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Mittwoch, 17. März 2021

Visionen mit Hand und Fuß: (Meine) Highlights aus dem Hypoport-Conference-Call

Ronald Slabke, CEO und Großaktionär von Hypoport, nahm in einem Conference Call Stellung zu den Ergebnissen des Jahres 2020 und den Aussichten für 2021 und darüber hinaus.

Ich bin ja bekanntermaßen kein Freund von Videos, Podcasts, Conference Calls, ich lese lieber (schnell) und die wichtigen Passagen dann ggf. mehrfach. Aber den Hypoport-Webcast (hier klicken) habe ich mir dann doch angetan, auch wenn 56 Minuten schon abschreckend sind (für mich). Und ich kann nur sagen, es war eine gut investierte Stunde mit vielen interessanten - teilweise neuen - Aspekten zu den neuen Hypoport-Hoffnungsträgern...

Vorwegschicken möchte ich, dass ich das Festhalten Ronald Slabkes an der noch vor Coronaausbruch abgegebenen Jahresprognose, auch nachdem diese nach Ablauf des dritten Quartals 2020 als "sehr ambitioniert" daherkam, ausdrücklich kritisiere. Da hätte man, mit guten Gründen, früher korrigierend eingreifen müssen und hätte weniger Vertrauen (in die eigene Prognosefähigkeit) verspielt.

Auch deshalb dürften die nun für 2021 ausgegebenen Werte eher konservativ sein und lagen unter den Erwartungen der Analysten. Dabei halte ich es grundsätzlich für für sinnvoll, lieber tief zu stapeln und besser abzuschneiden, als vollmundig vor- und am Ende wieder zurückrudern zu müssen.

Für 2021 wurde eine recht breite Spanne ausgegeben: so soll der Umsatz von zuletzt €388 Mio. auf €430 bis €460 Mio. steigen und der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) von €36,2 Mio. auf €40 bis €45 Mio.

Der Conference Call

Als besonders interessant (und zukunftsrelevant) erschienen mir folgende Ausführungen: 

  1. Hypoport war und ist bestens auf die Digitalisierung vorbereitet. Allerdings nicht alle Partner in gleichem Maße (Genossenschaftsbanken, Sparkassen usw.). Daher blieben im ersten Lockdown, aber auch im weiteren Jahresverlauf, einige Projekte auf der Strecke; die sind aber nur verzögert, finden also dennoch statt (in 2021). Trotzdem konnte Hypoport seinen Marktanteil bei Immo-Finanzierungen um weitere 6% steigern! Inzwischen werden mehr als 25% aller Immobilienfinanzierungen in Deutschland über Europace abgewickelt! In gleicher Größenordnung sollen die Marktanteilsgewinne sich in den nächsten Jahren fortsetzen.
     
  2. Hypoport hat entschieden, kein Projektgeschäft mehr zu betreiben. Stattdessen setzt man komplett auf wiederkehrende, also stetige Erträge. Das kostet Umsatz und Gewinn, was man als strategische Entscheidung bewusst in Kauf nimmt.

    a.) Weil nicht alle Kunden mitmachen wollen.
    b.) Weil nicht alle Projekte "umwandelbar" sind.
    c.) Weil statt hoher Einmaleinnahmen (Lizenzen) sich diese Umsätze und Gewinne auf mehrere Jahre verteilen.
     
    Dies ist die "normale" Wandlung, die auch Adobe, Microsoft und viele andere Softwarekonzerne erfolgreich vollzogen haben. Über 12 bis 18 Monate sieht das nach einer Umsatz- und Gewinndelle aus, aber das wächst sich raus und am Ende verdient Hypoport sogar mehr!

    Zu a.) und b.) ist anzumerken, dass Hypoport nur wenige Kunden hat, die deshalb wechseln. Aber bisher hat man für einige ganz individuelle Softwarelösungen gebaut und das hat man nun eingestellt. Man verzichtet bewusst auf dieses Projektgeschäft, weil man es nicht skalieren kann und alle Ressourcen in die eigenen Plattformen steckt.

