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Aktien Report Nr. 18 vom 10.10.2020
Disclaimer: Alphabet, Amazon, Apple, Microsoft, Texas Pacific Land Trust befinden sich auf meiner Beobachtungsliste und/ oder in meinem Depot/ Wikifolio.
Das Ende des Öl-Zeitalters?!
ExxonMobil war früher das wertvollste Unternehmen der Welt. Zwischen 2005 und 2011 hielt es ununterbrochen diesen Titel, bevor sich Apple erstmal den Thron sicherte. Nach mehrmaligem Wechselspiel musste Exxon sich 2013 dann endgültig geschlagen geben und wurde zwischenzeitlich weit nach hinten durchgereicht. Insbesondere der Aufstieg der Technologiewerte Amazon, Microsoft, Alphabet, aber auch der chinesischen Giganten wie Alibaba setzte dem einstigen Primus schwer zu. Und natürlich der anhaltende und sich weiter beschleunigende Verfall des Ölpreises.
Dieser hatte 2008 zur Zeit der Olympischen Sommerspiele in Peking und kurz vor Ausbruch der Finanzkrise einen Höchstwert bei rund 125 Dollar je Barrel markiert und kennt seitdem fast nur einen Weg: nach unten. In den letzten Jahren war er sogar bis auf 25 Dollar abgestürzt (Anfang 2016) und im Frühjahr 2020 pendelte er längere Zeit um die Marke von 20 Dollar. Gar nicht zu reden von dem historischen Ereignis, als die Öl-Futures im April 2020 sogar kurzfristig auf minus 30 Dollar abstürzten, so dass Öl-Käufer sogar noch Geld oben drauf bekamen, wenn sie das "schwarze Gold" überhaupt noch abzunehmen bereit waren. Corona hat viele Spielregeln ad absurdum geführt.
Corona ist nicht alles
Doch die Auswirkungen der Corona-Krise und der damit einhergehende dramatische Einbruch der Weltwirtschaft dürfen keinesfalls als alleinige Auslöser für die neue Öl-Krise missinterpretiert werden. Corona kam und wird wieder verschwinden, der bewusste herbeigeführte Lockdown der Wirtschaft ist ein heftiger Einbruch, aber die Wirtschaft wird sich sukzessive davon erholen.
Was bleibt, ist der globale Klimawandel. Die zunehmende Erderwärmung wird inzwischen von (fast) allen als die wohl größte Bedrohung der Menschheit und unseres Wohlstands angesehen und ihre Auswirkungen sind immer mehr zu spüren. Ob es die schneelosen Winter in Europa sind, die Hitzerekord im Sommer, die ausufernden Dürren und Waldbrände in den USA, Brasilien, Australien oder Griechenland, oder die "Jahrhundertfluten" in England oder China, all diese Naturkatastrophen fanden und finden in den letzten Jahren statt. Statistiker bezeichnen eine solche Häufung als Anomalie und Karl Friedrich Gauß, der Erfinder der Normalverteilungskurve, der den Älteren unter uns noch von den letzten 10-DM-Scheinen bekannt ist, hätte ihnen zugestimmt. Und wenn statistische Häufungen auftreten und das fortgesetzt über einen längeren Zeitraum, dann ist dies ein starkes Anzeichen dafür, dass sich an den zugrunde liegenden Bedingungen etwas geändert hat. Und so ist es auch jetzt.
Unser Klima wandelt sich, weil sich aufgrund des ungebremsten CO2-Ausstoßes die Durchschnittstemperatur erhöht. Die Sommer werden heißer, die Winter wärmer und nasser, die Wüstenregionen breiten sich aus. Insgesamt wird das Wetter extremer und es verändert sich schneller als früher. Die Jahreszeiten verschwinden, werden sich ähnlicher. Mit teilweise dramatischen Auswirkungen auf die Natur.
Globales Problem, lokale Lösungen
Der Klimawandel ist dabei ein globales Problem, auch wenn die Auswirkungen auf lokaler Ebene sehr unterschiedlich sind. Und auch die Maßnahmen, die ergriffen werden können, erzielen lediglich lokale Wirkung. Um wirklich etwas bewirken zu können, müssen daher viele kleinteilige Maßnahmen in Summe einen großen Effekt erzielen.
Der deutsche Kohleausstieg bringt für das Weltklima überhaupt nichts, solange in China und Indien zusammen fast täglich ein neues Kohlekraftwerk ans Netz geht. Die Bemühungen um Aufforstung im Bayerischen Wald laufen ins Leere, wenn gleichzeitig der Brasilianische Regenwald in bisher ungekanntem Ausmaß niedergebrannt wird.
