Blogleser Jens stellte mir eine interessante Frage: "Hallo Michael,
ich verfolge dich nun schon ziemlich lange auf deinem Blog und sage Danke dafür.
Leider stecke ich gerade in einer eleganten Zwickmühle, und wollte dich kurz um deine Meinung fragen.
Ich verdiene in den kommenden drei Jahren im Schnitt €6.000 im Monat, danach bin ich wieder bei €3.500. Wir haben zwei Kinder und eine selbst genutzte Immobilie auf der noch €100.000 zu tilgen wären. Ich könnte nun die Immobilie in den drei Jahren komplett tilgen und wäre schuldenfrei.
Andererseits bin ich schon 40 Jahre alt und habe erst ein kleines Depot mit ca. €20.000 Volumen.
Jetzt stell ich mir die Frage, ob ich bei 1,5% sondertilgen soll oder eher mein Depot über die €100.000-Marke hebe.
Es wäre toll zu wissen wie Du die Sache angehen würdest."
Ich habe mich entschieden, sie im Rahmen eines Blogbeitrags zu beantworten, weil sie sich vermutlich in ähnlicher Form einigen Lesern stellt und es hierzu unterschiedliche Sichtweisen geben kann, je nach Präferenz für Aktien oder Immobilien.
Moin Jens,
keine Schulden mehr zu haben, ist ein großer Vorteil. Da wir in Deinem Fall von Immobilienschulden reden und es einen Alternativplan für das Geld gibt, ist die Sache nicht so einfach, als würde es sich um Konsumschulden handeln.
Wenn Du die €100.000 in drei Jahren tilgst und schuldenfrei bist, haste dann natürlich mehr monatliches Einkommen zur Verfügung, mit dem Du dann ein Aktiendepot aufbauen könntest.
Warren Buffett rät dazu, sich nicht von einem Einkommen alleine abhängig zu machen. Mit Aktien könntest Du auf mittlere Sicht einen Dividendenstrom erzeugen, der sich zu einem zweiten Einkommen entwickelt. Andererseits könnte man den Wegfall von Mietzahlungen bzw. Zins- und Tilgungsleistungen für den abgezahlten Immobilienkredit auch als eine Art Einkommen werten; die finanziellen Auswirkungen (netto) sind ja gleich, ob mehr Geld auf dem Konto eingeht oder weniger Geld abfließt.
Was die Vermögensverteilung angeht, ist "nur" eine Immobilie zu haben, durchaus ein Klumpenrisiko. Etwas mehr Streuung wäre sicherlich von Vorteil. Auch ist ein Aktiendepot flexibler, wenn Du mal kurzfristig Geld benötigen solltest. Bei der Immobilie stände Dir hier der Weg eines Kredit offen, die Immobilie ist ja eine prima Sicherheit, bei Aktien könntest Du ebenfalls einen Kredit aufnehmen mit dem Depot als Sicherheit - oder natürlich die Aktien verkaufen. Letzteres widerspräche natürlich Deinem Wunsch, Dir ein Depotvermögen aufzubauen und wie die letzten Wochen wieder gezeigt haben, ist der Verkauf von Aktien auch immer von der jeweiligen Börsenlage abhängig. Wer Ende März mitten im Corona-Sell off Geld benötigt hat und dazu Aktien verkaufen musste, war gekniffen. Unterm Strich bietet ein Aktiendepot allerdings eine deutlich größere Flexibilität; da Du ja zwei Kinder hast, könntest Du so auch vorausplanen bzgl. größerer Ausgaben (z.B. Konfirmation, Führerschein usw.).
Die (bessere) Alternative
Buffett verweist gerne auf die sog. "Opportunitätskosten", also die Rendite-Möglichkeiten, die man woanders gehabt hätte. In Deinem Fall Aktien. Wir wissen nicht, wie sich der Wert Deiner Immobilie in den nächsten Jahren entwickelt und auch nicht der der Aktien (hierbei kommt es natürlich dann auch ganz entscheidend auf Deine Aktienauswahl an; Qualitätsunternehmen dürften für Dich die beste Wahl sein).
