Hieraus abzuleiten, dass nun der große Börsenabschwung unmittelbar bevorsteht, könnte aber überzogen sein. Larry Fink, Chef des weltgrößten Vermögensverwalters BlackRock, sieht jedenfalls umgekehrte Anzeichen, wenn auch aus anderen Gründen. Fink argumentiert nicht so sehr mit den Unternehmenszahlen, sondern mit Liquidität. Nach seiner Auffassung stehen die Börsen vor einem "Melt-up", also einem Vulkan artigen Ausbruch. Denn, so Fink, der bisherige Anstieg der Börsenkurse im laufenden Jahr sei an vielen Großinvestoren vorbei gegangen, die weiterhin auf hohen Cash-Quoten säßen und dank der wieder sinkenden Zinsen keine attraktiven Investitionsmöglichkeiten fänden für ihr Geld. Dieser Liquiditätsberg würde in absehbarer Zeit zurück in Aktien fließen, die als einzige Anlageform attraktive Renditen verspreche. Und dieser liquiditätsgetriebene Schub wird die Aktienkurse massiv nach oben treiben.
Diese Ansicht hat vieles für sich. Andererseits muss jedem klar sein nach fast zehn Jahren Börsenaufschwung, dass dieser massive Push dann auch das Finale der derzeitigen Hausse sein
Börsentheater, 1. Akt: Die Politik
Beim Brexit ist erstmal die Luft raus und es rückt die Europawahl ins Blickfeld. Geradezu schizophren ist dabei natürlich, dass jetzt die Briten auch an der Europawahl teilnehmen müssen, obwohl sie ja aus der EU ausgetreten sind bzw. sein wollten, bzw. bald sein werden. Oder so ähnlich.
"The Don" war etwas in der Defensive, weil der Mueller-Bericht nun (weitgehend) veröffentlicht wurde. Und wie nicht anders zu erwarten, findet sich jeder in seiner Meinung bestärkt. "Donaldissimo" sieht sich vollständig rehabilitiert, während Demokraten seinen Rücktritt oder gar ein Amtsenthebungsverfahren fordern. Wird beides wohl kaum passieren, "The Don" wird nicht aus dem Amt scheiden, jedenfalls nicht vor dem Ende seiner Amtszeit.
Alles in allem eine weitere recht ruhige politische Woche. Nicht das Schlechteste für die Börse...
Börsentheater, 2. Akt: Die Unternehmen
Es gab in der letzten Woche wieder einige bemerkenswerte Entwicklungen bei Unternehmen, die ich auf meiner Beobachtungsliste habe.
DIC Asset
DIC Asset steht ein Geldregen von brutto 376 Mio. Euro ins Haus aus dem Verkauf der TLG-Anteile. Vorstandschefin Sonja Wärntges hat sich nun zu Wort gemeldet, und verraten, was sie mit dem Geld anzufangen gedenkt. Und dabei klar gestellt, dass sie keine Sonderausschüttung plant, wie seinerzeit nach dem WCM-Deal, als es 0,20 Euro oben drauf gab auf die Dividenden. Vielmehr solle das Geld in das Portfolio von DIC Asset und das Fondsgeschäft investiert werden. Aktuell entfallen zwei Drittel der DIC-Investments auf den Ausbau des eigenen Bestands und ein Drittel auf das Fondsgeschäft. Das geplante Ankaufsvolumen für 2019 beziffert Wärntges auf rund 500 Mio. Euro.Aktienrückkäufe präferiert sie nicht; DIC Asset wolle lieber das Volumen steigern, um noch besser von Größenvorteile profitieren zu können. Und nach diesen Aussagen schrumpft auch meine Hoffnung/Erwartung, dass DIC Asset das Geld - zumindest teilweise - in eine weitere "schlau eingefädelte" Übernahme eines Wettbewerbers stecken könnte. Wird aus der DIC Asset also doch kein "Corporate Raider", wie ich es vor einiger Zeit spitz formuliert hatte? Abwarten. Denn der Ankauf eines Portfolios kann ja sowohl durch Direktinvestments in Liegenschaften erfolgen oder durch Übernahme von Projekt- und/oder Objektgesellschaften. Und wer sagt denn, dass diese nicht börsennotiert sein können/dürfen?
