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Donnerstag, 4. Januar 2018

Turnaround-Spekulation: Bausch Health, Lloyd Fonds, Marenave vor Wiederauferstehung?

Turnaround-Spekulationen üben auf Anleger eine ganz besondere Magie aus, obwohl sie nur selten erfolgreich sind. Der Reiz liegt darin, Aktien eines Unternehmens zu ausgebombten Kursen zu kaufen, die früher in ganz anderen Spähren zuhause waren. Was so stark abgestürzt ist, muss ja eine Riesenchance darstellen, der Kurs muss sich ja wieder erholen, so lautet eine gängige Ansicht. Und die ist falsch!

Der Kurs muss sich nicht wieder erholen, denn es gibt zumeist sehr gute Gründe, weshalb Aktienkurse abstürzen. Und nicht selten folgt auf den Kursabsturz die Pleite und damit der Totalverlust des investierten Geldes. Anleger tun also gut daran, sich an Turnaround-Versuche nur unter größter Vorsicht und Sorgfalt heranzuwagen. Denn er kommt darauf an, auch eine "Turnaround-Spekulation als Value Investment" anzugehen. Nur so kann es funktionieren, will man sich nicht auf den Zufall verlassen.

Ich habe mich in drei ausführlichen Artikel bereits diesem Thema gewidmet. Anfang 2013 ("Turnaround: Profitieren, wenn gefallene Engel wiederauferstehen"), Anfang 2016 ("Turnaround-Spekulation: Wenn Totgesagte länger leben") und Ende 2016 noch einmal ("Deutsche Forfait, SBF AG, United Electronic Technology: Turnarounds seldom turn. But if..."). Die in den Artikeln vorgestellten Werte haben die Hoffnungen nicht alle erfüllt, doch zumindest ist kein Totalausfall darunter.

Neben diesen vier Artikeln habe ich ab und zu auch Einzelwerte in Turnaround-Situationen hier im Blog besprochen und bisweilen auf meine Empfehlungsliste gesetzt. Und darum geht es auch heute, um drei Unternehmen, deren Business total abgestürzt ist und ihr Aktienkurs ebenso. Bei denen aber die Hoffnung besteht, dass sie die Kurve kriegen und den latenten Krisenmodus wieder verlassen können und wieder zu stinknormalen Unternehmen mit funktionierendem Geschäftsmodell werden. Also werfen wir einen Blick auf die drei Turnaround-Kandidaten, auf neue Hoffnungsträger und alte Bekannte...


Lloyd Fonds
Die Hamburger Lloyd Fonds AG, einen seit über 20 Jahren auf sachwertbasierte Investitionen und Kapitalanlagen spezialisierter Investment- und Asset-Manager, hatte ich etwas mehr als ein Jahr als Turnaround-Spekulation auf meiner Empfehlungsliste. Nachdem die Geschäfte gut anliefen und das Unternehmen 2016 mehrfach die eigenen Prognosen nach oben schrauben musste, patze man dann vor einigen Monaten mit einer saftigen Gewinnwarnung. Anstelle eines Nettoergebnisses auf Vorjahreshöhe bei rund 3,2 Mio. Euro wurden für 2017 nun nur noch 2 Mio. Euro erwartet. Begründet wurde dies mit Projektverschiebungen und Problemen in den einzelnen Sparten. Dabei waren dies längst bekannt und deshalb führte die verspätete Information des Kapitalmarkts zu einem massiven Vertrauensverlust in das Management. Was für mich der Anlass war, meine Aktien umgehend glattzustellen und den Wert von meiner Empfehlungsliste zu streichen. Nach etwas mehr als einem Jahr verblieb so ein Gewinn von rund 70%.