    Konkret heißt das, Hypoport will sich nicht mehr für das Programmieren/Update der Software  bezahlen lassen, sondern stattdessen an jeder Finanzierung mitverdienen. Diesen Weg hat man schon vor einiger Zeit eingeschlagen, setzt in nun aber ganz konsequent (und endgültig) um, auch bei Bestandskunden.

  3. Hypoport will den gesamten Immobilienerwerbsstrang abdecken. Man kommt von der Finanzierung, will aber bereits das Vermarkten (Verkäufer-Makler-Käufer) abdecken, die Bewertung der Immobilien, die Finanzierung und auch die Vertragsabwicklung (bis hin zum Kaufvertrag beim Notar).

  4. Die Versicherungsplattform kostet momentan noch viel Geld, weil viele kleine Insellösungen (von Maklern und übernommenen Softwareanbietern) ins Hypoportsystem übernommen werden müssen. Slabke sprach von einem 600-Millionen-Euro-Markt (an Provisionserlösen), den man sich langfristig erschließen will. Und an dem Hypoport so viel verdienen möchte wie an der Immobilienkreditplattform (Europace).
     
    Hier (Punkt 3. und 4.) liegen die großen Investitionsfelder, die Hypoport momentan viel Geld kosten. Alleine in 2021 sollen €40 Mio. investiert werden! Diese Bereiche sollen in drei Jahren den Breakeven erreicht haben und in fünf Jahren eine EBIT-Marge von 10% abwerfen.
Ausdrücklich betonte Slabke, momentan stehe für Hypoport nicht die Gewinnmaximierung im Vordergrund, sondern das Erschließen weiterer Zukunftsmärkte.
"Für augenblicklichen Gewinn verkaufe ich die Zukunft nicht."
(Werner von Siemens)


Mein Fazit:

Wer auf das - vermeintlich - zu niedrige Umsatzwachstum schaut, ist zu kurzsichtig. Es gibt gute Gründe, weshalb die Zahlen für 2020 so ausgefallen sind, wie sie ausgefallen sind. Sehr gute Gründe und vor allem strategisch nachvollziehbare Gründe. Jemand meinte hierzu, Hypoport skaliere in die falsche Richtung. Schön populistisch ausgedrückt mit oberflächlicher Betrachtung auf die Momentaufnahme. Aber eben auch wenig tief- und weitblickend.

Quelle: wallstreet-online.de
Hypoport ist im Bereich Europace in Deutschland mit 25% Marktanteil beim Neugeschäft Marktführer und gewinnt weiter deutlich Marktanteile hinzu. Ebenso solide und wachstumsstark kommt Dr. Klein daher. Alle drei anderen Sparten haben Startup-Charakter - man sollte dies bei Betrachtung der Umsatz- und Ergebnisentwicklung daher nicht über einen Kamm scheren. Und daher auch nicht bei der Bewertung. Wer hier auf das KGV blickt oder auf das KUV, wird auf den ersten Blick keinen attraktiven Investmentcase vorfinden. Wer zweimal hinschaut und sich ein paar tieferschürfende Gedanken macht, und wer die Eier hat, auf Sicht von drei, fünf oder mehr Jahren zu investieren, dürfte gerade auf einen weiteren Multibagger schauen.

Ich habe jedenfalls gestern unter €420 meine Position aufgestockt, sowohl in meinem Depot als auch in meinen beiden Wikis. Ich bin überzeugt, dass dies auf mittlere und lange Sicht sehr attraktive Kaufkurse waren/sind.

Disclaimer: Habe Adobe, Hypoport, Microsoft auf meiner Beobachtungsliste und/oder in meinem Depot/Wiki.

