Montag, 25. November 2019

Ist die Exceet Group nach der Rekorddividende jetzt (noch) ein Schnäppchen?

Die in Luxemburg beheimatete exceet Group ist eine Beteiligungsgesellschaft. Ihr "Fokus ist das Halten von Beteiligungen in strukturell wachsenden Märkten, wie Gesundheit, Software und Technologie" und dabei "entwickelt und investiert exceet in bestehende Aktivitäten und beteiligt sich opportunistisch in neuen oder angrenzenden Geschäftsfeldern". Soweit die Selbstdarstellung und -wahrnehmung des Unternehmens, das 2006 gegründet und 2010 an die Börse geführt worden war.

Wer auf den Langfristchart blickt, sieht den enormen Absturz, der Mitte 2011 einsetzte, als sich alles gegen das Unternehmen wandte, aber auch den seit 2017 eingesetzten Turnaround. Der allerdings vor allem durch das Übernahmeangebot durch den heute bestimmenden Großaktionär Active Ownership (AOC) getrieben wurde und wird. Zählt man die Anteile von deren Investmentvehikel "White Elephant" und die von Klaus Röhrig, Gründungspartner von AOC und Vorsitzender des Exceet-Verwaltungsrats zusammen, liegt AOC inzwischen wohl deutlich über 70% der Anteile. Daneben gesellen sich weitere Großaktionäre, u.a. die zur Deutschen Balaton AG gehörende Heidelberger Beteiligungen AG, so dass der Streubesitz nur noch magere 13% ausmachen dürfte. "Markteng" ist der Nebenwert also allemal. Aber auch interessant?

Am letzten Mittwoch, den 20.11.2019, fanden gleich zwei Hauptversammlungen des Unternehmens statt. Auf der ersten wurde wie erwartet die Ausschüttung einer Sonderdividende von €3 je Aktie beschlossen, was bei einem Aktienkurs von €7 schon eine außergewöhnliche Dividendenrendite von über 40% ergab. Und auf der zweiten wurde die Umwandlung der bestehenden Rechtsform einer Europäischen Aktiengesellschaft (SE) in eine Société Anonyme (SA), um im nächsten Schritt dann daraus eine Luxemburgische KGaA (SCA) zu formen. Was die Rechte und Einflussmöglichkeiten der Minderheitsaktionäre deutlich beschneiden wird. Doch die Beschlüsse wurden mehrheitlich gefasst, wie von der Gesellschaft vorgeschlagen, und alles andere wäre angesichts der klaren Mehrheitsverhältnisse auch eine echte Überraschung gewesen.

Der Kurs hat den Dividendenabschlag eingepreist und wer auf die hohe Dividende abgezielt hatte, dürfte die Segel streichen bzw. bereits gestrichen haben. Da der Kurs im Vorfeld der Ausschüttung deutlich angezogen hatte, kann man nur sagen: alles richtig gemacht!
»Die Zukunft kann man nicht im Rückspiegel sehen.«
(Peter Lynch)
Doch die entscheidende Frage ist nun, was Aktionäre von exceet noch zu erwarten haben. Exceet hatte vor der Dividendenzahlung knapp €109 Mio. Nettobarmittel, von dem nun etwas mehr als €60 Mio. ausgekehrt wurden. Die verbleibenden €49 Mio. an Nettobarmitteln verteilen sich auf 20,07 Mio. Aktien, was je Aktie also €2,44 entspricht.

Der hohe Cash-Bestand resultierte vor allem aus dem erfolgreichen Verkauf der Berliner Tochter AEMtec im Herbst letzten Jahres für knapp €86 Mio. und im Portfolio hat exceet noch weitere Beteiligungen/ Aktivitäten, die ebenfalls zum Verkauf stehen dürften: GS Swiss PCB, Lucom und exceet Secure Solutions. Dabei dürfte GS Swiss PCB die wertvollste sein, für die um die €80 Mio. aufgerufen werden und die weiteren Aktivitäten dürften weitere €20 bis €30 Mio. wert sein. In Summe also mindestens €5 je Aktie.