 Lloyd Fonds (Quelle: wallstreet-online.de
In der Zwischenzeit hat der Kurs weiter zweistellig nachgegeben und nun bin ich wieder eingestiegen. Nicht wegen des niedrigeren Aktienkurses, sondern weil sich Entscheidendes geändert hat bei Lloyd Fonds. Denn CEO Dr. Torsten Teichert hat das Unternehmen verlassen. Zwar war sein Vertrag erst im Sommer verlängert worden, aber es gab zuletzt große Uneinigkeit über die Entwicklung des Unternehmens, so dass sein Vertrag aufgelöst wurde. Und das nach 18 Jahren Unternehmenszugehörigkeit und großer Verdienste. Neuer CEO ist nun Klaus M. Pinter. Und das sind gute Nachrichten! Denn das verspielte Vertrauen der Anleger geht auf den alten CEO zurück. Er stand wie kein zweiter in der Öffentlichkeit und war zum Problem geworden. Auch, weil zuletzt unter seiner Führung mehrere Projekte nicht mehr vorankamen, was letztlich zu der Umsatz- und Gewinnwarnung führte.

Nun steht Lloyd Fonds vor dem - erneuten - Neuanfang. Naja, man steht nicht ganz am Anfang, denn auch wenn die Gewinnprognosen massiv verfehlt wurden, läuft es ja auf einen Nettogewinn von 2 Mio. Euro hinaus, man ist also weit entfernt von Verlusten. Und nachdem der Hoffnungsträger Sozialer Wohnungsbau so gar nicht ins Laufen kam, hat man sich von der KGaA-Struktur verabschiedet und sich für eine klassische Fondslösung entschieden. Die Zulassung läuft und man ist bereits in die Vermarktung gestartet bzw. präsentiert das Konzept auf Investorenveranstaltungen.

Und das führt mich zu der Einschätzung, dass mein ursprünglicher Investmentcase für diese Turnaround-Spekulation grundsätzlich noch/wieder intakt ist. Auch und gerade wegen des Wechsels an der Unternehmensspitze, denn ausgestiegen war ich ja nicht wegen der Gewinnwarnung selbst, sondern vor allem wegen des verspielten Vertrauens seitens des Managements. Nachdem der Aktienkurs weiter abgesunken ist seit meinem Exit, ergibt sich auf dem ermäßigten Niveau knapp über 2 Euro wieder ein interessantes Chance-Risiko-Verhältnis bei diesem marktengen Asset Manager.

Und auch eine zusätzliche Portion Übernahmephantasie, denn die Branche ist nach wie vor sehr fragmentiert und in letzter zeit häufen sich hier Fusionen und Übernahmen. Lloyd Fonds dürfte hierbei eher zu den Zielen zählen und vielleicht sogar im Visier der direkten, ebenfalls in Hamburg sitzenden, Mitbewerber Ernst Russ und MPC Capital. Man sieht sich, man kennt sich und man kommt sich ins Gehege. Manchmal. Sowohl im Bereich der Immobilien als auch in der Schifffahrtssparte.


Marenave
Vor einem Jahr rätselte ich, was sich der Hamburger Asset Manager Ernst Russ beim Einstieg bei Marenave denkt. Und ganz klar ist es bis heute nicht. Doch getan hat sich seitdem eine Menge bei Marenave. Ernst Russ hat sich auf der letzten Hauptversammlung durchgesetzt und das Sanierungskonzept von DEVK und Offen-Gruppe erfolgreich torpediert. Erst hatte Ernst Russ seinen Marenave-Anteil auf knapp unter 30% aufgestockt und dann die Mehrheit auf der Hauptversammlung hinter sich gebracht. Im Anschluss wurde der Aufsichtsrat komplett neu besetzt, die Offen-Gruppe hat sich zurückgezogen und die DEVK hatte klein beigegeben. Und der neue Aufsichtsrat hat, kaum besetzt und beschlussfähig, den CEO gefeuert und den Vorstand neu besetzt.

