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Aktien Report Nr. 14 vom 28.08.2020
Dank Apple: Dow Jones Index im Wechselfieber mit Amgen, Honeywell und Salesforce
Der Dow Jones Industrial Average wurde 1884 von Charles Dow und Edward Jones, den Gründern des Wall Street Journals und des Unternehmens Dow Jones, geschaffen und avancierte zum bekanntesten Börsenindex der Welt. Dabei weist er einige Besonderheiten auf, die bei der Neuordnung der Zusammensetzung eine maßgebliche Rolle spielten.
Der Dow Jones Index enthält 30 Werte und diese sollen als die 30 größten börsennotierten US-Unternehmen ein Spiegelbild der gesamten US-Wirtschaft darstellen. Soweit die Theorie. Doch die weicht von der Realität erheblich ab. Nicht nur, weil die 30 größten Unternehmen zwar wichtiger Bestandteil der Wirtschaft sind, aber eben nur die Spitze, während das Rückgrat eher der Mittelstand mit seinem tausenden von Unternehmen darstellt.
Sondern auch, weil sich nicht einmal die größten börsennotierten US-Werte im Dow Jones Index widerfinden; Amazon, Alphabet und Facebook fehlen. Zusammen mit Apple und Microsoft stehen diese fünf Unternehmen für die Hälfte der Börsenkapitalisierung des S&P 500 Index und Amazon, Alphabet und Facebook alleine für knapp ein Viertel. Dass diese Schwergewichte nicht Mitglied im Dow Jones Index sind, unterminiert dessen Anspruch, die US-Wirtschaft adäquat zu repräsentieren gewaltig.
Dieses Problem lässt sich nicht einfach lösen, denn es liegt im antiquierten Regelwerk des Dow Jones Index und führt zu manch widersinniger Kapriole. So wie jetzt gerade, wo aufgrund des Aktiensplits von Apple gleich drei Werte aus dem Index fallen, darunter sogar ein Börsenurgestein, das auf John D. Rockefeller persönlich zurückgeht.
Dow-Regelwerk
Wie die meisten Börsenindizes ist der DOW ein Kursindex. Dem entsprechend werden Dividenden und Bezugsrechte nicht berücksichtigt, sondern ausschließlich der Kursverlauf. Bei einem Performance-Index wäre dies der Fall und der DAX ist der berühmteste Vertreter dieser Gattung. Daher sind Vergleiche zwischen Dow und DAX eher mit Vorsicht zu genießen, weil die Dividenden einen großen Einfluss auf die Entwicklung haben können. Und der nimmt zu, je länger der Betrachtungszeitraum ist.
Eine Kuriosität ist hingegen, dass der DOW nicht nach Börsengewicht der Unternehmen zusammengesetzt ist, sondern nach deren Aktienkursen. Schauen wir gleich mal auf Apple, das wertvollste Unternehmen der Welt und über zwei Billionen Dollar schwer. In jedem „normalen“ Index würde sich der kommende Aktiensplit nicht auswirken, denn Apple ist vorher genauso viel wert wie nachher. Sein Wert verteilt sich nur auf mehr Aktien, daher liegt deren Kurs dann entsprechend niedriger.
Und genau hier liegt das Problem beim DOW. Durch den Aktiensplit (1:4) wird der Kurs einer Apple-Aktie von rund 500 auf 125 Dollar sinken. Bisher war Apple die am stärksten gewichtete Aktie im Dow Jones Index, wird aber durch den Aktiensplit auf Rang 18 abrutschen und anstelle der momentanen 10 Prozent Gewicht nur noch gut 2,7 Prozent auf die Waagschale bringen. Absurd, denn der Wert des Unternehmens Apple hat sich nicht verändert!
