Finanzinvestoren haben einen schlechten Ruf. Den haben sie sich auch redlich verdient, allerdings ist das rund 30 Jahre her. Allen voran ist hier der US-Gigant Kohlberg Kravis Roberts & Co. zu nennen, der Ende der 1980er Jahre mit der feindlichen Übernahme des Tabak- und Nahrungsmittelkonzerns RJR Nabisco Schlagzeilen machte und es in dem Buch "Barbarians At The Gate - The Fall Of RJR Nabisco" zu unrühmlicher Berühmtheit brachte. Es war die Blütezeit der fremdfinanzierten Übernahmen (Leveraged Buyouts, LBOs) und dank der Junkbond-Maschinerie von Michael Milken von Drexel Burnham war kein Konzern mehr sicher vor einer Übernahme. Auf einmal konnten die Kleinen ganz einfach die Großen schlucken! Es war die Zeit schier unerschöpflichen Geldes, nur dass Junkbonds ("Ramschanleihen" oder freundlicher: Hochzinsanleihen) zweistellige Renditen abwarfen und die "Corporate Raiders" die enormen Schulden schnellstmöglich dem übernommenen Unternehmen aufbürdeten, das diese dann aus seinem Cashflow abbezahlen musste. Was unweigerlich zu Massenentlassungen und zum Filetieren des Übernahmeopfers führte. Michael Douglas verkörpert in seiner Rolle Gordon Gekko in Oliver Stones Epos "Wall Street" jenen Typ des gewissenlosen Corporate Raiders, der auch dank Insiderinformationen unermessliche Reichtümer anhäufte.
Der ausufernde Insiderhandel erschütterte Ende der 1980er Jahre die Wall Street und führte zu spektakulären Verhaftungen und hunderten Millionen Dollar an Strafzahlungen. So gut wie jede führende Wall Street-Adresse war mehr oder weniger involviert: Goldman Sachs, Lehman Brothers, Bear Stearns, Morgan Stanley, Drexel Burnham, Bankers Trust, Salomon Brothers, Ivan Boesky, Michael Milken (Lesetipp hierzu: "Club der Diebe" von James B. Stewart). KKR allerdings nicht. Und vermutlich ist es der vielen negativen Publicity mindestens ebenso sehr zu verdanken wie der verschärften Gesetzgebung, dass sich KKR von der anfänglich allesfressenden Raubkatze zum weitgehend stubenreinen Salontiger gewandelt hat. Wenngleich man dem Schnurren nicht zu sehr trauen sollte, denn seine Krallen hat KKR noch immer, auch wenn man diese nicht mehr so häufig einsetzt. Denn es geht ums Business, um Rendite. Und dabei ist KKR heute erfolgreicher als jemals zuvor, so dass ein Blick auf das Unternehmen lohnen dürfte. Auch und wegen des gerade erreichten Allzeithochs...
Ende 2014 habe ich erstmals in US-Finanzinvestoren investiert und sie hier im Blog vorgestellt ("Finanzinvestoren: Heuschrecken als Value-Investment?"). KKR & Co. sowie Blackstone Group habe ich eine zeitlang begleitet, bis mir das deutsche Finanzamt dermaßen auf die Cojones gegangen ist mit seiner Unfähigkeit in Bezug auf die Rechtsform Limited Partnership (L.P.) und die korrekte Behandlung von Dividendenausschüttungen, dass ich bei den beiden notgedrungen die Reißleine gezogen habe. Tja, seit Anfang Juni firmiert KKR als Corp. und damit wurde das Unternehmen für mich wieder investierbar. Allerdings ist die geänderte Rechtsform für sich allein genommen ja kein Grund, sich an einem Unternehmen zu beteiligen. Dafür habe ich durchaus andere, handfeste Gründe.
Gestern Private Equity, heute Asset Management
KKR war als klassische Private Equity-Firma gestartet. Man hatte ein bisschen eigenes Geld und warb externes Geld von Investoren ein: Versicherungen, Pensionsfonds, Family Businesses. Mit diesem Eigenkapital ausgerüstet nahm man zusätzlich Fremdkapital auf und ging auf die Jagd.
2010 war ein einschneidendes Jahr für KKR, denn man wagte den Sprung aufs Börsenparkett. Das Eigenkapital kommt seitdem von den Aktionären - Private Equity ist also kein treffender Begriff mehr. Mit der Zeit hat KKR sein Geschäftsmodell ausgeweitet und investiert nicht mehr Kredit gehebelt direkt, sondern legt geschlossene Investmentfonds auf, bei denen man einen gewissen Anteil selbst einlegt und das restliche Geld bei Investoren einsammelt. Das Grundkonzept hat sich also nicht wesentlich verändert, man hat es quasi weiter entwickelt. KKR verdient heute als Investor in seinen eigenen Fonds anteilig mit, ansonsten als Verwalter der Fonds an den Provisions- und Gebühren. Wem diese Struktur bekannt vorkommt, erinnert sich richtig: auch bei deutschen Asset Managern, wie der Deutschen Beteiligung, Corestate Capital oder Patrizia Immobilien habe ich dieses Geschäftsmodell schon besprochen und finde es nach wie vor interessant. Und lukrativ ist es auch noch. Denn längst fokussiert sich KKR nicht mehr nur auf Unternehmensübernahmen, sondern investiert auch in Rohstoffe, Infrastruktur oder Immobilien.