An diesem Punkt komme ich zur Entscheidungsfindung zu einem simplen Rendite-Vergleich: wenn Du Deinen Immobilienkredit abbezahlst, liegt Deine erzielte Rendite in den eingesparten Zinsen. Ich kenne Deine Konditionen nicht, aber ich setze hier jetzt mal hilfsweise 2,5% an. Mit jeder (Sonder-) Tilgung sparst Du 2,5% 1,5% Zinsen ein, eine nicht unattraktive Rendite verglichen mit 0,01% auf dem Sparbuch. Mit Aktien erzielt man im langjährigen Durchschnitt zwischen 5% und 8%, je nachdem, auf welche Segmente (Standartwerte, Blue Chip, Wachstumswerte) und welche Regionen (Deutschland, Europa, Asien, USA) setzt. Und zwar inkl. aller zwischenzeitlichen Börsencrashs und zzgl. Dividenden.
Wenn man nun alle Argumente gegeneinander abwägt, bietet das vorzeitige Abzahlen des Immobilienkredits nur einen Vorteil: eine höhere Sicherheit für den Fall, dass Du Deinen Job verlierst. Ansonsten bietet Dir ein Aktiendepot gleiche oder bessere Chancen. Und aus Rendite-Gesichtspunkten müsste die Wahl eigentlich klar sein, denn der Rendite-Vorteil der Aktien liegt bei mehr als 225% bis 400% - 1,5% verglichen mit 5% oder 7,5%.
Nun könnte man sagen, dass es sich ja nur um einen Zeitraum von drei Jahren handelt, in dem Du das Extragehalt einstreichst und die Sondertilgungen leisten würdest bis zur Schuldenfreiheit. Andererseits bist Du erst 40 Jahre alt und der Rendite-Vorteil von 2,5% bis 5% besteht für die gesamte künftige Anlagedauer der gekauften Aktien. Das wirkt sich mit zunehmender Anlagezeit immer stärker aus, Stichwort Zinseszinseffekt. Der Rendite-Vorteil des Aktiendepots vergrößert sich daher mit jedem Jahr zusätzlich...
Meine Wahl: Aufbau eines Aktiendepots sticht Immobilienkredit-Sondertilgung
Für mich wäre die Entscheidung somit klar, sofern nicht das Risiko eines Arbeitsplatzverlusts und damit einhergehend das möglichst schnelle Schuldenfreiwerden absolute Priorität genießt. Obwohl ja auch hier ggf. das Aktiendepot herangezogen werden könnte, wenn es hart auf hart kommt.
Lieber Jens, ich hoffe, ich konnte Dir mit meinen Überlegungen weiterhelfen und bin gespannt, ob der eine oder andere Leser zu ähnlichen Schlussfolgerungen kommt oder ihm zusätzliche oder gar konträre Argumente einfallen.
Guter Post, bzw. interessante Frage, die sich sicherlich viele Menschen fragen. Ich ebenso. Irgendwie ist die Vorstelung verlockend eine abbezahlte Immobilie zu haben, andererseits und das ist letzlich eher entscheiden ist es rational die schlechtere Variante.
AntwortenLöschenIch habe mich bisher dazu entschieden alles ins Aktiendepot zu schieben und keine einzige Sondertilgung zu machen. Bisher (6 Jahre) war dies eine sehr gute Entscheidung. Ich muss jetzt aber nich eine Weile abtragen. Zusätzlich macht es mir auch einfach Spaß Aktien zu verwalten und afür diesen Blog zu lesen ;)Nach 10 Jahren kann man ja seinen Immokredit kündigen bzw. umschulden. Wenn ich dann noch günstigere Konditionen bekomme würde ich auch weiterhin den Kredit laufen lassen und dafür mein Depot größer machen. Sollte ich irgendwann anderer Meinung sein, kann ich den Kredit über Sondertilgungen aus dem Depot schnell runterfahren.
@Michael: Übrigens stand in seiner Frage doch der Zinssatz von 1,5% (weil Du 2,5% angenommen hast) Ändert aber natürlich eh nichts an den Schlussfolgerungen.
Danke für den Hinweis, Lennart, den Zinssatz habe ich glatt übersehen. Habe ich im Artikel angepasst.
LöschenFür mich stellt sich die Frage auch aus einer anderen Perspektive. Wenn ich jetzt überlege eine Immobilie zu erwerben, nehme ich dann Eigenkapital aus meinem Aktiendepot oder Fremdkapital in Form einer Immobilienfinanzierung auf?
AntwortenLöschenUnd ich komme dabei zu dem selben Schluss wie du: Ich würde versuchen so viel wie möglich fremd zu finanzieren (auch bis zu 100%, wenn die Bank mitspielt). Wenn man sich die langfriste Rendite am Kapitalmarkt anschaut und diese mit der Verzinsung der Immobilienfinanzierung vergleicht, macht alles andere keinen ökonomischen Sinn!
