Freitag, 6. November 2020

DFV Deutsche Familienversicherung: Top oder Flop?

Die DFV Deutsche Familienversicherung halte ich für ein spannendes Unternehmen. Dem Anbieten von vollautomatisierten Versicherungsverträgen, also Vertrieb, Bestandspflege, Schadenabwicklung und ggf. Kündigungsabwicklung durch automatisierte Prozesse und Künstliche Intelligenz, gehört ganz klar die Zukunft. Und das war auch der Grund, weshalb ich mich für die Aktien der DFV entschieden habe.

Doch nun, nur knapp acht Wochen später, habe ich mich wieder von ihnen getrennt. Und das nicht etwa wegen der Kursentwicklung oder der operativen Entwicklung des Unternehmens. Nein, der Grund ist ein anderer und zwar einer, der sich aus meiner Sicht als dauerhafter Hemmschuh für die Zukunft des Unternehmens erweisen könnte und dem ich zuvor nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet hatte...

Die DFV hat ziemlich gute Zahlen präsentiert und im Nebenwerte Journal hat sie es zur Titelstory der Ausgabe 11/2020 (November) gebracht. Sehr lesenswert und durch die Bank weg positiv.

Hinzu kam heute die Meldung, dass Berenberg das Coverage der DFV aufgenommen hat und mit einem satten Kursziel von €30 startet. Der Kurshüpfer verhalf mir zu einem erfreulichen Ausstiegskurs von €21,78.

Wenn nun alles so gut läuft und klingt, weshalb habe ich dann die Aktien verkauft? Nach nur acht Wochen? Und weshalb habe ich sie überhaupt erst gekauft gehabt? Hätte ich das nicht vorher schon (besser) wissen können - oder müssen?

Die Antwort ist: ich habe mich geirrt. Oder besser: ich habe etwas übersehen, jedenfalls die Bedeutung eines Faktors, der für mich aber ganz wesentlich ist, wenn ich die Perspektiven dieses Unternehmens bewerte.

Ich habe die DFV schon seit dem Börsengang auf der Wachtlist. Erst wollte die Aktie keiner haben, und erst im zweiten Anlauf kam das Unternehmen an die Börse gestolpert. Danach ging es in Etappen dann aufwärts mit dem Kurs, vor allem dann auch dank des Börsengangs des US-Pendants Lemonade und der Euphorie, die darum erwuchs.

Im Sommer gab die DFV dann Zahlen zum ersten Quartal bekannt und da bin ich das erste Mal über den "Knackpunkt" gestolpert. Allerdings habe ich ihn nur als "normalen" negativen Impact wahrgenommen und nicht als bedeutend genug, als ich mich dann doch für die DFV-Aktien entschieden habe.

Nun gab es die Titelstory im Nebenwerte Journal und da wurde ich wieder daran erinnert und mit der Nase drauf gestoßen. Und mein negatives Bauchgefühl meldete sich mit Vehemenz wieder zurück. So stark, dass ich mich zum Abstoßen der Aktien entschlossen habe. Wohl wissend, dass dies vermutlich wieder zu negativen Kommentaren führen und auf Unverständnis stoßen wird. Aber so isses halt. Wem dieser Aspekt nicht wichtig (genug) ist und wer alleine auf die Perspektiven des operativen Geschäfts schauen will, der kann bestimmt mit der DFV-Aktie glücklich werden.

Der Knackpunkt (für mich)

Nun komme ich zum (Knack-) Punkt: was mich wirklich negativ gestimmt hat, ist der Verkauf der Aktienpositionen im März wegen Corona. Quasi zum Tiefstkurs wurden die Aktienpositionen panisch auf den Markt geworfen und so einige Millionen Euro an Kursverlusten realisiert.

