Aumann ist aussichtsreich im Bereich der E-Mobilität positioniert, aber die Wachstumsraten und Gewinne dieser Sparte reichen (noch) nicht aus, um die Tristesse im klassischen Bereich abzufangen oder gar zu kompensieren. Bei allen Fortschritten ist und bleibt Aumann daher auch eine Wette auf eine nachhaltige Erholung im Automobilsektor.
MBB hat den heftigen Kursrückgang bei Aumann nicht zum Wiederaufstocken seiner Position genutzt (38%), sondern hat zuletzt zwei große Zukäufe in einem völlig anderen Segment vermeldet, das nicht nur aussichtsreich erscheint, sondern MBB ganz neue Möglichkeiten verschafft. Auch in Bezug auf Aumann...
Zunächst muss man sich erinnern, dass Aumann in der MBB-Konzernbilanz voll konsolidiert wird, obwohl MBB nur noch 38% an Aumann hält. Bedeutet, dass Aumanns Umsätze voll in der MBB-Bilanz auftauchen und auch die Erträge, dass von diesem am Ende allerdings 62% als Minderheiten abgezogen werden müssen.
Aumann stand damit für längere Zeit für mehr als die Hälfte der Umsätze und Gewinne im MBB-Konzern und es war erklärtes Ziel von MBB, diese Abhängigkeit und die damit verbundenen Chancen, aber vor allem auch Risiken, zu verringern. Das tat man mit dem Börsengang von Aumann und den anschließenden mehrmaligen Verkäufen von weiteren Aktienpaketen, bis man bei "nur" noch 38% ankam.
Die zweite Möglichkeit neben den Teilverkäufen von Aumann-Aktien ist der Zukauf anderer Unternehmen. Hierfür hat MBB reichlich Cash in de Täsch, vor allem Dank der Aumann-Verkäufe zu hohen Kursen. Und man hat jetzt innerhalb kurzer Zeit gleich zweimal zugeschlagen.
Vorwerk, erster Akt: Die Übernahme
Im Juni übernahm MBB 60% der Friedrich Vorwerk KG aus Tostedt. Vorwerk zählt sich zu den „leistungsfähigsten deutschen Unternehmen im Rohrleitungs- und Anlagenbau für Industrie, Kommunen und Energieversorger“. Über den Kaufpreis wurde nichts verlautet. Vorwerk macht mehr als €100 Mio. Umsatz und kommt eher margenschwach daher. Für MBB bieten sich hier aber genau die Chancen und man betrachtet Vorwerk als neue Sparte, die man mittels weiterer Add-on-Zukäufe ausbauen und entwickeln will. Aufgrund er unterdurchschnittlichen Marge schlummern hier Potenziale, auch wenn MBB den anderen Eigentümern (Vorwerk Stiftung und Management) kaum radikal auf die Füße treten wird. Ich nehme daher an, dass man für Vorwerk einen überschaubaren Kaufpreis bezahlt hat im mittleren zweistelligen Mio-Euro-Bereich. Der Deal passte zu MBB als Inhaber geführter Industrieholding: man baut ein neues Standbein auf, das man durch Add-ons stärken wird, woraus sich noch größere Potenziale ergeben. Und man kam mit dem Zukauf dem erklärten Ziel, im Jahr 2020 €750 Mio. Umsatz zu machen, einen großen Schritt näher.Vorwerk, zweiter Akt: Das Add-on
Anfang November meldete MBB, dass die Tochter Friedrich Vorwerk KG (GmbH & Co.) 100% der Anteile an der Bohlen & Doyen Bau GmbH sowie der Bohlen & Doyen Service & Anlagentechnik GmbH vom französischen SPIE Konzern erworben hat - noch unter Vorbehalt der Genehmigung durch das Bundeskartellamt.Au der Meldung: "Bohlen & Doyen wurde 1950 im ostfriesischen Wiesmoor gegründet und plant im Jahr 2019 mit mehr als 490 Mitarbeitern einen profitablen Umsatz von über €90 Mio. zu erwirtschaften. Bohlen & Doyen ist heute mit seinem Geschäftsbereich Construction ein führender Anbieter für den Bau von Pipelines und erdverlegten Stromtrassen. Dabei besitzt das Unternehmen hervorragende Expertise im umweltschonenden Horizontalbohrverfahren, das beim Verlegen von Rohren für Stromtrassen eine zentrale Bedeutung hat. Im Geschäftsbereich Gastechnik verfügt Bohlen & Doyen über jahrzehntelange Erfahrung im Infrastruktur nahen Anlagenbau sowie der Mess- und Regeltechnik. Friedrich Vorwerk plant gemeinsam mit Bohlen & Doyen sein Wachstum im Bereich Pipeline-, Kabel- und Anlagenbau für Gas- und Stromnetze weiter zu steigern. Dabei soll sowohl der Standort in Wiesmoor als auch der Name Bohlen & Doyen innerhalb der Friedrich Vorwerk Gruppe beibehalten und die exzellente Marktposition des Unternehmens weiter ausgebaut werden".