Corona hat die Klimabewegung mit den "Fridays for Future"-Demonstrationen aus dem Blick der Öffentlichkeit verdrängt, aber die Bewegung ist nicht etwa tot. Im Gegenteil, die EU-Kommission unter der Deutschen Präsidentin Ursula von der Leyen hat einen Green Deal aufgelegt, ebenso die Bundesregierung und auch US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden hat dies zu seinem zentralen Wahlkampfthema gemacht.
Während Politiker sich noch zu profilieren suchen und mit immer neuen staatlich finanzierten Förderprogrammen endlich Resultate sehen wollen, gehen Unternehmer längst voran. Und es sind nicht die ohnehin üblichen Verdächtigen, wie Elon Musk, der Chef von Tesla mit seinen Elektroautos, oder Jeff Bezos von Amazon, der Klimaneutralität anstrebt und hierzu in den nächsten Jahren eine Flotte von 100.000 Elektro-Transporter der Firma Rivian in Betrieb nehmen will. Nein, das Umdenken kommt nun auch aus einer eher unerwarteten Ecke: von den Energiekonzernen.
Die Abkehr von Öl und Gas?
Immer mehr Energiekonzerne, wie Eon, RWE oder Vattenfall motten ihre Kohlekraftwerke und zunehmend auch die Öl- und Gaskraftwerke ein, während sie bei der Stromproduktion künftig vollständig auf erneuerbare Energiequellen setzen. Und im Straßenverkehr setzen inzwischen fast alle Hersteller auf Elektroantriebe und/oder mittels Wasserstoff angetriebene Brennstoffzellen.
Gleichzeitig wird die "Produktion" von CO2 teurer, weil die Preise für die CO2-Zertifikate staatlich hochgetrieben werden. Wer klimafreundlich produziert, kann seine überschüssigen Zertifikate verkaufen an diejenigen, die nicht genügend haben, um produzieren zu dürfen. Alleine wegen des Verkaufs seiner CO2-Zertifikate schreibt Tesla seit einigen Quartalen Gewinne – mit dem Verkauf seiner Elektroautos gelingt dies dem Unternehmen bisher nicht.
Neben dem Wirtschaftseinbruch und dem Trend zur Elektromobilität trifft eine weitere Entwicklung die Öl-Und Gasförderer: der Verfall des Ölpreises. Der liegt am Überangebot, das vor allem durch den Frackingboom in den USA erzeugt wird. Inzwischen sind die USA von einem Energieimporteur längst wieder zu einem Exporteur geworden und dieses zusätzliche Angebot belastet die Preise auf dem Weltmarkt.
In früheren Jahren hat Saudi Arabien, als damals größter Öl-Produzent, Angebotsschwankungen durch Anpassen seiner eigenen Förderung ausgeglichen und somit konnte die OPEC ihre Macht gut ausspielen. Doch weder Russland noch die USA gehören der OPEC an und so findet kein geschlossenes Vorgehen (mehr) statt. Zu widerstreitend sind die Interessenlagen. Denn wenn Saudi Arabien einseitig seine Förderung kürzt und dadurch der Ölpreis steigt, profitieren alle. Nur Saudi Arabien nicht, denn dem höheren Ölpreis steht ja die geringere verkaufte Menge gegenüber. Hinzu kommt, dass ein höherer Ölpreis dazu führt, dass sich auch wieder eigentlich unrentable Produktionsstandorte lohnen. Und das sind vornehmlich die mittels Fracking ausgebeuteten Felder in den USA.
Zwar produziert Saudi Arabien zu unter 10 Dollar je Barrel, während Fracking Kosten von mehr als 40 Dollar verursacht und das Tiefseebohren in der Nordsee nochmals deutlich mehr, aber Saudi Arabiens Haushalt hängt, ebenso wie der russische, fast vollständig von den Einnahmen aus dem Verkauf von Öl und Gas ab. Mit diesen werden umfangreiche Sozialleistungen finanziert und die Steuern niedrig gehalten, damit die Bevölkerung nicht gegen ihre Stimm- und Machtlosigkeit aufbegehrt. Fehlen die Öl-Einnahmen, so dass die Leistungen und Vergünstigungen gekürzt werden müssen, birgt dies gewaltigen politischen Sprengstoff. Und Revolutionen und Bürgerkriege sind im Nahen Osten ja nun wahrlich keine seltenen Ereignisse.