Dr. Stefan Knoll, Gründer und CEO der DFV, ist mit seinem dritten Unternehmen erfolgreich, das finde ich klasse. Aber... der Umgang mit Aktienanlagen scheint nicht die Paradedisziplin zu sein. Dabei ist das jedoch ein wesentliches Element bei einer Versicherungsgesellschaft und wenn man einen fähigen Manager für das Management der Kapitalanlagen hat, dann kann der "Flow" zu enormen Gewinnen führen. Ob bei Berkshire Hathaway oder Markel oder Alleghany oder Fairfaix Financial... der Float aus Versicherungsprämien, die in Aktienanlagen investiert und so überdurchschnittliche Renditen erzielen, ist der Schlüssel zum außergewöhnlichen Erfolg dieser Unternehmen. Und die DFV kann's eben nicht (wirklich). Für mich ein KO-Kriterium!

Einfach mal den Blick zurückwerfen auf 2003. Damals haben die deutschen Versicherungen allesamt ihre Aktienquoten enorm reduziert und zwar zu Tiefstkursen nach dem Platzen der Internetblase und den Terroranschlägen von 9/11. Sie taten das nicht nur aus eigenem Antrieb, sondern auch durch die Vorgaben des Aufsichtsbehörden, unbestritten. Aber trotzdem war das dumm. Und für die Versicherten und für die Aktionäre wahnsinnig Kapital vernichtend.

Die DFV müsste, um für mich (wieder) interessant zu werden, ihr Kapitalanlagemanagement auf die Reihe kriegen und ihre Geldanlagen einem versierten Portfoliomanager anvertrauen. Keinem Trader, sondern einem (Value) Investor. Denn sonst nützt auch keine noch so geniale Online- oder KI-Strategie für ihre Versicherungsprodukte, wenn das verdiente Geld bzw. der Float nicht genutzt oder gar verzockt wird.

Dis Konsequenz für mich war jedenfalls der Verkauf meiner DFV-Aktien und natürlich streiche ich sie auch von meiner Beobachtungsliste. Nach knapp acht Wochen bleibt bei einem Verkaufskurs von €21,78, inkl. Dividende, ein Verlust von einem Prozent.

8 Kommentare:

  1. Hatte deswegen bereits die IR angeschrieben, weil das an mir wohl vorbeigegangen ist - ohne den Researchbericht vor einigen Tagen wäre mir das echt entgangen. Mal schauen, ob da eine sinnvolle Antwort kommt. Zu denken gibt das auf jeden Fall - ausgestiegen bin ich aber deshalb noch nicht.

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  2. Das ist ein heikles Thema, was hier angsprochen und vorgeworfen wird.
    Weil die Situation im März einmalig und nicht berechenbar war.
    Und, das ist der eigentliche Punkt, weder hat der Markt sich im Januar und Februar intelligent verhalten, noch war der steile und sofortige von den Notenbanken getriebene Anstieg der Börsen so abzusehen. Vor allem war der Anstieg, und er ist es bis heute nicht, klug.
    Der Zockerbörse kann man in 2020 eher den Vorwurf machen als denen, die dachten, es ginge noch tiefer im März.
    Und unter vielen gesichtspunkten, hätte der amerik. deutlich tiefer fallen müssen und somit auch der europäische.
    Auch der aktuelle Anstieg vor udn anch der US Wahl ist Nonsens und man kann nur hoffen, dass der Markt einen immensen Crash erlebt udn der Markt auf ein sinnvolles Niveau fällt.