Technotrans
Keine guten Nachrichten hatte Technotrans parat. Nachdem bereits 2018 nicht wirklich mehr rund lief, hatte ich Mitte Februar einsehen müssen, dass mein Investmentcase nicht mehr so richtig zieht und dem entsprechend meine Position nach etwas mehr als zwei Jahren mit rund 39% Gewinn glattgestellt. Nun hat Technotrans Zahlen zum ersten Quartal vorgelegt und die machen keinen guten Eindruck. Während der Umsatz nur geringfügig unter den Planwerten liegt, gab es beim EBIT und dem entsprechend bei der Marge einen deutlichen Einbruch. Woraus dieser resultiert, wurde nicht mitgeteilt. Vermutlich ist aber nicht der eher verhaltene Bereich Drucktechnik, sondern es dürfte wohl an der Schwäche des Automobilsektors liegen, wo Technotrans ja als Zulieferer (bisher) recht erfolgreich unterwegs ist. Dieser Sektor steht weiterhin stark unter Druck und daher dürfte sich auch keine schnelle Besserung abzeichnen. Technotrans selbst teilte mit, man prüfe derzeit, ob der schlechte Jahresstart Auswirkungen auf die Jahresprognose haben wird. Das erinnert mich stark an Surteco, wo ähnliche Formulierungen gewählt wurden, die man als versteckte Gewinnwarnung verstehen konnte. Und musste. Ich will jetzt nicht die Pferde scheu machen, aber sollte Technotrans wirklich seine ohnehin verhaltenen Prognosen eindampfen müssen, dürfte die aktuelle Bewertung kaum zu halten sein. Mit entsprechend negativen Auswirkungen auf den Kurs. Keine schönen Aussichten...Angst und Gier & Ups and Downs
Der Fear & Greed Index von CNN Money hat vergangene Woche nur leicht nachgegeben und ging mit 70 Zählern ins Osterwochenende . Die Stimmung signalisiert weiterhin "entspannte Gier".
Mein "operativer Net Worth" ist hat sich über die Woche nicht verändert und steht weiterhin bei 23% (YTD). Damit hat er nicht nur die Verluste aus dem vierten Quartal 2018 vollständig ausgeglichen, sondern auch seinen bisherigen Höchststand aus dem Herbst letzten Jahres übertroffen. Des Weiteren liegt die bisherige 2019er Performance in absoluten Zahlen über dem Gewinn, den ich in meinem Rekordjahr 2017 eingestrichen habe. Damit bin ich mehr als zufrieden und das wäre als Ergebnis am Jahresende eine herausragende Rendite. Fühlt sich an wie ein vorgezogenes Ostergeschenk; andererseits habe ich gelesen, dass der April der statistisch beste Börsenmonat ist (nach dem Juli). Also lass ich es mal einfach laufen und freue mich einfach nur, dass mein "stoisches Aussitzen" während des jüngsten Börsencrashs (so schnell) belohnt wurde.
Auf gut Börsengeschäfte. Es bleibt spannend...
Disclaimer
DIC Asset und Microsoft befinden sich auf meiner Beobachtungsliste und in meinem Depot.
Moin Moin,
AntwortenLöschenwo du hier geschrieben hast "Geld vom Tisch nehmen: Steigst du komplett aus dem Aktiengeschäft aus, sobald sich ein Crash andeutet? Also verkaufst alle deine Aktien?
Hätte dich gar nicht so eingeschätzt - oder hab ich dich falsch "gelesen"?
Gruß
Das kann ich Dir heute nicht sagen. Ich spreche von einer bestimmten Situation, die ich schon zweimal miterlebt habe und ob diese eintrifft, muss sich erst noch herausstellen. Und wenn bzw. falls es soweit ist, werde ich entscheiden.
LöschenWiderspräche das nicht gänzlich dem Value-Ansatz? Der Wert der Unternehmen ändert sich ja durch einen Crash nicht, sondern nur deren Kurs. D.h. in einem solchen Fall solle man doch eher nachkaufen als versuchen, im Vorhinein zu versuchen den Markt zu timen.
