Das ist besonders für jene Börsengurus schmerzhaft, die vor einiger Zeit auf die Shortseite gewechselt sind und nicht müde wurden, das Unternehmen schlecht zu reden. Sie dürften Milliarden versenkt haben und viele Anleger, die ihrem Ratschlag gefolgt sind und die Aktien in den letzten Wochen aus dem Depot geworfen hatten, dürften nun den steigenden Kursen hinterher trauern. Aber was genau macht die Zahlen von Amazon so besonders?
Nun, Amazon ist ein Unternehmen mit einer Börsenkapitalisierung von 650 Mrd. Dollar. Und es macht im Q1/18 einen Umsatz von 51 Mrd. Dollar. Es ist also kein kleines Unternehmen, bei denen man starke Wachstumsraten erwarten kann, sondern es ist ein Gigant, ein Koloss. Und doch haute Amazon ein Umsatzwachstum von 43% raus. Und das ist kein einmaliges Ereignis, solche Wachstumsraten kann Amazon schon seit vielen Jahren vorweisen - und ein Ende ist nicht abzusehen.
Aber auch beim Gewinn konnte Amazon die Erwartungen übertreffen. Denn einer der größten Kritikpunkte ist bisher immer gewesen, dass Amazon zwar seinen Umsatz und seinen Cashflow stetig stark steigern könne, aber das ganze Geld wieder ins Business reinvestiere, so dass unterm Strich keine gewinne hängen blieben. Tja, Amazon reinvestiert weiter Milliarden in neue Geschäftsfelder und in den Ausbau seiner Logistik. Allerdings konnte man dennoch einen Milliardengewinn präsentieren. So verdiente Amazon im Q1/18 1,6 Mrd. Dollar und damit mehr als doppelt so viel wie vor einem Jahr. Und es ist das erste Mal in der Firmengeschichte, dass in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen ein Milliardenplus heraus kam. Denn in Q4/17 hatte Amazon bereits 1,9 Mrd. Gewinn eingefahren, auch dank des megastarken Weihnachtsgeschäfts.
Als größter Wachstums- und Gewinntreiber präsentierte sich einmal mehr die Cloudsparte AWS. In diesem sehr profitablen Geschäftsfeld steig der Umsatz um 49% auf 5,4 Mrd. Dollar und der operative Gewinn stieg auf 1,4 Mrd. Dollar (Vorjahr: 890 Mio. Dollar). Amazon-Chef Jeff Bezos meinte, AWS habe "den ungewöhnlichen Vorteil eines siebenjährigen Vorsprungs" gegenüber der Konkurrenz.
Im Handelsgeschäft verbuchte Amazon in Nordamerika ein operatives Ergebnis von 1,15 Mrd. Dollar bei einem Umsatz von 30,7 Mrd. Dollar. Verluste von 622 Mio. Dollar fuhr man allerdings weiter im internationalen Geschäft ein, weil Amazon stark in umkämpften Märkten wie Asien investiert. Hier trifft man auf agile Platzhirsche wie Alibaba, die im/mit Onlinehandel große geworden sind, und nicht nur auf stationäre Einzelhändler, die eher wie gelähmte Häschen agieren, wenn Amazon in ihren Markt vordringt und diesen disruptiert.
Amazon (Quelle: wallstreet-online.de) |
Freude macht den Anlegern wohl auch, dass Amazon zunehmend die gewinne im Blick hat. So hat man angekündigt, für US-Neukunden das Prima-Angebot teurer zu machen. Der Preis soll um 20 Dollar auf 119 Dollar pro Jahr steigen. Damit einher geht allerdings eine kostenfreie Lieferung und vielfältige Streamingangebote. Für Deutschland ändert sich der Prima-Preis nicht und kostenlose Lieferungen sind hier ohnehin bereits enthalten.
