Doch nun kommt Apple mit einer Mitteilung um die Ecke, die so gar nicht in die aktuelle Zeit zu passen scheint: Apple nimmt $8,5 Mrd. an neuen Schulden auf, um damit vor allem eigene Aktien zurückzukaufen. Das Aktienrückkaufprogramm hatte der Apfel-Konzern kürzlich um weitere $50 Mrd. aufgestockt! Und das in einer Zeit, wo die Konjunktur dramatisch einbricht, Massenentlassungen an der Tagesordnung sind und reihenweise Unternehmen Staatshilfen in Anspruch nehmen müssen. (Wie) passt das zusammen?
Wer Staatshilfen in Anspruch nimmt, muss die Dividenden streichen. Das ist eine verständliche Forderung. Und wer Geldspritzen zum Überleben braucht, kann und darf keine Aktienrückkäufe damit finanzieren. Auch das sollte auf der Hand liegen.
Aber für Apple scheint das nicht zu gelten. Klar, Apple benötigt keine Staatshilfen aber ist es wirklich angemessen, in diesen Zeiten "business as usal" zu betreiben bzgl. des Shareholder Values?
Werfen wir einen Blick auf die Bilanz: Apple hat in den letzten Jahren bereits $110 Mrd. an Schulden angehäuft, obwohl das Unternehmen eine wahre Cashcow ist. Die Barreserven belaufen sich aktuell auf rund $193 Mrd., also erscheint die Aufnahme von Schulden widersinnig. Unnötig ist sie auf jeden Fall, aber auch unsinnig?
Tatsache ist, dass die Zinssätze historisch niedrig sind und daher zur Aufnahme von Schulden verleiten. Für seine neuen Anleihen bot Apple folgende Konditionen:
- $2,00 Mrd., 3 Jahre Laufzeit, 0,75%
- $2,25 Mrd., 5 Jahre Laufzeit, 1,125%
- $1,75 Mrd., 10 Jahre Laufzeit, 1,65%
- $2,50 Mrd., 30 Jahre Laufzeit, 2,65%
Chancen und Nutzen
Und was steht auf der anderen Seite als Benefit? Apples Rendite auf das eingesetzte Kapital lag Ende 2019 bei 23,34%, die Nettogewinnmarge bei 21,58%. Das sieht im Vergleich zu den aufgerufenen Zinssätzen ziemlich attraktiv aus - nur soll das frische Geld ja eben nicht ins operative Geschäft investiert werden, sondern in Aktienrückkäufe (und ein bisschen in höhere Dividenden). Die Rechnung geht auf diese Art also nicht auf...Den Aktionären gehört Apple und der Gewinn des Unternehmens entfällt auf anteilig auf jede einzelne Aktie. Kauft das Unternehmen eigene Aktien zurück, entfällt deren Gewinnanteil und der Gewinn verteilt sich auf verminderte Zahl der "ausstehenden Aktien". Mit jeder zurückgekauften Aktie erhöht sich also der Gewinnanteil jeder Aktie im Depot eines Aktionärs. Daher profitiert der Aktionär ebenfalls davon, dass Apple Schulden aufnimmt, um damit eigene Aktien zurückzukaufen.
Risiken und Nebenwirkungen
Ein höherer Verschuldungsgrad birgt ein steigendes Risiko, denn wenn es operativ nicht mehr gut (genug) läuft, muss man seine Schulden (Zinsen und Tilgung) ja trotzdem bezahlen. Das kann in wirtschaftlich schlechten Zeiten zu einer Schieflage und ggf. sogar zur Insolvenz des Unternehmens führen. Während der Immobilien- und Finanzkrise 2008/09 ist das vielen eigentlich soliden Unternehmen passiert, vor allem aus dem Immobiliensektor.Apple hat allerdings einen Cashberg von $139 Mrd., so dass von dieser Seite aus keine Gefahr droht. Und man erzeigt einen enormen Cashflow; der erzielte Free Cashflow in 2019 bei rund $59 Mrd. Mit anderen Worten: Apple würde gerade einmal zwei Jahre lang seinen Free Cashflow einsetzen müssen, um seine Gesamtschulden von $113 Mrd. abzuzahlen. Das ist finanzielle Stärke!
