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Freitag, 13. November 2020

Kissigs Aktien Report: Trump? Biden? Egal. HeidelbergCement ist der wahre Gewinner!

Im Rahmen der Kooperation mit Armin Bracks "Aktien Report" nehme ich mir in unregelmäßigen Abständen interessante Unternehmen vor. Die Ausgaben des "Aktien Reports" und/oder "Geld Anlage Reports" erreichen ihre Leser samstags kostenlos und "druckfrisch" im Email-Postfach und man kann sich ▶ hier beim "Geld Anlage Report" anmelden. Für die Leser meines Blogs hat das Ganze auch einen direkten Nutzen: mit einigen Tagen Zeitverzögerung darf ich die Analysen dann auch hier veröffentlichen...

Aktien Report Nr. 21 vom 06.11.2020

Trump? Biden? Egal. HeidelbergCement ist der wahre Gewinner!

Die Wahl in den USA schleppt sich dahin, noch immer sind nicht alle Stimmzettel ausgezählt. Der Ausgang ist denkbar knapp und selbst wenn der Gewinner verkündet wird. ist er nur ein Sieger unter Vorbehalt. Denn der Verlierer wird das Ergebnis anfechten und zu seinen Gunsten drehen lassen wollen.

So etwas kam schon einmal vor, als im Jahr 2000 George W. Bush gegen Al Gore antrat und am Ende auf juristischem Wege triumphierte. Obwohl Al Gore mehr Wählerstimmen erhalten hatte als Bush. Doch auch Hillary Clinton bekam vor vier Jahren ja drei Millionen Stimmen mehr als Trump, doch dank des US-Wahlsystems spielte das keine Rolle und Trump wurde Präsident.

Im Jahr 2000 ging es um Florida und Wahlmaschinen, 2020 geht es um mehrere Staaten und vor allem um Briefwahlstimmen. Donald Trump und seine Anhänger messen dem Corona-Virus und seinen Gefahren deutlich weniger Bedeutung zu, als die Anhänger der Demokraten. Die Wahlkämpfer Joe Bidens haben seit Wochen dessen Anhänger ermutigt, anstatt ein Wahllokal zu besuchen, lieber vorab per Briefwahl ihre Stimme abzugeben.

Ohnehin neigen Wähler der Demokraten viel stärker zur Briefwahl und deshalb fährt Donald Trump schon seit längerem eine Kampagne gegen die Briefwahl und unterstellt, sie würde zur Wahlmanipulation genutzt. Kaum verwunderlich, dass er und sein Team versuchen, die Auszählung der Briefwahlstimmen zu unterbinden. Denn die meisten dieser Stimmen gehen an Joe Biden und selbst sicher geglaubte Staaten fallen im Endspurt doch noch an Trumps Herausforderer.

Es scheint daher nur eines klar: es bleibt unklar, wer als nächster US-Präsident vereidigt wird. Der Streit wird vor Gericht ausgetragen und es steht zu befürchten, dass es auch auf der Straße zu Auseinandersetzungen kommen wird. Insbesondere Trumps Anhänger zeigen sich als bewaffnete „Milizen“ vor Wahllokalen und jedem Anhänger der Demokratie und freier Wahlen sollte bei diesem Anblick angst und bange werden. Denn mit bewaffneten paramilitärische Kohorten, die Menschen und Wähler einschüchtern, hat Deutschland selbst schon leidvolle Erfahrungen gemacht.

So unklar der Ausgang und weitere Fortgang der US-Wahlen momentan ist, so klar kristallisieren sich künftige Gewinner heraus, die profitieren werden, egal wer als nächstes ins Weiße Haus einzieht.

Infrastruktur wird wieder wichtig

Infrastruktur ist das Rückgrat unseres Lebens und unserer Wirtschaft. Dabei fristet sie ein Schattendasein, denn sie wird meistens nur dann wahrgenommen, wenn sie fehlt oder nicht funktioniert.

Menschen wehren sich dagegen, dass in ihrer Umgebung ein Mobilfunk-Sendemast aufgestellt wird, aber sie ärgern sich, wenn sie mit ihrem Smartphone nicht ins Internet kommen.

Wir nutzen das Straßennetz, um schnell von A nach B zu kommen, und nehmen es solange als selbstverständlich hin, bis eine Baustelle uns bremst und wir im Stau stehen.