Nun ist für den 29. Januar zur Hauptversammlung geladen, wo der Jahresabschluss 2016 verabschiedet werden soll und wo Ernst Russ sein Konzept für Marenave präsentieren will. Doch auf einmal haben sich die Spielregeln (wieder) verändert, denn Sturm liegt in der Luft. Und Ernst Russ wird sich an Goethes Faust erinnern, der lamentierte: "Die Geister, die ich rief, ich werd' sie nicht mehr los"... Denn vor einem Jahr war Ernst Russ selbst als böser Geist in die heilende Marenave-Welt gefahren und hat die bisherigen Hauptakteure voll gegen die Wand fahren lassen. Ernst Russ wollte seinen Einfluss nicht verlieren und die möglicherweise vorhandenen steuerlichen Assets, sowie den Cahsbestand von etwas unter 2,5 Mio. Euro im ansonsten leeren Börsenmantel der Marenave für eigene Zwecke nutzen. Und es sah so aus, als würde Ernst Russ bei Marenave nun durchregieren können. Doch damit ist es seit gestern vorbei. Denn nachdem zunächst die Meldung hoch poppte, dass sich die DEVK von ihrem Anteil getrennt habe, wurde schnell klar, dass nicht etwa Ernst Russ diese Anteile angedient worden waren, sondern dass sich einer der bisherigen Bauern in diesem Spiel als schlagkräftiger Turm entpuppte: Wilhelm K.T. Zours und seine Deutsche Balaton AG haben ihren bis dato kleinen Anteil von 4,71% auf nun 21,34% aufgestockt.

Nun könnte man meinen, Ernst Russ und die Deutsche Balaton hätten ja zusammen eine satte Mehrheit und würden sich schnell einig werden bei Marenave, doch so läuft das nicht. Zours ist nicht auf einen Kompromiss aus, sondern er nimmt bewusst den unternehmerischen Wettstreit auf. Er kauft sich gerne in Sondersituationen ein, um einen großen und gerne auch schnellen Profit zu machen Und er wurde seinem Ruf auch gleich gerecht, denn er schleuderte Ernst Russ zur Begrüßung erst einmal den Fehdehandschuh mitten ins Gesicht: in Form eines Ergänzungsverlangens zur Tagesordnung der Hauptversammlung, das es ganz schön in sich hat!

Denn die Deutsche Balaton stellt sich klar gegen Ernst Russ und ihre (vermeintlichen) Pläne. So will man den Firmennamen ändern in "MARNA Beteiligungen AG" und begründet dies damit, das Unternehmen habe in der jüngeren Vergangenheit eine Restrukturierung durchlaufen, während der sämtliche Beteiligungen des Unternehmens, die sich auf Schiffe bzw. die Schifffahrt beziehen, veräußert worden seien. Deshalb habe das Unternehmen aktuell nichts mehr mit Schiffen oder Schiffsbeteiligungen zu tun und eine Beibehaltung der bisherigen Firma wäre somit irreführend. Die vorgeschlagene neue Firmierung verdeutliche den veränderten Charakter des Unternehmens.

Bis hierhin hat sich der Puls der Ernst Russ-Verantwortlichen vermutlich nur unwesentlich erhöht, aber das nächste Ansinnen dürfte denn für einen gehörigen Adrenalinschub gesorgt haben: die Deutsche Balaton will den Gegenstand des Unternehmens ändern. Dieser solle künftig der Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von Beteiligungen an Kapital- und Personengesellschaften sein. Die Gesellschaft würde berechtigt, ihr eigenes Vermögen zu verwalten und Tochtergesellschaften sowie Zweigniederlassungen im In- und Ausland zu errichten. Begründet wird dies damit, dass der bisherige Geschäftsverlauf ausschließlich zu Verlusten geführt hat. Nachdem das Konzerneigenkapital sich Ende 2008 noch auf rund 156 Mio. Euro belaufen habe, hätte es sich per Ende 2016 auf rund minus 32 Mio. Euro verringert, also um über 185 Mio. Euro. Die Beibehaltung des bisherigen, zu sehr auf Schiffe und Schiffsbeteiligungen ausgerichteten Unternehmensgegenstandes würde die Gesellschaft in ihrer zukünftigen Entwicklung unangemessen einengen. Und jetzt kommt der Nierenhaken: "Außer der der Schifffahrt verhafteten Ernst Russ AG ist wohl auch kaum ein Aktionär noch daran interessiert, dass die Gesellschaft weiteres Geld in die Schifffahrt investiert. Der von uns vorgeschlagene neue Unternehmensgegenstand ist dagegen weiter gefasst".