Löschenja exakt @ ebenfalls anonym, das hatte mich verwirrt. Ich bin ohne Panikverkäufe durch 2018 gegangen und bin jetzt auch sehr froh darüber, da der Markt in 2019 so schnell wieder angezogen hat. Das hätte (ich zumindest) gar nicht timen können.
LöschenVor einigen Wochen hat Michael noch zitiert: "Time in the market beats Timing the market". Ich hätte Michael jetzt eher der "Aussitzen"-Fraktion zugeordnet.
Aber jeder Crash ist natürlich anders, und bestimmte Situationen erfordern bestimmte Herangehensweisen. Bin gespannt, ob der seit Jahren herbeigeredete Crash denn nun dieses Jahr endlich kommt, und wie Michael dann reagiert.
Wie ordnest du eigentlich das, was in 2018 passiert ist terminologisch ein, Michael? War das kein Crash? Was ich so gesehen habe, haben viele Werte und auch die Indizes ja zumindest einmal kräftig gehustet...
Das ist ja eher eine akademische Diskussion hier, denn ich habe eine Situation beschrieben, die vielleicht eintreten kann. Und dass ich noch nicht genau weiß, wie ich mich dann verhalten werde. Ein Grundgedanke des Value Investings ist Kapitalerhalt. Wenn man also zu der Überzeugung kommt, dass "der Markt" völlig überkauft ist und es zu einem massiven Einbruch kommen wird, weil (fast) alle Aktien deutlich über ihren fairen Werten notieren, dann sollte man entsprechend handeln. Wie Warren Buffett auch schon mal. Der hat seine Partnerships aufgelöst, als er über einen längeren Zeitraum hinweg keine kaufenswerten Aktien mehr gefunden hat. Das ist zwar Jahrzehnte her, und heute würde er anders agieren. Was aber an zwei Faktoren liegen dürfte: er besitzt heute Unternehmen vollständig und nicht mehr nur kleinere Anteile an ihnen wie damals. Und er hat ein Investitionsvolumen im dreistelligen Milliardenbereich; Buffett kann also gar nicht einfach mal so Aktien verkaufen, wenn und wann er will, sondern er muss immer auch die Auswirkungen seines Handelns berücksichtigen, weil er den Markt deutlich beeinflussen könnte und würde.
LöschenAlso, lasst uns abwarten, ob es zu einer Dienstmädchenhausse kommt und die Kurse komplett irrational werden. Dann werde ich schon sagen, wie ich mich dann entschieden habe. Verkauf, Absicherung (über Puts) oder Aussitzen.
P.S.: Für mich war 2018 ein Crash. Denn die "Korrektur" lag deutlich über 15% und sie ging über mehrere Wochen. Dass sich die Kurse im Anschluss so schnell wieder erholt haben und nicht erstmal monatelang oder gar jahrelang am Boden lagen, ändert nichts dran. Die wesentlichen Charakteristika eines Crashs, Fallhöhe und Muster, sind/waren vorhanden. Und die emotionale Belastung aller Beteiligten auch...
Ich bin gespannt, ob ich den nächsten Crash kommen sehe...denn ab wann ist denn eine Aktie oder "der Markt" überkauft?
AntwortenLöschenAktuell sehe ich das genau so wenig wie 2018. Nur eine Minderheit der Deutschen ist überhaupt in Aktien investiert, und das 25-fache KGV ist das höchste der Gefühle, was mein Depot anzubieten hat.
Heftige Überbewertungen sehe ich nur bei Techriesen und Cannabis-Anbauern, und die Tech-Bewertungen kann man noch halbwegs argumentieren.
Dass der Markt aufgrund von Marihuana-Aktien zugrunde geht, halte ich für unwahrscheinlich...da müsste jetzt also tatsächlich noch der ein oder andere die Kurse hochtreiben, bevor ich das Wort "überkauft" in den Mund nehmen würde.
"Aktuell" sehe ich auch keine Gefahr für einen "großen Crash"; ich habe ja im Artikel (und unter "Dienstmädchenhausse" beschrieben, was da zusammenkommen muss. Und dieses Szenario herrscht aktuell (und auch Ende 2018) definitiv nicht vor.
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