Kaufe einen Euro für 65 Cents

Die Rechnung ist nun ganz einfach: €2,44 Nettobarmittel zzgl. mindestens €5 an Beteiligungswerten ergibt einen Wertansatz von knapp €7,50 je Akte. Mit anderen Worten: beim aktuellen Aktienkurs von €4,75 ergibt sich ein Wertaufholungspotenzial von knapp 60%.

Wo ist der Haken?

Tja, auch diese Hund hat leider ein paar Flöhe - wäre es nicht so, stünde der Kurs aktuell bei €7,50 und nicht bei €4,75. Ob sich hier eine große Chance oder eine Value Trap eröffnet, muss jeder selbst beurteilen. Ich habe mir natürlich so meine Gedanken dazu gemacht.

Am liebsten wäre es mir, wenn exceet alle Beteiligungen/ Werte versilbern und das Unternehmen abwickeln würde; mit einer entsprechenden Auszahlung an die Aktionäre. Dann würde man ziemlich sicher in absehbarer Zeit meine €7,50 ja Aktie einsammeln können. Auch AOC sollte hieran gelegen sein, denn die woll(t)en mit ihrem günstigen Einstieg bei exceet ja vor allem schlummernde Potenziale heben und diese dann schön absahnen.

exceet Group (Quelle: wallstreet-online.de)
Die Unsicherheit bzgl. dieses "Plans" liegt darin, dass man exceet inzwischen wohl als Beteiligungsvehikel betrachtet, das wieder aktiv(er) werden soll. Andernfalls würde die Umfirmierungsarie ja gar keinen Sinn machen und man kann die Aussage, man verfolge künftig einen "opportunistischen Investmentansatz ohne festgelegte Anlagestrategie" auch kaum anders interpretieren. Im Gegenteil: mit der Umfirmierung schafft AOC die Voraussetzung dafür, sich künftig von exceet-Anteilen trennen zu können, ohne den Zugriff auf die Gesellschaft zu verlieren. Man will also perspektivisch ein größeres Rad drehen und dazu einerseits durch Kapitalerhöhungen neues Eigenkapital einwerben und andererseits durch mehr Fremdkapital zusätzliche Hebel bereitstellen für eine Ausweitung des Geschäfts. Natürlich wäre auch denkbar, dass AOC einfach exceet-Aktien verkauft. Aber das halte ich für weitaus weniger wahrscheinlich, da sie ja weit unterhalb des fairen Werts notiert. Allerdings... auch für eine Erhöhung des Eigenkapitals müsste sollte die Aktie deutlich näher am fairen Wert von €7,5 notieren, da man ansonsten ja Geld verschenken würde. In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt, dass der bisherige CEO Wolf-Günter Freese das Unternehmen Ende März verlassen wird und sich auch hier(durch) ein Neuanfang abzeichnet.

Gut vorstellbar also, dass die "Kursirritationen" mit erhöhten Umsätzen um die Dividendenausschüttung herum von den bisherigen Großaktionären auch zum Einsammeln weiterer Aktien genutzt wurde/wird.

Meine Einschätzung

Ich habe die positive Entwicklung von exceet die letzten Monate verpennt bzw. sie zwar wahrgenommen, aber daraus für mich keinen Investmentcase abgeleitet. Auch weil ich schon reichlich solcher Sondersituationen und Beteiligungsgesellschaften auf dem Schirm und im Depot habe. Daher habe ich gutes Geld verschenkt, weil ich den Kursanstieg der letzten Monate nicht mitgemacht habe. So viel zum Blick zurück. Aber Rendite erzielt man nicht durch Rückschauen, sondern durch vorausschauendes Handeln (ja, ist doppeldeutig und auch genau so gemeint!). Ich habe mir die ganze Sache am Wochenende mehrfach durch den Kopf gehen lassen und bin dann heute Morgen zu einer Entscheidung gelangt: ich kaufe mich bei exceet ein und dazu nutze ich den von mir erwarteten Kurseinbruch*). Was ich auch getan habe und so konnte ich eine ausreichend große Position zu €4,64 aufbauen. Und nun bin ich gespannt, wie und wann es AOC gelingt, die schlummernden Werte in der exceet-Aktie zu heben. Dabei ist mir klar, dass ich wohl einiges an Geduld mitbringen werde müssen, um am Ende die Früchte ernten zu können. Aber Benjamin Graham lehrt uns ja, dass Geduld die oberste Tugend des Investors sei. Also, dann will ich mal tugendhaft sein...

