Dem Kurs sieht man die Nachrichtenflut momentan nicht wirklich an, der muss dem starken Anstieg seit Jahresanfang Tribut zollen und natürlich dem US-China-Handelskrieg und den schwächelnden Konjunkturdaten rund um den Globus. Aber Aktienkurs und Unternehmensentwicklung gehen nicht immer Hand in Hand, sondern können sich auch eine ganze Weile entgegengesetzt entwickeln. Was entweder Chance oder Risiken birgt für Anleger...
Die Ohs
Kommen wir zunächst zum Negativen. Da findet sich die große Beteiligung an Uber, die im Vision Funds 1 liegt. Der Fahrdienstvermittler kam etwas holprig an die Börse mit einem IPO-Kurs, der unter den (zu) hohen Erwartungen des Marktes lag. Und dann verpatze man den Start und notierte von Anfang an deutlich unter dem Ausgabekurs. Nachdem jüngst der Quartalsbericht vorgelegt wurde mit einem - einmalig - hohen Quartalsverlust von $5,2 Mrd. wurde der Kurs auf $33 durchgereicht. Einerseits sinkt damit der Wert der Softbank-Beteiligung, denn die Softbank Group hält ja selbst 25% der Anteile am Vision Funds 1, und auf der anderen Seite steigen die Befürchtungen des Marktes, dass die weiteren anstehenden IPOs aufgrund der zuletzt gemachten Erfahrungen eher verhalten aufgenommen werden. Und hier steht mit WeWork (einer Tochter der The We Company) eine weitere Softbank-Beteiligung in den Startlöchern, die bei der letzten Finanzierungsrunde mit satten $47 Mrd. bewertet worden war. Und wie bei Uber ist auch bei WeWork derzeit nicht absehbar, wann und ob überhaupt das Unternehmen schwarze Zahlen schreiben wird.
Des Weiteren sorgen die zunehmenden Konjunktureintrübungen operativ natürlich auch bei Softbank-Töchtern für Moll-Stimmung und das ins Negative gedrehte Börsenklima grundsätzlich für eine pessimistischere Stimmung gegenüber Beteiligungsgesellschaften.
Die Ahs
Es gibt aber auch positive Nachrichten. Zunächst ist da natürlich die Zinsfront; die Notenbanken senken unisono die Zinsen und stehen bereit, Eine Rezession zu verhindern oder zumindest abzufedern durch stimulatorische Eingriffe. Was immer auch die Börsenkurse antreibt, während verzinste alternative Anlageformen gleichzeitig unattraktiver macht. Und noch mehr Geld in Aktien (und Immobilien) treibt.Darüber hinaus hat Softbank gerade erst mindestens $108 Mrd. für seinen zweiten Vision Funds eingeworben und da der Vision Funds 2 nun auf der Käuferseite steht, kommen ihm moderatere Preise bei Startup-Investments natürlich gelegen.
Softbank Group (Quelle: wallstreet-online.de) |
Eine interessante Entwicklung gibt es bei den Online-Autoportalen. Der aktivistische Investor Paul Singer treibt mit seinem Hedge Fonds Elliott Management einerseits Ebay vor sich her, damit die ihre Ebay Classifies Group (ECG) abspalten, zu der neben Ebay Kleinanzeigen auch mobile.de gehört, Deutschlands führendem Autovermittlungsportal. Daneben sitzt Singer auch Scout24 im Nacken, die ImmobilienScoaut24 und AutoScout24 betreiben, und er möchte, dass die AutoScout24 zum Verkauf stellen. Neben dem Axel Springer Verlag hat auch Auto1 wird Interesse nachgesagt. Auto1 ist die Muttergesellschaft von wirkaufendeinauto.de und die Softbank Group ist mit 20% an Auto1 beteiligt.
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Abschließend wurde die Meldung publik, die Softbank Group plane, bis zu $20 Mrd. eigenes Geld für ihre Mitarbeiter als Darlehen zur Verfügung zu stellen, damit diese sich am neuen Vision Funds 2 beteiligen könnten. Auch Softbank-Gründer und -CEO Masayoshi Son ist bereit, selbst die Hälfte der Summe in Anspruch zu nehmen, die mit 5% pro Jahr verzinst werden soll. Dieser Kniff hat aus zweierlei Gründen Charme: erstens würde so die Bindung der Mitarbeiter an Softbank erhöht, das Volumen den Vision Funds würde um weitere $20 Mrd. steigen und da die Softbank Group sich deutlich günstiger als zu 5% refinanziert, würde sie sogar noch einen annähernd risikolosen Zinsgewinn einstreichen. Finde ich klasse! Und das Gegenargument, die Softbank Group sei eh schon so stark verschuldet, greift auch nicht wirklich. Denn mehr als ein Drittel der Schulden geht auf Sprint zurück, die US-Telekom-Tochter, die zwar ein eigenständiges Unternehmen ist, aber die von der Softbank Group in ihrer Bilanz voll konsolidiert wird. Sprints Schulden tauchen daher in der Bilanz der Softbank Group auf. Und spätestens, wenn die Fusion von T-Mobile US und Sprint vollzogen ist, wobei die Deutsche Telekom die Mehrheit halten wird, verschwinden die Sprint-Schulden auf wundersame Weise aus der Softbank Group-Bilanz. Der Effekt wird etwa ein Drittel der Nettoverschuldung ausmachen, die um knapp 4,4 Billionen Yen auf dann 10,2 Billionen Yen sinken wird.