Und Prime ist der zweite Gewinnmotor von Amazon, denn Primekunden machen bei/auf Amazon durchschnittlich dreimal so viel Umsatz wie normale Kunden. Auch deshalb freute sich Jeff Bezos so, als er kürzlich das Durchbrechen der magischen Zahl von 100 Millionen Primekunden verkünden konnte.
Meine Einschätzung
Amazon hat alle Kritiker und Pessimisten Lügen gestraft. Der Onlinegigant wächst weiter mit beeindruckenden hohen zweistelligen Raten und auch die Gewinne legen stark zu. Das ist neu. Die Zahlen bei Prime sind fantastisch und lassen auch weiterhin hohe Zuwachsraten bei Umsatz und Gewinn für Amazon erwarten. Darüber hinaus läuft die Sparte AWS weiter wir verrückt und kein Mitbewerber kann Amazon hier auch nur ansatzweise das Wasser reichen.
Amazon expandiert in weitere Geschäftsfelder und das zumeist schnell und erfolgreich. Die Übernahme von Whole Foods macht sich bereits heute positiv bemerkbar, weil Amazon die Läden nicht zum Verkauf von frischen Lebensmitteln nutzt, sondern auch als Logistikstandorte. Amazon gelingt es, den Onlinehandel mit dem stationären Handel zu verbinden - was den meisten stationären Konkurrenten anders herum nicht gelingt. Und auch im Bereich der Zustellung geht Amazon neue Wege und arbeitet daran, diese künftig immer häufiger selbst zu übernehmen. Es ist absehbar, dass Amazon später dann auch externe Kunden beliefern wollen wird, um seine Logistik besser auszulasten. Und dass man UPS, FedEX und hierzulande DHL erhebliche Probleme bereiten wird.
Für mich bleibt Amazon der Top-Pick im Online-Segment. Und im Logistiksegment (Deutsche Post, FedEx, UPS usw. würde ich nicht (mehr) kaufen als Investment für mittlere und lange Sicht). Amazon bleibt auch im Bereich Cloudcomputing die erste Wahl und, um es kurz zu machen, so ziemlich in jedem Bereich, in dem es ernsthaft Ambitionen hat. Also beim Onlineautoverkauf, beim Online-Medikamentenhandel, beim Online-Mode-Verkauf oder auch beim Online-Lebensmittelverkauf. Gerade den letzten Bereich hat in Deutschland niemand auf der Uhr, weil er noch ein kleines Segment im deutschen Lebensmittelmarkt ist. Aber Amazon fresh hat bei Online-Lebensmittel-Lieferungen bereits heute einen Marktanteil von mehr als 25% und das, wo das Angebot erst in wenigen Städten verfügbar ist. Und nun drängt man mit Macht in diesen Bereich und wird hier den Markt erobern, bevor die Konkurrenz überhaupt mitbekommt, dass es einen solchen Markt überhaupt gibt. Das werden die erst realisieren, wenn ihnen die stationären Umsätze immer stärker und immer schneller wegbrechen. Und da der Einkauf von Lebensmitteln kein "Erlebnis" ist, wird hier auch kein Kunde diesem hinterher trauern, wenn er sich erst einmal an das Onlineordern herangewagt hat. Das nächste voraussehbare Armageddon.
»Deine Marge ist meine Chance.«
(Jeff Bezos)
Trotz der häufig vorgebrachten Kritik, ich dürfe als Value Investor nicht in einen extrem hoch bewerteten Wachstumswert wie Amazon investieren, habe ich Amazon schon länger auf meiner Empfehlungsliste und in meinem Depot. Denn Amazon versteht es, immer neue Branchen zu erschließen und dort innerhalb kürzester Zeit zu einem maßgeblichen Wettbewerber oder gar zum Platzhirsch zu werden. "Deine Marge ist meine Chance" ist das Credo von Jeff Bezos.