Das kombinierte Unternehmen wird 2019 mit mehr als 1.200 Mitarbeitern voraussichtlich einen annualisierten Umsatz von über €200 Mio. erwirtschaften. Vorwerk adressiert durch die Akquisition den mit der Energiewende verbundenen Milliarden schweren Investitionsbedarf in die deutschen Gas- und Stromnetze. Da ein erheblicher Teil der Windkraft Offshore vor den deutschen Küsten erzeugt wird, muss dieser nach Süden in die industriellen Zentren im Ruhrgebiet, Baden-Württemberg und Bayern transportiert werden. Hierzu sind neue Energietrassen nötig, die zumeist in der Erde verlegt werden sollen, sowie Energiespeicher. Bei der Übernahme stehen nicht zuvorderst Synergieffekte und Kosteneinsparpotenziale im Vordergrund, sondern vor allem die sich ergänzenden Technologien der beiden fast gleichgroßen Unternehmen.
Konsequenzen für den MBB-Konzern
Zusammen mit Vorwerk/Bohlen & Doyen erwirtschaftet MBB nun mit etwa 3.500 Mitarbeitern auf annualisierter Basis einen Konzernumsatz von über €660 Mio. Wenn Aumann 2020 einen Umsatz von vielleicht €225 Mio. Euro erzielt, entfallen hiervon bei 38% Anteil rund 85 Mio. auf MBB. Die 60%, die man am kombinierten Vorwerk-Konzern hält, machen bei deren Umsatz von €200 Mio. für MBB nun €120 Mio. aus.MBB (Quelle: wallstreet-online.de) |
Die Folge hieraus ist, dass sich MBB nun auch wieder ganz neue Handlungsspielräume bieten, auch hinsichtlich Aumann. Sowohl Add-on-Zukäufe für oder durch Aumann als auch ein Aufstocken der Aumann-Position bis hin zur Schwelle von 50% sind nun wieder realistische Optionen für MBB. Mit mehr als €150 Mio. Cash genug ist jedenfalls nach den beiden Übernahmen vorhanden und auch Überlegungen, dieses sinnvoll einzusetzen; MBB äußerte sich entsprechend, dass man weiterhin über eine erhebliche Nettoliquidität verfüge und unverändert plane, auch durch Unternehmenskäufe zu wachsen.
