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Donnerstag, 26. November 2020

Good News bei... Intuit: Prognosen übertroffen, Übernahme genehmigt, Corona abgehakt

Intuit kann gleich mit mehreren erfreulichen Entwicklungen aufwarten. Der Spezialist für Buchführungs- und Steuersoftware für mittelständische Unternehmen, Selbstständige und Privatpersonen legte seine Zahlen zum angelaufenen ersten Geschäftsquartal vor und die lagen deutlich über den Prognosen der Analysten - mal wieder.

Hinzu kommt, dass das US-Justizministerium die Übernahme von Credit Karma genehmigt hat, nachdem Intuit aufgrund von Kartellbedenken hier etwas nachgebessert hat. Sehr zur Freude seines Kooperationspartners Square...

Doch der Reihe nach. Intuit konnte in seinem ersten Geschäftsquartal den Umsatz um 12,8% auf $1,32 Mrd. steigern und fuhr dabei $0,94 je Aktie ein - die Analysten hatten mit $1,22 Mrd. und $0,51 gerechnet.

In der Sparte Kleinunternehmen und Selbstständige konnte man den Umsatz um 13% auf $1,2 Mrd. steigern, der Endkundenbereich legte sogar um 19% auf $119 Mio. zu. Das Business der Anfang des Jahres für $7,1 Mrd. zugekauften Credit Karma litt unter Corona, aber im Oktober wurden bereits wieder das Vor-Corona-Niveau aus dem Vorjahres erreicht. Unterm Strich dürften die Zahlen von Credit Karma aber einen leicht negativen Einfluss auf das Jahresergebnis haben.

Quelle: wallstreet-online.de
Dabei hing die Übernahme immer noch in der Schwebe, da Intuit Anti-Trust-Bedenken auszuräumen hatte. Das ist nun gelungen. So wird  Credit Karma sein Business mit kostenloser Steuersoftware für $50 Mio. an den Finanzdienstleister Square abgeben. "Credit Karma Tax" ist ein kostenloser Dienst, der bei der Erstellung der Steuererklärung hilft. Square will das Angebot in seine Cash App einbinden, die mit ihren Bezahldiensten bereits mehr als 30 Mio. monatlich aktive Nutzer begeistert.

Square zielt langfristig darauf, mit seiner Cash App zu einem One-Stop-Finanzdienstleister zu werden. Dabei helfen die neuen Steuervorbereitungsfunktionen von Credit Karma Tax, denn sie lockt zusätzliche Kunden in die Cash App. Immerhin liegt das durchschnittliche Volumen von Rückerstattungen bei selbst erstellten Steuererklärungen  bei etwas mehr als $2.000. Credit Karma Tax hat rund 2 Mio. Nutzer und auch wenn sicherlich eine ganze Reihe von ihnen bereits auch die Cash App nutzt, werden doch viele neue Cash App-Nutzer neu in Squares Ökosystem eintreten. Dafür sind $50 Mio. Kaufpreis als Schnäppchen anzusehen.

Für Intuit wiederum lohnt sich der Credit Karma Deal auch so, denn es handelt sich hierbei um eine Verbrauchertechnologieplattform mit mehr als 100 Mio. Mitgliedern in den USA, Kanada und Großbritannien. Deren Finanzdaten sind ein echter Schatz, den Intuit nun heben kann.

Ausblick

Intuit rechnet für das laufende zweite Geschäftsquartal mit einer Wachstumsbeschleunigung auf 8% bis 9%, nachdem man bisher von einem Umsatzwachstum von 6,1% ausgegangen war. Auch beim Gewinn je Aktie soll mehr herausspringen, nämlich $1,31 bis $1,34 anstelle der bisherigen Konsensschätzung von $1,23. 

Meine Einschätzung

Steuergesetze werden immer wieder Änderungen unterliegen und erfordern daher ständig Anpassungen - der Wechsel von Trump zu Biden wird hieran nichts ändern, sondern erneut für erhebliche Änderungen sorgen.