Der (letzte?) Kampf der Öl-Multis
Die Aussicht auf sich wieder deutlich und nachhaltig erholende Ölpreise ist also eher gering. Die Möglichkeit über Förderbegrenzungen die Preise stabil zu halten, scheitert immer wieder an der zunehmenden Uneinigkeit innerhalb der OPEC und ihren Nicht-Mitgliedern USA und Russland.
Des Weiteren werden immer wieder mal neue riesige Öl- und Gasvorkommen gefunden, die aufgrund der verbesserten Fördermethoden erschließbar werden. Eine Knappheit von Öl und Gas ist also auch nicht zu erwarten, während die Nachfrage perspektivisch deutlich zurückgehen wird.
Im Juni hatte der Think Tank "Carbon Tracker" auf Basis der Daten der Internationalen Energiebehörde (IEA) eine Studie zu fossilen Brennstoffen veröffentlicht, die zu dramatischen Ergebnissen kommt. Der globalen fossilen Brennstoffindustrie drohten durch die Corona-Krise Verluste von bis zu 25 Billionen Dollar, was für die Energieressourcen Öl, Gas und Kohle Werteinbrüche von etwa zwei Dritteln bedeuten würde. Der stärkste Einbruch seit dem Zweiten Weltkrieg.
Dabei habe die Corona-Krise den Höhepunkt der Nachfrage nach fossilen Brennstoffen nur früher als zuvor erwartet herbeigerufen. Künftig stehe jedes Jahr ein zweiprozentiger Rückgang bei der Nachfrage bevor. Die jährlichen globalen Profite von Öl, Gas und Kohle würden daher von bislang geschätzten 39 Billionen auf nur noch 14 Billionen Dollar schrumpfen, was den Marktwert der Unternehmen aus der Branche massiv gefährde. Weil einerseits die Produktionsanlagen und die Ressourcen deutlich an Wert verlieren würden und damit Abschreibungen nötig würden, andererseits aber eben auch die Einnahmen kollabieren werden, während die Kosten nicht ohne Weiteres in gleichem Maße gesenkt werden könnten.
Weiter mahnt der Think Tank, die Unternehmen der Branche und ihre Investoren hätten diese Gefahren viel zu lange ignoriert und hätten ihr Vorgehen nicht den neuen Erfordernissen angepasst. Was sich nun rächen würde.
Das Umschwenken
Nun könnte man meinen, das sei wieder nur so eine Studie und es gäbe sicher auch fundierte Gegenmeinungen. Bestimmt. Doch an diesen Prognosen scheint viel mehr dran zu sein. Denn die großen Energiekonzerne agieren inzwischen genau so, als würde die Studie nur die Realität aufzeigen. Und deshalb wäre es auch für Anleger fatal, dieser Entwicklung keine oder auch nur zu wenig Aufmerksamkeit zu schenken.
"World Energy Outlook" – BPs Gegenstudie?
BP hat mit einer eigenen Studie nachgezogen, dem "World Energy Outlook". Der Bericht beschreibt drei Szenarien und alle drei prognostizieren einen Rückgang des Bedarfes an fossilen Brennstoffen bis zum Jahr 2050. Als Grund führt BP die auf erneuerbare Energien ausgerichtete Klimapolitik an, aber auch die Corona-Krise, die die globale Energienachfrage habe sinken lassen.
In einem "Business-as-usual-Szenario", in dem sich die Umweltregulierung sowie die Präferenzen der Gesellschaften in einer ähnlichen Weise darstellen wie in der jüngeren Vergangenheit, erholt sich die Ölnachfrage nach Corona leicht, bleibt bis 2025 auf hohem Niveau und beginnt dann ab 2030 zu sinken.
Das "Rapid-Szenario" geht davon aus, dass durch die Einführung regulatorischer Maßnahmen, ausgehend von einem deutlichen Anstieg der CO2-Bepreisung, die aus der Energienutzung resultierenden CO2-Emissionen bis 2050 um etwa 70 Prozent gegenüber dem Stand von 2018 sinken werden. Rapid entspricht im Wesentlichen den Szenarien, die mit einer Begrenzung des Anstiegs der globalen Temperaturen bis zum Jahr 2100 auf deutlich unter 2 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau vereinbar sind.