Meine Einschätzung
Apple kann sich diesen "Deal" leisten; das Unternehmen ist ein Paradebeispiel für perfekte Kapital-Allokation und die Aktionäre profitieren davon erheblich. Auch deshalb hält der Kurs sich so stabil und kann jeden Einbruch innerhalb kurzer Zeit wieder aufholen.Apple ist mit dieser Vorgehensweise übrigens nicht alleine: auch andere Unternehmen verfahren ähnlich, wie Microsoft, VISA, MasterCard (auch wenn MA seine Aktienrückkäufe vorsichtshalber vorübergehend ausgesetzt hat) oder Alphabet. Sie nutzen ihre starken Cashflows und kaufen damit eigene Aktien zurück; dabei nehmen sie auch weiter Fremdkapital auf.
Ein weiterer Punkt, der für diese Vorgehensweise spricht, ist die enorme Ausweitung der Geldmengen durch die Notenbanken, um dem Konjunktureinbruch aufgrund der Corona-Pandemie entgegenzuwirken. Dieses ganze zusätzliche Geld wird Inflation erzeugen. Entweder in Form höherer Kaufpreise oder in Form von höheren Asset-Preisen, also Aktien und Immobilien. Wenn wir davon ausgehen, dass es tendenziell nicht zu einer Deflation kommt (also sinkenden Kauf-Preisen), sondern sich der Druck eher hin zu steigenden Preisen entwickelt, dann ist das schlauste, was man gegenwärtig machen kann, sich Geld zu leihen! Unter der Voraussetzung, dass man jederzeit in der Lage ist, die Zinsen und Tilgungen zu bedienen. Und bei Apple, Microsoft, VISA, MasterCard, Alphabet besteht kein Zweifel daran, dass sie dies können. Entweder aufgrund ihres hohen Cashflows oder wegen ihres enormen Cash-Bestands. oder aus beiden Gründen.
»Value Investing ist der einfachste Weg zum Reichtum, doch nur wenige nutzen ihn. Niemand will langsam reich werden.«Auch hier zeigt sich wieder einmal (und vermutlich könnt ihr das schon nicht mehr hören), dass es sich auszahlt, auch die soliden Qualitätsunternehmen zu setzen, auf die Burggraben-Aktien mit hohen Cashbestand und starken Cashflows. Meine "Stars of Cash-Strategie" basiert genau auf diesen Qualitätsmerkmalen. Quality Investing works! Man setzt dabei nicht auf den letzten "heißen Scheiß", auf die angesagtesten High-Flyer mit Verzehnfachungspotenzial, aber eben auch Totalverlustrisiko, sondern auf die solide, die sicheren Werte; und 15% pro Jahr über einen langen Zeitraum sind enorme Steigerungen, der Zinseszinseffekt wirkt auch hier.
(Warren Buffett)
Und diese Qualiätswerte bringen auf Dauer ebenfalls eine überdurchschnittliche Rendite ein, nur mit viel weniger Stress. Denn in Krisensituationen kann man sich als Aktionär dieser Qualitätsunternehmen relativ entspannt zurücklehnen, weil man weiß, dass die Unternehmen solde genug sind, den Sturm auszuhalten und ggf. sogar gestärkt aus ihm hervorzugehen. Auch wenn die Aktienkurse zuweilen verrückt spielen, die Aktienwerte schwanken nicht mal ansatzweise so stark...
Disclaimer
Alphabet, Apple, MasterCard, Microsoft, VISA befinden sich auf meiner Beobachtungsliste und/oder in meinem Depot.
Aber wenn eine Inflation kommt, zahlt man doch einmal Zinsen (auf die aufgenommenen Krediten) und zweitens sinkt der Wert des Cashbestandes durch die Inflation. Macht für mich daher keinen Sinn.
AntwortenLöschenDass eine möglicherweise zukünftig mal ansteigende Inflation vor uns liegt, ist nicht das Kernargument für die Aufnahme von Schulden zwecks Aktienrückkäufen. Für mich ist auch nicht ausgemacht, dass es zu einer deutlichen Zunahmen der Inflation kommt - aber zumindest die Wahrscheinlichkeit nimmt zu.
LöschenInflation bedeutet, dass Geld an Wert verliert. Hat man also Kredite, muss man diese "normal" zurückzahlen, aber der Gegenwert ist niedriger.