Disclaimer
Ich nehme die exceet Group auf meine Beobachtungsliste und in mein Depot.


*) P.S. zum "erwartbaren Kurseinbruch" in der frühen Morgenstunde

"Erwartbar" war der Kurseinbruch, weil es am Freitag Irritationen um die Dividendenausschüttung gab. Das Unternehmen hatte mitgeteilt, Aktionäre würden die Dividenden erhalten, die am Abend des 22.11. (Freitag) die Aktien im Depot hätten; die Auszahlung erfolge am 25.11 (Montag). Die Hauptversammlung war jedoch bereits am 20.11. (Mittwoch) und der Dividendenabschlag erfolgte am 21.11. (Donnerstag). Das sah nach einem "Free Lunch" aus, aber wie heißt es doch so treffend? "Wenn etwas zu schön klingt, um wahr zu sein, dann ist es auch nicht wahr". Und so stellte sich heraus, dass der für die Dividendenzahlung entscheidenden Tag der sog. "Settlementday" bzw. Erfüllungstag ist. Aktien werden zwar am Tag der Order ausgeführt, aber erst mit zwei Arbeitstagen Verspätung abgerechnet - und dem entsprechend geliefert. Wer also am Montag Aktien kauft, wird erst am Mittwoch Eigentümer. Wer also am Freitag (oder auch schon am Donnerstag) die Aktien gekauft hat, wird nicht die Dividende erhalten. Und da die Börsenumsätze am Freitag doch ziemlich üppig waren, standen die Chancen ziemlich gut, dass viele von den neuen Aktionären, die nur auf ein Dividendenschnäppchen aus waren, gleich heute Morgen ganz schnell und (fast) um jeden Preis aus der Aktie raus wollten. Und ich wollte rein, allerdings nicht zu (fast) jedem Kurs... ツ

Da ich kein Dividendeninvestor bin und Dividenden bei meiner langfristig orientierten Investmentstrategie nur nebenbei abfallen, war mir die Situation/Problematik mit dem Erfüllungstag nicht geläufig. Ich habe mich erst jetzt im Zuge der Überlegungen zu exceet damit beschäftigt. Was mir wieder einmal zeigt, dass man nie aufhört, dazuzulernen, auch nach 30 Jahren Börsenerfahrung nicht.

6 Kommentare:

  1. Hi Michael,
    ich habe die Situation um die Dividende leider fehlinterpretiert trotzdem bin ich auch in Exceet investiert, und zwar nicht wegen der Dividende... Viel Glück mit dem Investment!

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  2. Weißt du wann es die Dividende gibt? Bin seit 20.11 Aktionär und habe heute noch nichts erhalten. Bin bei der Consorsbank. :(

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    1. Wie exceet letzte Woche mitteilt hat, wird die Dividende (vom Unternehmen) am heutigen Montag ausgezahlt. Kontoeingang bei den Aktionären dürfte also der morgige Dienstag sein oder spätestens übermorgen.

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  3. Ich versuche, die Rechnung nachzuvollziehen und komme noch auf folgende Frage:
    Wie kommst Du auf einen Wert von 80 Mio € für die GS Swiss PCB und auf die 20 bis 30 Mio € für die Lucom und exceet Secure Solutions?
    Nimmst Du dazu vielleicht Multiples oder stützt Du dich auf Aussagen des Managements?

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