Das "Net-Zero-Szenario" basiert auf der Annahme, dass die bei Rapid unterstellten Regularien durch weitreichende Veränderungen im Verhalten verstärkt werden. Dazu zählen auch die Präferenzen von Gesellschaft und Verbrauchern, wie beispielsweise die verstärkte Nutzung der Kreislaufwirtschaft und von Sharing-Angeboten, bei denen eine geteilte Nutzung von ganz oder teilweise ungenutzten Ressourcen sowie die Umstellung auf CO2-arme Energieträger ermöglicht werden. Dadurch würde sich die Reduzierung der CO2-Emissionen bis 2050 auf über 95 Prozent erhöhen. Net Zero entspricht im Großen und Ganzen einer Reihe von Szenarien, die auf eine Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad Celsius abzielen.
Der Druck erhöht sich
Angesichts der vielen politisch bereits beschlossenen Maßnahmen und der noch zusätzlich angekündigten bzw. zu erwartenden, dürfte das "Business-as-usual-Szenario" nicht mehr besonders realistisch sein und damit eher der Best Case aus Sicht der Öl-Multis.
Auch, weil immer mehr Investoren Druck auf die Unternehmen aufbauen. Nicht nur der weltgrößte Vermögensverwalter BlackRock hat jüngst erklärt, Klimarisiken seien auch immer Investmentrisiken, daher würden BlackRocks künftige Anlageprodukte Investments in fossile Brennstoffe ausschließen. Ein Hammer! Und der trifft die Energieriesen direkt ins Gesicht. Denn solange sie fetten Renditen und üppige Dividenden für ihre Anleger erwirtschafteten, hielt sich Kritik in Grenzen. Wenn ihre Aktien nun aber aus den ETFs und Fonds fliegen, wird sich dies negativ auf den Kurs auswirken und auch die künftigen Kurschancen aufgrund geringerer Nachfrage beschneiden. Das gefällt den Aktionären nicht und auch nicht dem Management, dessen Boni und Aktienoptionen zumeist ja die Entwicklung des Aktienkurses geknüpft sind.
Ein Umdenken und Umsteuern liegt also zunehmend auch im Eigeninteresse der Unternehmen und Akteure, denn BlackRock ist lediglich einer der ersten Vermögensverwalter, der sich gegen fossile Investments positioniert, aber ihm folgen immer mehr.
Was tut BP?
Das sieht wohl auch BP so, denn der Konzern geht seine eigene Transformation hin zu einem weitgehend klimaneutral agierenden Unternehmen forsch an. Der britische Öl- und Gaskonzern möchte sein Portfolio unabhängiger von fossilen Brennstoffen aufstellen. Die Öl- und Gasproduktion soll bis 2030 um 40 Prozent sinken, im Vergleich zum Niveau von 2019. Bis 2050 soll das Unternehmen sogar komplett klimaneutral werden. Zum Vergleich: aktuell Produziert BP noch 2,6 Millionen Barrel Öl am Tag.
Die neue Strategie hat weitreichende Folgen. Denn alle Investitionsvorhaben dürften nun auf den Prüfstand gestellt werden, die Erschließung neuer Öl- und Gasfelder unterlassen und gegebenenfalls sogar Förderlizenzen zurückgegeben werden. Allerdings hat BP ja Verträge geschlossen mit Ländern und Unternehmen und ist dabei Verpflichtungen eingegangen. Diese kann man nicht einfach einseitig aussetzen, jedenfalls nicht, ohne dafür Vertragsstrafen oder Schadenersatz zahlen zu müssen. Daher wird BP versuchen, seine Projekte und Verträge an andere zu veräußern, um den Schaden so gering wie möglich zu halten.
Da BP seine Absicht öffentlich verkündet hat, dürfte dies die Preise allerdings eher zusätzlich gedrückt haben. Und auch andere Energie-Multis setzen ja nicht (mehr) uneingeschränkt auf die Gewinnung fossiler Rohstoffe.
ExxonMobil
Als wäre der Verlust des Titels als wertvollstes Unternehmen der Welt nicht genug, folgte kürzlich auch noch der Rauswurf aus dem Dow Jones Index. Doch es kommt noch dicker für ExxonMobil, denn man wurde vom Rivalen Chevron als wertvollstes US-Öl-Unternehmen entthront. Bezeichnend ist, dass beide am selben Tag von NextEra Energy überholt wurden, einem der neuen Giganten im Bereich der regenerativen Energien.