Die Deutsche Balaton begibt sich also frontal auf Konfrontationskurs zu Ernst Russ und will deren Bestrebungen, die Marenave-Hülle für weitere Schiffsdeals nutzen zu können, stoppen. Klatsch! Statt dessen will man lieber eine Beteiligungsgesellschaft aufziehen, die in alle möglichen Assets investieren könnte, wie Immobilien(-firmen), Unternehmen(-sbeteiligungen). Oder aber auch Schiffe. Wobei kaum Zweifel daran bestehen dürften, dass Schiffe unerwünscht wären. Und folgerichtig möchte man auch gleich die Kosten senken und die verbliebenen schiffsaffinen Mitarbeiter loswerden und die Vergütung des - von Ernst Russ dominierten - Aufsichtsrats zusammenstreichen. Klatsch!

Ernst Russ hat jetzt ein Problem. Mit etwas mehr als 21% kann die Deutsche Balaton nichts bewirken, jedenfalls nicht in der Theorie. In der Praxis hingegen sind auf einer Hauptversammlung kaum jemals alle Stimmrechte vertreten, so dass schon weit weniger als 50% ausreichen, um Beschlüsse zu fassen - oder ggf. Vorhaben anderer zu blockieren. Ernst Russ hatte es ja mit seinen eigenen knapp 30% zuletzt selbst vorgemacht. Und wir können davon ausgehen, dass sich weitere Aktionäre hinter die Pläne der Deutschen Balaton stellen, so dass Ernst Russ die Hände gebunden sind/sein werden. Zumindest was elementare Veränderungen angehen, für die eine einfache Mehrheit nicht ausreicht, wie zum Beispiel die Änderung des Gesellschaftszwecks.

Es läuft also darauf hinaus, dass sich Ernst Russ und die Deutsche Balaton hier gegenseitig blockieren können und dass sie ohne die Zustimmung des jeweils anderen ihre Pläne für/mit Marenave nicht umsetzen können werden. Für die Deutsche Balaton ist so ein zermürbender Stellungskrieg kein ungewohntes Terrain, sondern gehört quasi zum normalen Geschäftsgebaren. Entweder man setzt sich durch, oder man lässt sich seinen Abschied teuer bezahlen. Das lebt auch Paul Singer vor, Gründer und CEO des Hedgefonds Elliott Management, der Argentinien in die Knie zwang, bei Stada mitmischt und nun bei Uniper für Unruhe sorgt und sich seine Aktienpakete am Ende zu horrenden Preisen abkaufen lässt. Und die werden bezahlt, weil er sich stets in die Lage bringt, die Pläne der anderen blockieren oder zumindest erheblich verzögern zu können.

 Marenave (Quelle: wallstreet-online.de
Für Spekulanten kann diese Gemengelage mit zwei starken Platzhirschen durchaus interessant sein - und zwar mittels eines Einstiegs in Marenave. Beide Seiten haben einen signifikanten Anteil am Unternehmen und somit einiges Geld im Feuer. Entweder man einigt sich auf eine für beide akzeptable Lösung, was Marenave zu einer gesicherten Zukunft mit zwei starken Ankeraktionären verhelfen würde. Oder nach heftigem Hin und Her kauft einer der beiden den anderen aus - mit einem deutlichen Aufschlag auf sein Aktienpaket. Was für die übrigen Marenave-Aktionäre wohl ebenfalls lukrativ sein dürfte. Entweder durch ein dann umgehendes Abfindungsangebot oder aber auf längere Sicht durch Kurssteigerungen, weil der verbliebene Großaktionär erst möglichst viele Anteile in die Hand bekommen will, bevor er den Börsenmantel mit Leben und Werten füllt.

