Freitag, 15. September 2017

Gewinnwarnung bei Berentzen: Ausgequetscht, ausgelutscht, ausgezählt...

Der Spirituosen- und Getränkehersteller Berentzen durchlebte eine schwierige Phase und wurde von Aurelius gerettet und wieder auf Vordermann gebracht. Seitdem Aurelius sich im letzten Jahr vollständig von allen Anteilen getrennt hat, steht Berentzen wieder auf eigenen Füßen - und das mit Erfolg. Jedenfalls eine Zeit lang. Denn nun läuft es nicht mehr rund...

Schon bei Vorlage der Halbjahreszahlen hatte Berentzen vermelden müssen, dass es erhebliche Probleme gäbe. Einerseits mit der Orangenernte und damit im Hoffnungsmarkt Saftpressen und dann auch mit einem wichtigen amerikanischen Distributionspartner. Der Vorstand gab aber die Losung aus, das würde sich im zweiten Halbjahr schon wieder einrenken. Nun, seit gestern Abend wissen wir, dass daraus nichts wird. Im Gegenteil. Denn Berentzen musste die Jahresprognose nach unten korrigieren und zwar nicht nur wegen der bereits bekannten Probleme, sondern auch wegen zusätzlicher Absatzschwächen bei Sinalco, einem ganz wichtigen Standbein des Konzerns und quasi das Brot- und Buttergeschäft.


Nachdem sich nun an allen Fronten Gewitterwolken auftürmen und das bei generell rückläufigem Marktvolumen, bleibt eigentlich fast nur noch der Überraschungserfolg Mio Mio und das sich deutlich verbessernde Finanzergebnis als Highlight übrig. Doch die finanzielle Neustrukturierung der Verbindlichkeiten und die damit einhergehende Zinsersparnis, die dauerhaft höhere Ergebnisse zur Folge hat, reichen (mir) nicht aus als zukunftsgerichteter Investmentcase. Es bleibt abzuwarten, wie und ob Berentzen die Kurve kriegen will; das Chance-Risiko-Verhältnis hat sich jedenfalls merklich eingetrübt

Ich streiche daher Berentzen von meiner Empfehlungsliste und nach knapp 9 Monaten verbleibt (inkl. der Dividendenausschüttung) ein Plus von mehr als 13%. Ich habe meine Aktien unmittelbar nach der Gewinnwarnung nachbörslich zu 8,42 Euro auf den Markt geworfen und trotz des Kurseinbruchs hat sich das Investment unter dem Strich gelohnt, auch wenn es nun viel früher endet, als ursprünglich gedacht. Aber wie sagte John Maynard Keynes so treffend? "Wenn sich die Fakten ändern, ändere ich meine Meinung".

4 Kommentare:

  1. Danke für Deine Offenheit.
    Ich sehe die Berentzen eher als Halteposition, da diese:
    1. mein einziger Konsumwert ist
    2. Ich davon ausgehe, dass man dem neuen CEO eine Chance geben muss, da er wahrscheinlich in der Anfangsphase seines Schaffens die Argumentation und Zahlen seines Vorgängers übernommen hat, der ja bisher immer als "Held" gefeiert wurde, jetzt aber doch in einem anderen Licht erscheint. Ging mir übrigens auch so.
    3. Jetzt hat der neue CEO eine gute Gelegenheit und hat dies auch genutzt wie bei allen anderen Gesellschaften auch beim Vorstandswechsel, die Altlasten vom Keller zu holen, diesen aufräumen um dann im nächsten Jahr wieder gute Zahlen präsentieren zu können, denn jetzt kann er alles, was schlecht ist, seinem Vorgänger anlasten und steht später um so besser da.
    Ich werde deshalb meine Stücke (noch) nicht verkaufen.

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    1. Ich habe Berentzen nach Vorlage der ziemlich durchwachsenen Halbjahreszahlen gehalten, weil ich ähnliche Gedanken hatte: bei den Saftpressen sind das einmalige Probleme und der Rest läuft einigermaßen stabil, das Finanzergebnis wird sich spürbar verbessern und der Kurs war schon deutlich zurückgekommen. Nun aber platzen die nächsten Baustellen auf und es brennt an (fast) allen Ecken. In einem nicht wachsenden Gesamtmarkt, das darf man nicht vergessen. Die Gewinnwarnung hätte Berentzen daher schon bei Vorlage der Halbjahreszahlen aussprechen sollen, das wäre seriös gewesen. Und das Ganze nur kurze Zeit, nachdem Ex-CEO Frank Schübel sich von einem riesigen Aktienpaket getrennt hat. Diese Gemengelage spricht mich nicht gerade an, heute hier Aktionär zu sein. Was nicht heißt, dass Berentzen nicht die Kurve kriegen kann. Ich sehe das aber momentan nicht und daher bewerte ich das nur als Hoffnung. Und ein Aktienkauf aufgrund von Hoffnungen ist Spekulation, auf Basis von Wahrscheinlichkeiten ist es eine Investition...

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  2. Was sind die Vorteile/Nachteile und Kosten von "nachbörslichen" Handeln? "Nachbörslich" fehlt im Lexikon, IMO.

    Freue mich auf immer auf Neuigkeiten in diesem Blog.

    (IQE aus GB ist ein interessantes play auf iPhone X, aber auch andere Gebiete).

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    1. Xetra-Handel läuft von 9:00 bis 17:30, Frankfurter Börse von 8:00 bis 20:00, Tradegate von 8:00 bis 22:00. Außerhalb der Xetra-Zeiten sind die Spreads zwischen Bid und Ask in der Regel deutlich größer und daher muss man hier bzgl. der Preisfeststellung schon aufpassen, um nicht immer den einen oder anderen Prozentpunkt herzuschenken. Die Berentzen-Meldung gestern kam so gegen 21:00, da habe ich über Tradegate die Aktien verkauft. Das meinte ich mit "nachbörslich", nicht Lang&Schwarz, die ja auch Handel am Wochenende anbieten (was ich nicht nutze).

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