(M)ein Schlussgedanke
Momentan bewertet die Börse die Softbank Group wie ein Telekomunternehmen, nicht wie ein wachstumsstarkes Beteiligungsunternehmen. Daher wird die gesamte Softbank Group niedriger bewertet, als alleine ihr 26%-Anteil an Alibaba ausmacht. Alles andere gibt es kostenlos oben drauf.»Geduld ist die oberste Tugend des Investors.«
(Benjamin Graham)
Ich bin davon überzeugt, dass der Markt irgendwann seine Fehleinschätzung korrigiert und die "neue" Softbank Group höher bewertet und ihren Aktien deutlich höhere Bewertungsmultiplen zubilligt. Vielleicht wird das durch die Sprint-Fusion und die Entkonsolidierung aus der Softbank Group-Bilanz erfolgen, vielleicht auch schon früher oder aber auch später. Aus meiner Sicht ist die Softbank Group jedenfalls deutlich unterbewertet und ich habe meinen Aktienbestand zuletzt weiter ausgebaut. Wohl wissend, dass es viel Geduld brauchen könnte, bis der Markt mir zustimmt. Doch Geduld ist ja mit der wichtigste Faktor beim erfolgreichen Investieren.
Disclaimer
Die Softbank Group befindet sich auf meiner Beobachtungsliste und in meinem Depot.
Ergänzung vom 19.08.2019, 22:55 Uhr
Alibaba hat heute bekannt gegeben, dass der Großaktionär "Altbaba" (ehemals Yahoo!) den Verkauf seines großen Aktienpakets mittlerweile fast vollständig abgeschlossen hat und von den ursprünglich 283 Mio. Anteilen nur noch 22 Mio. zu veräußern sind. Diese starke Verkaufsdruck hatte zusätzlich zum allgemeinen Marktschwäche auf dem Kurs gelastet und dürfte bald wegfallen.Darüber hinaus startet Alibaba ein 6 Milliarden Dollar umfassendes Aktienrückkaufprogramm. Die Rückkäufe sollen innerhalb der nächsten zwei Jahre erfolgen und die Aktien eingezogen werden; hierdurch verringert sich die Anzahl der ausstehenden Aktien und der Gewinn je Aktie steigt. Und natürlich steigt auch der Anteil der Softbank Group von jetzt 26% an, wenn es insgesamt weniger Aktien von Alibaba gibt.
Hallo Michael,
AntwortenLöschenbesten Dank erstmal für die wirklich detaillierten und dennoch gut lesbaren Artikel! Eine Frage drängt sich mir allerdings auf: Wie schaffst du es, so oft Aktien zu kaufen bzw. nachzukaufen? Hast du so einen hohen Cash-Flow, schichtest du um, oder baust du gerade deine liquiden Mittel ab?
Danke und viele Grüße :-)
Liquide Mittel, also eine hohe Cash-Quote, habe ich seit längerer Zeit nicht mehr. Cash bekomme ich durch Dividenden, allerdings im überschaubaren Rahmen, da ich ja nicht primär auf einen Dividenden-Cashflow setze. Und durch (Teil-) Verkäufe von Aktienpositionen. Ich habe vor etwa einem Jahr angefangen, mein Depot wieder stärker zu fokussieren und baue kleinere Positionen ab, wenn sie meine Erwartungen nicht mehr erfüllen. Und mit dem freien Geld stocke ich ggf. bestehende Positionen auf oder gehe ganz neue ein. Des Weiteren habe ich ja schon vor längerer Zeit mal erklärt, dass ich auch innerhalb meiner Ankerinvestments einen kleinen Teil der Gesamtposition "aktiver manage"; ohne eine Position infrage zu stellen, gewichte ich sie manchmal stärker, z.B. bei einem aus meiner Sicht übertriebenen Kurseinbruch, oder ich reduziere sie etwas, wenn mir der Kurs etwas zu heiß gelaufen scheint. Dann habe ich Cash, das ich ggf. auch für andere Positionen einsetze, wenn sie zu dem Zeitpunkt ein deutlich besseres Chance-Risiko-Verhältnis aufweisen.
Löschenalles klar, danke! Diese Umschichtungen würden mich ja grundsätzlich auch interessieren, aber dann wären wir wahrscheinlich recht nahe an dem von dir ungeliebten Musterportfolio (gegen das ich allerdings nichts einzuwenden hätte)...
AntwortenLöschenEigentlich wollte ich gar nicht mehr über meine Depotumschichtungen oder -veränderungen berichten, abgesehen von meinen vierteljährlichen Investor Updates. Weil dann irgendwie immer nur über den Kauf oder Verkauf diskutiert wird und ob das noch genug Langfriststyle und/oder Buy & Hold ist und eben nicht über das Unternehmen und die Gründe für meine Einschätzung. Aber irgendwie gelingt es mir nicht immer, mich genügend zu disziplinieren, um diesen Aspekt auch konsequent wegzulassen...
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