Und an den Deichschutz verschwenden wir keinen Gedanken, bis dann die Sturmflut für Überschwemmungen sorgt. Dabei haben die Menschen schon zur Zeit der Römer vor mehr als 2.000 Jahren mit Sandaufschüttungen versucht, die Gefahren der Nordsee einzudämmen. Doch nicht selten hat man sich um andere Dinge gekümmert und das hat sich selten ausgezahlt. So suchte im 13. und 14. Jahrhundert die "Grote Mandränke" zweimal den Norden heim und beim zweiten Mal verschwand ein großer Teil der Westküste für immer im Meer. Was wir heute als „Nase“ in Schleswig-Holstein kennen mit St. Peter Ording an der Spitze und auch die Insel Sylt, das war damals Binnenland. Die "zweite Marcellusflut" riss ganze Landstriche mit sich, versenkte Städte und brachte Tausenden den Tod.

Aber auch in jüngerer Zeit gab es Flutkatastrophen. 1954 wurden die Niederlande heimgesucht, denn die Deiche brachen, weil in der Nachkriegszeit der Deichschutz keine Priorität genoss, sondern der Wiederaufbau des zerstörten Landes. Und 1962 erwischte es Hamburg, auch hier brachen die Deiche und die Wassermassen sorgten für Zerstörung und Tod.

Das große Umdenken?

Infrastruktur ist nicht wichtig, bis sie es auf einmal doch ist. Dann ist allerdings kaum schnell etwas auszurichten, weil es um Investitionen und Baumaßnahmen geht, die in der Regel viel Zeit und viel Geld verschlingen.

Und dann ist Infrastruktur seit jeher eine Aufgabe der öffentlichen Hand, des Staates. Hier prallen die hohen Kosten auf andere Erfordernisse, wie zum Beispiel Sozialleistungen, und bei begrenzten öffentlichen Mitteln müssen Prioritäten gesetzt werden. Da Politiker die Entscheidung treffen und sie wiedergewählt werden wollen, stehen Infrastrukturmaßnahmen in der Prioritätenliste ganz weit hinten. Wer sie plant oder beginnt, ist selten derjenige, der dann noch die Ernte einfahren kann, wenn sie endlich fertig gestellt sind. Oder ein Tunnelprojekt, eine Brücke, eine Stromtrasse, eine Autobahn, ein Bahnhof oder Flughafen, sie alle brauchen viel Zeit und noch mehr Geld.

Dabei kann man so leicht Geld aus dem öffentlichen Haushalt quetschen, wenn man die Bau- und Straßenunterhaltung kürzt. Einfach mal fünf oder zehn Prozent weniger ausgeben für die Instandhaltung der Straßen, das fällt in den ersten Jahren kaum auf. Dieses Geld kann man dann für die Senkung von Kindergartengebühren verwenden. Blöd nur, dass die Straßen trotzdem weiter kaputt gehen. Und wenn man die ersten Risse nicht gleich ausgebessert hat, sondern ein, zwei Jahre abwartet, dann platzt die Straßendecke richtig auf durch Wasser und Frost und aus einer kleinen Reparatur wird dann bald eine umfangreiche und sehr viel teure Baumaßnahme.

Am falschen Ende gespart, klar, aber es ist so einfach. Denn damit tut man niemandem direkt weh, während die Kita-Beiträge die Bürger unmittelbar schmerzen.

Ob in Deutschland oder in den USA oder Italien oder Japan: überall wurde in den letzten Jahrzehnten zu wenig Geld in den Erhalt oder den Ausbau der Infrastruktur gesteckt. Wenn in Deutschland zwei Drittel aller Brücken marode sind und erneuert werden müssen, liegt das auch daran, dass sie jahrzehntelang vernachlässigt wurden. Oder die berühmte „Kassler Bauweise“, wo in den 1960er Jahren neue Gebäude mit Betonplatten verkleidet wurden. Beton, der zu viel Sand enthält und nun zerbröckelt, so dass die tonnenschweren Platten einfach von der Wand fallen.

Das kann so nicht weitergehen!

Und in den USA ist die Lage oft noch viel schlimmer als bei uns. Beide Präsidentschaftskandidaten haben das Thema für sich entdeckt und versprachen vollmundig enorme Infrastrukturprogramme. Der eine will damit seine Grenzmauer zu Mexiko bauen, der andere Straßen und Brücken sanieren.

Das kam an bei den Wählern, denn wenn der Staat Geld in Infrastruktur steckt, fließt es in den Bausektor. Und der ist seit jeher arbeitskräfteintensiv und bietet auch weniger gut ausgebildeten Arbeitskräften Jobchancen. Angesichts der Coronapandemie und der vielen verloren gegangenen Arbeitsplätze liegt auf dem Bausektor große Hoffnung für das Wiedererstarken der Wirtschaft.

HeidelbergCement

Bei HeidelbergCement handelt es sich um den zweitgrößten Baustoffkonzern der Welt, der mehr als 55.000 Mitarbeiter beschäftigt. Das bereits 1874 gegründete Unternehmen ist auf die Produktion und den Vertrieb von Zement und damit verbundenen Zusatzstoffen spezialisiert.