Man muss sich vorher nur von dem anerzogenen Gedanken lösen, dass Schulden immer schlecht sind. Ich denke die Sichtweise war in einer Zeit, wo das allgemeine Zinsniveau noch erheblich höher war nicht ganz verkehrt, aber heutzutage haben sich die Voraussetzungen nunmal geändert. An diese geänderten Voraussetzungen gilt es sich anzupassen!
Viele Grüße
René
Hi Arno Nym ;-)
LöschenNach dieser Logik könnte/sollte man sich dann enorm verschulden, so lange Kreditzinsen kleiner als erwartete (Aktien-) Anlage/-Rendite sind... Nur von Erwartungswerten auszugehen wird der Situation/Fragestellung nicht gerecht!
Nicht den 2 Meter Mann vergessen, der IM Fluss ertrinkt, der im DURCHSCHNITT 1.80m tief ist.
Beste Grüße, s4v von searching4value.wordpress.com
Eine potentielle Gefahr - neben einem Jobverlust - sollte noch erwähnt werden, nämlich Zinssteigerungen. Sollte demnächst einmal die Inflation anspringen, dann würden die Zinsen steigen. Dadurch könnten Anschlussfinanzierungen teurer werden und würden Immobilien- und Aktienwerte sinken. Ob steigende Zinsen wahrscheinlich sind oder nicht, das Risiko existiert prinzipiell (innerhalb von drei Jahren glaube ich persönlich nicht an wesentlich höhere Zinsen). Ich würde daher in die Entscheidung zum Tilgen auch die restliche Zinsbindungsdauer des Kredites einbeziehen. Wenn die noch deutlich länger als drei Jahre ist, dann ist das Risiko durch Zinssteigerungen gering. Es ist ja auch keine Entweder-Oder-Entscheidung - man kann ja teilweise sondertilgen und teilweise investieren. Letztlich gibt es auch die psychologischen Fanktoren - für mich persönlich ist das Gefühl schuldenfrei zu sein sehr wertvoll...
AntwortenLöschenJens gab ja an, mit seiner bisherigen Tilgungsrate den Kredit in 10 Jahren komplett abgezahlt zu haben. Ich gebe Dir Recht, dass er für diese Restlaufzeit den Zinssatz festschreiben sollte, um Zinsänderungsrisiken auszuschließen. Die Möglichkeit für Sondertilgungen kann man ja dennoch vereinbaren.
LöschenKonsumschulden sind m.E. Schulden, bei denen kein langfristig bleibender Gegenwert gegenüber steht (z.B. Urlaub, Handy, etc.). Wenn ein Gegenwert wie eine Immobilie damit finanziert wird, würde ich es nicht als Konsumschulden betrachten
AntwortenLöschenMarcus, es gibt Investitionskredite, wie z.B. Immobilienkredite, und Konsumkredite, z.B. für Möbel, Autos, Urlaub. Also all das, was nur einen geringen Wert hat/behält und "verbraucht" wird. Die Immobilie wird zwar auch älter und abgewohnt, aber sie bleibt als Wert erhalten, sofern man sie instand hält. Und das Grundstück verliert ja eher nicht an Wert, wenn es nicht gerade in einer abgelegenen Gegend liegt oder Mängel aufweist (Rechte Dritter, Fluglärm, Verunreinigung usw.).
AntwortenLöschenDer Gegenwert macht den entscheidenden Unterschied: nehme ich einen Kredit auf für einen Urlaub, dann ist der Gegenwert bald verbraucht, während ich den Kredit weiter abzahlen muss. Gleiches gilt für das neue Smartphone oder ein Auto, wobei sich der Gegenwert da langsamer verbraucht, also über einige Jahre. Tätige ich mit dem Kredit eine Investition, wandele ich geliehenes Geld in Eigentum, in Sachwerte. Gerade bei einer Immobilie zeigt sich der Unterschied: man tauscht Mietzahlungen gegen Zins- und Tilgungsleistungen und je mehr man getilgt hat, desto mehr Geld fließt in die Instandhaltung. Statt die gleiche Geldsumme an jemand anderen zu bezahlen (Miete), fließt sie in das eigene Eigentum. Bis zur endgültigen Tilgung gleichen sich hier Zahlung an Dritte (Bank für den Kredit) und Schaffung von Eigentum aus. Unterm Strich schafft der Investitionskredit damit Werte, Konsumkredite nicht. Daher ist die Bank bereit, eine Immobilie zu beleihen, eine Urlaubsreise hingegen nicht (sie hätte ziemliche Schwierigkeiten bei der Verwertung, jedenfalls nachdem die Reise angetreten wurde). ;-)
AntwortenLöschenHallo Zusammen,
AntwortenLöschensuper Idee meine Frage als Leserbrief zu verfassen, sodass auch andere Blogleser daran teilhaben können.