Der eigene Cashbestand verliert natürlich auch an Wert. Hier geht es aber nicht darum, dass die Unternehmen das Cash horten sollen, sondern, dass die die Möglichkeit haben, es "interessant" einzusetzen. Also für zusätzliche Aktienrückkäufe, für sinnvolle Akquisitionen, für den Ausbau ihres operativen Geschäfts.
Danke für die Erläuterung! Ich habe mich auch schon gefragt was Apple da vor hat und versucht zu analysieren. Sehr verwirrend, aber ich bleibe Apple treu :)
AntwortenLöschenHi Michael,
AntwortenLöschengibt es einen wirklich sinnvollen Grund, die hohen Cashbestände NICHT zu nutzen und die Verschuldung, trotz der niedrigen Zinsen, stattdessen hochzutreiben?
Liegt dies daran, dass Cash in der Menge nicht kurzfristig verfügbar ist oder hat dies ggf. auch weitere (bilanzielle, etc.) Gründe, die ich nicht erkenne?
Danke und viele Grüße
Tom
Aber der hohe Cashbestand wird von Apple doch genutzt, Tom: Aktienrückkäufe (und Dividenden) werden um $50 Mrd. aufgestockt, neue Schulden dafür um $8,5 Mrd. erhöht. Damit werden $41,5 Mrd. aus dem Cashbestand genutzt. Dass dieser sich in nächster Zeit wieder erhöht durch den Cashflow, bietet dann Raum für weitere Aktienrückkäufe und/oder Dividenden in der Zukunft.
LöschenKann es sein, wenn Apple seine eigenen Aktien auf Kredit kauft, dann gerade, um sich gegen Inflation abzusichern? Die Schulden würden im Lauf der nächsten Jahre ja von selbst weniger werden (schwindende Kaufkraft des Geldes), während die Aktienkurse noch ansteigen mögen, so der Plan. Evt. sogar schneller, als die Inflation, eine Zeit lang.
AntwortenLöschenDa wir aber seit den 70ern keine nennenswerte Inflation mehr hatten, wird meiner Meinung das Risiko einer Inflation für die Aktienmärkte unterschätzt. Wir hatten bis zu den 70ern keine so große Spekulationsblase, wie heute. Es wird vielleicht übersehen: Steigt nämlich die Inflation über einen kritischen Wert, nämlich über die durchschnittliche Rendite der Apple-Aktie, dann werden Investoren ihre Aktien bald verkaufen. Es macht dann keinen Sinn, Aktien zu halten, wenn Sachwerte in der Realwirtschaft im Preis schneller steigen würden, als Wertpapiere mit tollen Namen drauf. Dann frisst die Inflation auch die Rendite auf, wie bei den Sparbüchern.
Sollte bei aufkommender, moderater Inflation auch nur die geringste politische Entscheidung zu Ungunsten der Anleger gefällt werden (z.B. höhere Transaktionssteuern usw.; denkbar, bei einer hohen allg. Teuerungsrate), dann ist es vorbei. Alle müssen in Sachwerte investieren, was die Inflation noch schneller antreibt. Und in der globalen Welt betrifft dies alle Währungen. Eine Währungsreform wäre erforderlich und dabei wird man nicht mehr das Risiko einer neuerlichen Spekulationsblase eingehen. Ergo wird es eines Tages keine Börsen mehr geben.
Hallo Michael,
AntwortenLöschenmich würde deine Meinung zu Aktien wie Aurelius, MBB und Blue Cap interessieren. Zuletzt hast du sicherlich lieber über die Qualitätsaktien wie Amazon, Visa, Microsofr etc. geschrieben, aber "ältere" Leser deines Blogs haben ggfs. auch deine alten Favoriten ( siehe oben )im Depot und sind nicht so glücklich mit der Wertentwicklung. Dabei geht es nicht so sehr um deine Einstandskurse, sondern um die Kursveluste der letzten 2-3 Jahre.