An der strategischen Ausrichtung hat Exxon bisher nichts verändert. Aber das Unternehmen steht im Feuer, weil die Einnahmen dramatisch schrumpfen. Ende Oktober wird die Quartalsdividende bekanntgeben, aber das Management tut sich schwer. Man wisse, dass die Dividende für viele Aktionäre elementar sei, aber um sie zu gewährleisten, müssten dann Investitionen zurückgestellt werden. Das klingt erschreckend danach, als Rettungsmaßnahme auf der Titanic die Musik lauter zu stellen, nachdem man mit dem Eisberg kollidiert ist. Wenig aussichtsreich.
Shell
Die englisch-niederländische Ölgesellschaft kündigte an, bis Ende 2022 9.000 ihrer 83.000 Mitarbeiter zu entlassen. Damit will man dann 2,5 Milliarden Dollar pro Jahr einsparen. Aber erstmal kostet die Maßnahmen natürlich viel Geld für Abfindungen.
Es geht aber nicht um reine Kostensenkungen, sondern die Entlassung von mehr als 10 Prozent der Mitarbeiter ist Teil des neuen Wegs von Europas größtem Öl-Unternehmen, der Shell in eine kohlenstoffarme Energiezukunft führen und gleichzeitig die Auswirkungen der Corona-Pandemie dämpfen soll. Shell meint, dass sein Upstream-Geschäft, also die Exploration und Gewinnung fossiler Brennstoffe, "kritisch" bleibe, da man mehr in saubere Energie investieren wolle. Hier will und muss Shell seinen Cashflow generieren, um sich den Umbau leisten zu können. Daher dürften Investitionen zurückgefahren werden. Des Weiteren will Shell sein Geschäft mit Flüssigerdgas ausbauen, während die Raffineriekapazitäten weiter verringert werden sollen.
Shell steht unter enormen Druck, da das Unternehmen in diesem Jahr zum ersten Mal seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs seine Dividende gekürzt hat, nachdem im zweiten Quartal ein Nettoverlust von 18,3 Milliarden Dollar ausgewiesen werden musste.
Texas Pacific Land Trust
Eher unbekannt und kein förderndes Unternehmen ist Texas Pacific Land Trust. Dennoch hängt sein Erfolg ganz entscheidend vom Gaspreis ab. TPL ist großer Landbesitzer und der überwiegende Teil des von TPL gehaltenen Landes befindet sich im sogenannten Permian Basin, dem im Nordwesten von Texas (und kleineren Teilen von Südost New Mexiko) befindlichen größten Ölvorkommen der USA.
TPL vergibt die Förderlizenzen und verdient entsprechend die sog. Royalties, bekommt also einen festgelegten Anteil an den Verkaufserlösen des geförderten Gases. Öl spielt auch eine Rolle, aber eine deutlich kleinere. Je höher der Preis, desto höher sind die Einnahmen von TPL. Und damit auch der Wert des von ihm gehaltenen Landes.
Da man nicht selbst bohrt und fördert, war das Geschäft für TPL bisher eher risikolos. Das hat sich in den letzten Jahren geändert, denn TPL änderte seine Strategie. Man verdiente so viel Geld, dass man gar nicht mehr wusste, wohin damit. Also investierte man es in… Wasser.
Hintergrund ist, dass man für das Hydraulic Fracking Unmengen an Wasser benötigt, das zusammen mit einigen Chemikalien und viel Sand in die Bohrlöcher gepresst wird. Das Gas befindet sich in Schieferschichten, dort allerdings nicht als Blase, die man einfach anzapfen kann, sondern "diffus". Es ist also weiträumig verteilt und in kleinen Mengen im Schiefer gebunden. Durch das Sand-Wasser-Gemisch wird es aus dem Schiefer herausgelöst und die Brühe dann an die Oberfläche gepumpt, wo das Gas abgefangen wird.
Da sich die meisten Vorkommen in Wüstenregionen befinden, ist Wasser Mangelware. Es muss also von weit her herantransportiert werden und dazu eignen sich am besten Pipelines. Also dachte sich TPL, es könnte die Wasserversorgung für seine Fördergebiete auch selbst herstellen und so mit diesem zweiten Standbein zusätzlich Geld verdienen. Und der Gedanke ist auch nicht abwegig, hat allerdings einen Haken. TPL muss nämlich viel in diese Wasserinfrastruktur investieren, während man bisher kaum Kosten hatte (was kostet schon Landbesitz in der Wüste?). Solange der Gaspreis hoch genug ist und gefördert wird, fließt das Geld, um die Investitionen abzubezahlen.