Ich danke euch allen für die kritische Betrachtung der möglichen Szenarien und deren Lösungsansätze. Da ich in der Banken-IT angestellt bin und diese Jobs immer mehr Raum einnehmen, halte ich meinen Job, wie auch die aktuelle Krise zeigt, für relativ sicher.
Hier noch ein paar fehlende Informationen:
Meine Immobilie liegt südlich von München, die Standardtilgung liegt bei 6% (In den Jahren 2020,2021 und 2022 kann ich jeweils 25 TSD Sondertilgen)und ist noch für 7 Jahre festgeschrieben.
Euch allen noch einen schönen Sonntag, vielen Danke nochmal für den Input und
alles Gute beim intelligent Investieren.
Schöne Grüße
Jens
Moin Jens,
Löschenimmer mehr Experten erwarten ja, dass wir in den nächsten Jahren mal wieder so etwas wie eine spürbare Inflation bekommen. In einem solchen Szenario sind Schulden (mit festen Zinssätzen) doppelt attraktiv, weil die Inflation sie entwertet, während die Zinsen nicht entsprechend ansteigen können.
Vielleicht wäre es ja für Dich daher interessant, neue Konditionen mit Deiner Bank zu vereinbaren: Tilgung auf 1% runtersetzen und die Zinsen für die dann längere Gesamtrestlaufzeit festschreiben. Somit hättest Du kein Zinsänderungsrisiko und ein deutlich höheres monatliches Anlagevolumen für den Aufbau Deines Aktiendepots; der Zinseszinseffekt würde geradezu zum Turbo.
Bei Deienr hohen Tilgungsrate und der Möglichkeit für hohe Sondertilgungen dürfte das thema Vorfälligkeitsentschädigung eher gering ausfallen - zumal Du ja bei Deiner Bank eine Anschluss- bzw. Umfinanzierung in Anspruch nehmen würdest.
Nur mal so als Denkanstoß... ツ
Die Rechnung seine Schulden wegzuinflationieren geht allerdings nur auf wenn sich das Einkommen erhöht. Nominal bleiben die Schulden bei einer hohen Inflation die gleichen.
LöschenDer Wertzuwachs des Hauses steht auch der Geldentwertung (Inflation) entgegen...
LöschenIm Mai 2020 lief mein Kredit aus. 25.000€ waren noch offen, geplant war zu tilgen. Durch Corona hab ich aber über die hier genannte Alternativen nachgedacht. Ich hatte noch kein Depot im März, durch den enormen Andrang beiebei Onlinebroker erst Anfang Mai. Ich habe trotzdem getilgt und nur angelegt was sonst noch da war.
AntwortenLöschenGründe: ich kenne einige die endfällige Kredite haben und mit Sparplänen aufbauen um dann zu bezahlen. Die Persoenen sind felsenfest von ihrer Strategie überzeugt. Wäre dies so sicher, warum sollte jemand Geld für Immos zu 0,7% leihen, wenn er doch besser viel mehr mit Aktien verdienen kann? Bzw, müsste man dann ja permanent seine Immo beleihen um mit dem billigen Kredit gute Aktiengeschäfte zu machen.
Das klingt mir alles zu glatt. Aktuell ist sicher eine Sondersituation und ein guter Zeitpunkt zum Erwerb von Aktien, vielleicht aber auch nicht. Vor guten zwei Monaten wäre es noch besser gewesen....
In diesem angefragten Fall, wie auch in meinem kann man aber getrost auch zur Option "Aktien kaufen und Schulden später tilgen" tendieren. Der Fragesteller hat eine gute finanzielle Ausgangslage, Kapital und gutes Einkommen und ein paar Arbeitsjahre vor sich.
Wie gesagt, ich habe getilgt und ärgere mich nicht.
Ich denke man liegt mit beiden Varianten nicht falsch.
AntwortenLöschenIch schlafe ruhiger wenn ich weiß, dass ich keine Schulden habe. Mit Schulden und einem guten Aktiendepot würde ich jeden Tag den Depotstand prüfen und wäre bei schlechten Tagen zusätzlich mies gelaunt. Hängt also auch von der persönlichen Psyche ab, wie man sich entscheiden sollte. Bei mir würde die zweite Variante zuviel Stress erzeugen, was ja auch nicht gesund ist. Ich könnte mich ggf. noch mit einer 50-50-Lösung arrangieren.