Um es ganz klar zu sagen: eine Bewertung der Marenave-Aktie ist nur bedingt möglich. Dem Geschäftsbericht 2016 zufolge, dürften es zum Jahresende 2017 etwa 2 bis 2,5 Mio. Euro sein. Zusätzlich ist der Mantel mit seiner Börsennotierung selbst etwas wert Wer sich auf diese Spekulation einlässt, setzt auf eine Übernahmeschlacht zwischen Ernst Russ und der Deutschen Balaton und auf eine schöne Abfindung als lachender Dritter. Marenave ist extrem markteng und hat kein operatives Geschäft mehr. Es entstehen also nur (mit rund 800.000 Euro nicht unerhebliche) Kosten, die nicht durch Einnahmen gedeckt werden, und die somit die Barmittel anknabbern.

Ich habe mir eine kleine Position zu 1,97 Euro ins Depot gelegt und bin mir völlig bewusst, dass dies zum Totalverlust führen kann. Oder im Idealfall zu einer Vervielfachung des Einsatzes, wenn Marenave denn wieder auf die Beine kommen und wieder ein florierendes operatives Geschäft betreiben sollte. Bis dahin dürften aber einige Jahre vergehen und viel Geduld nötig sein. Und Nerven...

Ernst Russ selbst habe ich ebenfalls im Depot und der erfolgreiche Turnaround dürfte auch 2018 weiter voranschreiten. Marenave ist nur ein kleiner Huppel, die Musik spielt für Ernst Russ (noch) ganz woanders: bei den Non Performing Loans/Schiffskrediten sowie im Immobilienbereich. Daher ist Ernst Russ auch einer meiner Jahresfavoriten für 2018.


Valeant Pharmaceuticals Bausch Health
Eines der meist gehassten Unternehmen der Welt, neben Monsanto, dürfte immer noch BHC Valeant sein. Das kanadische Pharmaunternehmen hatte sich seinen zweifelhaften Ruf dadurch gemacht, dass es für sehr teures Geld Pharmaunternehmen und/oder Wirkstoffe kaufte und im Anschluss die preise massiv verteuerte. So hat man jahrelang über eine massive Ausweitung der Verschuldung den Hebeleffekt genutzt, bis... alles kollabierte. Es folgte das Absturz von 200 Dollar bis in der Spitze unterhalb von 10 Dollar. Doch ich hielt den Pessimismus für übertrieben und habe mich Anfang letzten Jahres gefragt, ob Bausch Health vom Ikarus zum Phönix werden könne. Mein Investmentcase ist und war recht einfach: BHC Valeant würde nur durch Abbau seiner massiven Verschuldung eine Überlebenschance haben, auch wenn dadurch zunächst Umsätze und Gewinne mit flöten gehen würden. Und man kann sagen, dass sich in den letzten 12 Monaten viel verändert hat...

Zunächst gab es einen Wechsel an der Spitze und mit Joseph Papa wurde ein Hoffnungsträger eingekauft. Dieser machte, was er tun sollte: er räumte auf. Und zwar rigoros. Es wurden eine ganze Reihe von Beteiligungen und/der Wirkstoffen verkauft und damit die Verschuldung gesenkt. So ist festzustellen, dass BHC Valeant keinerlei Rückzahlungsverpflichtungen mehr hat vor dem Jahr 2020. Das Ziel, bis 2018 gut 5 Mrd. Dollar an Schulden abzubauen, hat Papa deutlich übertroffen. Und von den restlichen Schulden hat man rund 80% mit festen Zinskonditionen vereinbart, so dass auch bei anstehenden Zinsanstiegen hier kein zusätzliches Ungemach droht.