Doch nun ist der Gaspreis niedrig und viel Frackingunternehmen stecken in finanziellen Schwierigkeiten. Sie können daher nicht fördern und es fließen somit weder Royalties noch Gelder für die Wasserdurchleitung. Während TPLs Einnahmen also stark eingebrochen sind, hat das Unternehmen nun erhöhte Kosten am Hals. Und die Pipelines, wenn auch ungenutzt, müssen dennoch gewartet werden, damit sie gegebenenfalls auch wieder sofort einsetzbar sind.
Im Aktionärskreis von TPL machte sich dann auch Unmut breit und der Großaktionär kauft immer mal wieder Aktien zu. Er möchte, dass TPL nicht nur auf die Förderrechte setzt, sondern lieber das Land verkauft. Damit würden schneller Einnahmen generiert, die dann in Aktienrückkäufe und/oder Dividenden fließen könnten.
Noch ist der Disput offen, was auch an den antiquierten Eigentümerstrukturen des Trusts liegt. Aber auch für TPL gilt, dass die Höhe des Öl- und Gaspreises den größten Hebel darstellt für die Einnahmeseite. Ob man nun Förderlizenzen vergibt oder das Land gleich ganz verkaufen will.
Mein Fazit
Die Energiebranche ist im strukturellen Wandel. Die einstigen Gewinnmaschinen stottern, weil ihnen ihr bisheriges Business wegbricht und sie dreistellige Milliardenbeträge in einer Förderinfrastruktur und Ausrüstung stecken haben, die künftig immer weniger genutzt wird. Hohe Abschreibungen und Abfindungen für Personalentlassungen drohen, während gleichzeitig frische Milliarden in die Hand genommen werden müssen, um diese in neue Geschäftsfelder zu investieren. Eine doppelte Belastung für den Cashflow, aus dem sich früher so schön die Dividenden und Aktienrückkäufe speisten. Diese Zeiten sind vorbei und das vermutlich für viele Jahre.
Für Anleger heißt dies, dass in diesem Sektor viel Geld zu verlieren ist, während mögliche Gewinne mit hohen Risiken erkauft werden müssen. Es gibt bessere Chance-Risiko-Verhältnisse.
Disclaimer: Alphabet, Amazon, Apple, Microsoft, Texas Pacific Land Trust befinden sich auf meiner Beobachtungsliste und/ oder in meinem Depot/ Wikifolio.
interessante Sektorbetrachtung !
AntwortenLöschenIch darf noch 2 Zahlen hinzufügen, die das (ÖL)-Fass vielleicht zum überlaufen bringen.
AntwortenLöschen1. Wenn sich in Deutschland die Anmeldezahlen der reinen Elektro-Pkw weiterentwickeln wie bisher, dann werden die rund 3 Mio neuen PKW pro Jahr in ca. 10 Jahren einen rein elektrischen Antrieb haben.
2. Rund 3/4 der weltweiten Ölproduktion werden derzeit als Benzin, Diesel, Kerosin für Mobilität eingesetzt.
Danke für den Artikel.
AntwortenLöschenEs gibt Analysten, die von einem neuen Superzyklus im Ölsektor ausgehen. Die Argumentation ist folgende: viele Ölfirmen fahren die Investitionen in die Erschließung neuer Ölquellen zurück, alte Ölfelder werden stilgelegt. Die Nachfrage steigt wieder nach Corona und das Angebot reicht nicht aus.
Finde es interessant, wie weit hier die Analysen auseinander gehen. Persönlich gehe ich von einem mittelfristigen Ölpreis zwischen 50 - 60 USD aus (nach Corona). Sehe aufgrund der nötigen Neuausrichtung (CO2 Bilanz) wenig Potential für Dividendenrenditen der Ölfirmen wie zu den besten Zeiten.
Anderseits sehe ich in den aktuellen Kursen auch eine günstige Einstiegschance für ein mittelfristiges Investment. Alte Höchststände wird man aber nicht mehr sehen meiner Meinung nach.
Wie soll denn ein solches mittelfristiges Engagement aussehen? Nach dem Motto: ich kaufe vermeintlich billig, was keiner haben will, kassiere dreimal Dividende und hoffe, meine Anteile danach zum Einstandspreis wieder loszuwerden? Oder als
LöschenSpekulation darauf, dass sich der Kurs mittelfristig noch einmal erholt? Das scheint mir ein riskanter Weg zur Rendite. Ich würde niemals gegen Trends investieren, die ich selbst als anhaltend ansehe.