Ich möchte eine Anmerkung zum Renditeabstand machen: Die ersparten Zinsen beim Immobiliendarlehen sind eine "Nettorendite", hingegen die langfristige durchschnittliche Aktienrendite ein Bruttowert, von dem, je nach Investitionsland, noch 25-40% Quellensteuer abzuziehen sind. Es verbleibt weiterhin ein Renditevorteil für Aktien, der jedoch geringer ist, als im Artikel angeführt.
AntwortenLöschenGrundsätzlich richtig. Versteuert werden müssen Kursgewinne allerdings erst beim Aktienverkauf; früher waren sie steuerfrei nach einer Mindesthaltedauer und das wurde erst vor zehn Jahren geändert. Gut möglich, dass diese Besteuerung sich in der Zukunft wieder "pro" Langfristanlage in Aktien verändert.
LöschenGibt es irgendwelche Hinweise dass sich die steuerliche Behandlung ändert?
LöschenNein.
Selbst wenn, auch wenn er ein langfristiges Depot aufbaut, wird er manchmal auch einzelne Titel verkaufen, was Steuern auslöst, um andere Aktien zu kaufen.
Ich verstehe insgesamt die langwierige Antwort für diese Frage nicht.
Es ist doch schlicht die Frage, will man mit Fremdkapital (100 000€, für die man die Finanzierungskosten und Rückzahlmodalidäten kennt) in Aktien investieren oder nicht? Klar wird im Schnitt die Aktienrendite deutlich höher sein, aber sicher wissen tut mans nicht.
Warum leiht die Bank das Geld so günstig her wenn doch am Aktienmarkt viel mehr drin ist?
AntwortenLöschenIm aktuellen zinsumfeld könnte ich mir vorstellen das Aktien in nächster Zeit vielleicht nur noch drei Prozent machen. Ich habe Aktien gekauft bis die Dividenden den sparerpausch Betrag ausnutzen. Danach 50 50. Man sollte bei höheren Schulden aufpassen das am Ende der Zinsbindung zur Not ausreichende Reserven da sind. Lieber paar Prozent verschenken dafür ruhig schlafen
Da bisher immer nur verbale Antworten gegeben wurden, möchte ich konkret mit zwei Modellberechnungen ergänzen. Da Blogger Jens nicht alle notwendigen Angaben gemacht hat, muss ich bestimmte Annahmen treffen: Gegeben sind 1,5 % Sollzins, in 3 Jahren durch mögliche Sondertilgungen schuldenfrei, 40 Jahre jung - meine weiteren Annahmen für die Baufi: Tilgung 3,971 % p.a., Sollzinsbindung 10 Jahre, Anschlußzins 2,50 % p.a., damit Gesamtlaufzeit von 20 Jahren bei einer mtl. Rate von 455,92 EUR bzw. 539,25 nach Ablauf Zinsbindung - meine Annahmen für den Vermögensaufbau: Fondslösung mit 6 % jährl. Wertzuwachs, 2,5 % Ausgabeaufschlag, 0,5 % p.a. Verwaltungsgebühr, Sparerfreibetrag 801,- EUR; Steuersatz 26,375 % (ich weiß es gibt tradeRepublik und ETF´s und sonst noch was ...)
AntwortenLöschenVariante 1: Darlehen läuft 20 Jahre mit den o.g. Konditionen und statt Sondertilgung werden diese Gelder investiert: 6.2021 35.000,- EUR, 6.2022 35.000,- EUR, 6.2023 16.684,64 EUR (schuldenfrei)
Variante 2: Darlehen läuft 3 Jahre mit den o.g. Konditionen durch Sondertilgungen mit den gleichen Beträgen wie in Variante 1; zusätzlich werden die ersparten mtl. Raten nach 3 Jahren für insgesamt 17 Jahre zu den o.g. Konditionen investiert.
Ergebnis Variante 1: Endwert Fonds nach Steuern 188.730,66 EUR, Gewinn: 96.366,10 EUR abzgl. Zinsleistungen: 19.398,16 = 76.967,94 EUR
Ergebnis Variante 2: Entwert Fonds nach Steuern 146.328,04 EUR, Gewinn: 36.231,30 EUR abzgl. Zinsleistungen: 2.641,84 = 33.589,46 EUR
Berechnungen nach bestem Gewissen und ohne Garantie
Es ist nicht zu fassen! In der Coronakrise sehen wir, wie belastend Schulden sein können, wenn das Unerwartete kommt, vielleicht sogar die berufliche Existenz bedroht ist. Und hier wird zu Börsen-Investments auf Pump animiert.