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    1. Steffi, niemand konnte den Absturz noch den Wiederaufstieg so vorhersehen; so etwas war und ist für uns alle Neuland, wir haben keine Erfahrungswerte mit einer globalen Pandemie. Aber ich habe auf Qualitätsunternehmen gesetzt und daher hatte ich keine Angst während des Coronaabsturzes. Ich hatte keine Aktien, ich war an Unternehmen beteiligt. Das ist ein himmelweiter Unterschied. Am 29. März habe ich eine meiner "Klookschietereien" verfasst unter dem Titel "Peak Corona oder wann wird's mal wieder richtig Hausse? und habe mich zu den Folgen von Corona für die Wirtschaft und für die Börsen ausgelassen, habe den Schlüsselimpuls Liquidität und die Flutung der Märkte mit billigem Geld durch die Notenbanken thematisiert und prognostiziert, dass ab Ostern die Börsen wieder zu steigen beginnen. Am 1. April habe ich dann mein "Investor-Update zum ersten Quartal veröffentlicht und darin meine Einschätzung zur Marktlage abgegeben und wie ich mein Depot krisenfest gemacht habe: alle krisenanfälligem konjunktursensiblen und finanziell nicht bombenfesten Unternehmen habe ich aussortiert und stattdessen ausschließlich auf solide, bilanziell unerschütterliche Qualitätsunternehmen gesetzt, die mit hohen Cashflows und hohen Cashreserven ausgestattet sind. Die bildeten auch schon vor dem Absturz den Kern meines Portfolios, aber ich habe mich in den Coronaabsturz hinein noch stärker auf sie fokussiert. Und mir deshalb kaum Sorgen um mein Geld oder meine finanzielle Zukunft gemacht.

      Dies ist nicht mein erster Crash und in meinen mehr als 30 Jahren an der Börse habe ich schon einiges miterlebt. Beim Einbruch Ende 2018 und jetzt im Coronaabsturz war ich entspannt, weil ich meine Erfahrungen bereits gemacht habe und weiß, wie man mit so einer Situation an der Börse umzugehen hat. Ich will jetzt nicht arrogant klingen, aber meine Eindrücke und Einschätzungen aus der Zeit sind ja hier im Blog alle nachzulesen von Ende Februar an. Vielleicht mache ich es mir aber auch zu einfach, wenn ich denke, es wäre wie fahrradfahren: wenn man weiß, wie's geht, kann man es. Und man erwartet, dass es andere auch so einfach können müssten. Und vermutlich bewerte ich Menschen (zu) kritisch, die die klassischen Anfängerfehler gemacht haben: erst die heißesten Raketen kaufen und dann im Absturz nahe am Tiefstkurs alles verkaufen. Ich mache so etwas (fast) nicht mehr. Aber natürlich deshalb, weil ich es früher gemacht habe und daraus meine Lehren gezogen habe. In gewisser Weise erwarte ich, dass die Leser meines Blogs diese Fehler nicht machen, weil ich ja darüber berichtet habe, weil sie aus meinen Fehlern lernen können. Doch letztlich ist mir natürlich klar, dass in solchen Stresssituationen, wo Angst und Gier dominieren und die Nerven blank liegen, "schlaue Ratschläge" kaum eine Bedeutung haben.

      Doch von den Anlageprofis erwarte ich eben mehr. Zumal sie fremder Leute Geld verwalten und diese Menschen die Fehlentscheidungen bezahlen müssen.

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  3. Was hälst Du eigentlich vom etf-Anbieter ARK?

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    1. ARK sagt mir leider gar nichts.

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    2. ark-invest.com mit toller Performance in ihren div. ETF‘s!

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  4. Ich habe wegen einem anderen (eher ungewöhnlichem) Grund nicht investiert. Bei so einem kleinen, jungen Unternehmen sollte man alle Faktoren berücksichtigen. Mein Grund ist, dass auf Kununu fast durchweg alle Bewertungen der DfV als Arbeitgeber grottenschlecht sind. Die wenigen Positiven halte ich für Fake.

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  5. Hallo Michael,
    ich bin auch ausgestiegen, dass Unternehmen scheint mir noch nicht genug gefestigt. Im Prinzip finde ich die Idee des online Vertriebs eigentlich gut & denke das hat Zukunft. Hast du schon mal was von Selectquote gehört? Geschäftsmodell hört sich vielversprechend an, Wachstum ist da, Gewinne werden bereits erwirtschaftet & Soros hat auch eine Position aufgebaut.
    Viele Grüße
    Oliver

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