Nun steigt aber die Gewichtung anderer Aktien entsprechend an und so wird der DOW noch weniger die wirklichen Verhältnisse der US-Wirtschaft widerspiegeln, denn dort dominieren die Technologieriesen immer stärker das Geschehen. Um den „Bedeutungsverlust“ von Apple und dem Technologiesektor im DOW zumindest etwas auszugleichen, erfolgen nun gleich mehrere Anpassungen, bevor der DOW zum Marktstart am 31. August im neuen Gewand daher kommt.
Out: ExxonMobil, Pfizer und Raytheon
So werden drei Unternehmen aus dem DOW entfernt und durch andere ersetzt. Heraus fliegen ExxonMobil, die als Standard Oil Co. of New Jersey von John D. Rockefeller gegründet wurde und früher das wertvollste Unternehmen der Welt war. Mitglied im DOW war das Unternehmen seit 1924 und nach dem Rauswurf des letzten Gründungsmitglieds General Electric in 2018 war es das älteste verbliebene Urgestein im DOW.
Ebenso aussortiert wir das Pharmaunternehmen Pfizer. Dem Viagra-Produzenten wird zum Verhängnis, dass mit Merck & Co. ein weiteres Pharmaschwergewicht im DOW vertreten ist und beide zusammen dem Sektor ein zu großes Gewicht geben würden.
Und der Luftfahrt- und Rüstungskonzern Raytheon Technologies war gerade erst durch die Fusion von United Technologies mit Raytheon entstanden, so dass mit einem DOW-Rauswurf kaum zu rechnen war.
In: Amgen
Anstelle von Pfizer wird der Biotechriese Amgen in den Dow Jones Index aufgenommen und wird Merck & Co. sowie Johnson & Johnson im Index ergänzen. Amgen ist ein aufstrebendes Biotechunternehmen, das Kooperationsvereinbarungen für Produktentwicklungen mit Pharmariesen wie Novartis, Merck und AstraZeneca geschlossen hat und auch durch gezielte Übernahmen gewachsen ist. Die bedeutendste von ihnen war die Übernahme von Onyx Pharmaceuticals im Sommer 2013 für mehr als zehn Milliarden Dollar.
Amgen vertreibt sieben Blockbuster-Medikamente und erzielte 2019 annähernd acht Milliarden Dollar Gewinn. Auch wenn das Wachstum in den letzten Jahren nachgelassen hat, kann Amgen mit neuen Präparaten punkten. So erwarb man letztes Jahr von Celgene mit Otezla ein aussichtsreiches Medikament gegen Autoimmunkrankheiten und Aimovig (Migräne) sowie das Evenity (Osteoporose) entwickeln sich ebenfalls viel versprechend.
Darüber hinaus ging Amgen mit Adaptive Biotechnologies eine Kooperation ein, um gemeinsam eine Therapie gegen COVID-19 zu entwickeln. Dabei soll Amgens immunologisches Know-how mit der Plattform von Adaptive zur Identifizierung virusneutralisierender Antikörper kombiniert werden. Beide Unternehmen arbeiten bereits seit 2017 zusammen an einem Test für Patienten mit akuter lymphoblastischer Leukämie und erweiterten ihre Partnerschaft im Jahr 2019, um die Sequenzierungstests der nächsten Generation von Adaptive für alle Blutkrebsmedikamente und Pipelinekandidaten von Amgen zu verwenden. Nun werden die Wissenschaftler von Adaptive die Plattform des Unternehmens nutzen, um Antikörper von Personen zu untersuchen, die sich von der von Corona ausgelösten Lungenkrankheit COVID-19 erholt haben, um die spezifischen Antikörper zu identifizieren, die das Corona-Virus neutralisieren. Auf Basis der dieser genetischen Erkenntnisse sollen dann Antikörper gegen COVID-19 entwickelt werden.