10 Kommentare:

  1. Naja, auf Sicht von "drei, fünf Jahren" ist das bei anhaltendem Wachstumstempo eben immer noch momentan zu teuer. Insbesondere, wenn diese Wachstumsprognosen nicht eingehalten werden.
    Da ist man gleich beim Kritikpunkt Nr. 2: Management.
    Für dich war zumindest Punkt zwei in der Vergangenheit auch schon mal Grund genug, eine Aktie links liegen zu lassen.

    ich beobachte Hypoport als, zugegeben, eine der phantasiereichsten deutschen Aktien jedenfalls weiterhin von der Seitenlinie aus. Wünsche euch allen viel Erfolg mit dem hypoport-investment !
    Vielleicht kann Deutschland ja an der Börse doch noch andere Storys schreiben als Wirecard und old economy...

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    1. Da musste mir auf die Sprünge helfen: wann (welche?) habe ich eine Aktie "links liegen gelassen", weil sie Lizenzumsätze in wiederkehrende Erlöse tauscht? Bei Intuit läuft das ja auch und wurde von mir explizit als zusätzliche Chance benannt.

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    2. Punkt 2 war das Management, in diesem Fall entweder nicht ganz kompetent oder schlecht in der Kommunikation mit den Aktionären.
      Die Transformation in ein Abo-Modell war in der Vergangenheit bei anderen Unternehmen ja eine gute Idee, warum nicht auch hier? Daran habe ich nichts zu meckern. Der Preis und das Management halten mich von einem Investment ab. Ist aber wie gesagt ne aussichtsreiche Aktie und ich freue mich, wenn das gut läuft, auch für euch :>

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    3. Das Management bei Hypoport, also vor allem CEO Ronald Slabke, ist für mich keinesfalls ein KO-Kriterium - vielmehr genau das Gegenteil. Ich kann auch nicht nachvollziehen, weshalb man wegen einer Prognoseverfehlung hier jetzt Konsequenzen fordern sollte. Hypoport hatte nach den Q3-Zahlen bereits mitgeteilt, dass man ein sehr starkes Q4 brauche, um die Jahresprognosen noch zu erfüllen. Eine - weichgespülte - Warnung hatte es an den Kapitalmarkt also durchaus gegeben.

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  2. Hallo Herr Kissig, danke für ihre ausführliche Analyse. Wie schätzen Sie die Wettbewerbssituation ein? Insbesondere im B2C Markt bei Dr.Klein und Vergleich.de, hier sehe ich z.b. check24 oder andere vertriebe als harte Gegnerin.

    Danke und weiter so
    Viele Grüße
    Martin

    PS: besteht die Möglichkeit die aktuellen Kommentare oben aufzulisten, insbesondere in ihrer Beobachtungsliste ist das runterscrollen nervig

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    1. Im Gegensatz zu Check24 und Verivox sehe ich kaum/keine Werbung für Vergleich.de Allerdings sehe ich auch wenig fern und bin da kaum der Maßstab. Dr. Klein lebt ja von seinen Kreditvermittlern/- beratern und hier punktet man durch den Filial- und Personalabbau bei den Banken. Dr. Klein gewinnt hier weiter Marktanteile ; praktische Erfahrungen habe ich selbst aber mit keiner den genannten Optionen gemacht.


      Leider gibt das Template eine andere Sortierung für die Kommentare nicht her.

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  3. Hallo Michael,

    danke für die ausführlichen Analysen auf diesem Blog. Denke Hypoport ist ein sehr gutes Investment und das Unternehmen wird in Zukunft aufgrund von Netzwerkeffekten, Wechselkosten der Vermittler und Monopolstellung weiter stark wachsen. Mittelfristig können ggf. Preissteigerungen durchgesetzt werden, wodurch die Margen steigen. Unterstützt wird das Wachstum durch ein Anstieg der Bevölkerung, ein Nachfrageüberhang am Immobilienmarkt und die niedrigen Zinskosten.

    Wesentliche Risiken sind eher markoöknomischer Natur:

    1) Sollte die Inflation weiterhin steigen und die EZB gezwungen sein, die Zinsen zu erhöhen wird die Nachfrage nach Krediten sinken. Wie schätzt du dieses Risiko ein?