Zement kann man nicht lagern, er muss frisch angerührt und dann feucht gehalten werden, während er immer wieder durchgerührt wird, damit er nicht klumpt. Es ist also nicht möglich, ihn in Heidelberg herzustellen und ihn dann in Madrid zu verarbeiten. Jedenfalls nicht in den für heutige Großbauvorhaben nötigen Mengen. Daher ist es nötig, viele Standorte vor Ort zu haben, um die Entfernung zwischen Produktion und Verwendungsort möglichst gering zu halten.

Der globale Zementmarkt wird von einem Oligopol einiger weniger großer Akteure beherrscht. Neben HeidelbergCement gehören dazu Marktführer LafargeHolcim (Schweiz), CRH (Irland), CEMEX (Mexiko) und die beiden chinesischen Unternehmen CNBM und Anhui Conch Cement.

Der Burggraben… bröckelt

Die geringe Zahl von Anbietern und die hohen Kosten für die nötige Infrastruktur, um Zement herzustellen, machen es für potenzielle neue Wettbewerber ziemlich unattraktiv, sich in diesem Markt etablieren zu wollen. Der verteilte Markt lässt daher auch nur geringe Preisschwankungen zu und das ist für die beteiligten Unternehmen natürlich eine kommode Situation.

Allerdings gehört die Baubranche zu den größten Klimakillern, denn sie emittiert Unmengen an CO2. Gerade auch bei der Herstellung von Zement. Die Klimabewegung macht auch vor dieser Branche nicht halt und da der Staat Bauherren immer höhere Auflagen macht, ihre Gebäude klimaverträglicher zu errichten, ist „Grüner Beton“ inzwischen viel mehr als ein Modewort. Es ist eine Notwendigkeit geworden für die Unternehmen. Die CO2-Emissionen je Tonne Beton werden wichtiger als der Preis, denn was bei der Herstellung des Betons an CO2 eingespart wurde, kann andere Stellen in der CO2-Gesamtbilanz des Bauwerks ausgleichen. 

HeidelbergCement ist daher schon seit Jahren intensiv dabei, den CO2-Bedarf bei der Herstellung zu reduzieren. Dabei konnte man den Herstellungsprozess von Zement bereits so modifizieren, dass die CO2-Emissionen pro Tonne Zement gegenüber 1990 um 22 Prozent verringert werden konnten. Nächste Zwischenziel soll eine Reduktion um 30 Prozent sein und bis zum Jahr 2050 will HeidelbergCement den Markt mit vollständig CO2-neutralen Beton versorgen. 

Das Geschäft erholt sich

Viel näher sind natürlich die unmittelbaren Auswirkungen von Corona, auch wenn die Baukonjunktur hiervon nicht so stark negativ betroffen ist wie viele andere Branchen. Im zweiten Quartal hatten hohe Abschreibungen das Ergebnis massiv ins Minus getrieben und bei der Vorlage der Zahlen zum dritten Quartal ging es wieder stärker um das operative Geschehen.

So konnte Vorstandschef Dominik von Achten erklären, alle Konzernsparten hätten zum Ergebnisanstieg beigetragen, weil die im Februar eingeleiteten Maßnahmen des Aktionsplans COPE greifen würden. Konkret hat HeidelbergCement die Kosten seit Jahresanfang um 721 Millionen Euro gesenkt und fuhr nun ein Betriebsergebnis (EBITDA) von 1,33 Milliarden Euro ein. Das sind 16,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor und für das Gesamtjahr stellt das Unternehmen nun sogar einen Anstieg des EBITDA in Aussicht.

Mein Fazit

HeidelbergCement ist in den letzten Jahren auch durch Übernahmen stark gewachsen und diese waren teuer. Die hohen Abschreibungen im zweiten Quartal erfolgten dann auch vor allem für die 2016 zugekaufte Italcementi. Für die Zukäufe wurden überwiegend neue Schulden aufgenommen und die lasten auf dem Unternehmen. Der Verschuldungsrad von 233 Prozent ist als angespannt zu betrachten.

Andererseits kommt dem HeidelbergCement das weiter sinkende Zinsniveau entgegen, da mit jeder Kreditverlängerung niedrigere Zinssätze und damit Zinszahlungen anfallen, was das Finanzergebnis und damit am Ende die Gewinn- und Verlustrechnung puscht.

HeidelbergCement ist ein konjunkturzyklisches Unternehmen und profitiert daher von einem Abflachen der Coronawelle ebenso wie von staatlichen Infrastrukturprogrammen und einer sich beschleunigenden Bautätigkeit – ob nun in den USA oder Europa. Bis zu seinem Höchststand von über 90 Euro Anfang 2018 hat der Kurs jedenfalls noch reichlich Luft. Und Potenzial…

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