Gruß
Jens
Danke für die Antwort
LöschenShell tendiert z.b. deutlich unter dem Buchwert (15-16€). Sehe hier nach Corona die Chance auf eine Erholung. Richtig momentan will Shell keiner haben, aber die Produkte verwendet ein Großteil der Bevölkerung täglich. Als mittelfristiges Investment betrachte ich 5 Jahre. Aber ich hab hier nicht wegen den Dividenden investiert. Denke die werden auch bei einem Ölpreis von 50 - 60 USD nicht angehoben. Das Geld wird benötigt. Shell hat ein dichtes Tankstellennetz und wird sich für die Zukunft rüsten (Ladesäulen). Zudem ist Europa/Deutschland nicht der Mittelpunkt der Welt.
In Trends/Hypes zu investieren ist auch gefährlich, z.b. Solar Anfang der 2000 Jahre, 3D Druck oder Cannabis Aktien. Die nächste Blase ist Wasserstoff meiner Meinung nach.
Okay, also keine reine cigar-butt-mäßige Spekulation auf die Erholung des Ölpreises, sondern die Erwartung, dass das Unternehmen sich für die Zukunft aufstellt und der Markt das in absehbarer Zeit honorieren wird - das ist dann schon etwas anderes.
LöschenÜbrigens sind ein Trend und ein Hype, die hier in einem Atemzug genannt werden, m.E. zwei ganz unterschiedliche Dinge.
Trend: z.B. mobile Payment
Hype: z.B. Cannabis (oder auch Wasserstoff)
Beste Grüße
Jens
An das Knappheit Szenario, hervorgerufen durch Stilllegungen glaube ich bei Öl nicht. Eher noch z.B. bei Uran. Hier scheint sich das tatsächlich so abzuspielen, da der Markt unelastisch ist. Ich werde nicht mehr in Öl investieren.
AntwortenLöschenSpannend ist für mich lediglich noch die Rolle, die Gas einnehmen wird. In Zukunft als Wasserstofflieferant.
Hm. Der Artikel gibt recht gut den mainstream-Meinung wieder. Was die Faktengrundlage angeht, erscheint er mir aber etwas dünn und teilweise veraltet. Beim derzeitigen Ölpreis wird die Fördermenge aus US-Fracking auf Null zurück gehen. Ebenso haben die Ölkonzerne bereits ihre Investitionen zusammengestrichen, so dass die Fördermenge zwangsläufig zurück geht, d. h. sich das Angebot verknappt. Die Ölfelder mit den niedrigsten Kosten (Arabische Halbinsel, Russland) sind eben nicht regenerativ, d. h. diese Resourcen sind endlich. Sämtliche Neuerschließungen haben höhere Kosten.
AntwortenLöschenWas die Nachfrage angeht, bleibt offenbar außer Acht, dass die Menschheit ständig wächst und zwar exponentiell. Es mag sein, dass der pro-Kopf-Verbrauch in der industrialisierten Welt sinken wird, aber die Menschen in den Schwellenländern werden sich keine Teslas leisten können und wie Herr Kissig ja selbst schreibt: dort werden keine Kohlekraftwerke abgeschaltet, sondern da gehen neue ans Netz.
Auch auf der Detail-Ebene finde ich den Artikel ziemlich spekulativ. Beispielsweise Shell: "Die englisch-niederländische Ölgesellschaft kündigte an, bis Ende 2022 9.000 ihrer 83.000 Mitarbeiter zu entlassen. Damit will man dann 2,5 Milliarden Dollar pro Jahr einsparen. Aber erstmal kostet die Maßnahmen natürlich viel Geld für Abfindungen."
10% der Belegschaft in 3 Jahren abbauen, funktioniert schon über die natürliche Fluktuation. Das kostet keinen Cent Abfindungen. Sicherlich wird trotzdem auch ein Teil des Personalabbaus über Abfindungen laufen, da stehen dann aber den Einmalaufwendungen laufende Kostensenkungen gegenüber.
1. Wenn BP eine solche Studie erstellt oder in Auftrag gibt, wird diese die demografische Entwicklung sicherlich berücksichtigen.
AntwortenLöschen2. Eine Studie, die davon ausgeht, dass sich die E-Mobilität durchsetzt, muss implizit auch davon ausgehen, dass sich die Preise drastisch reduzieren und die Ladeinfrastruktur geeignet ausgebaut wird. Der heutige Preis eines Tesla wird für einen Autokauf in z.B. 10 Jahren kaum maßgeblich sein. Allerdings wird es dauern, bis ein nennenswerter Gebrauchtwagenmarkt entsteht.