AntwortenLöschenDenn eines muss klar sein: Ökonomisch ist es dasselbe, ob ich eine schuldenfreie Immobilie habe, und dann einen Kredit aufnehme um damit Aktien zu kaufen. Oder ob ich mir, wie hier empfohlen, mit der Schuldentilgung mehr Zeit lasse und dafür in Aktien investiere.
Mit Aktien kann man durchaus auch 30 Jahre lang eine Rendite unterhalb des Darlehenszinssatz erzielen. Erst recht, wenn man sich das Ganze nach Kosten und Steuern anschaut, und nur das ist relevant. Spekulieren auf Kredit ist das Dümmste, was ein Anleger machen kann. Und genau darauf laufen die Empfehlungen hinaus.
Aussagen in einer solchen Absolutheit sind selten treffsicher. Wie auch hier. Es kommt sehr wohl auf die Gesamtsituation an, ob das Nutzen von Fremdkapital sinnvoll sein kann. Kredit finanzierte Sachinvestitionen kann man sehr gut durchrechnen. Das damit einhergehende Risiko kann und muss man klar bestimmen und dann seinen Eintritt möglichst weitgehend ausschließen. Das Risiko einen Arbeitsplatzverlusts betrifft nicht nur einen Wertpapierkredit oder einen Konsumkredit oder einen Immobilienkredit, sondern viele Facetten des Lebens. Wenn man hier keine Rücklagen hat, kann man ggf. eine Restkreditversicherung abschließen. Ebenso ist es zur Absicherung der Familie sinnvoll eine Risikolebensversicherung abzuschließen und auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung. All diese Faktoren gehören in einen Gesamtbetrachtung mit hinein.
LöschenDie Commerzbank vergibt Immokredite für 0,30%, davon muss sie ihren Betrieb bezahlen. Gleichzeitig zahlt sie für eine Wandelanleihe anderen 6,125%. Irgendwer erklärt einen immer, warum das alles Sinn ergibt. Weiter oben habe ich unter den Namen "Anonym" geschrieben, dass ich im Mai getilgt habe. Ich hätte mit dem Geld jetzt ein gutes zweistelliges Plus. Trotzdem bin ich froh, die Schulden los zu sein.
LöschenAber wie schon gesagt, die finanzielle Lage des Fragestellers lässt etwas Risiko sicher zu. Muss er selber wissen, kann ihn niemand beantworten.
Ich meine mich zu erinnern, dass es noch einen weiteren Grund geben kann, weshalb der Aufbau eines Aktienportfolios sinnvoller ist, als die Rückzahlung der selbstgenutzten Immobilie:
AntwortenLöschenSzenario Pflegekosten der Eltern: Sollten meine Eltern pflegebedürftig werden und die Einnahmen meiner Eltern die Kosten nicht decken, so kann ich unter Umständen zur Kasse gebeten werden. Entscheidend, so mein Kenntnisstand, ist mein Jahreseinkommen, ob ich zahlen muss. Befindet sich mein Jahreseinkommen unter Summe X bin ich von der Pflicht der Kostenübernahme befreit. Beläuft sich mein Jahreseinkommen über Summe X muss ich zahlen. Wie viel ich jedoch zahlen muss hängt wiederum von meiner Lebenssituation ab. Alle Zins- und Tilgungsleistungen für eine eigene Immobilie reduzieren- so meine Erinnerung - meine Pflicht zu zahlen.
Solange ich keine Einnahmen aus meinem Aktienportfolio generiere und pflegebedürftige Eltern habe, kann es also durchaus Sinn machen, die Verschuldung für eine eigengenutzte Immobilie hoch zu halten.
Stimmt das? :D
"Kredit finanzierte Sachinvestitionen kann man sehr gut durchrechnen. Das damit einhergehende Risiko kann und muss man klar bestimmen und dann seinen Eintritt möglichst weitgehend ausschließen."
AntwortenLöschen-->Aha, da hat jemand eine Kristallkugel und kann die Zukunft vorhersagen, inklusive der zukünftigen Zinsentwickung. Und die Steuergesetzgebung gleich noch obendrauf.
Selbst auf Sicht von 30 Jahren waren in der Vergangenheit je nach betrachtetem Zeitraum die Aktienrenditen sehr unterschiedlich hoch.