Zahlen zum zweiten Quartal
Und KKR hat sich die letzten Jahre erfolgreich geschlagen; Ende Juni verwaltete man $191,3 Mrd. ($176,4 Mrd. US-Dollar per 31. März 2018). Diese Assets under Management (AuM) sind die Grundlage für das Provisionsaufkommen und je höher die AuM desto höher fallen tendenziell auch die Provisionen für KKR aus.
Der Gewinn je Aktie (EPS) lag bei $0,49 ggü. $0,29 in Q1/2018 und $0,34 in Q2/2017 und deutlich über den Erwartungen des Marktes. Der Anstieg wurde u.a. durch höhere Managementgebühren, höhere realisierte Beteiligungen aus Private-Equity-Investitionen und höhere Erfolgsvergütungen in Bezug auf die von KKR gemanagten Business Development Companies (BDCs) erzielt. Hierzu später mehr...
Die Management-Provisionen betrugen in Q2/2018 $261,5 Mio. (Q1/2018 251,6 Mio. / $229,6 Mio. Q2/2017), das insgesamt realisierte Performance-Einkommen betrug $359,7 Mio. ($219,0 Mio. in Q1/2018 / $267,3 Mio. in Q2/2017) und das insgesamt realisierte Kapitaleinkommen belief sich auf $168,7 Mio. ($80,5 Mio. in Q1/2018 / $75,0 Mio. Q2/2017).
Diese Zahlen sind beeindruckend und im Gegensatz zu früher hängt KKR nicht mehr ganz so zyklisch an der Börsenentwicklung, sondern die Provisionen aus den Fonds und der gestiegene Anteil an Immobilieninvestments haben den Einnahmestrom verstetigt. Dem entsprechend hatte KKR schon vor zwei Jahren seine damals von Quartal zu Quartal stark schwankenden Dividendenausschüttungen geglättet und schüttet heute konstante $0,17 je Aktie aus. Der nächste Ex-Dividendentermin steht übrigens am Freitag an (03.08.).
Zuletzt noch der Buchwert je Aktie, der zum Ende des zweiten Quartals bei $15,59 lag und damit fast genau 10% über dem Wert vom Jahresende 2017 ($14,20).
KKR ist inzwischen der größte BDC-Manager
Wie zuvor schon kurz angesprochen, hat sich KKR erheblich im BDC-Business ausgebreitet. Der Anstieg der AuM kam auch durch den Abschluss des FS Investments-Deals zustande, bei der KKR und FS Investments ein Joint Venture eingegangen sind und mit FS/KKR Advisor, LLC künftig sechs BDCs managen: FS Investment Corporation, FS Investment Corporation II, FS Investment Corporation III, FS Investment Corporation IV, Corporate Capital Trust, Inc. und Corporate Capital Trust II. Damit ist KKR der größte aller BDC-Manager und es ist durchaus möglich, dass weitere BDC-Übernahmen folgen.
Interessante Beteiligungen/Deals
In Deutschland ist KKR bekannt durch Investments in ATU, WMF oder KION. Vor einigen Jahren ist man im Bereich gewerblicher Immobilienprojektierungen mit der DIC-Gruppe ein Joint-Venture eingegangen unter dem Namen German Estate Group. KKR hält 25% an der GEG und dem einen oder anderen kommt der Name geläufig vor, da die treibende Kraft dahinter, Prof. Dr. Gerhard Schmid, über die TTL Beteiligung und Grundbesitz AG sukzessive die übrigen GEG-Anteile unter seine Kontrolle bringt.
KKR & Co. Corp. (Quelle: wallstreet-online.de) |
Aufgrund der Größe von KKR und seinem weltweiten Agieren kann man fast täglich von neuen Investments oder Beteiligungsverkäufen lesen. Besonders interessant dürfte aktuell der Börsengang von SONOS sein, die KKR schon seit Jahren im Portfolio hat. SONOS ist ein Anbieter für qualitativ hochwertige netzwerkgesteuerte Soundsysteme und ich habe selbst einige SONOS-Boxen bei mir in Betrieb. In Produkttest schneiden sie regelmäßig besser ab als die Produkte von Apple oder anderen Anbietern. Der Börsengang kommt vermutlich zum genau richtigen Zeitpunkt, denn SONOS sieht sich einer neue Herausforderung gegenüber: den Sprachassistenten von Amazon (Alexa/Echo) und Google. Diese könnten SONOS das Wasser abgraben, doch SONOS hält mit einer offenen Architektur dagegen und so kann man über das SONOS-System auch mit Alexa kommunizieren. Um das System konsequent weiter zu entwickeln, will SONOS nun $300 Mio. an frischem Kapital aufnehmen und KKR auch einen Teil seiner Beteiligung versilbern, indem man 60% seiner Aktien abgibt.