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LöschenMoin Dirk,
Löschenich schreibe immer Artikel zu den Aktien, die ich gerade interessant finde, wo es neue Entwicklungen gibt oder berichtenswerte Veränderungen. (Deutsche) Beteiligungsgesellschaften sind momentan nicht so en vogue; ich habe ich dazu in den letzten sechs Monaten mehrfach geäußert, Corona hat die negative Entwicklung noch einmal beschleunigt. Gerade zu den von Dir genannten Werten Aurelius, Blue Cap, MBB kommen hier auch häufig Fragen, die ich dann in Kommentaren beantworte. Vermutlich auch deshalb habe ich nicht das Gefühl, dass die Unternehmen bzgl. meiner öffentlich geäußerten Einschätzung zu kurz kommen. Allerdings habe ich nicht immer separate Artikel dazu verfasst und die Kommentare bekommen die Leser ja nicht alle mit.
MBB halte ich von drei Werten für am besten positioniert; hatte dazu Ende März einen Artikel verfasst.
Aurelius dürfte es schwerer haben, weil sie keine "Champions" für ihr Portfolio kaufen wie MBB, sondern Sanierungsfälle, um diese dann nach einigen Jahren mit großen Gewinn wieder zu veräußern. Die Töchter leiden jetzt massiv, andererseits kann Aurelius auf der Kaufseite aktiv werden und so die Gewinne von übermorgen akquirieren. Die Dividendenaussetzung finde ich richtig, das Geld sollte lieber "operativ" verwendet werden.
Bei Blue Cap ist der letzte Verkauf positiv, weil man nun genug Geld in der Tasche hat, um gut durch die Krise zu kommen und Beteiligungen finanziell zu stützen, falls nötig. Die Krise wird auch die Blue Cap-Beteiligungen hart treffen, da muss man mal sehen, wie gut die durch die raue See kommen. Der neue Vorstand sprach davon, die nicht betriebsnotwendigen Immobilien veräußern zu wollen - Blue Cap hatte die ja bereits vor einigen Jahren in einer eigenen Gesellschaft gebündelt. Der Kurs notiert weiterhin deutlich unter NAV (der dank Corona gesunken sein dürfte seit der letzten Meldung), aber die große Unbekannte bleibt der 44%-Anteil von PartnerFonds. Die HV der PF hat deren Auflösung zum Jahresende beschlossen und dazu müssen die ja alle ihre Beteiligungen verkaufen (oder den PF-Aktionären anteilig ins Depot buchen). Hier könnte Blue Cap ggf. Käufe tätigen, aber da müssen die Preisvorstellungen dann ja auch auf beiden Seiten passen. Und dann müssen die 44% an Blue Cap-Aktien "weg". Kaum vorstellbar, dass man versucht, die über die Börse zu verkaufen, da würde der Kurs ins Bodenlose abstürzen. Vielleicht bei institutionellen Anlegern? Oder vielleicht hat Dr. Schubert Interesse daran, wieder einen größeren Anteil an Blue Cap zu übernehmen? Oder PF-Großaktionär Evoco selbst übernimmt/kauft die Blue Cap-Aktien. Hier herrscht jedenfalls alles andere als Klarheit und das belastet dauerhaft den Kurs. Zusätzlich zu den Unsicherheiten wegen Corona. Ob sich hier eine große Chance bietet, werden wir erst im Nachhinein wissen, wenn sich der ganze Rauch verzogen hat. Bei der reinen Betrachtung Kurs vs. NAV sieht es allerdings nach Gelegenheit aus...
Zwei kleine Anmerkungen:
AntwortenLöschenApple hat z.Z. eine Dividendenrendite von ca 1 %, d.h. die Zinsen der kurzlaufenden Tranchen refinanzieren sich vollständig aus den eingesparten Dividenden.
Apple hat auch gute Steuerfachleute. Es ist anzunehmen, daß die Zinsen der neuen Schulden die Steuerbelastung verringern, so daß sich ein doppelt positiver Effekt ergibt.
Mich würde auch ein Update bezgl. BDCs interessieren. Hier sind sie ja noch vor Corona komplett raus. Wie siehen sie die aktuelle Lage? Speziell würde mich auch TPG Specialty interessieren.
AntwortenLöschenWürde mich auch interessieren. :)
LöschenMarkus Wolff brachte mich auf den Gedanken, daß Aktienrückkäufe auch deshalb erfolgen, weil Manager-Boni vertraglich an einem steigenden Aktienkurs geknüpft sind. Vor viele Jahren waren Aktienrückkäufe noch verboten, weil sie als Möglichkeit der Marktmanipulation galten. Die De-Regulierung hat auch hier für Instrumente gesorgt, wie sich die Reichen noch mehr bereichern können.
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