Das Risiko ausschließen? Hoffentlich nicht durch Zertifikate oder Puts. Vielleicht durch Selbstüberschätzung?
Man muss Risiken verstehen, nachvollziehen und dann muss man deren Eintrittswahrscheinlichkeit ermitteln. Zusätzlich sollte man sich Gedanken machen, wie man diese Risiken reduzieren kann bzw. sich dagegen absichert, dass sie eintreten. So sichert man sich gegen das Zinssteigerungsrisiko ab, indem man die Zinsen über die gesamte Laufzeit festschreibt. Und ergänzend die Tilgung so festzurrt, dass mit Ablauf der Zinsfestschreibung der Kredit restlos getilgt ist. Dann besteht kein Risiko, dass man am Ende zu einem viel höheren Zins finanzieren muss. Diesen Risikoausschluss bezahlt man mit einem höheren Zinssatz für die längere Laufzeit und über die Laufzeit dann entsprechend mit einem insgesamt höheren Rückzahlungsbetrag (sofern sich die Zinsen in der Zwischenzeit nicht erhöht haben). Ganz einfache Rechnung.
LöschenDas zweite Risiko besteht darin, dass man die Fähigkeit verliert, die Raten zu bezahlen. Und das kann man über eine Restkreditversicherung abdecken und/oder eine Berufsunfähigkeitsversicherung und/oder eine Risikolebensversicherung. Kostet alles Geld, aber es reduziert das Risiko und man kann die Beiträge in die Gesamtkalkulation einfließen lassen. Wenn sich am Ende die konservativ erwartbaren Erträge deutlich über dem Gesamtaufwand befinden, kann man getrost zuschlagen. Von Zertfikaten oder Puts war von meiner Seite aus nie die Rede.
Zumindest das Zinsänderungsrisiko kann man mit einem Volltilgerdarlehen ausschließen. Der Zins bei 30 Zinsfestschreibung und 100 %-Finanzierung beträgt aktuell: 1,92 %. Bei 200.000,- EUR entspricht das einer Rate von 653,- EUR/Mon.
AntwortenLöschenSchwieriger wird es bei Scheidung usw., es sei denn der der die Immobilie behält hat schon einen neuen Partner :-)
Aktuell bei guter Bonität und ausreichend Eigenmittel ohne Bindung 0,3% für Immokredit. Bei 30 Jahren Laufzeit kann man sich ausrechnen, zu welchen Preis man sich die Zinssicherheit erkauft.
LöschenHallo Michael,
AntwortenLöschenkannst du deine Einschätzung dazu abgeben, wie sinnvoll es ist sein Depot für einen Immobilienkredit als erweitertes Eigenkapital nachzuweisen. Gibt es hier Erfahrungen oder Tipps? Das Depot wird wohl gesperrt und maximal mit 50 % des aktuellen Wertes angesetzt. Hintergrund: Ich möchte eine Immobilie erwerben, habe aber nur genug Eigenkapital für die Nebenkosten, weil ich meistens voll investiert bin.
Moin Joe,
Löschenkann Deinen Gedankengang, das Eigenkapital für die Immobilie lieber in Form eines beliehenen Aktiendepots einzubringen, sehr gut nachvollziehen. Wäre auch meine Überlegung.
Über zwei elementare Risiken musst Du Dir aber dabei bewusst sein:
1. Wenn Du keinen Zugriff auf das Depot hast, kannste auch nicht zugreifen, wenn es nötig ist (wenn z.B. Wirecard gerade anfängt abzustürzen). Hier solltest Du versuchen eine Regelung anzustreben, dass nicht die jeweiligen Aktien blockiert werden, sondern das Depot einen bestimmten Mindestwert nicht unterschreiten darf.
2. Wenn Aktienkurse fallen, fällt auch der Beleihungswert der Aktien. Du musst also außerhalb des Depots eine Geldreserve haben. Das ist noch wichtiger, wenn Du eine Immobilien erwirbst, denn da können "spontan" größere Beträge fällig werden (wenn z.B. die Heizung kaputt geht, kannste das ja nicht aussitzen). Auch privat kann ja das Auto streiken oder es fällt eine größere Zuzahlung bei einem Krankenhausaufenthalt an o.ä. Ist Dein bisher frei verfügbares Depot beliehen und als Absicherung gesperrt, kannste nicht auf dieses Geld zugreifen und Aktien verkaufen. Haste keine Rücklagen und kannst im Ernstfall auf kein Geld zugreifen, kann Dir das finanziell das Genick brechen.