Und auch operativ kommt man langsam wieder aus dem Quark. Nach einigen Rückschlägen bei neuen Wirkstoffen, konnte BHC Valeant zuletzt punkten und bekam die Zulassung für gleich mehrere Präparate. Das stärkt den Cashflow und auch ggf. die Chancen, diese Wirkstoffe oder die ihn herstellenden Tochterfirmen zu veräußern. Neu ist an der Situation, dass BHC Valeant hier keinen Zeitdruck mehr hat, eine unmittelbare Insolvenz droht nicht (mehr). Und damit besteht auch ein viel geringerer Preisdruck, wenn BHC Valeant sich von weiteren Assets trennen will. Das ist insofern nicht ganz unwichtig, als dass insbesondere im Generikabereich alle Anbieter unter starkem Preisverfall und Margendruck leiden und daher auch Konkurrenten, wie Teva, Sparten und Töchter verkaufen müssen, um ihrem Verschuldungsproblem Herr zu werden.

Des Weiteren schafft sich BHC Valeant rechtliche Probleme vom Hals, in dem man gerichtliche Streitigkeiten beilegt. Das kostet zwar Geld, aber man spart auf der anderen Seite Ressourcen, die man nicht mehr in die juristischen Auseinandersetzungen stecken muss. Dafür hat man wieder mehr zeit, sich um das operative Geschäft zu kümmern. Und das ist auch bitter nötig, denn BHCs Valeants bisheriges Geschäftsmodell ist tot! Mausetot! Daher formt Joseph Papa aus BHC Valeant ein traditionelles Pharmaunternehmen - doch der Weg ist noch weit und es lauern noch viele weitere Stolpersteine.

 Valeant Pharmaceuticals (Quelle: wallstreet-online.de
In Summe bleibt mir festzustellen, dass sich mein Investmentcase bisher bestätigt. Auch wenn der Aktienkurs nach meinem Einstieg zunächst um knapp 40% nachgab, befindet er sich doch zuletzt deutlich auf Erholungskurs. Gegen Ende letzten Jahres startete er eine Verdopplungsrallye, ausgehend von den Tiefstkursen, und notiert mit 19 Euro etwas mehr als 30% im Plus. Und ich bleibe dabei, denn mit dem Amtsantritt von Joseph Papa war ein neuer Sheriff in der Stadt, der zunächst gnadenlos aufgeräumt hat. Alles, was irgendwie negativ war, wurde klar benannt und bilanziell verarbeitet; im Zweifelsfall wurde eher zu viel abgeschrieben als zu wenig. Was vor uns liegt, ist eine holprige Strecke und zwar eine lange. Aber der Achsbruch ist gerichtet und der Motor läuft nicht mehr nur auf einem Zylinder. Auch wenn während der Fahrt noch immer ab und zu mal was abfällt, wie ein Außenspiegel, und der Lack nach Generalüberholung schreit. Aber die Kiste fährt wieder, sie kommt solider daher und hat gute Aussichten, der Schrottpresse zu entkommen. Sie dürfte sogar künftig wieder durch den TÜV kommen. Und irgendwann, da wird BHC Valeant sich häuten und aus der hässlichen Raupe wird ein schöner Schmetterling werden. In Form eines neuen Namens. Spätestens dann ist das Unternehmen über den Berg und hat seine Altlasten hinter sich gelassen. Dann reden wir aber nicht mehr über Kurse von 20 Euro, sondern von deutlich höheren. Allerdings sollte man sich nicht mit dem Blick auf den Chart vertun: Kurse im dreistelligen Bereich liegen außerhalb jeder Vorstellung. Aber wenn der Kurs jedes Jahr um 20% zulegt, wäre dies eine sehr einträgliche Rendite. Und die Aussichten hierfür stehen ziemlich gut. BHC Valeant bleibt daher eine aussichtsreiche Turnaround-Spekulation in meinem Depot. Wenn auch mit Abstand das hässlichste Entlein von allen...