»Den größten Investmenterfolg erzielt, wer durch Glück oder gesunden Menschenverstand gelegentlich ein Unternehmen findet, das seinen Umsatz und seinen Gewinn über die Jahre weit besser steigern kann als die Industrie als Ganzes. Des Weiteren zeigt sich, dass wir, wenn wir glauben, ein solches Unternehmen gefunden zu haben, besser über einen langen Zeitraum investiert bleiben sollten.«
(Philip A. Fisher)
Value Investing ist aus meiner Sicht mehr, als nur auf ein niedriges KGV zu schielen. Amazon ist eine wachstumsstarke Burggraben-Aktie, es ist ein Quality Investment, ein klassisches Philip Fisher-Investment, ein Unternehmen, das seinen Wert immer weiter steigert. Und daher bin ich als Value Investor in Amazon investiert.
Das war mal wieder ein hervorragendes Quartal von Amazon. Und ein guter Bericht von dir! Vielen Dank dafür!!! Sollten wir uns jemals begegnen geht das Bier/ der Wein auf mich.
AntwortenLöschenAuch eine Amazon kann ein Valueinvestment sein, wie jedes andere Unternehmen der Welt auch. Wenn nach Berechnung ein fairer Wert herauskommt zu dem man mit Abschlag kaufen kann.
Gerade die Bewertung von Wachstumsunternehmen jedoch ist das schwierigste Feld im Valueinvesting überhaupt, da kleine Änderungen extreme Auswirkungen haben können.
Da sind z.B. Net-Nets deutlich einfacher zu berechnen (nicht mit finden zu verwechseln).
Leute die das nicht verstehen sehen oftmals nur eine Seite von Valueinvesting - den Graham Ansatz: Extrem billig (nach KGV, KBV, etc.) kaufen und auf die Normalisierung der Bewertung warten. Dieser Ansatz funktioniert. Nachteil ist eben, dass man oft auch Schrott kauft, der aus berechtigten Gründen so billig ist.
Man muss jedoch verstehen, das Valueinvesting viel mehr ist als der Graham Ansatz.
Wetten würde Ich gegen Besoz auch nicht, ist meiner Meinung einer der Besten Unternehmensführer aller Zeiten.
Zum Umsatz: Was du schreibst ist alles richtig, aber es steht leider nicht drin, dass Amazon ohne den WholeFoods Kauf "nur" 24% gewachsen ist. 43% waren dann doch zum Teil einmalig. 24% ist immer noch beeindruckend von der Basis aus, die sie bereits hatten. Man sollte aber nicht meinen, dass sie dieses Jahr mit ca. 40% wachsen (sofern sie nicht noch weitere Übernahmen tätigen).
Gruße
Valueer
Der Zukauf von Whole Foods hat den Umsatz natürlich über die Maßen gepusht, stimmt. Um so beeindruckender das Gewinnwachstum, denn Whole Foods selbst hatte zuvor als eigenständiges Unternehmen ja mit Problemen zu kämpfen...
LöschenBenjamin Graham hat sich nicht nur über billige Unternehmen Gedanken gemacht, sondern eine Formel zur Bewertung von Wachstumsunternehmen entwickelt. Wir haben Amazon nach der Grahamsformel bewertet. Link: http://www.koenigsinvestor.de/2018/05/graham-hat-aus-dem-crash-gelernt-Risiko-minimiert.html?m=0 Laut dem Resultat ist die Luft nach oben dünn und ein Kapitalverlust kann langfristig drohen.
AntwortenLöschenIch halte die Graham-Formal für Amazon nicht für anwendbar.
LöschenDu schreibst selbst: "Graham weist auf die konservative Orientierung seiner Formel hin, denn wenn ein Unternehmen mit Wachstumsraten von über 8 % im Jahr diese unendlich weit in die Zukunft fortschreiben kann, wäre der Unternehmenswert auch unendlich hoch. Ein Unternehmen kann seine hohen Wachstumsraten in der Regel nur eine bestimmte Zeit fortschreiben, weil im Markt irgendwann eine Art Sättigung eintritt oder die Konkurrenz von dem attraktiven Markt angezogen wird. Sollte es doch zu dem Fall kommen, das sich die Wachstumsraten realisieren, könnte der Investor auf einen ansehnlichen zusätzlichen Gewinn zugreifen."