Hallo Joe, du hast recht, max. 50 % deines Depots wird als Ersatzsicherheit anerkannt. Das führt zu besseren Konditionen. Du solltest mindestens unter 90 % des Kaufpreises (Beleihungswert) kommen.
AntwortenLöschenHallo Michael, Hallo Geldinvestor,
AntwortenLöschendanke für die Antworten. Ich bin derzeit Mieter und habe ein buntes Depot. Soweit ich erfahren habe, wird so etwas nur ungern als Sicherheit anerkannt (v.a. bei Smallcaps oder unbekannten Werten, dazu zählt auch einiges im TecDax oder SDax). Auch habe ich ein Problem damit, meine ganzen Daten bei allen Bankdienstleistern bekannt zu geben. Verkaufen kommt für mich nicht in Frage. Aus laufendem Gehalt kann ich diverse Spontanbeträge noch bezahlen. Aber wenn du mindestens 60.000 Eigenkapital oder eher mehr brauchst, frage ich mich schon wie das andere machen. Ich kaufe eigentlich regelmäßig was fürs Depot und es wirft auch was zurück, aber ich habe trotzdem kaum Cash oder gerade wegen der Zinslosigkeit eher nichts. Welchen Immobilienzinssatz und Zinsbindung würdest du denn als gut bezeichnen. Ich finde das Thema Aktiendepot und Immobilienerwerb sehr spannend. Lebst du in Miete ? Vielleicht kann dazu noch jemand Erfahrungen mitteilen.
Ich habe seit 2014 kein Immobilieneigentum mehr und alles in Aktien investiert. Ich wohne zur Miete, habe mir damals eine Baugenossenschaft ausgesucht. Gute Wahl, denn die haben nicht das Ziel der Gewinnmaximierung, so dass Mietsteigerungen eher moderat ausfallen. Habe erst eine mitgemacht und damals wurden nach fünf Jahren etwas mehr als 5% auf die vorherige Nettomiete aufgeschlagen. Angesichts der deutlichen Mietsteigerungen in der Metropolregion Hamburg war ich mehr als positiv überrascht und habe noch am selben Tag das Mieterhöhungsverlangen unterschrieben bei denen in den Kasten geworfen. Nicht, dass die sich das noch anders überlegen, dachte ich...
LöschenZum "guten" Zinssatz kann ich nicht viel sagen, der hängt ja von der Bonität, dem Eigenkapital und der Beleihung ab. Könnte mir vorstellen, dass es wegen des "Aktiendepots als Eigenkapitalersatz" hier größere Schwankungen gibt von Bank zu Bank. Grundsätzlich gilt, je komplizierter und/oder normabweichender eine Finanzierung ist, desto höher der Zinssatz.
Hallo, in AUT scheint 0,75% auf den 3 Monats Euribor, samt Weitergabe des Negativzinses, der beste variable zu sein. Die Commerzbank in Deutschland hatte Mal 0,3% auf ihrer Homepage. Generell kannst du Mal die Internetauftritte der Banken anschauen, manche haben Beispielkonditionen, Sparda München (0,7% auf zehn Jahre), Sparkasse München, etc.
LöschenEin Aktiendepot bringt dir glaube ich nichts als Sicherheit, außer du kannst es bis auf Widerruf der Bank übertragen. Sonst könntest du am Tag nach dem du den Kredit bekommen hast, dein Depot zu Cash machen und mit dem Geld samt dem Geldes des Kredites untertauchen, bzw deiner Partnerin zukommen lassen.
Hallo Joe, du kannst dein Depot doch mit angeben. Inwieweit die Banken das berücksichtigen ist doch eine andere Sache. Zum Thema Zins und Zinsbindung empfehle ich dir, das du auf dieser Seite dir eine Übersicht zeigen läßt: https://www.geldinvestor.com/baufi-rechner/
AntwortenLöschenEin Nachteil ist allerdings, dass du dein Depot bzw. 50 % davon nicht als Ersatzsicherheit eingeben kannst. Du musst es wie echtes Eigenkapital eingeben, dass reduziert gleichzeitig dein Darlehen. Es genügt, wenn du dir eine 100%-Finanzierung (Erwerbsnebenkosten als Eigenkapital) und eine 90%-Finanzierung zusammenstellst (zusätzlich nochmals 10 % des Kaufpreises bzw. der beleihbaren Kosten. Der Unterschied kann bis zu 0,7 % p.a. betragen. Kurze oder lange Zinsbindung ist individuell, vielleicht hilft das hier: https://www.geldinvestor.com/kurze-oder-lange-zinsbindung/