    2) Viele lösen Ihren Zweitwohnsitz auf und arbeiten verstärkt von Zuhause. Die Preise speziell in Ballungszentren können in Zukunft sinken und dadurch auch der hohe Finanzierungsbedarf von neuen Wohnraum. Unternehmen entwickeln gerade neue Arbeitsmodelle wodurch der Trend nicht nur temporär vorherrschen wird.

    Des Weiteren kann ich mir vorstellen, dass die Entwicklung der Vertriebsplattform SMART Insur erheblich komplexer als die Entwicklung bei Europace sein wird. Das liegt hauptsächlich am komplexen Produkt und der hohen regulatorischen Hürden.

    Dennoch denke ich, dass durch die marktbeherrschende Stellung im Kreditbereich Synergieeffekte genutzt werden können und die Plattform ein Erfolg wird.

    Beste Grüße

    Chris


    PS: Kannst du die Kommentarzeige größer gestalten als nur 4 Zeilen?

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    1. Spielraum für Zinssteigerungen durch FED/EZB sehe ich für die nächsten Jahre nicht. Das würde sofort die Konjunktur abwürgen und/oder die Aktienkurse drücken, was ebenfalls den Konsum drosslen würde. Steigende Zinsen drohen eher vom Anleihemarkt her, was sich natürlich auch in den Renditen neiderschlagen kann/würde.

      Eine Angebotsschwäche befürchte ich ebenfalls nicht. Zwar werden mehr Menschen von zuhause aus arbeiten, aber das nimmt nur etwas Druck von den kleineren Wohnungen im Zentrum der Ballungsräume, während es die Nachfrage im Umland ("Speckgürtel") zusätzlich anheizen wird. Dort ist dann eher mehr Wohnfläche inkl. separatem Arbeitsbereich gefragt. Und... dauerhaftes, vom Arbeitgeber gewolltes/geduldetes Work-from-Home kann nicht dauerhaft den Arbeitsschutz aushebeln. Dafür werden die neben den Gewerkschaften vor allem auch die gesetzlichen Unfall- und Krankenkassenträger sorgen. Das bedeutet bestimmte Minimumanforderungen an zulässige Arbeitsräume (nicht nur separate Räume, sondern Licht, Bestuhlung, Arbeitsgeräte usw.). Da werden auch bei Bestandshäusern Investitionen anstehen und auch das finanzieren wohl die meisten ggf. über Kredite.

      Die Versicherungsplattform wird noch einige Jahre bis zum Durchbruch und zum Break-even benötigen. Slabke sprach hier von drei Jahren und von fünf Jahren, bis eine Marge von 10% erzielt wird. (Auch) deshalb steht Hypoport ja aktuell/vorübergehend so halbprofitabel dar, wegen der hohen Investitionen in drei neue Segmente.

      Zum P.S.: Das ist ein Standardtemplate, das ich selbst mal vor vielen Jahren angepasst habe. Ich möchte Dir da lieber keine Hoffnung machen, dass ich da noch was reißen kann...

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  4. Hallo Michael, was sagst Du zu der aktuellen Entwicklung der HYPOPORT Aktie (600 EUR auf 470 EUR)?

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    1. Ich habe meinen Hypoport-Bestand bei knapp über €470 aufgestockt. Die Hypoport-Zahlen zu Q3/21 fand ich überzeugend. Das 2%-Wachstum ggü. Q3/20 lag ja am starken Vorjahreswert, weil da die ganzen Corona-Nachholeffekte aus Q1 + Q2 stattgefunden hatten. Viel interessanter als die reinen Umsatzzahlen werden aber die Ergebniszahlen zu Q3/21, die demnächst kommen. Und ich gehe davon aus, dass Hypoport gute Ergebnisse abliefert und weiterhin Marktanteile gewinnt bei EUROPACE.

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