Wäre Amazon nur ein Online-Buchhändler geblieben, wäre das etwas anders. Dann wäre Amazon auf einen Markt beschränkt und hätte diesen komplett umgekrempelt - andere hätten das Modell einfach kopiert und am Ende wäre der Markt nur anders verteilt gewesen: Onlinebuchhändler hätten sich den Markt geteilt, während stationäre Buchläden immer mehr verdrängt würden.
Aber Amazon ist anders. Amazon wächst so dynamisch, weil es sein Businessmodell auf immer mehr Branchen ausweitet, wo es immer wieder auf's Neue auf verkruste, etablierte Strukturen trifft, in die es einschlägt wie eine Bombe. Gleichzeitig versteht es Amazon, im Hintergrund das Rückgrat zu schaffen für enorme Synergieeffekte - Amazon macht so sein Geschäft ein Stück weit skalierbar. Durch seine eigene Logistik und Lagerverwaltung sowie durch den Clouddienst AWS. Beides ist nicht nur für Amazon und die eigenen Produkte da, sondern wird auch extern angeboten - wodurch man sich stetige Einnahmen sichert, die wiederum in den Ausbau dieser Infrastruktur fließen.
Es geht Amazon nicht darum, einen Markt zu beherrschen und dann dort den maximalen Profit herauszuholen (aus einem Quasimonopol). Amazon will alle Märkte beherrschen und immer effizienter werden. Eine Formel, die dieses Geschäftsmodell anhand der Gewinne bzw. Gewinnerwartungen zu erfassen sucht, kann hier nur scheitern. Und deshalb kann ein Bewertungsversuch auf dieser Basis auch kein sinnvolles Ergebnis ergeben.
Ja, ich bin ganz deiner Meinung, dass dieses Ergebnis nicht immer sinnvoll ist. Es hilft mir aber enorm, um mich zu erden und einen Kapitalverlust zu vermeiden. Gerade bei Wachstumsunternehmen kommen irgendwann Hürden,die nicht immer offensichtlich sind. Zum Beispiel: Regulatorische Eingriffe, neue Technologien und Konkurrenten, sehr teure Übernahmen nur zum Beibehalten der Marktstellung, Gewinnverwässerung durch stark steigende Mitarbeitervergütungen insbesondere Aktienoptionen usw.
AntwortenLöschenIch denke, die Graham'sche Wachstumsformel ist auf normale Unternehmen anwendbar, die durch eine neue Idee, ein neues Produkt etc. einen Wettbewerbsvorteil haben und dadurch vorübergehend schneller wachsen. Wie Walmart als Erfinder des Warenhauses. Wie Gilette als Erfinder des Einwegrasierers. Aber Graham konnte die schnelle Innovationskraft der High-Techunternehmen nicht kennen und deshalb auch nicht in seine Formel/Überlegungen einbeziehen. Benjamin Graham starb 1976 - in dem Jahr wurde Apple gegründet und Microsoft gibt es seit 1975. Die Innovationszyklen sind viel kürzer als früher, die Umsätze dank des globalen Handels viel höher und dank des Internets gibt es theoretisch einen globalen Absatzmarkt sogar für ein Kleinstunternehmen mit dem Firmensitz auf Omas Sofa. Und, wie gesagt, Amazon überträgt seine "disruptive Gewalt" in einen Markt nach dem anderen und (auch) deshalb endet sein Wachstumszyklus nicht mit der Eroberung und Dominanz eines Marktes. Diese Dominanz legt vielmehr den Grundstein für den Eintritt in den nächsten Markt.
LöschenLieber Michael, ich bin mega im Stress. Kannst du mir nicht die Arbeit abnehmen und den Michael Kissig Premium Fonds aufsetzen?
LöschenDer hätte sicher einige Abnehmer, da wäre ich auch dabei...
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