Meine Einschätzung
Der Wind könnte sich nun für MBB gedreht haben und das nicht nur, weil man künftig einen Schwerpunkt im Bereich der Energiewende hat. Die Anzeichen mehren sich, dass der Automobilsektor und die Zulieferer die Talsohle erreicht haben und die kräftige Marktbereinigung den Überlebenden wieder neue und bessere Chancen für die Zukunft bietet. Aumann wird einer der Profiteure dieser Entwicklung sein und MBB damit indirekt auch. Dabei ist klar, dass die Erholung des Sektors nicht über Nacht erfolgen kann und wird und dass die Strecke noch einige Schlaglöcher aufweist. Was allerdings auch Chancen für diejenigen bietet, die über Cash verfügen, sich den einen oder anderen strauchelnden Wettbewerber einzuverleiben, wenn er denn eine sinnvolle Ergänzung zum eigenen Angebotsspektrum darstellt.Darüber hinaus besteht das MBB-Portfolio ja noch aus weiteren interessanten Unternehmen, wobei Delignit gerade einen interessanten Serienauftrag erhalten hat und für einen namhaften europäischen Automobilhersteller Systemböden für ein neues Elektro-Nutzfahrzeug fertigen wird. Die IT-Tochter DTS stark und erfolgreich wächst - bezogen auf den MBB-Konzern sind beide allerdings vergleichsweise kleine (Glanz-) Lichter. OBO Werke, CT Formpolster und Hanke Tissue spielen auch eine untergeordnete Rolle und haben die konjunkturelle Abkühlung zu spüren bekommen. Für MBB spielt die Musik allerdings bei Aumann - und künftig noch stärker bei Vorwerk.
MBB dürfte von einer konjunkturellen Erholung und vor allem einem Ende des Abschwungs im Automotivesektor deutlich profitieren. Und man verfügt über reichlich Cash, das für weitere Zukäufe eingesetzt werden kann, mit denen die Basis für die nächste Erfolgswelle von MBB gelegt wird. Daher stufe ich MBB aus gleich mehreren Gründen (wieder) als aussichtsreich ein.
Disclaimer
Delignit und MBB befindeen sich auf meiner Beobachtungsliste und in meinem Depot.
Ich kann mir sogar Vorstellen, dass der Zukauf von Bohlen & Doyen bereits vor der Vorwerk Aquisition geplant wurde. Diverse Berichte (dass SPIE schon lange einen Käufer für B&D suchte und ggf. deutlich Personal gekürzt hätte, sowie Aussagen von Nesemeier, dass man sich ständig mit diversen Angeboten beschäftigt) passen dazu. Die Strukturierung von MBB ist ja exakt so, dass alle Unternehmen ohne das Management des Mutterkonzerns weiterfunktionieren. Ich denke, dass Nesemeier und Freimuth MBB langfristig als eigene, passive Vermögensverwaltung planen, die kein aktives Management in der aktuellen Form benötigt. Alle Tochterunternehmen haben ein unabhängiges, eigenes Management dass zuforderst nicht vergütet, sondern beteiligt ist und die eigene Hauptmotivation auch langfristig als Inhaber sieht. Insofern ist diese Doppelaquisition für mich Ausdruck der extrem guten Führung durch Nesemeier und Freimuth. Eventuell stand zuforderst der Wunsch nach dem Gang in den Infrastrukturbereich und mit B&D ein interessanter Kandidat ohne beteiligtes Management, dass für MBB ein Ausschlusskriterium ist. Da wird weitergesucht und mit Vorwerk ein passender Kandidat gefunden; es wird akzeptiert, dass man lieber die 60% an Vorwerk + B&D hält aber dafür ein Management mit im Boot hat. Bei der Vorwerk aquise könnte fast einzig das Management im Fokus gewesen sein. Das zeigt für mich die extreme Kompetenz und Weitsichtigkeit von Nesemeier. Interessant wäre, ob bei Vorwerk noch eine Kapitalerhöhung stattgefunden hat um den B&D Deal zu finanzieren oder ob Vorwerk ausschließlich Eigenmittel und eigene Finanzierungen dazu nutzt. Letzteres dürfte bedeuten, dass MBB doch etwas mehr für Vorwerk gezahlt hat oder dass der Deal noch besser und Chancenreicher gewesen ist, als ohnehin bekannt. Selten sieht man ein so ruhig und intelligent agierendes Management wie bei MBB.
AntwortenLöschenDanke für den interessanten Beitrag und deine Einschätzung zu MBB!
AntwortenLöschenEs geht ein wenig auf und ab aber trotzdem bleibt MBB solide und darum denke ich auch, dass MBB wieder als aussichtsreich eingestuft werden sollte.