3. Wer sich kein E-Mobil leisten kann, kann auch keinen teuren Sprit bezahlen. Die Verlagerung der Hauptabnehmer hin zu den Schwellenländern wird sich kaum treibend auf den Ölpreis auswirken.
4. Nach Überwindung der aktuellen Pandemie wird sich der Trend zur Sharing Economy fortsetzen. Möglicherweise wird sich die Frage nach dem Antrieb eines Tages gar nicht mehr stellen.
Gruß
Jens
Am Ende kommt es doch ganz anders, als alle denken! Erdöl wird noch viele Jahrzehnte gefördert und die Untergangs Fantasien sind wohl in erster Linie wegen Corona geschuldet! Insbesondere BP hat sich in den letzten Jahren immer besser aufgestellt und ist bei viel niedrigeren Ölpreis in der Gewinnschwelle. Die liegt jetzt schon im Brent Öl pro Barrel bei unter 40 $! Bei 55 bis 60 $ wird bp wieder Milliarden Gewinne einfahren können.
AntwortenLöschenDas klingt mir dann aber doch sehr nach dem unreflektierten Zweckoptimismus eines
Löschen(offensichtlichen) Öl-Fans.
Die angesprochene Gewinnschwelle ist schließlich keine Konstante in einem Vakuum: ihr Bestand hängt ja u.a. davon ab, dass die beteffenden Unternehmen ihr kapitalintensives Geschäft zu den gewohnten Bedingungen refinanzieren können, und eben da könnte die Luft künftig dünner werden:
https://www.blackrock.com/ch/privatanleger/de/larry-fink-ceo-letter
In dem Brief wird als Energieträger zwar explizit nur Kohle genannt, aber er macht deutlich, wohin die Reise geht, und der Druck wird in der vor uns liegenden Dekade zweifellos eher steigen als sinken. Man stelle sich als Extremszenario einmal vor, dass seriöse Anleihefonds keine Anleihen mehr von Ölexplorern kaufen, die die Energiewende nicht aktiv mitgestalten, und Aktienfonds sich daraufhin gezwungenermaßen in großem Stil von Anteilen der beteffenden Unternehmen trennen. Da möchte ich als Kleinanleger nicht dabei sein!
Das kann man ignorieren. Natürlich wird auch in 30 Jahren noch Öl benötigt und gefördert werden. Wem das in Verbindung mit der optisch günstigen Bewertung als These reicht: bitte sehr.
Ich persönlich investiere lieber in Unternehmen, die sich gesellschaftlichen Trends stellen und sie bedienen.
Beste Grüße
Jens
Also hier wird die Erdöl-/-gas-industrie zu früh tot geschrieben. Sowohl Erdöl als auch Gas werden noch lange benötig.
AntwortenLöschenUnd zur BP-Studie sage ich nur, die bringen halt das was in Europa der Mainstream hören will. Meine Argumente dagegen:
1. Die Weltbevölkerung wächst weiterhin => steigende Nachfrage
2. Der Wohlstand wächst weiterhin => mehr kommen in den Mittestand => mehr Autos
(die Veganer Propaganda über die Inteligent der Afrikaner/Asiaten stimmte ja auch nicht. Das diese viel Inteligenter sind und im Mittalstand auf Fleisch verzichten werden. Kommen diese Leute im Mittelstand an, wollen sie auch so Leben wie im MIttelstand in Europa)
3. Der Europäer, vor allem die GRÜN-Wähler die am meisten in der Welt herumfliegen, wollen wieder was sie hatten (siehe Studie Flughafen München). Der Rest der Welt zieht nach. Ausserdem ist Kerosin immer noch nicht besteuert und die Klimakonferenzen werden auch immer mit Flugzeugen und noch besser Privatmaschinen besucht!
4. Ausser Europa will keiner was ändern.
5. Europa will nichts änder. Wir wissen zwar nicht wie wir die 30% Einsparung schaffen, aber wie erhöhen sie gleich auf 55%. Das einzige was ihnen einfällt => neue Steuern, Industire kaputt machen. Den wenn der Stahl und das Fleisch aus China/Brasilien kommt, zählt es nicht zu unserer CO2 Menge und das es per "sauberen" Schiff kommt fällt auch nicht in unserer Statistik.