»Der Totalverlust ist die hässliche Schwester des Turnarounds.«
(Michel C. Kissig)

Bausch Health, Ernst Russ, Lloyd Fonds, Ernst Russ und Marenave befinden sich als auf meiner Empfehlungsliste und in meinem Depot. Es sind Turnaround-Spekulationen mit erhöhten Risiken; bei Erfolg allerdings auch mit hohen Chancen. Gerade die Nebenwerte sollten keinesfalls unlimitiert geordert werden! An der Deutschen Balaton halte ich ebenfalls Aktien.

5 Kommentare:

  1. Hallo Michael, auch befasse mich mit Turnaround-Kandidaten, auch wenn mein Depot schon mal drunter leiden musste :-)
    Aber es ist interessant und macht Spaß. Deshalb die Frage: was hältst du von IFA Systems? IFA ist in 2017 um 50% zurückgekommen. Jetzt hat der Hauptaktionär - die japanische Topcon - ordentlich aufgeräumt, den CEO und den AR ausgetauscht, unprofitable Aktivitäten eingestellt und die Bilanz bereinigt durch eine hohe Sonderabschreibung auf die übermäßigen aktivierten Eigenleistung. In 2018 soll wieder ein Gewinn erzielt werden. Passt die IFA in dein‚ Beuteschema‘?

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    1. IFA Systems habe ich mir einige Male angeschaut, als letztes Jahr der Kurs so massiv eingebrochen ist. Mich habe die hohen immateriellen Werte in der Bilanz etwas abgeschreckt, sowie die Vorstandsvergütungen. Ich hatte nicht das Gefühl, dass IFA es schafft, mit seinen Produkten richtig Geld zu verdienen, trotz eigentlich guter Voraussetzungen. Auch schien mir der einzige wirkliche Trigger die mögliche Übernahme durch Großaktionär Topcon zu sein - und das war mir zu wenig. Zumal Topcons Aktionen für mich nicht schlüssig waren und ich ein eher ungutes Gefühl hatte, wie die mit ihrer Beteiligung IFA Systems umgehen.

      Vielleicht hat sich da aber inzwischen einiges zum Positiven verändert, müsste ich mir mal anschauen. Bin da seit einigen Monaten gar nicht mehr im Film...

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    2. Ich habe mir jetzt mal den HV-Bericht von GSC Research vom 24. Oktober durchgelesen und habe leider nichts finden können, das auch nur ansatzweise für ein Investment in ifa systems sprechen würde. Vorstandsvergütungen sind angesprungen, Kooperation mit IBM Watson ist erledigt, Zukunftsthema Big Data wird nicht weiterverfolgt, neue Zielgruppen jenseits von Augenärzten werden nicht in Angriff genommen, Ärzte in den USA zahlen lieber Strafen/Abschläge, als eine neue Software (von ifa systems) zu kaufen. Ein Turnaround bedingt eine Wende zum Guten; ich habe keinen Anhaltspunkt hierfür erkennen können.

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  2. Hallo Michael,

    bei der Marenave gibt es keine steuerlichen Verlustvorträge. Der User "Shipping_Hamburg" hat das im W:O Forum (Beitrag 713) gut begründet:

    https://www.wallstreet-online.de/diskussion/1096515-711-720/marenave-schiffahrts-ag-1000-eur-aktie

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    1. Ja, sehr aufschlussreicher Beitrag. Ich stelle aber auch auf die ggf. vorhandenen steuerlichen Vorteile aus dem EuGH/BFH-Urteil bzgl. des Vorsteuerabzugs bei einer Holdingstruktur ab. Ob und inwieweit diese hier wirklich einschlägig sind und ggf. künftig nutzbar sind (und damit einen Wert darstellen), kann ich nicht beurteilen, da ich kein Steuerfachmann bin. Deshalb sprach ich von möglicherweise nutzbaren "steuerlichen Assets". Verlustvorträge gibt es bei Marenave hingegen keine, da hast Du vollkommen recht.

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