In: Honeywell
Honeywell ist ein klassischer Mischkonzern, der in drei Bereichen tätig ist. In der Luft- und Raumfahrt ist Honeywell einer der Hauptlieferanten der Flugzeugteile für Airbus und Boeing und fertigt auch Triebwerke für Businessjets. Des Weiteren bezieht die NASA viele Systeme von Honeywell Aerospace. In der Sparte Spezialchemikalien werden insbesondere die Spezialfolien von Unternehmen der Pharmabranche nachgefragt, es werden jedoch auch petrochemische Anlagen hergestellt. Und in der Automatisierungs- und Steuerungstechnik entwickelt Honeywell Geräte für die Haustechnik und Klimaanlagen oder auch Feuermelder.
Honeywell ist ein alter Bekannter im Dow Jones Index, denn das Unternehmen war zwischen 1925 und 2008 bereits Mitglied des DOW, wenngleich auch lange Zeit unter dem Namen Allied Chemical and Dye Corporation, bevor es 2008 durch den Tabakkonzern Altria Group ersetzt wurde. In gewisser Weise besetzt Honeywell auch jene Industriesparten, die durch den Rausschmiss von Raytheon unterrepräsentiert wären.
In: Salesforce.com
Salesforce ist der wahre Cloud-Pionier, das Unternehmen, das als erstes auf die Datenwolke setzte. Salesforce bietet Dienstleistungsprogramme an und hat sich hierbei auf Customer Relationship-Management-Software spezialisiert, wo die Unterstützung von Unternehmen bei deren Kundenbetreuung im Vordergrund steht. Das ist ein stark wachsender Markt, nicht erst seit Corona.
Zusätzlich setzt Salesforce seit jeher auch auf Übernahmen und kauft Produkte, Dienste und Personal extern zu. Neben kleineren Akquisitionen wie Attic Labs, CloudCraze oder Rebel stemmt Salesforce auch größere Brocken wie Datorama für 800 Millionen, ClickSoftware für 1,5 Milliarden oder MuleSoft für stattliche 6,5 Milliarden oder 2019 den Analytics-Spezialisten Tableau für 15,3 Milliarden Dollar.
Salesforce erweitert so seine Angebotspalette und schafft Synergien durch eine Verzahnung der Angebote untereinander. Das zeigt sich beispielsweise bei ClickSoftware. Die bieten Tools zur Verwaltung von Außendienstleistungen an und Salesforce ist selbst bereits in diesem Markt aktiv mit seinem Produkt Field Service Lightning. Salesforce verstärkte mit der Übernahme seine Sparte Segment Service Cloud, denn ClickSoftware bietet seinen Kunden die Möglichkeit, 30 Prozent der Kraftstoffkosten zu sparen, die Arbeitseffizienz pro Mitarbeiter um 29 Prozent zu steigern und die Reparaturanfragen, die noch am selben Tag erledigt werden, um 65 Prozent zu erhöhen. Genau die Schlüsselelemente, die Unternehmen in der Corona-Krise besonders nachfragen.
Das sieht man auch an den soeben vorgelegten Quartalszahlen. Der Umsatz stieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 29 Prozent, das bereinigte Ergebnis je Aktie stieg um 118 Prozent und das Betriebsergebnis sogar um 207 Prozent. Besonders angetan zeigte sich die Börse vom Nettogewinn, der mit 2,63 Milliarden Dollar durchs Ziel ging, während er im Vorjahr noch bei 91 Millionen Dollar gelegen hatte. Ein mehr als 25-prozentiger Kurssprung war die Folge.
Allerdings gibt es hierfür auch einen weiteren Grund, der nicht auf operative Erfolge zurückzuführen ist. Denn Salesforce-Gründer Marc Benioff hat nämlich auch ein Gespür für andere Unternehmen. Daher hält Salesforce für mehrere Milliarden Dollar strategische Beteiligungen an börsennotierten Unternehmen wie DocuSign, Domo, Dropbox, SVMK (die SurveyMonkey-Muttergesellschaft) oder Twilio.
