nutzererfahrung bei Kreditanträgen, Bausparverträgen und Autofinanzierungen zu verbessern.
Mag sein, dass die Begriffe Super-App und Ökosystem übertrieben klingen, aber sie werden immer mehr zur Realität. Auch wenn Intuit bisher (noch) nicht als solches wahrgenommen wird, ist es doch spätestens jetzt ein angesagtes Fintech-Unternehmen, das noch lange nicht am Ende ist, noch nicht einmal am Ende seines Anfangs, um zum Abschluss eine weitere große Persönlichkeit zu zitieren: Sir Winston Churchill.
Disclaimer: Habe Intuit, Square auf meiner Beobachtungsliste und/oder meinem Depot/Wiki.
Top Artikel! Wie bewertest du die aktuellen News bzw. Ausstieg aus dem Free File Program sowie die Vorwürfe man habe Nutzer mit "free" in ein kostenpflichtiges Programm geködert?
AntwortenLöschenhttps://www.nytimes.com/2021/07/19/opinion/intuit-turbotax-free-filing.html
Ich kann den NYTimes-Artikel nicht öffnen, aber die Meldung ist ja auch andernorts im Netz zu finden. Intuit folgt mit dem Ausstieg aus dem kostenlosen Programm H&R Block, die bereits Ende letzten Jahres ausgestiegen sind. Der Grund für den Einstieg vor fast 20 Jahren war, dass die US-Regierung mit einer eigenen kostenlosen Steuererklärungssoftware gedroht hatte. Damals wäre das für Intuit und H&R Block eine erhebliche Bedrohung ihres Geschäftsmodells gewesen, so dass man sich auf diesen Kompromiss eingelassen hat. heute hat Intuit das nicht mehr nötig. Weil man inzwischen weit mehr als Steuererklärungssoftware anbietet und vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen gefragt ist.
LöschenDann hat man kürzlich Credit Karma übernommen, musste für die kartellrechtliche Genehmigung deren Part mit kostenloser Steuererklräungssoftware an Square verkaufen. Hier erwächst Intuit also ohnehin ein kostenloser Wettbewerber.
Der Vorwurf, man habe nur eine abgespeckte Version angeboten, um bei erhöhtem Erklärungsbedarf die Nutzer in die kostenpflichtige Variante zu "verführen", schreckt mich jetzt nicht. Die wären ja schön dumm, wenn sie es nicht versuchen würden. Immerhin sind sie eine kommerzielle Firma mit Gewinnerzielungsabsicht. Die kostenlose Version muss lediglich funktionieren und korrekte Ergebnisse abliefern. Dass sie auch noch höchsten Komfort bieten muss (auf dem Niveau der kostenpflichtigen Profiversion), dürfte kaum Teil der Vereinbarung gewesen sein.
Intuit ist keine gemeinnützige Organisation und daher habe ich Verständnis dafür, dass sie ihre kostenlose Version nur so lange anbieten, wie sie dadurch einen Vorteil erzielen. Sobald dieser Vorteil zur Belastung wird, sollten und müssen sie handeln. Das US-Finanzministerium kann ja eine eigene Software entwickeln (lassen) und/oder andere Unternehmen zum Betritt in ihr Programm überreden.
Einen unmittelbaren Schaden für Intuit durch den Austritt sehe ich jetzt eher nicht. Und an meinem Investmentcase ändert diese Entwicklung auch nichts.