First Data kriegt(e) die Kurve
Der Zahlungsdienstleister First Data (FDC) ist (noch) keine Erfolgsgeschichte für KKR, aber zumindest hat er KKR nicht das Genick gebrochen. Und das hätte durchaus passieren können. Denn KKR hatte FDC 2007 übernommen und in der größten Übernahme der Firmengeschichte atemberaubende $29,8 Mrd. - und das quasi am Vorabend der Finanzkrise. Letztlich hat KKR First Data durch alle Unbillen gelotst, mehrfach refinanziert und ohne Insolvenz und Totalverlust seinen Kopf aus der Schlinge gezogen. Im Oktober 2015 stolperte First Data dann halbwegs erfolgreich an die Börse und zwar wieder kurz vor einem (kleineren) Wirtschaftskollaps. Denn Unmittelbar darauf brach der Ölpreis ein und ihm folgend die Aktienmärkte. Man könnte also sagen, First Datas KKR-Episode begann und endete im Börsentumult.
Naja, beendet ist die Episode noch nicht, denn obwohl KKR zwischenzeitlich einige weitere Aktien verkauft hat, hält man doch noch rund 50% der Anteile an FDC. Dabei ist First Data keine kleine Nummer, sondern bringt inzwischen rund $11 Mrd. auf Börsenwaage. Was auch an dem starken Kursanstieg seit Ende Mai liegt, der den Kurs von $15 auf über $23 hoch katapultierte. Das wiederum liegt an den exzellenten Zahlen, die FDC vermelden konnte, und an der Erhöhung der Jahresprognosen. First Data könnte also doch noch zum Hidden Champion im KKR-Porfolio werden, wie ich bereits im Dezember 2015 augurt hatte. Und damit natürlich voll daneben lag, da der partielle Börsencrash Anfang 2016 auch meiner Prognose in die Quere kam. Aber das ist eine andere Geschichte...
Fit for the Future
Dass First Data in KKRs Portfolio landete und dann keine Vollkatastrophe wurde, hat KKR übrigens Scott Nuttall zu verdanken. Nuttall war 1996 von KKR-Wettbewerber Blackstone Group gekommen und war der Verantwortliche für die FDC-Übernahme. Und die sich anschließenden diversen Um- und Neufinanzierungen während und nach der Finanzkrise. Er hat dies bravurös gemeistert - so gut, dass er letztes Jahr von den beiden KKR-Co-Gründern und Cousins Henry Kravis und George Roberts offiziell zum Co-COO ernannt wurde, gemeinsam mit Joseph "Joe" Bae, der ebenfalls seit 1996 bei KKR an Bord ist. Die beiden haben das Tagesgeschäft übernommen und sind die neuen Gesichter von KKR. Die frühzeitig bekanntgegebene Staffelübergabe soll einen reibungslosen Übergang garantieren, sollten sich die beiden inzwischen über 70-jährigen Kravis und Roberts eines Tages aus dem Geschäft zurückziehen. Henry Kravis' Vision für KKR ist übrigens, dass KKR seine Gründer überlebt und eine ganz normale Finanzinstitution wird, wie es auch Goldman Sachs ist/wurde. Keine ganz kleinen Fußstapfen also...
Die Börse hat den fließenden personellen Übergang jedenfalls nicht krumm genommen und die Aktie hat kürzlich bei fast $28 ein neues Allzeithoch erreicht, nachdem die alten Höchstkurse aus 2014 (auf Dollarbasis) bzw. 2015 (in Euro) überwunden werden konnten. Da sich auch die AuM und die Gewinne auf Rekordniveau bewegen, die Zinsen weiterhin Kurs treibend niedrig und die Aussichten für die Finanzinvestoren weiterhin prächtig sind (was an Assets heute verkauft wird, befindet sich durchschnittlich seit sieben Jahren im KKR-Bestand), kann diese Kursentwicklung nicht wirklich überraschen.
Meine Einschätzung
KKR & Co. ist inzwischen ein etablierter global agierender Finanzinvestor, dessen Investments breit diversifiziert sind über Branchen und Kontinente hinweg. Das Modell der Asset Manager hat es mir ja ohnehin angetan und nach dem mich der Wechsel der Rechtsform von der L.P. hin zur Corp. nicht mehr vom Investieren abhält, bin ich bei KKR seit einiger Zeit wieder an Bord.
Ein zusätzliches Schmankerl stellt für mich die Tatsache dar, dass KKR inzwischen Manager von sechs BDCs ist; in meinem separat geführten Dividendendepot setze ich ja auf eine ganze Reihe dieser US-Mittelstandsfinanzierer aufgrund der hohen und oft zweistelligen Dividendenrenditen und der attraktiven Aussichten dank des steigenden Zinsniveaus. Und nun verdiene ich auch auf der anderen Seite mit, bei den Managementgebühren. Das gefällt mir doppelt gut...
Disclaimer
KKR & Co., DIC Asset und TTL Beteiligung befinden sich auf meiner Beobachtungsliste und in meinem Depot.
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