Benioff hat hier schon frühzeitig einen Fuß in die Tür gesetzt und folgt hierbei seinem früheren Ziehvater Larry Ellison von Oracle, der in der Anfangszeit von Salesforce ja ebenfalls dort mit einem Zehntel beteiligt war.
Nach dem heftigen Markteinbruch Ende März erfolgte ein ebenso starker Rebound zum Ende Juni. Diese kräftigen Kursgewinne müssen inzwischen als Gewinne in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen werden, auch wenn sie nicht realisiert wurden. Ein erheblicher Teil der ausgewiesenen Gewinne geht also auf Papiergewinne bei den Beteiligungen zurück und sind daher einmaliger Natur. Und können sich gegebenenfalls bei einem Markteinbruch auch als Verluste in den nächsten Quartalszahlen wiederfinden und das Ergebnis dann belasten.
Man sollte also lieber auf das operative Geschäft blicken und sich nicht vom ausgewiesenen Gewinn eines Quartals blenden lassen. Und hier läuft es zwar ziemlich gut für Salesforce, aber dennoch kündigte das Unternehmen an, 1.000 Jobs streichen zu wollen, das sind immerhin zwei Prozent der gesamten Mitarbeiter. Betroffen sind überwiegend Vertrieb und Kundenbetreuung. Es läuft also auch bei den Cloud-Vorreitern nicht alles immer ganz rund und es sind stets Anpassungen nötig. Doch gerade Salesforce hat dies zum Geschäftszweck erhoben und dürfte auch künftig als agiler Player weitere Erfolge feiern können.
Mein Fazit
Die Anpassungen im Dow Jones Index resultieren aus dem Aktiensplit von Apple und waren so nicht erwartet worden, letztlich aber doch nachvollziehbar. Der DOW ist ein preisgewichteter Index, so dass der jeweilige Aktienkurs und nicht die Marktkapitalisierung für die Berechnung des Punktwerts des Index von Bedeutung ist.
ExxonMobil, Pfizer und Raytheon haben zuletzt gemeinsam nur knapp 970 DOW-Punkte beigesteuert, während Amgen, Honeywell und Salesforce es auf rund 4.091 Punkte bringen.
Die Anpassungen erfolgen also wohl nicht nur deshalb, um den Index moderner aufzustellen hinsichtlich der vertretenen Branchen, sondern auch, um die Gewichtungen der Unternehmen untereinander besser auszutarieren.
So sinnvoll dieses Ziel auch ist, das Regelwerk offenbart hier einen absurden Konstruktionsfehler. Denn die Konstanz in der Zusammensetzung und Zugehörigkeit sind ein wesentliches Element, um den Kursverlauf über längere Zeit Aussagekraft zu verschaffen. Je häufiger Anpassungen erfolgen und je willkürlicher die Entscheidungen sind, desto überflüssiger wird der Index selbst. Und die Preisgewichtung anstelle einer Marktgewichtung führt genau zu solchen willkürlichen Entscheidungen. Denn dass Pfizer den DOW verlassen muss und nicht die sehr vergleichbare Merck & Co. liegt zu allererst an ihrem jeweiligen Aktienkurs. Stünde Pfizer bei 86 und Merck & Co. bei 36 Dollar, wäre die Entscheidung wohl genau umgekehrt ausgefallen. Ein Witz…
Ab Montag erleben wir einen neuen Dow Jones Index, der ein bisschen moderner ist und etwas technologielastiger. Vielleicht gelingt es ihm mit dieser erhöhten Attraktivität, den Performanceabstand zum S&P 500 und vor allem zum NASDAQ zu reduzieren. Noch interessanter würde der Index allerdings, wenn auch Alphabet und Amazon ihre Aktien splitten würden und so zu DOW-Kandidaten würden. Doch bisher gibt es dafür keine Anzeichen…
Disclaimer: Alphabet, Amazon, Apple, Salesforce befinden sich auf meiner Beobachtungsliste und/ oder in meinem Depot/ Wikifolio.
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