Ich erstelle meine private Einkommensteuererklärung ja selbst und das wird von Jahr zu Jahr komplizierter. Auch weil die Steuererklärung inzwischen online abzugeben ist und ich alte und bewährte eigene Zusammenstellungen nicht mehr verwenden konnte, sondern unter erheblichem Aufwand vieles verändern musste, um die Daten überhaupt ans Finanzamt abliefern zu können. Ohne dass am Ende etwas anderes dabei herauskommt. Einfach nur Zusatzaufwand. Und das wird auch künftig nicht anders und daher wird die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen, die zu günstigen Kosten Abhilfe bzw. Unterstützung bieten, weiterhin hoch bleiben. Und sogar noch zunehmen, denn die Papierform wird weiter zurückgedrängt werden und bald nur noch Onlineerfassung möglich sein. Und da man nur einmal im Jahr mit seiner Steuererklärung zu kämpfen hat, stellt sich auch kaum ein Gewöhnungsfaktor ein. Daher wird man "seine" Steuersoftware nicht unnötig wechseln, wenn man einmal alle Daten erfasst hat und in etwas weiß, wo welche Beträge einzutragen sind und welche Teile der Steuererklärung man weglassen kann. Bequemlichkeit des Nutzers ist auch eine Art von Burggraben - für den Anbieter.

Und das trifft insbesondere auf die vielen Buchhalter und Steuerexperten zu, die mit der Software von Intuit die Daten ihrer Kunden bearbeiten. Ein Wechsel wäre nicht nur für sie selbst, sondern auch für alle ihre Kunden mit enormen Aufwand verbunden, so dass schon gravierende Gründe vorliegen müssten, bevor ein solcher Schritt in Erwägung gezogen würde.

Intuit erzielt bisher nur einen Teil seiner Umsätze aus SaaS-Einnahmen (Software-as-a-Service) und fast die Hälfte stammt noch aus den klassischen Lizenzverkäufen. Daher sind die Umsätze und Ergebnisse nicht so gut planbar wie bei reinen SaaS-Anbietern. Andererseits steigt der SaaS-Anteil an den Umsätzen kontinuierlich an, was zusätzliches Potenzial für Intuit bietet und die Bewertungsrelationen weiter erhöhen kann. Wenn nun Kleinunternehmer vor wirtschaftlichen Problemen stehen, könnte dies insbesondere bei den Lizenzverkäufen zu Einbußen führen, weil ggf. auf das jüngste Update verzichtet wird, um erstmal noch mit der "alten" Programmversion über die Runden zu kommen.

Corona sorgt noch immer für Umsatzverschiebungen und auch -ausfälle, weil Intuits Kunden von der Rezession getroffen werden, aber Intuit wirkte auch aktiv bei der Problemlösung mit: über das CARES-Gesetz wurde von der US-Regierung ein 350-Milliarden-Dollar-Programm zur Vergabe von Notfallkrediten an kleine Unternehmen aufgelegt, die von der Corona-Krise betroffen sind, das sog. "Paycheck Protection Program" (PPP). Intuit reichte diese PPP-Kredite für kleine Unternehmen über Module in seinen Softwareanwendungen weiter und erhält hierfür eine feste Provision, ohne damit eigene Kreditrisiken einzugehen. So kommen zusätzliche Einnahmen in die Kasse und gleichzeitig stützt man schnell und unbürokratisch die eigene Kundschaft, während man sich einen Status als zuverlässiger Krisenunterstützer erarbeitet. Mittel- und langfristig stärkt das die Wettbewerbsposition von Intuit zusätzlich. Sollten sich demnächst Demokraten und Republikaner über ein zweites Stimulus-Programm einigen, dürfte hier ein Nachschlag erfolgen.

Unterm Strich bleibt Intuit für mich daher ein aussichtsreiches Wachstumsunternehmen mit großem Potenzial. Es schreckt auch vor Übernahmen nicht zurück, um sich vertikal und horizontal zu verstärken und je größer der Anteil der SaaS-Umsätze wird, desto stärker steigen die Margen und damit die Skalierbarkeit der Produkte. Intuit liefert ab und zwar stets mehr als erwartet. Dabei ist weder der Geschäftsverlauf noch der Aktienkurs "spektakulär" - eine klassische Buy & Hold-Aktie zum Liegenlassen.

Disclaimer: Habe Intuit und Square auf meiner Beobachtungsliste und/oder in meinem Depot/Wiki.

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